Bericht der Wachtturm-Gesellschaft über die Premiere einer Aufführung des gleichnamigen Videos am 15. Mai 1997 in Moskau.

STANDHAFT TROTZ VERFOLGUNG

JEHOVAS ZEUGEN UNTER DEM NS-REGIME

Bericht von James N. Pellechia (Brooklyn) am 19. Mai 1997 im Bethel Selters

Die Premiere der russischen Videodokumentation Standhaft trotz Verfolgung Jehovas Zeugen unter dem NS-Regime fand am Donnerstag, den 15. Mai 1997 in den modernen Gebäuden des Internationalen Welthandelszentrums (”Sovincentr”) in Moskau statt – für Konferenzen der geeignetste Ort der Stadt. Nur sechs Monate nach der Weltpremiere unserer Videodokumentation an der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück (6. November 1996) trat hier ein weiteres historisches Ereignis ein, und dies in einem Land, das jahrzehntelang die religiösen Rechte der Zeugen Jehovas unterdrückt hatte. Ihr könnt euch unsere Gefühle vorstellen!

Bevor wir auf Einzelheiten eingehen, möchten wir erwähnen, daß dieses Ereignis mit zwei weiteren Ereignissen in Moskau glücklich zusammentraf. Das erste hat mit einem Gerichtsfall am Khoroshevsky Bezirksgericht zu tun.

Ein russisch-orthodoxer Würdenträger veröffentlichte verleumderische Dinge über “totalitäre Sekten”, und er zählte Jehovas Zeugen dabei mit auf. Wegen der Falschdarstellung hat der Vorsitzende eines Komitees für die Verteidigung der Gewissensfreiheit diesen Würdenträger verklagt. Sachverständige für Fragen der Religion haben während der Woche, in der die Premiere stattfand, vor Gericht Stellungnahmen zu religiösen Minderheiten in Rußland abgegeben, ebenso Bruder Vasilii Kalin, der Koordinator des russischen Zweigkomitees.

Das zweite Ereignis fand vom 5. bis 7. Mai an der Staatlichen Humanistischen Universität von Moskau statt. Das Russische Holocaust Forschungs- und Bildungszentrum hatte ein internationales Symposium zum Holocaust und Antisemitismus organisiert, und viele Fachleute aus Rußland, der Ukraine, Polen, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern sowie den stellvertretenden Bildungsminister von Rußland waren anwesend.

Außerdem waren das US Holocaust Memorial Museum (Washington D.C.), die Shoah Visual History Foundation und das Simon Wiesenthal Center of Tolerance (beide Los Angeles) durch Sprecher vertreten, die über die Arbeit ihrer Institutionen referierten.

Es war daher sehr passend, daß auch Jehovas Zeugen vertreten waren. Dies geschah durch Bruder Johannes S. Wrobel von der Geschichtsabteilung in Deutschland, durch Schwester Jolene Chu aus Brooklyn (zuständig für Geschichtsrecherchen) und meine Person.

Bruder Wrobel hielt am ersten Konferenztag ein Referat über die Verfolgung der Zeugen Jehovas im “Dritten Reich”, was kurzfristig arrangiert worden war (so daß sein Thema nicht im gedruckten Programm erschien). Er gebrauchte dabei den echten KZ-Anzug mit dem lila Winkel, der auch in unserem Video zu sehen ist, als Illustration. Da seine Abteilung dabei ist, alle Dokumente und Informationen zur Verfolgung der Zeugen Jehovas zu katalogisieren und auszuwerten, zeigte er, welchen Nutzen die internationale Holocaust-Forschung in der Zukunft davon hat und daß bald präzise Verfolgungsstatistiken verfügbar sein werden. Ich hatte das Vorrecht, einen Vortrag über Toleranz mit Bezug auf Jehovas Zeugen als eine Fallstudie zu halten, und das Thema war in das gedruckte Programm des Symposiums aufgenommen worden. Auf diese Weise kann Jehovas Name unter den Akademikern bekanntgemacht werden. (Ein Professor aus Restov hat Jehovas Zeugen eingeladen, im Herbst an seiner Universität eine Woche lang Referate zu halten.)

Das bringt uns zurück zu dem wichtigen Ereignis für Jehovas Zeugen in Rußland. Im wesentlichen folgten wir dem Konzept der Weltpremiere in Ravensbrück, um die Videopremiere zu organisieren, die Medien einzuladen und eine Pressemappe vorzubereiten. Eine angesehene PR-Firma, der Internationale Presseklub von Moskau, wurde verpflichtet, und sie benachrichtigte mehr als 150 Medienvertreter von dem Ereignis, wobei sie ihnen Informationen über Jehovas Zeugen übermittelte. Es kamen elf Medienvertreter zu unserer Pressekonferenz (um 11 Uhr), was ein ausgezeichnetes Ergebnis ist.

