Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat heute zur Verfassungsbeschwerde der "Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas" vom 26. Juni 1997 Stellung bezogen und festgestellt, dass das Berliner Bundesverwaltungsgericht die Klage der Zeugen Jehovas auf Verleihung der Rechte einer Körperschaft des öffentlichen Rechts neu prüfen muss.

Im Vorfeld dieser Entscheidung des BVerfG hatte die Leitung der Zeugen Jehovas zentrale Lehraussagen wie das Verbot der Teilnahme an Wahlen sowie das Verbot der Ableistung von Wehrersatzdienst abgemildert. Das BVerfG weist jedoch darauf hin, dass eine Religionsgemeinschaft nicht an ihrer Selbstdarstellung, sondern an ihrem tatsächlichen Umgang mit den Mitgliedern zu beurteilen ist. Es ist zu begrüßen, dass das BVerfG damit das Recht auf Religionsfreiheit erneut unterstreicht und eine Gemeinschaft nicht nach ihren Glaubensinhalten, sondern nach dem tatsächlichen Verhalten ihren Mitgliedern gegenüber beurteilt. Damit trägt das BVerfG jenen Betroffenen Rechnung, die vom rigiden Umgang der Leitung der Zeugen Jehovas mit den Mitgliedern, mit Aussteigern und mit Kindern berichten.

Mit diesem Urteil bleibt die Diskussion um den Status der Zeugen Jehovas offen. Die Frage ist, ob der freiheitliche Staat Gemeinschaften privilegieren will, die für sich Freiheiten reklamieren, die sie ihren Mitgliedern vorenthalten.

Berlin, den 19. Dezember 2000

EZW, Dr. Andreas Fincke