In der Ausgabe ihrer Zeitschrift Erwachet! vom 22.6.2000 hat die Wachtturm-Gesellschaft (WTG) eine Artikelserie über Methoden und Gefahren der Propaganda veröffentlicht. Sie gibt dabei gute Erklärungen über die Taktik und die Mittel der Propagandisten ab und erwähnt auch zweckmäßige Ratschläge zur Vermeidung der Gefahr, ein leichtes Opfer von Propaganda zu werden.

So lesen wir z.B. auf S.4:

das Wort Propaganda hat heute einen negativen Beiklang und wird mit unehrlichen Taktiken in Zusammenhang gebracht.

Als Mittel der Propaganda werden genannt: Lügen (dabei wird Martin Luther als Beispiel genannt), Verallgemeinerungen (Pauschalurteile), Abstempelungen (Etikettierungen), Manipulation von Emotionen, Benutzung von Slogans und Symbolen. Dabei wird erläutert:

Es gibt einen scheinbar endlosen Wortschatz häßlicher Wörter, durch die Hassgefühle gegenüber bestimmten rassischen, ethnischen oder religiösen Gruppen gefördert und ausgenutzt werden. Slogans sind vage Aussagen, typischerweise eingesetzt, um Standpunkte oder Zielsetzungen auszudrücken. Da sie schwammig gehalten sind, stimmt man ihnen leicht zu Aber überlegt sich die Mehrheit der Menschen sorgfältig, um welche Fragen es in der Krise beziehungsweise in dem Konflikt wirklich geht?

Ratschläge 

Als Ratschläge werden genannt:

  • 1. Informationen prüfen nach dem Wort aus 1.Joh. 4:1 und durch eigenes logisches Denken und Hinterfragen.

Dazu heißt es:

Zunächst gilt es abzuklären, ob Voreingenommenheit eine Rolle spielt. Was steckt hinter dem Mitgeteilten? Falls es darin nur so von Abstempelungen und emotionsgeladenen Wörtern wimmelt, wäre die Frage naheliegend, warum dem so ist. Was ist, läßt man die emotional befrachtete Wortwahl beiseite, der Kern der Botschaft?

Man sollte auch prüfen, ob irgendwie an das Gefühl appelliert wird.

  • 2. Nicht der Masse folgen.

Hier wird gesagt:

Die Ansicht der Allgemeinheit ist kein verläßliches Barometer für die Wahrheit. ... Das Gebot in 2.Mose 23:2 ist ein guter Leitsatz: "Du sollst nicht der Menge zu üblen Zwecken nachfolgen".

Insoweit kann man den Artikel nicht beanstanden. Aber natürlich wird (auf S.7) auch auf die Frage eingegangen, ob Jehovas Zeugen Propaganda anwenden.

Propaganda der WTG? 

Diese Frage wird selbstverständlich kategorisch verneint. Zuerst wird die Staatstreue von Jehovas Zeugen betont:

Jehovas Zeugen lehren, dass es richtig ist, sich der Obrigkeit unterzuordnen. Als gesetzestreue Bürger halten sie sich an die biblischem Massstäbe für Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und Reinlichkeit. Sie bemühen sich, den Gesetzen der Obrigkeit mustergültig zu gehorchen.

Gleichzeitig stellt man heraus, dass die Tätigkeit der Zeugen Jehovas ein Bildungswerk sei. Angesichts all dieser schönen Darstellung kommt man im Schlußsatz zu dem Ergebnis:

in einem Klima, in dem jeder seine Vorstellungen äußern kann, "läßt sich Propaganda von Bildung abgrenzen" so die World Book Encyclopedia.

Entspricht diese Selbstdarstellung der Wahrheit oder ist sie vielleicht selbst Propaganda, Eigenpropaganda? Kann in den Zusammenkünften und Veranstaltungen von Jehovas Zeugen wirklich jeder frei seine Vorstellungen, Meinungen und Gedanken äußern, so wie hier der Eindruck erweckt wird, auch wenn diese nicht den offiziellen Ansichten der WTG entsprechen? Jeder Kenner der Szene und der Verhältnisse weiß, dass dem nicht so ist!

Im Ältesten-Handbuch ‘Gebt acht auf euch selbst ...’ wird zu dem Stichwort ‘Abtrünnigkeit’ gesagt:

Abfall oder Abtrünnigkeit schließt Handlungen ein, die gegen die wahre Anbetung Jehovas oder gegen die Ordnung gerichtet sind, die Jehova seinem Volk gegeben hat (Jer. 17:13; 23:15; 28:15-16; 2.Thes. 2:9-10).

