Eine schonungslose Analyse der Prophezeihungen des "treuen und verständigen Sklaven" im Hinblick auf "6000 Jahre Menschheitsgeschichte und ihre Bedeutung für das Kommen des Messias".

Wir werden am Ende des Monats 31 Tage näher dem Ende dieses bösen Systems der Dinge sein! Laßt uns unser Äußerstes tun, während es noch Zeit ist.

"Unser Königreichsdienst", Oktober 1969, Seite 3

Damals, ja damals war die Welt um uns herum wahrlich verderbt bis in die Knochen. So kurz vor 1975, jenem markanten Jahr, befand sich der „König des Nordens“ (UdSSR) auf seinem ihm biblisch vorgezeichneten Weg zur Weltherrschaft, während der „König des Südens“ (USA) von der Frage umgetrieben wurde, ob es denn den Mann im Mond nun gibt oder nicht.

Getreu der Voraussage Jesu über die Zeichen der Zeit des Endes tarnten sich die Anhänger des „Nordkönigs“ als bärtige und langhaarige Studenten, um unter der subversiven Parole „Make love not war“ die letzten Bastionen sittlicher Reinheit zu schleifen. „Wahre Christen“ erkannte man in jenen unruhigen Zeiten oftmals schon daran, wie sie das Geläut der Kirchenglocken kommentierten. „Die Huuuure schreit wieder. Babylon die Große weiß, dass ihr letztes Stündlein immer näher rückt.“

Ansprache Konrad Franke, "1975" Teil 1, ca. 9 min

1969 war nicht nur das Jahr, in welchem die Frage nach dem Mann im Mond abschliessend geklärt werden konnte, sondern es war auch das Jahr eines einwöchigen internationalen Kongresses in Nürnberg. Einer der Höhepunkte dieses Kongresses war die Freigabe des Buches Ewiges Leben in der Freiheit der Söhne Gottes. Dieses wundervolle, von göttlicher Inspiration nur so strotzende Stück „markiger Fettspeise“ enthielt ebenjene Chronologie der Menschheitsgeschichte, die Konrad Franke dazu veranlasste, zwischen den Säulen eines vergangenen Unrechtsregimes in etwa folgendes von sich zu geben: „Brüder, glaubt ihr denn wirklich, wenn im Herbst 1975 6000 Jahre Menschheitsgeschichte zu Ende gehen und somit der siebente Schöpfungstag anbricht, dass Jesus Christus auch nur eine Minute seiner dann beginnenden Milleniumsherrschaft dem Teufel überlässt? Natürlich muss Harmagedon vorher stattgefunden haben...“

Das an den donnernden Applaus freiwillig Blinder gewohnte ehemalige Reichsparteitagsgelände der Nazis schlief auch während des nun auf Frankes Äußerung aufbrandenden Applauses weiter den ihm von den Alliierten verordneten Schlaf der Gerechten.

Wahrlich erquickt und erfrischt zog Gottes Volk nach diesem reichhaltigen geistigen Festmahl heimwärts, frohgemut darüber nachsinnend, wie man in den 6 Jahren bis Harmagedon die verbleibende Zeit „weise auskaufen“ könne.

An Ideen mangelte es nicht... und so wurden materielle Werte teilweise bereits vor „ihrer Zeit“ der Gehenna überantwortet, Ausbildungsziele verwandelten sich von Industriekaufmann zu Vollzeitpionier... und die Welt drehte sich ihrem unvermeidlichen Ende entgegen. Das beim Volke Gottes als „Auge des Teufels“ verpöhnte TV-Gerät kam plötzlich zu ungeahnten theokratischen Ehren...

...schliesslich wurden schon damals Kriege live und zum ersten Mal auch in Farbe übertragen. So saßen denn die potentiellen Bewohner der „Neuen Welt“ gebannt vor dem satanischen Zeitdieb, vermerkten jedes Vorrücken der kommunistischen Vietcong auf ihrer persönlichen „Befreiung ist nah-Karte“* ... und bemerkten nicht, dass die von Jesus genannten Zeichen der Letzten Tage nicht auf die Zeit, in der sie lebten, zutrafen...

...Nun denn, die ersten Jahre des neuen und definitiv letzten Jahrzehntes „dieses Systems der Dinge“ waren geprägt von versammlungsinternen Spekulationen, Vorbereitungen auf den „Großen Tag Jehovas“, vom Jünger machen und der Frage, wer wann welche Villa der von Gott hingerichteten „Böcke“ nach Harmagedon erhält. Tatsächlich lief das Predigtwerk in diesen Jahren vor dem Ende auf Hochtouren... quasi mit eingeschaltetem „Endzeitbooster“.

Eine „Traktat-Aktion“ löste die nächste ab und auch „Wachtturm-Feldzüge“ erfreuten sich großer Beliebtheit während des „Felddienstes“. Dass die Amerikaner den Mond eroberten und die Russen es ihnen gleichtun wollten, war für viele Vortragsredner und „reife“ Kommentargeber in den Zusammenkünften ein klares Zeichen, wie nahe das Ende nun schon ist. Hieß es nicht in den Schriften, „dass selbst die Flucht zu den Sternen kein Entrinnen am Tage Jehovas“ garantierte?

Und hiess es nicht genauso, dass die moralische Verderbtheit kurz vor dem Ende schier gar unerträglich werden würde? Beate Uhse eröffnete die ersten Sex-shops... Pornos kamen in Mode... und die Röcke bzw. Hotpants der damaligen Zeit entblößten tatsächlich oftmals mehr, als dass sie verhüllten.

Die politische Lage entsprach auch „genauestens“ der biblischen Voraussage... den bärtigen und langhaarigen Revoluzzern war es doch tatsächlich gelungen, sich Gehör zu verschaffen... und hieß es nicht in der Schrift, „Himmel und Erde würden erschüttert werden“?

Im Jahr 1973 brach im Nahen Osten der Yom-Kippur Krieg aus... und für etliche war dies der Anfang der „Großen Drangsal“. In Folge eines daraus resultierenden Ölembargos waren die Straßen plötzlich leer und Autobahnen verwandelten sich dank „autofreier Sonntage“ in Kinderspielplätze. Die Lebenshaltungskosten begannen zu steigen... und hieß es nicht in der Schrift, dass ein Brot den Tageslohn eines Menschen kosten solle während der „Großen Drangsal“?

Eigentlich fehlte nur noch der Fall „Babylons der Grossen“... ausgelöst durch das „Wilde Tier“... Doch halt! Da war doch noch das Ausrufen von Frieden und Sicherheit... Egal... Alles schien eingetroffen zu sein, sogar die vorausgesagte Mehrung des Volkes Gottes fand ja statt. Die Königreichssäle wurden immer voller, und vielerorts entstand neues theokratisches Leben... wie bei „Zellteilungen“ üblich.

Das Jahr 1974 ging zu Ende, ebenso wie das Ölembargo und 1975 stand vor der Türe. Würde sich bis zum Herbst des Jahres das noch Ausstehende auch erfüllen? Wie dem auch sei, Silvester 1974 ging nahtlos über in den 1. Januar 1975. Die Spannung stieg... und mit ihr auch die Spekulationen über das Wie und Womit. Das Wann war ja „glasklar“ definiert, denn im „Frühherbst“ des Jahres 1975 sollten 6000 Jahre Menschheitsgeschichte ihren blutigen aber dennoch „liebevollen“ Abschluss finden. Wie wird denn nun der „Startschuss“ gegeben? Ein Attentat auf den Papst, oder noch besser, auf ein Konklave in Rom, angezettelt von der UNO? Und diese selbst bereits fest in der Hand des „Königs des Nordens“?

Das böte schließlich den Vorteil, „die ganze Brut auf einen Schlag zu erledigen“. Bezeichnender Weise war das Jahr 1975 für die katholische Kirche ein „heiliges Jahr“... etwas Besonderes, dass es nur alle 25 Jahre gibt. Also noch ein Zeichen mehr dafür, dass es jeden Moment losgehen konnte. Jehova konnte doch unmöglich diese einmalige Gelegenheit zum „Zertreten der Ferse“ ungenutzt lassen...

Ansprache Konrad Franke, "1975" Teil 2, ca. 9 min

Los ging es auf jeden fall... mit einer neuerlichen „Traktat-Aktion“, schliesslich mussten die „heuschreckengesichtigen Pferde mit den Skorpionschwänzen“ ja was zu tun haben. Und während wir tapfer mit dem Austeilen der „Gerichtsbotschaft“ beschäftigt waren, drehte sich die Welt weiter. Es brach kein Nuklearkrieg zwischen den beiden „Königen“ aus, die „Schiffe von Tarschisch und Kittim“ fuhren weiter ihren, im diffusen Nebel der Bibelausdeutung liegenden, Zielen entgegen... und die „Haken in den Kinnbacken Gogs von Magogs“ zogen ihn immer noch nicht gegen „das Land der Zierde“.

Ganz langsam rührten sich die ersten nachdenklichen Stimmen... aber nur äußerst vorsichtig, denn „es könnte ja doch was dran sein“. Schon in den vorangegangenen 6 Jahren wurden diejenigen, die Familien gründeten und Kinder bekamen im „liebevollsten“ Fall an Jesu Ausspruch erinnert: „Wehe den schwangeren Frauen und denen, die ein Kleinkind stillen in jenen Tagen“ und dazu mit Blicken bedacht, die göttlichen Zornesblitzen durchaus ebenbürtig waren.

Im „Normalfall“ wurde an ihrem Vertrauen zu Jehova, zur „Organisation“ generell und an ihrem Glauben im Besonderen gezweifelt. Ebenso erging es all denen, die ihren Kindern oder sich selbst „so kurz vor Harmagedon“ eine gute Bildung nicht vorenthalten wollten. Andererseits gab es etliche, deren moralische Werte so drastisch verfielen, wie es doch eigentlich in der „Welt“ hätte sein sollen.

Sie kauften und nahmen Kredite auf, die ja eh demnächst von Gott selbst „beglichen“ werden würden, sie belogen und betrogen ihre Mitmenschen, da die ja eh vernichtet werden würden. Einige hatten sogar regelrechte „schwarze Listen“, welche sie Jehova „vertrauensvoll“ im Gebet unterbreiteten... wer zu vernichten war, wie zu vernichten war (je grausamer desto besser) und warum.

Und so bewegte sich das Jahr auf die „geistigen“ Höhepunkte, die Bezirkskongresse, zu und die Spannung stieg noch einmal. „Jetzt müssen sie ja einiges bekanntgeben“ war der meist gehörte Spruch bis zum Kongress. Aber es wurde gar nichts bekanntgegeben... nicht einmal in der „Schlussansprache“, die in den Jahren zuvor regelmässig mit diffusen Andeutungen gespickt war. Noch länger wurden die Gesichter, als die Termine für das Jahr 1976 bekannt gegeben wurden... da begann auch dem „Verbohrtesten“ zu dämmern, dass irgend etwas gewaltig schief gelaufen sein könnte.

Wieder zurück im heimischen kleinen „Paradies“, dem Königreichssaal, wurden die Fragen und Unmutsbekundungen immer lauter. Die „reifen“ Christen, die noch Wochen zuvor ganz gross im Spekulieren und Verteilen der Villen waren, waren oft die ersten, die dem Volke Gottes den Rücken kehrten. Die Versammlungen schrumpften auf „Normalgröße“ zurück und viele „Streiter“ für Jehova konnte man einige Monate später beim Rauchen in der Kneipe um die Ecke wiedersehen. Das Jahr 1975 ging zu Ende, wie es begann... ziemlich unspektakulär, die Erde drehte sich weiter... und ein im Frühjahr 1976 durchgeführtes „Einsammlungswerk“, die alte „Vor-Harmagedon-Literatur“ betreffend, war das letzte „Zeichen“... von dem allerdings niemals was in der Bibel stand.


* Das ging in etwa so: Tagesschau berichtet von schweren Kämpfen in Vietnam ... Thailand ... Kambodscha ... Jordanien ... Unruhen am Himalaya ... Studentenproteste in Obervolta ... Hungersnot in Chile ... ersten öffentlichen Gruppensexorgien in Amsterdam ... u.Ä. Sofort wurde vor dem „geistigen Auge“ - oftmals auch buchstäblich - die Karte der satanischen Welt ausgerollt und festgestellt, dass tatsächlich weltweit (an einem Ort nach dem anderen) die Zustände sogar noch schlimmer als in Sodom und Gomorrah waren ... ein weiteres sicheres Zeichen für das baldige Ende dieses Systems der Dinge 1975...