Das Bundesverfassungsgericht hat über die Anerkennung der Zeugen Jehovas als Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht das letzte, aber ein wichtiges Wort gesprochen.

Trotz einer aufgeregten Sektendebatte, die dazu neigt, religiöse Minderheiten pauschal herabzustufen, hat das Gericht nun festgelegt: Entscheidend für den Körperschaftsstatus ist nicht, was eine Gemeinschaft glaubt, sondern wie sie sich verhält. Im Gegensatz zum Bundesverwaltungsgericht hat es nun auch festgelegt, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts - ein Status, mit dem große Vergünstigungen verbunden sind - nicht mit dem Staat zusammenarbeiten muss. Sie darf ihn allerdings auch nicht bekämpfen und muss die Gesetze wahren.

Wer sich eine tolerante Gesellschaft wünscht, wird dieses Urteil begrüßen. Es nimmt die Religionsfreiheit ernst. Aufgrund ihrer Überzeugung haben die Zeugen Jehovas zu jedem Staat ein höchst distanziertes Verhältnis. Wer Wahlen kategorisch boykottiert, dem fehlt auch die Lobby in der Politik. Aber viele "Zeugen" haben in zwei deutschen Diktaturen eine am Gewissen orientierte beachtliche Zivilcourage bewiesen.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wird es nun darum gehen, ob Jehovas Zeugen in der Behandlung ihrer Kinder und ihrer Ex-Mitglieder gesetzestreu sind. Staatstreu müssen sie nun nicht mehr sein, um eine Körperschaft zu werden.

Stefan Zibulla, Südwestpresse