Um auch vorsichtigen Zeugen Jehovas die Entscheidung zu erleichtern, sich von ihren Ersparnissen zu trennen, hat sich die Wachtturm-Gesellschaft einen besonderen Trick einfallen lassen. Er nennt sich "bedingte Spende" und soll den Eindruck vermitteln, der Spender könne jederzeit wieder über sein Geld verfügen. Ein Trugschluß, wie bei näherer Betrachtung zu erkennen ist.

Die Aussage des Wachtturm vom 1. Dezember 1993 scheint eindeutig. In einem Artikel, der die Möglichkeiten auflistet, wie man der Wachtturm-Gesellschaft (WTG) sein Vermögen vermachen kann, taucht auch der Begriff "Bedingte Spende" auf. In einer Erklärung heißt es dazu:

Es besteht die Möglichkeit, der Wachtturm-Gesellschaft Geld zu übereignen, über welches diese bis zum Tod des Spenders treuhänderisch verfügen kann, wobei die Vereinbarung getroffen wird, daß das Geld im Fall eines persönlichen Bedarfs an den Spender zurückgezahlt wird.

eigene Übersetzung aus der amerikanischen Ausgabe

Ein ähnlich formulierter Artikel, der eindringlich zum Spenden animieren soll, taucht übrigens regelmäßig in jeder Wachtturm-Ausgabe vom 1.Dezember auf.

Nicht wenige Zeugen Jehovas haben von dieser Möglichkeit des bedingten Spendens Gebrauch gemacht. Im Vertrauen darauf, daß "Jehovas Organisation" ja nichts Böses im Schilde führen würde, haben sie in der festen Überzeugung ihr Sparkonto geplündert, ihr Geld jederzeit wieder zurück zu erhalten, wenn sie es eines Tages doch brauchen würden.

Dabei müßte eigentlich schon das Auskunftsschreiben, das jeder Spendenwillige erhält, zu denken geben. Hier ist nämlich plötzlich nicht mehr die Rede davon, daß das gespendete Geld auf Wunsch jederzeit zurückgezahlt wird. Statt dessen heißt es ganz vage:

...jemand kann mit der Gesellschaft eine ... Vereinbarung... eingehen, wobei er das Recht hat, von Zeit zu Zeit einen Teilbetrag zurückgezahlt zu erhalten.

An anderer Stelle wird von der Möglichkeit gesprochen,

...monatlich auf schriftlichen Antrag hin einen kleinen Betrag zurückgezahlt zu erhalten, wenn er später Geld benötigt.

Es ist also plötzlich nicht mehr die Rede davon, daß das gespendete Geld bei Bedarf anstandslos wieder an den Spender zurückgezahlt wird. Statt dessen gibt es eine äußerst schwammig formulierte Zusicherung, nach der "von Zeit zu Zeit" oder "monatlich" ein "Teilbetrag" oder ein "kleinerer Betrag" zurückbezahlt werden könne.

Interessant ist auch, daß dem Brief, nicht etwa ein vorbereiteter Vertrag beiliegt, sondern lediglich das "Muster" einer "Vereinbarung über eine bedingte Spende". Eine höchst ungewöhnliche Vorgehensweise, denn die eigentliche Vereinbarung erhält der Spender erst, nachdem er einen Scheck an die WTG geschickt oder das Geld überwiesen hat. Der Wortlaut dazu:

Nach Gutschrift des Betrages auf unserem Konto werden wir die Vereinbarung über eine bedingte Spende ... erstellen und an dich schicken. Unterschreibe dann bitte beide Exemplare...

Mit anderen Worten, die WTG ist erst bereit, mit dem Spender eine vertragliche Vereinbarung einzugehen, nachdem sie sein Geld bereits auf dem Konto hat. Eine Vorgehensweise, die man nicht nur als unseriös bezeichnen kann, sondern die auch gezielt das Vertrauen ausnutzt, das die Zeugen Jehovas in ihre Organisation haben.