Probleme haben in der Denkwelt eines Zeugen Jehovas eigentlich immer nur die anderen. Schließlich leben sie im "geistigen Paradies", genießen exklusiv den Segen Jehovas und werden ausschließlich von biblischen Grundsätzen geleitet.

Doch die Wirklichkeit sieht oft ganz anders aus. Auch wenn die wenigsten Zeugen Jehovas wissen, was in ihren Reihen so alles passiert.


Jugendlicher gestand: Fünfjährigen Freund getötet
16jähriger hatte Jungen zunächst gewürgt, dann in Panik getötet - Motiv unkar: "Es war auf einmal der Gedanke da".

Die beiden Familien sind befreundet, leben fast Haus and Haus und gehören der gleichen Religionsgemeinschaft, den Zeugen Jehovas, an. Die Söhne der Familien, der fünfjährige Sven Ole und der 16jährige Matthias, trafen sich manchmal und spielten miteinander.

Das war auch vor zwei Tagen so. Am Dienstag Nachmittag kam Matthias in Svens Elternhaus im niedersächsischen Dörverden im Kreis Verden. Doch an diesem Tag wurden aus den Spielkameraden Opfer und Täter. Der 16jährige Schüler tötete seinen kleinen Freund. Beim Verhör am Mittwoch Abend sagte der Jugendliche der Polizei, er habe den Jungen gewürgt. Er habe sehen wollen, was passiert.

"Auf die Frage nach dem Warum sagte er: "Ich weiß nicht, es war mit einem Mal der Gedanke da", berichtet Wilfried Barnick vom zentralen Kriminaldienst Verden aus der Vernehmung. Dann habe Matthias erzählt, er sei erschrocken. "Was ist, wenn der das erzählt?", fragte sich der 16jährige laut Kripo.

Daraufhin habe er das Kind stranguliert. "Um ganz sicher zu gehen, daß der Junge tot ist, hat er Sven Ole noch Klebestreifen über Mund und Nase geklebt", sagte der Kripomann.

Zuvor hatten die beiden noch gemeinsam Fernsehen geguckt, dann wollten sie im Kinderzimmer spielen. Als die Mutter nach den beiden sehen wollte, fand sie ihr Kind leblos und mit Klebstreifen über Mund und Nase auf dem Flur. Matthias attackierte sie mit einer Schreckschußpistole, sperrte sie ein und floh. Er wurde in Bremen gefaßt. Bei seiner Vernehmung wirkte der aussagebereite Jugendliche gedrückt und deprimiert.

Gegen den 16jährigen Realschüler wurde gestern Haftbefehl wegen Mordes erlassen.

Bremen (AP/ebb), 15.10.1996