Ein Gericht lehnte gestern die Klage der Zeugen Jehovas in Frankreich gegen einen Steuerbescheid von gut 45 Mio. Euro ab. In höchster Instanz abgewiesen wurde dagegen die Erhebung von Grundsteuer auf die Versammlungsstätten der einzelnen Gemeinden.

Das französische Finanzministerium will seit 1998 nicht mehr den rein religiösen Charakter der "Association les Témoins de Jéhovah" anerkennen und damit auch nicht mehr deren Steuerbefreiung. Somit würden alle Spenden unter einen Steuersatz von 60 Prozent fallen. Dieser soll auch rückwirkend für 1993 bis 1996 erhoben werden, zuzüglich einer Strafe und Verzugszinsen in Höhe von nochmals 48 Prozent. Dagegen hatte die Vereinigung der Zeugen Jehovas in Frankreich geklagt. Sie unterlag am 4. Juli vor dem Tribunal de Grande Instance in Nanterre, will aber in Berufung gehen. Ein Sprecher sagte, der geforderte Betrag entspreche den Spendeneinnahmen von 4 Jahren und bedeute das Ende der Vereinigung, sollte das Urteil bestätigt werden.

Dass die Zeugen Jehovas deshalb von der Bildfläche in Frankreich verschwinden würden, ist unwahrscheinlich. Kurz nach dem Steuerbescheid von 1998 gingen die Spendengelder an Gesellschaften im benachbarten Ausland, nicht mehr an die fragliche Vereinigung (vergleichbar mit einem eingetragenen Verein in Deutschland). Zudem wurden die eigenen Druckmaschinen aus dem "Bethel" in Boulogne-Billancourt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion abtransportiert und werden nun in Großbritannien betrieben.

Die Weltzentrale der Zeugen Jehovas, die Watchtower Society in Brooklyn/New York, hat versucht, international Druck gegen diese Entscheidung zu erzeugen, beispielsweise durch die ganzseitige Veröffentlichung eines offenen Briefes an den französischen Präsidenten Jacques Chriac in der New York Times vom 5.7.1998. Hintergrund für die Haltung der Finanzbehörden ist ein Untersuchungsbericht von 1996, der u.a. den Zeugen Jehovas eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung vorwirft. Das sei belegt durch das Verbot von Bluttransfusionen, die soziale Isolation der Kinder und eine höhere Selbstmordrate.

Das "Conseil d'Etat" sah das in einem anderen Streit mit dem Finanzamt ganz anders: In höchster Instanz wurde am 23. Juni 2000 entschieden, die Gemeinden der Zeugen Jehovas in in Riom und Clamecy beeinträchtigten durch ihre Aktivitäten nicht die öffentliche Ordnung. Zudem genügten die Zeugen Jehovas nach französischem Recht den Ansprüchen an eine "bekannte Religion". Konkret hat das zur Folge, daß die einzelnen Gemeinden doch keine Grundsteuer für ihre Säle bezahlen müssen.

Die Vereinigung der Zeugen Jehovas in Frankreich hat vor einem Jahr erstmalig eine Übersicht über Herkunft und Verwendung ihrer finanziellen Mittel veröffentlicht: www.temoinsdejehovah.org/

Quelle: JZ Insider