Gegenwärtig wissen wir, daß eine Zeitung und zwei Radiosender, die landesweit empfangen werden können, sowie BBC-Radio Moskau günstige Berichte über das Ereignis und Jehovas Zeugen gebracht haben.

Unter der Überschrift “Die mit dem lila Winkel’” brachte die Zeitung Moscovskaya Pravda (Moskau Wahrheit) vom 16. Mai einen Artikel, der auf die Premiere eines “Dokumentarfilms über den Zweiten Weltkrieg” hinwies und daß Millionen Menschen auf den Schlachtfeldern ihr Leben ließen, ebenso in den Gaskammern und Konzentrationslagern und daß es eine kleine Gruppe gab, “die aufgrund ihres Glaubens dem Tod ins Auge sah” – Jehovas Zeugen. Der Artikel weist ausdrücklich auf folgendes hin: “Jehovas Zeugen sind keine Sekte, wie einige irrtümlich meinen. Sie sind eine Religionsgemeinschaft.” Er enthielt sachlich sehr genaue Angaben über die NS-Verfolgung der Zeugen Jehovas und zitiert Historiker und Zeitzeugen aus unserer Videodokumentation. Der Verfasser beschließt mit den Worten: “Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, den ganzen Film wiederzugeben – man muß ihn sich selbst ansehen.” Ihr könnt euch vorstellen, wie wichtig solche Artikel angesichts des laufenden Gerichtsverfahrens sind!

Zwei Historiker und drei Zeitzeugen, die in unserem Video sprechen, wurden eingeladen, nach Moskau zu kommen, und sie beteiligten sich auch hier an der Pressekonferenz und am Programm der Premiere (14 Uhr). Außerdem waren acht Überlebende der nationalsozialistischen Konzentrationslager aus Rußland und der Ukraine anwesend, was das besondere Interesse des russischen Publikums fand. Schwester Hermine Schmidt aus Deutschland und Schwester Anastasiya Kazak aus der Ukraine (die im KZ Stutthof Zeuge Jehovas wurde) trafen sich 52 Jahre nach der Befreiung wieder, und ein schönes Foto dieses rührenden Wiedersehens wurde der Presse übergeben (Foto wurde gezeigt).

Die Zweige in Finnland und Deutschland haben die Premiere unterstützt. Deutschland stellte eine ausgezeichnete Ausstellung zur Verfügung, die aus 16 Tafeln bestand, mit Informationen über russische Zeugen angereichert war und mit Beleuchtung geliefert wurde. Sie wurde in einem geräumigen Vorraum des Kongreßzentrums aufgestellt, so daß viele Leute, die eine andere Veranstaltung besuchten, sich unsere Ausstellung interessiert anschauten. Sie verfehlte ihre Wirkung auf die Besucher nicht und trug zu der gehobenen Stimmung bei der Premiere bei. Man konnte den Direktor des Presseklubs (ein Geschichts- und Soziologieprofessor) beobachten, wie er sorgfältig die Bildunterschriften studierte. Er drehte insgesamt dreimal die Runde und war augenfällig von der Qualität der Inhalte und der guten Ausführung überrascht. Außerdem gefiel ihm unsere Pressemappe so sehr, daß er um mehrere Exemplare bat, um sie zukünftig als Muster vorzeigen zu können.

Vor der Premiere lag gefühlvolle Spannung in der Luft. Dann, um 14 Uhr, war der Kinosaal mit 500 Gästen gut gefüllt. Etwa zehn angesehene Akademiker erschienen, einschließlich des Präsidenten der russischen Akademikervereinigung. Zwei Mitglieder des Ministeriums für innere Angelegenheiten waren gekommen, ebenso der Generalsekretär der russischen Journalistenvereinigung. Die Vorführung wurde mit anhaltendem Applaus abgeschlossen und viele der Anwesenden zu Tränen gerührt.

Wir konnten verspüren, wie Jehova durch seinen Geist das Ereignis begleitet hat. Mit seiner Hilfe wurden wichtige Kontakte geknüpft und bewirkt, daß alles so reibungslos ablief – und das trotz der immensen Arbeit und der wenigen Arbeiter, die aus Rußland, Finnland, den Vereinigten Staaten und Deutschland kamen.

Alle haben harmonisch zusammengearbeitet, manchmal bis spät in die Nacht, und konnten sich schließlich von Herzen über den Ausgang freuen.