Versuchen Sie nicht, Schuldfragen zu stellen! Sie haben in neunundneunzig Prozent aller Fälle recht. Aber Sie werden es nicht bekommen. Dies ist nur eine allererste Hilfestellung auf einem langen Weg, der vor Ihnen liegt. Aber Sie sind nicht der Erste, der es geschafft hat, ihn zu gehen.

1. Sie stehen vor einem Scherbenhaufen. Ihr Ehepartner schneidet Sie und daß er die Scheidung einreichen wird, ist beinahe schon beschlossene Sache. Ihre Kinder reden nicht mehr mit ihnen, nicht mal "Tschüs" oder "Tag". Freunde, die kommen, behandeln Sie wie frische Luft. Und am liebsten würden Sie Ihren Ältesten anrufen und ihm sagen: "Verlangt was ihr wollt, ich tue alles, nur nehmt mich zurück." Sie wissen: Wenn Sie das tun, ändert sich alles wieder, wie auf einen Zauberschlag kehrt Ihr altes Leben zurück. Jetzt sitzen Sie da wie ein Haufen Elend und das sind Sie ja auch. Und was das Schlimmste ist, Sie fühlen sich überhaupt nicht gerecht behandelt. Sie wollen darüber reden - aber da ist niemand zum Reden.

Gehen Sie nicht zum Telefon! Versuchen Sie nicht, Ihrem Partner ein Gespräch aufzuzwingen! Aber bleiben Sie auch nicht auf dem Sessel sitzen und plündern Sie um Himmels willen nicht die Hausbar! Gehen Sie hinaus! Gehen Sie unter Menschen! Nicht in die Kneipe, sondern zu irgendeiner Veranstaltung und wenn es ins Kino wäre. Oder wenn Sie auf einem Dorf leben wo nichts weiter passiert, dann nehmen Sie den nächsten Bus in die Stadt oder nehmen Sie das Auto, so Sie eins haben! Was Ihnen jetzt nottut, ist, Menschen zu sehen und zu fühlen, daß Sie nicht allein auf der Welt sind. Ja, richtig, man hat Ihnen gesagt, die wären alle schlecht. Probieren Sie es aus, indem Sie einfach mitten unter ihnen sind und sie auf sich wirken lassen! Nicht mehr. Allein sind Sie sowieso - versuchen Sie wenigstens, nicht allein allein zu sein. Kleine Erfahrungstatsache - wenn Sie lange genug herumlaufen, kann es gar nicht ausbleiben, daß Sie auch mit diesem und jenem reden und wenn es auch nur ganz wenig ist. Aber das Wenige brauchen Sie jetzt. Die Stimme der normalen Welt. Sie müssen wieder lernen, sie so zu hören, wie sie wirklich ist. Nur - gehen Sie heute nicht gerade Downtown. Heute noch nicht. Downtown kommt zuletzt. Sie müssen jetzt schließlich nicht weniger lernen als wieder ein normaler Mensch zu werden. Und das fängt nicht mit Downtown an.

2. Ihr Leben oder viele Jahre dieses Lebens haben Sie in der Gemeinschaft verbracht. Sie können sich gar nicht anders denken als in Bezug auf diese Gemeinschaft. Ihr Partner, Ihre Kinder, Ihre Freunde, alle Ihre Interessen: die Gemeinschaft. Und jetzt, nur weil Sie sich vielleicht erkühnt haben, eine eigene Meinung zu haben, schmeißt man Sie raus. Niemand würde Sie normalerweise verurteilen, aber die schmeißen Sie einfach raus. Waren Sie vielleicht doch im Unrecht? In Bezug zu Ihrer Gemeinschaft waren Sie das, daher hat es überhaupt keinen Sinn weiter nachzugrübeln. Und wenn Sie richtig hinsehen, war von vornherein klar, was kommen mußte, denn Sie kennen die Spielregeln doch. Ja, Sie haben dreißig oder vierzig Jahre Ihres Lebens vergeudet, verloren haben Sie noch mehr als diese Jahre. Aber halt: Sie haben auch etwas gewonnen. Nämlich: Abstand. Er ist Ihnen aufgezwungen worden, richtig. Aber ist es nicht auch so, daß Sie diesen Abstand als erster gewonnen haben, indem Sie wagten, eine andere Meinung zu einer Sache zu haben als die WTG?

Und nun bringen Sie's zu Ende, verdammt nochmal! Denn wenn eine Gemeinschaft eine ordentliche Meinungsverschiedenheit nicht aushalten kann, dann ist nicht bei Ihnen was faul, sondern dort. Und denken Sie daran: es gibt kaum eine Meinungsverschiedenheit in der Sie nicht im Recht sind - das Unrecht kommt nur von den Spielregeln der WTG, nicht von Ihnen. Sie haben keinen Grund einzuknicken. Erinnern Sie sich, wenn es Ihnen hilft, daran, daß die Welt sehr voller Menschen ist - wen haben Sie einst getroffen, der Ihnen von Ihrem heutigen Zustand her vernünftig erscheint - damals erschien er Ihnen natürlich als der "Satan" persönlich. Gibt es irgendjemanden, bei dem Sie predigen waren und der Ihnen Informationen gegen die Zeugen geben wollte? Gehen Sie dahin und beichten Sie gleich in der Tür - man wird Sie reinlassen. Denn was Sie brauchen, sind nun jede Menge Informationen.

3. Aber Sie haben Ihr ganzes Leben auf dieser Grundlage gelebt, die nun fort ist, die Kinder, der Partner, die Freunde. Und Ihr eigenes Leben ist auch fort.

