Wenn man einen Zeugen Jehovas über sein Verhältnis zur WTG fragt, dann wird er wahrscheinlich erwidern, dass er sich persönlich Jehova Gott und nicht einer Organisation hingegeben hat und dass die WTG lediglich ein „Werkzeug" zur Verkündigung der guten Botschaft sei.

Die WTG selbst sieht das aber offensichtlich ganz anders. Das sollte eigentlich jedem Zeugen Jehovas bewußt werden, der eine "Bewerbung um den allgemeinen Pionierdienst" ausfüllt. Dort wird nämlich unter Punkt 6 um die Beantwortung folgender Frage gebeten: "Glaubst du wirklich, daß Jehova durch die Klasse des "treuen und verständigen Sklaven" für die geistige Speise sorgt und diese "Sklaven"-Klasse die Watchtower Bible and Tract Society als ihre gesetzliche Körperschaft benutzt?" Weiter unten wird der Bewerber aufgefordert, unter anderem folgende Verpflichtung zu unterschreiben: "In meinem Dienst werde ich gewissenhaft mit dem Zweigbüro zusammenarbeiten und die Anweisungen befolgen, die es ... erteilt."

Mit anderen Worten, die Hingabe zu Gott ist zweitrangig. Worauf es ankommt, ist vielmehr die Loyalität zur WTG und die Akzeptanz, daß alles, was unter dem Wachtturm-Label verbreitet wird "geistige Speise" direkt von Gott ist. Also auch sämtliche falschen Prophezeiungen bis hin zu 1975 und der "Generation", die plötzlich keine mehr ist.

Ein unvoreingenommener Blick auf die erwähnte "Bewerbung" macht übrigens auch mehr als deutlich, worum es der WTG in Wirklichkeit geht. In einem speziellen Abschnitt, der von den Ältesten der jeweiligen Versammlung ausgefüllt und unterschrieben werden muß, befinden sich 7 Felder zum Eintrag der "Leistungen" des Antragstellers - also wie viele Stunden er im laufe des letzten halben Jahres im Predigtdienst verbracht und wieviel Literatur er dabei "abgegeben" hat. Das Ganze wird ergänzt durch die Anweisung: "Falls der Bewerber unregelmäßig oder sein Einsatz in den letzten 6 Monaten im allgemeinen zu niedrig war, so gebt den Grund an. Wenn sich der Bewerber nicht eignet, erklärt ihm freundlich den Grund."

Bei der Bewerbung geht es übrigens um nichts anderes, als die Verpflichtung des Antragstellers, sich 1000 Stunden im Jahr freiwillig dem Predigtdienst zu widmen. Wozu man dafür eine Bewerbung braucht, die irgend jemand genehmigen muß, ist eine der zahlreichen offenen Fragen, die ein Zeuge Jehovas selten beantworten kann.