Jehovas Zeugen haben sich verhalten wie kleine Kinder, die während einer Reise auf dem Rücksitz im Auto sitzen und ununterbrochen fragen: "Sind wir schon da?"

Dies eine Aussage auf einer religiösen Großveranstaltung der Zeugen Jehovas in den USA. Auf den ersten Blick vielleicht ein harmlos, fast schon niedlicher Satz. Schaut man aber genauer hin, so erschrickt man.

Denn diese Aussage, so harmlos sie erscheint, verrät über diese Glaubensgemeinschaft mehr, als ihr selbst recht sein mag.

Zunächst ist da der Vergleich erwachsener Gläubiger mit Kindern. Wie jene ungeduldig die Ankunft nach einer langen Fahrt ersehnen, so erwarten diese mit kindlichem Gemüt das Eintreffen all der Versprechungen, derentwegen sie so lange bei der Stange geblieben sind und gehorsam alles befolgt haben, was man ihnen zu befolgen befohlen hatte.

Während jedoch gelangweilte Kinder im Auto zu Recht erwarten dürfen, bald am Ziel anzukommen, so ist das Warten der Zeugen Jehovas auf das Paradies, das man ihnen mittlerweile seit mehr als 130 Jahren verspricht, vergebens.

Noch ein weiterer Aspekt ergibt sich aus obiger Aussage:

Es ist dies die innere Haltung der Führungsriege der Zeugen Jehovas gegenüber ihren willigen Schafen, eine Haltung, die man mit Fug und Recht als überheblich bezeichnen kann, da sie den Schafen erneut - wie schon so viele Male - die Verantwortung dafür geben, dass sich ihre Erwartungen nicht erfüllen.

Denn, so heißt es dann immer, "der Sklave (die geistliche Führungskaste der Z. J.) hat niemals gesagt, das Ende komme dann und dann", wenn also einige übereifrige Adepten das baldige Ende erwartet hätten, so sei dies auf einer Missinterpretation dessen zurückzuführen, was man (also der "Sklave") tatsächlich gesagt habe.

So schlau dies Argument auf der einen Seite ist, so zynisch und verlogen ist es auf der anderen Seite.

Die Glaubensgemeinschaft lebt davon, dass ihre Anhänger das baldige Ende der Welt erwarten. Man kann sagen, das Dogma vom nahe herbeigekommenen Ende der Welt ist der Gründungsmythos dieser Gruppe. Schaut man in die Annalen dieser Gemeinschaft, so stellt man fest, dass das Ende der Welt schon viele Male angekündigt wurde, eines der letzte Daten war das Jahr 1975, das nach Meinung der Zeugen das 6000ste Jahr seit der Erschaffung Adams ist. Und da das Millennnium der Herrschaft Jesu 1000 Jahre dauern sollte, ein Schöpfungstag nach früherer Auslegung 7000 Jahre umfasste, der HERR aber am siebten Tage ruhte, malten sich die Zeugen Jehovas das alles so fein aus.

Dumm nur, dass der HERR offensichtlich anders rechnet, und so blieb ein welterschütterndes Ereignis in jenem Jahr aus.

Statt aber den Fehler in der Berechnung des Endes der Welt unumwunden zuzugeben, verlagerte die Führungsriege die Verantwortung für die verfehlte Erwartungshaltung der Gläubigen von sich selbst auf die Gläubigen, die in allzu kindlich naiver Leichtgläubigkeit das Ende der Welt erhofft hatten.

Die Gläubigen ihrerseits nahmen die falschen Berechnungen nicht krumm und glaubten weiter unverdrossen an das baldige Ende, denn der HERR kann ja nicht lügen. So vertraut diese Gemeinschaft bis heute einer Führungriege, die sich wiederholt als nicht vertrauenswürdig gezeigt hat; solch eine Haltung muss man dann doch tatsächlich als kindlich bezeichnen, hier also schließt sich der Kreis.

Bleibt nur die Frage:

Glaubt eine Führungsriege, die ein solch klares Bild ihrer Anhänger zeichnet, ihre eigenen Vorhersagen selbst oder nutzt sie die Leichtgläubigkeit von Menschen für ihre Zwecke aus?

Wenn sie nicht glaubt, dann muss man sie als zynisch bezeichnen.

Wenn sie ihren eigenen Worten glaubt, so darf sie sich nicht über ihre Gläubigen erheben, denn Hochmut ist eine Eigenschaft, die ihr Gott missbilligt.

So ist also oben zitierter Satz ein beredtes Zeugnis der Führungsriege einer Glaubensgemeinschaft, deren kindlich-naiver Fundamentalglaube an die Bibel den nüchternen Beobachter immer wieder staunen lässt...