Personen, die vorsätzlich Lehren verbreiten (hartnäckig daran festhalten und darüber reden), welche im Widerspruch zu der biblischen Wahrheit stehen, die Jehovas Zeugen lehren, sind Abtrünnige.

Und Abtrünnige werden ausgeschlossen. Die Äußerung in dem oben angeführten Erwachet-Artikel stellt also eine offenkundige Lüge dar, eines der Mittel von Propagandisten! Und wie steht es mit den Merkmalen der Verallgemeinerungen, Abstempelungen, Manipulationen von Emotionen und der Benutzung von Slogans und Symbolen?

Wenn man in den Schriften der WTG nachforscht, was und wie sie über ‘Abtrünnige’ oder über die Christenheit und ihre Geistlichkeit schreibt, dann findet man alle von ihr selbst genannten Merkmale von Propaganda in Fülle. Es wird nicht differenziert im Interesse der Wahrheit und Ehrlichkeit, sondern in propagandistischem Stil werden Feindbilder geschaffen, negative Gefühle erweckt, Menschen pauschal diffamiert.

So wird u.a. geäußert:

Abtrünnige schlagen, ja hassen ihre ehemaligen Brüder, sind Besserwisser, stolz, anmassend und arrogant, undankbar, vermessen, bringen Werke des Fleisches hervor, versuchen, andere zu ihren Nachfolgern zu machen und ihren Glauben zu untergraben, werden Antichristen, machen gemeinsame Sache mit der Geistlichkeit der Christenheit, sind Verführer, die zum Straucheln verleiten.


Jehovas Zeugen sollen diese Abtrünnigen vollkommen meiden, sie nicht einmal grüßen und nicht in irgend einer Weise ihre Komplizen werden.

Über die Christenheit und ihre Geistlichkeit wurde und wird schon eine Fülle von Äußerungen in undifferenzierter Weise - als ‘Klassenverurteilung’ - veröffentlicht, so dass es den Rahmen dieses kurzen Vermerks sprengen wurde, sie auch nur teilweise zu zitieren. Doch sind sie allen Lesern der Schriften der WTG und darüber hinaus gut bekannt.

In den Schriften der WTG findet sich demnach gemäß ihrer eigenen, in Erwachet gegebenen Definition Propaganda in Reinkultur, Bilderbuchpropaganda! Die Verfasser erweisen sich als befähigte und geschickte Propagandisten sowohl in eigener Sache wie auch gegenüber denen, die ihnen mißliebig sind. Und Jehovas Zeugen sind vor allem selbst die Opfer, denn die Propaganda der WTG richtet sich vor allem auch nach innen zum Zwecke der Indoktrination und Manipulation, oder man könnte auch sagen: zum Zwecke der Einheit in Glauben und Lehre. Darum ist es ja auch ihr Ziel, ihre Gläubigen möglichst von jeder Information abzuschneiden, die nicht von ihr kommt. Wem diese Behauptung zu krass erscheint, dem sei der Königreichsdienst (ein internes Monatsblatt) vom September 2002, S.8, Abs.5 zitiert:

Denken wir daran, dass unser himmlischer Vater den "treuen und verständigen Sklaven" als Kanal eingesetzt hat. Dieser "Sklave" ist dafür verantwortlich, festzulegen, welche Informationen dem Haushalt des Glaubens zugänglich gemacht werden sowie die ‘rechte Zeit’ dafür. Die geistige Speise ist ausschließlich durch die theokratische Organisation erhältlich. Zuverlässige Informationen sollten wir stets von Gottes Kanal erwarten, nicht von Personen, die im Internet vernetzt sind (Mat. 24:45).

Was sagte doch Christus?

Ich sage euch aber, dass die Menschen von jedem unrechten Worte, das sie reden werden, am Tage des Gerichtes werden Rechenschaft geben müssen’

Matth. 12:36

Oder bedeutet der WTG dieses Wort nicht mehr viel? Sie nennt sich ja Gottes Organisation! Doch ihre Leiter wissen, was sie tun. Hier trifft Joh. 9:41 zu:

Wenn ihr blind wäret, so hättet ihr keine Sünde. Nun aber... bleibt eure Sünde!