Im Wachtturm ist des Öfteren von beispielhaften Zeugen zu lesen, die ihren Lebensweg zu Gunsten der "Wahrheit" aufgegeben haben. Doch so mancher dieser Vorbilder kehrt später dieser angeblich einzig wahren Religion den Rücken und ist auf der Seite der Sektenaufklärer zu finden. Hier einige aktuelle Beispiele.

Die Wachtturm-Gesellschaft muss sich eines ihrer Schäfchen schon ziemlich sicher sein, um sie in ihren Publikationen namentlich als Vorbilder heraus zu stellen. Zu groß ist der Imageschaden, wenn so ein Vorbild nicht mehr im Gleichschritt mit marschiert.

Trotzdem passiert es immer wieder, dass ein von der WTG auf das Podest gestellter Vorzeigezeuge wach wird und der Organisation den Rücken kehrt. Jüngstes Beispiel ist Rami Oved. Sein Lebensbericht erschien im Erwachet! vom 8. September 1994 auf den Seiten 16-20 unter dem Titel "Einst zum Töten ausgebildet, doch jetzt ein Verkündiger der lebengebenden Botschaft". Ihm wurde im Wachtturm vom 15. April 1994 auf der S. 15 ein ganzer Absatz in einem Studienartikel gewidmet:

Nehmen wir beispielsweise Rami Oved, einen ehemaligen Offizier in einer Spezialeinheit für die Terrorismusbekämpfung. Rami war dazu ausgebildet worden, seine Feinde zu töten. Er war ein leidenschaftlicher israelischer Nationalist bis zu dem Tag, an dem er feststellen mußte, daß die Rabbis ihm nicht erlaubten, die Frau zu heiraten, die er liebte, nur weil sie eine Asiatin, eine Nichtjüdin, war. Er begann, in der Bibel nach der Wahrheit zu suchen. Dann kam er mit Jehovas Zeugen in Verbindung. Durch sein Bibelstudium, das er mit Hilfe der Zeugen durchführte, gelangte er zu der Überzeugung, daß er kein fanatischer Nationalist bleiben konnte. Christliche Liebe bedeutet, sich von Krieg und Waffen abzuwenden und es zu lernen, Menschen jeder Rasse zu lieben. Er war sehr überrascht, als er einen Brief erhielt, der mit den Worten begann: "Mein Bruder Rami!" Was war daran so ungewöhnlich? Die Schreiberin war eine palästinensische Zeugin Jehovas. "Das schien mir unglaublich", sagte Rami, "denn Palästinenser waren meine Feinde, aber jetzt nannte mich jemand von ihnen ,mein Bruder'." Rami und seine Frau jagen heute auf Gottes Weise dem wahren Frieden nach.

Mittlerweile hat Rami die Gemeinschaft verlassen. Im Oktober 2002 begann er bei www.jehovahs-witnesses.com unter dem Namen ELON14 zu schreiben und kommt unter anderem zu dem Schluss, dass die WTG sich "der Abtrünnigkeit gegen Gott, der Heuchelei, des Lügens, der Vertuschung von Kindesmissbrauch, falscher Prophezeiung, falscher Lehren, Blutschuld, Spiritismus, Geldliebe, Macht- und Kontrollsucht, Misshandlung ihrer Anhänger sowie eines Mangels an Liebe" schuldig gemacht habe. Dabei vermisst Rami vor allem den Mangel an Reue für begangene Fehler.

Auf den in Erwachet! veröffentlichten Lebensbericht blickt er zwiespältig zurück.

Ähnlich wie ihm geht es José Martín Pérez, dessen Lebensbericht im Erwachet! vom 8. November 1988 auf den Seiten 13-15 unter dem Titel "Stolz war meine größte Behinderung" veröffentlicht wurde. Mitterlweile gibt es im Internet einen neuen Lebensbericht. Diesmal lautet der Titel: "22 Jahre diente ich einem menschlichen Projekt in der Annahme, es käme von Gott".

José stelle fest, dass das "neue Licht" von heute das "alte Licht" von morgen ist und nicht durch biblische Argumente gestützt wird, sondern nur den Interessen der WTG dient. Er las das Buch Der Gewissenskonflikt von Raymond V. Franz, das ihm die Augen öffnete und teilte die neuen Erkenntnisse seiner Frau mit. Von da an begann ein Prozess, der nicht aufzuhalten war. Am 1. September 1996 schrieben José und seine Frau Lorena einen Brief an ihre Versammlung, in dem sie erklärten, sich von der Organisation der "Zeugen Jehovas" zu trennen.

Schließlich sei noch Rado Vleugel erwähnt, der in dem Artikel "Pioniere segnen und werden gesegnet" im Wachtturm vom 15. Januar 1994 merfach zu Wort kommt. 1998 kaufte er sich einen internetfähigen Computer und stieß auf die Website der Associated Jehovah's Witnesses for Reform on Blood (www.ajwrb.org). Die Argumente überzeugen ihn. Er wollte den Reformprozess unterstützen, übersetzte die Site ins Niederländische und sprach anonym mit einigen Journalisten. Der Sprecher der niederländischen Zweiges meinte daraufhin: "Glücklicherweise haben wir Redefreiheit. Diese Menschen mögen ihre Identität preisgeben und wir können miteinander reden."

Rado Vleugel wurde mit verstellter Stimme im niederländischen Fernsehen interviewt. Er wurde jedoch trotzdem erkannt und ein Rechtskommittee beschloss, ihn wegen "Abtrünnigkeit und Bildung einer Sekte" auszuschließen.

Heute ist Rado Webmaster der Website www.watchtowerinformationservice.org, die sehr umfassend über die WTG informiert.

Dies sind nur drei Beispiele von Vorbild-Zeugen, die der WTG den Rücken zugekehrt haben, weil sie nicht mehr mit ihr einig gingen.

Möglicherweise gibt es noch viele andere. Es waren bestimmt nicht die letzten.