Kann etwas an die Stelle treten? Gibt es etwas? Ja, es gibt etwas, aber das wird schwieriger sein als das, was Sie hatten. Die Zeugen wissen recht gut, wie schwierig das selber Leben ist. Sie fürchten sich davor und Sie fürchten sich auch. Aber Milliarden Menschen tun ihr Leben lang genau dies: ihr eigenes Leben auf eigene Rechnung führen. Und die wenigsten unter ihnen sind "schlechte" Menschen. Nicht die meisten, wie die WTG Ihnen weismachen wollte. Ob der Jüngste Tag kommen wird oder nicht, wissen Sie genau genommen nicht, es wird nur behauptet. Aber daß um Sie herum eine Menge guter und freundlicher Menschen leben, können Sie sich jederzeit selbst beweisen. Sie müssen diese Menschen nur aufsuchen, mit ihnen reden, sich selbst nicht für besser halten als sie - dann klappt das auch. Vielleicht wartet ein Mensch für Sie schon an der nächsten Ecke, wer weiß. Oder ein neuer Freund.

4. Alles gut und schön, aber ich bin ein Verstoßener - ein von Gott Verstoßener.

Das sind Sie nicht, denn Gott ist ja nicht Privatbesitz der WTG. Er ist größer als alles, was wir denken können und so hat er auch Platz für Sie. Wenn Sie beten wollen, dann tun Sie das eben - ohne WTG. Über diese Sache hat niemand zu befinden. Ihr Leben freilich müssen Sie neu beginnen. Das ist schwer - aber es ist auch eine Chance. Man hat Ihnen wider Willen zu einer neuen Geburt verholfen, Sie sind klein und nackt wie am Anfang Ihres Lebens - nur nicht mehr so hilflos. Sie haben Erfahrungen, die Sie nutzen können. Und Sie können sprechen, fragen, Sie können denken, wenn Sie das nicht könnten, wären Sie heute noch immer ein glücklicher Mensch. Sie sollen es wieder werden, denn das Glück ist auch nicht der Privatbesitz der WTG. All das soll also an die Stelle treten, Sie werden zu tun bekommen, bis Ihnen der Schmerz vergeht. Sie glauben das jetzt nicht. Sie werden es erfahren. Suchen Sie gleich Betroffene. Suchen Sie nicht nur diese, aber diese auch und dringend. Hier finden Sie schon einige und die helfen Ihnen weiter. Die wissen, was Sie durchmachen, sie haben es selbst hinter sich und einige sind noch mitten drin.

5. Was kann ich noch tun?

Suchen Sie sich einen guten Anwalt, denn Ihr - ehemaliger - Partner wird sich wahrscheinlich als Bestie entpuppen - es gibt wenige, die das nicht tun, zumal sie von der WTG geradezu gedrängt werden, sich nicht länger mit Ihrer Anwesenheit zu vergiften. Sie werden ihn jedenfalls von einer Seite kennenlernen, die es Ihnen ironischerweise beinahe leicht machen wird, von ihm getrennt zu sein. Wenn er Sie indessen wirklich liebt und das werden Sie bald herausfinden, beziehen Sie ihn immer mehr in Ihre neue Welt mit ein. Vorsichtig natürlich, Sie wissen ja selbst, wie furchtsam Zeugen sind. Sie wären es ja auch, wenn Sie es bloß noch könnten. Seien Sie froh, daß Ihre ehemaligen Brüder und Schwestern Ihnen den Weg verbaut haben. Sie haben Ihnen dafür den Weg zu Ihrer eigenen Freiheit, Ihrem eigenen Leben, Ihrem eigenen Glauben eröffnet. Den wären Sie von allein nie gegangen.

6. Und was ist nun mit meinem Glauben?

Die Erfahrungen, die Sie gemacht haben, machen Sie erst recht zu einem Kind Gottes - keine WTG, keine Versammlung steht mehr zwischen Ihnen und IHM. Und seien Sie sicher, daß ER Ihnen ganz handgreiflich helfen wird, sich selbst zu helfen - wenn Sie sich selbst zu helfen willens sind. Ihre Kinder werden Sie vielleicht verlieren und im allerschlimmsten Falle werden sie Ihnen völlig entfremdet werden. Das ist sehr schlimm aber es tritt eben öfter ein, als es ausbleibt, also sollte man sich drauf einrichten.

Ihr Leben besteht in Ihnen, nicht in Ihren Kindern, so schlimm das sich jetzt anhört. Aber jeder andere Rat wäre jetzt falsch. Alles andere würde Illusionen verbreiten und wenn die dann platzen wäre es noch schlimmer. Denken Sie dran: wie viele Menschen verlieren ihre Kinder plötzlich, durch Katastrophen, durch Krankheiten, durch Unfälle - und Ihnen ist dies Furchtbare auf diese Weise passiert.

Und seien Sie sicher, Gott, der Herr aller Dinge und der seine Zustimmung zu uns gibt mit jedem Tag der wird und mit jedem Kind, das geboren wird, ist nicht fern, sondern fühlt Ihren Schmerz wie er den aller Menschen fühlt und versteht Sie, wie er alle versteht. Sie wären nicht da und nicht wie Sie sind, wenn er Sie nicht lieben und so wollen würde, wie Sie sind. Er will, daß Sie selbst denken, auch wenn er nicht will, daß sie darum leiden - aber das Leid bereitet ja nicht ER Ihnen, sondern Menschen, die es eben im Gegensatz zu IHM nicht leiden können, daß sie selbst denken. Er wird Ihnen aber helfen, daß Sie Ihr Leid überwinden. