Nachfolgend ein Leitartikel in Dänemarks größter Zeitung Ekstrabladet vom 21. Oktober 1996. Die Begebenheit: Eine junge Mutter, Zeugin Jehovas, starb, nachdem sie sich geweigert hatte, eine Bluttransfusion anzunehmen.

Angehörige des Krankenhausverbindungskomitees der Wachtturm-Gesellschaft hatten eine 24-Stunden-Wache an ihrem Krankenbett. Das Ziel des Komitees wurde erreicht. Sie erhielt kein Blut. Sie starb.

Jehovas Mörder

Es gibt wohl viele, die jetzt ein schlechtes Gewissen wegen der 24-jährigen Mutter haben müssen, die am Dienstag im Krankenhaus Hvidovre starb.

Zuerst sind es die Angehörigen des Krankenhausverbindungskomitees der Zeugen Jehovas, die im Krankenhaus waren und die Patientin dahingehend beeinflussten, sich die absolut notwendige Bluttransfusion nicht geben zu lassen.

Zweitens sind da alle diejenigen Ärzte, die nicht die Lücken in dem Rundschreiben des Gesundheitskomitees („Sundhedsstyrelsen“) ausnutzten, um der Patientin in jedem Fall das notwendige Blut zu geben.

Und schließlich ist da Michael von Magnus, Angehöriger des Gesundheitskomitees, der – vermutlich unter Druck seitens der Zeugen Jehovas – das relevante Rundschreiben ausarbeitete, das Ärzten in lebensbedrohlichen Situationen unvernünftige Arbeitsbedingungen gibt.

Wollen wir mit Jehovas Zeugen anfangen. Die Sekte hat die ausgefallene Vorstellung, es sei gegen den Willen irgendeines Gottes, eine Bluttransfusion anzunehmen. Sie können mit dieser bizarren Idee ja gerne herumzulaufen und ihren Spaß haben, aber es widert einen direkt an, wenn sie sich in Krankenhäusern einfinden und versuchen, kranke Mitglieder zu beeinflussen, kein Blut anzunehmen. Und das besonders unter der Drohung, aus der Sekte ausgeschlossen zu werden, die oft der gesamte Bekanntenkreis des Opfers ist, und der Rettung seitens Mister Jehovas verlustig zu gehen.

Das Ergebnis war in diesem Fall die Tragödie, dass eine junge Mutter im Wochenbett starb, und für diese Leute gibt es keine Entschuldigungen. Man kann sich auch darüber auslassen, ob das schon an ein Vergehen nach § 240 Strafgesetzbuch heranreicht, an „Beihilfe zum Selbstmord“.

Auch die Ärzte haben versagt. Direkt nach der äußerst schwierigen Geburt fragten sie die Patientin, ob sie eine Bluttransfusion wollte, und erhielten ein Nein zur Antwort. Sie waren damit an den Paragraphen 14 des Rundschreibens gebunden, doch als auch eine Infektion auftrat und sich die Situation verschlimmerte, hätten sie der Patientin erklären sollen, wie schwerwiegend die Lage war, und noch einmal nachfragen sollen. Das ergibt sich aus dem zweiten Unterabschnitt desselben Paragraphen. Und wenn die Patientin nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte war, hätten sie ihr nach Paragraph 12 in jedem Fall Blut geben sollen.

Statt dessen fragten sie die Wachhunde der Zeugen Jehovas, und deren Antwort war natürlich ein Nein.

Das war ein Fehler, aber in solchen spannungsgeladenen und verwickelten Situationen kann es schwer sein, einen klaren Kopf zu behalten.

Schließlich war da das Gesundheitskomitee, zuerst und vor allem Michael von Magnus, der im Jahre 1992 das Rundschreiben aufsetzte.

Wir können nicht wissen, welche Gründe er hatte, aber wir können einfach zeigen, dass es den Ärzten in Situationen, wo ein Menschenleben auf dem Spiel steht, völlig unmögliche Arbeitsbedingungen vorgibt. Wenn sie das Beste aus ihren ärztlichen Fähigkeiten machen sollen, sind sie gleichzeitig auch verpflichtet, daran zu denken, wer was tun darf, und ob sie den Paragraphen 14 des Rundschreibens übertreten.

Es ist die Pflicht von Ärzten, Menschenleben zu retten, nicht den ausgefallenen Vorstellungen einer makabren Sekte zu Diensten zu sein.

Daher sollte das Rundschreiben aus dem Verkehr gezogen werden.

Quelle: Ekstrabladet vom 21. Oktober 1996