Die Zahl der Zeugen Jehovas weltweit hat sich 2001 - nach eigenen Angaben - um 1,7 Prozent erhöht. Eine Analyse des Berichts lässt jedoch erkennen, dass die Mehrung vor allem in der Dritten Welt stattfindet.

In praktisch allen Ländern Europas hingegen sind die Zahlen rückläufig. Selbst in den USA ist kein Wachstum mehr zu erkennen. Damit setzt sich die schon in den vergangenen vier Jahren zu beobachtende Tendenz weiter fort.

Weltweit nur noch schwaches Wachstum

Die Zeugen Jehovas führen eine detaillierte Statistik über ihre Aktivitäten. Erfaßt werden zum Beispiel alle Menschen, die einen sogenannten Predigtdienstbericht abgegeben haben (Verkündiger), die Anzahl der abgeleisteten Stunden, Heimbibelstudien, Taufen - und anderes Zahlenmaterial mehr. In jeder ersten Januarausgabe des Wachtturm erfolgt eine Übersicht über das zurückliegende sogenannte Dienstjahr.

Nach Jahren relativer Stagnation hat sich in Deutschland mittlerweile ein stabiler Abwärtstrend bei den Verkündigerzahlen entwickelt. Die Grafik zeigt einen ungebremsten, nahezu linear verlaufenden Rückgang auf noch 161.440. Nichtsdestotrotz wurden auch in diesem Jahr wieder über 24 Millionen Stunden im Predigtdienst verbracht. Darunter fallen zum Beispiel die Haus-zu-Haus-Besuche und das bekannte Bild von Zeugen Jehovas in Einkaufszonen. Eine enorme Menge an Zeit:

Statistisch gesehen hat jeder Zeuge Jehovas in einem Jahr knapp 150 Stunden aufgewendet. Die tatsächlichen Zahlen sind für den normalen "Versammlungsverkündiger" etwas geringer, weil es Hilfspioniere und Pioniere gibt, die entsprechend mehr Stunden aufwenden.

Hat sich dieser Aufwand nun gelohnt?

Trotz der vielen Stunden Predigtdienst geht die Anzahl der Menschen, die ebenfalls ihre Predigtaufgabe darin sehen wollen, Literatur der Wachtturmgesellschaft zu verbreiten, weiter zurück. Merkwürdigerweise steht diese Zahl bei Jehovas Zeugen mehr im Vordergrund als die Anzahl der Taufen. Bei diesen "Neuzugängen", die sich den Zeugen anschließen, zeigt sich ein noch viel markanterer Rückgang. In wenigen Jahren hat sie sich, wie die nebenstehende Grafik zeigt, fast halbiert.

Als indirektes Maß für die Wirksamkeit des Predigtdienstes kann man aufrechnen, wieviele Stunden aufgewendet werden müssen, bevor sich jemand bei Jehovas Zeugen zur Taufe entschließt. Diese Maßzahl hat auf 7596 Stunden zugenommen (Vorjahr: 7042). Wie diese Zahl einzuschätzen ist, verdeutlicht sich daran, daß der "Durchschnittzeuge" nunmehr über 50 Jahre im Predigtdienst zubringen müßte, bevor es zu einer Taufe kommt.

Wie bereits einmal festgestellt, kann der normale "Versammlungsverkündiger" also fast ein ganzes Verkündigerleben mit dem Anbieten und Weitergeben der Wachtturm-Literatur verbringen, ohne daß dem auch nur eine einzige Taufe gegenübersteht. Bietet dieser enorme Aufwand an Zeit keinerlei Ergebnisse, die Jehovas Zeugen von anderen christlichen Gemeinschaften absetzen, so ergibt sich daraus zwangsläufig die Frage, ob diese Art des "Predigtdienstes" wirklich geeignet ist, viele Menschen zu Gott zu führen. Oder ob nicht "unter dem Strich" letztlich ein jahrzehntelanger Einsatz für die Wachtturmgesellschaft in der treuen Weitergabe ihrer Literatur dabei herauskommt.

Weltweit

Das sich für Deutschland ergebende Bild ist für Europa typisch. In nahezu allen europäischen Ländern ist Stagnation und Rückgang zu verzeichnen - und das teils schon seit Jahren. Weltweit gesehen kommt es jedoch immer noch zu einer zahlenmäßigen Zunahme auf nunmehr 5.88 Millionen Verkündiger. Vergleicht man die Wachstumsraten der letzten Jahre, so scheint es jedoch, daß das Wachstum ins Stottern geraten ist. Die Zunahme von nur noch 1.71% im letzten Dienstjahr stellt ein Fünfjahrestief dar. Möglicherweise wird sich die in Europa vorgezeichnete Entwicklung sehr bald weltweit nachvollziehen.

Wohin "verschwinden" die Zeugen Jehovas?

Der Wachtturm vom 15.07.1999 schreibt: "In einigen Ländern, wo sich viele neue Jünger taufen ließen, war allerdings keine entsprechende Zunahme an Königreichsverkündigern zu beobachten. Natürlich muß man berücksichtigen, daß einige gestorben sind, denn die jährliche Sterblichkeitsrate beträgt etwa 1 Prozent. In den letzten Jahren sind jedoch sehr viele aus irgendeinem Grund abgefallen." (S. 9)

Damit hat er die Vermutung bestätigt, daß sich aus der stagnierenden oder deutlich schrumpfenden Zahl an aktiven Verkündigern ableiten läßt, daß sich eine nicht unbeträchtliche Menge an Menschen aus dieser Gemeinschaft verabschiedet. Sei es durch Ausschluß, Distanzierung oder innerlich durch Untätigkeit. Wichtig ist es, festzuhalten, daß die Menschen, die sich von dem Predigtdienst der Wachtturmgesellschaft verabschieden, damit nicht automatisch Gott den Rücken kehren.