Der Mann war geistig krank. Er litt unter Wahnvorstellungen von Dämonen und dem unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang. Als sich seine Frau von ihm scheiden lassen wollte, tötete er sie mit 39 Messerstichen. Er war bekennender Zeuge Jehovas.

Ein tragischer Fall, den man bestimmt nicht verallgemeinern sollte. Doch jeder Zeuge Jehovas weiß, dass viele seiner Brüder ebenfalls eine panische Angst vor Dämonen haben und ihr Leben von der Vorstellung bestimmen lassen, dass das Ende dieser Welt schon morgen hereinbrechen kann.

Ehefrau im religiösen Wahn erstochen

"Ich wollte sie Gott opfern"

DÜSSELDORF (dpa). Die brutale Tötung seiner Ehefrau in religiösem Wahn hat ein 35 Jahre alter Mann aus Neuss am Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landgericht eingeräumt. Mit 39 Messerstichen hatte der geistig verwirrte Mann im September 1994 seine Frau im schwedischen Karlstad getötet.

"Ich wollte nicht, dass ein anderer sie mir wegnimmt, und sie Gott opfern", sagte der bekennende Zeuge Jehovas. Das Schwurgericht muss nun entscheiden, ob der Facharbeiter auf Dauer in einer Klinik untergebracht wird. Wegen einer schizophrenen Psychose gilt er beim Totschlagprozess als schuldunfähig.

Bereits kurz nach der Tat hatte ein schwedisches Gericht den 35-Jährigen in eine Psychiatrie eingewiesen. Der Mann war jedoch geflohen und hatte trotz Interpol-Fahndung zwei Jahre lang unbehelligt in Neuss gelebt. Als die Vorgeschichte bekannt wurde, leitete die Staatsanwaltschaft sofort ein Verfahren ein. Der Mann machte darauf im Mai 1999 erneut Schlagzeilen, als er für drei Wochen aus der Düsseldorfer Landesklinik entwich.

Der Beschuldigte gab vor den Richtern an, seit zwölf Jahren an Wahnvorstellungen von Dämonen und dem Weltuntergang zu leiden. Kurz vor der brutalen Tötung hatte die schwedische Ehefrau die Trennung verlangt.

Drei Töchter zwischen zwei und sechs Jahren hatten die Bluttat bei einer Geburtstagsfeier mit ansehen müssen. "Sie sollte nicht leiden", sagte der Mann vor Gericht. Er habe sich gewünscht, mit ihr gemeinsam wiederaufzuerstehen.

Vorwürfe der Anklage, dass er auch die Schwiegermutter gezielt mit einem tiefen Stich in die Lunge traf, stritt der 35-Jährige am Donnerstag ab. Auch die Mutter des Beschuldigten räumte ein, der Sohn müsse dringend behandelt werden. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.

Rheinische Post vom 9.3.2000