Weitgehend unbemerkt vom einfachen Zeugen Jehovas hat die Wachtturm-Gesellschaft in Brooklyn, New York, einige bedeutende strukturelle Änderungen vorgenommen. Unter anderem wurden drei neue Gesellschaften gegründet:

Kingdom Support Services Inc, der Religiöse Orden der Zeugen Jehovas und die Christliche Versammlung der Zeugen Jehovas. Besonders interessant dabei ist der religiöse Orden, der sich an den Strukturen der katholischen Kirche orientiert und dem alle Vollzeit-Mitarbeiter der WTG beitreten müssen. Wer die rechtlichen Zusammenhänge kennt, weiß, dass dahinter offensichtlich das Ziel steht, der in vielen Ländern drohenden Sozialversicherungspflicht für die eigenen Mitarbeiter zu entgehen. In Selters verwendet man schon lange den Begriff "ordensähnliche Gemeinschaft". Jetzt ist daraus ein ganz offizieller "religiöser Orden" geworden. Schließlich will man um jeden Preis vermeiden, dass die Arbeit von Menschen ordentlich entlohnt wird und die eigenen Mitarbeiter im Alter eine angemessene Absicherung erhalten.

Körperschaft der Wachtturm-Gesellschaft neu geordnet

Jehovas-Zeugen-Organisation ändert die Struktur.

Die Watchtower Bible and Tract Society of Pennsylvania (WTBTS), die Körperschaft der Zeugen Jehovas, hat sich selbst zu einer Zeit umstrukturiert, wo sich die Wachstumsrate der Gruppe verlangsamt.

Mit nahezu einer Million aktiven „Verkündigern“ (Mitgliedern) in den Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr taufte die Gruppe nur 30.000 Bekehrte, wo es 1988 einmal fast 50.000 waren, so die Statistik in der Zeitschrift Watchtower vom 1. Januar. Global erhebt die Gruppe auf nahezu 6 Millionen Verkündiger Anspruch, fügte dem aber im Jahre 2000 weniger als 300.000 Mitglieder weltweit hinzu, ein signifikanter Rückgang von den 375.000 im Jahre 1997.

Die umstrittene Sekte, deren Zentrale in Brooklyn, New York, liegt, ist nichttrinitarisch. Evangelikale haben die Gruppe, 1870 von Charles Taze Russell in Pittsburgh gegründet, lange als nichtchristliche Sekte bezeichnet. Fehlgeschlagene Versuche, die Wiederkehr Christi genau festzulegen, markieren die Geschichte der Gruppe. Russell selbst sagte voraus, Christus würde seine sichtbare Herrschaft auf Erden im Jahre 1914 beginnen.

Die WTBTS bildete im letzten Herbst drei neue Körperschaften. Eine, Kingdom Support Services Inc. [Königreichsunterstützungsdienste], wird sich auf die täglichen Bedürfnisse der einzelnen Versammlungen konzentrieren. Eine andere, der Religiöse Orden derZeugen Jehovas, wird mit den Vollzeitarbeitern zusammenwirken, die ein Armutsgelübde ablegen. Die dritte, die Christliche Versammlung der Zeugen Jehovas, wird religiöse Angelegenheiten beaufsichtigen.

Milton Henschel (80) trat am 7. Oktober als Teil der Reorganisation von seinem Posten als Wachtturm-Präsident zurück, desgleichen auch sechs weitere Direktoren. Sie bleiben weiterhin Glieder der leitenden Körperschaft, eines Aufsichtsgremiums, das sich nun in Verbindung mit der Christlichen Versammlung der Zeugen Jehovas religiösen Dingen widmen wird. Don Adams, 75, ist der neue Präsident.

„Im Grunde läuft da eine Menge Politik ab“, sagte Ex-Zeuge-Jehovas Randall Watters aus Manhattan Beach, Kalifornien. Watters, ehemaliger Beschäftigter und Ältester im „Bethel“, dem Hauptquartier der Gruppe in Brooklyn, betreibt FreeMinds Inc. (www.freeminds.org), die die Zeugen überwacht.

„Sie versuchen, weniger hierarchisch zu werden, um die Haftung auf niedrigerem Level zu halten“, sagte Watters. „Sie denken, wenn sie verklagt werden, können sie bestimmte Komitees isolieren.“

Jehovas Zeugen sind keine Fremden vor Gericht, teilweise wegen ihrer hohen separatistischen Orientierung. Der U.S. Supreme Court schützte im Jahre 1943 ihre Weigerung, die amerikanische Fahne zu grüßen. Die Mitglieder lehnen auch den Militärdienst und Bluttransfusionen ab und folgen damit den Lehren ihrer Kirche.

James N. Pellechia, Sprecher der Zeugen Jehovas, sagte gegenüber Christianity Today, „jede Gruppe brauche rechtlichen Schutz“, und die Änderungen würden den Zeugen das Wachstum planen und handhaben helfen und älteren Dienern, die nicht der leitenden Körperschaft angehören, erlauben, Beamte und Direktoren der Körperschaften, die der Bewegung dienen, zu werden. „Sie erreichen einen gewissen Punkt, wo man nicht weiterwachsen kann, wenn man nicht mit dem Delegieren beginnt“, sagte er.

Raymond Franz, ehemaliges Mitglied der leitenden Körperschaft, der die Bewegung im Jahre 1979 verließ und ein Buch, Der Gewissenskonflikt, schrieb, sagte als Kritik gegenüber der Wachtturm-Führung, die Bewegung müsse mit dem zunehmenden Alter der Glieder der leitenden Körperschaft fertig werden.

Franz fügte hinzu, dass die Regierung in Deutschland anordnete, dass die Zeugen den Angestellten eine Abfindung zahlen müsse. „Wenn jetzt Leute den Antrag stellen [zum Personal zu gehören], unterschreiben sie ein Armutsgelübde, das die [Wachtturm-Gesellschaft] davon befreit, denjenigen als Angestellten behandeln zu müssen“, sagte er.

Christianity Today, Autor: Mark A. Kellner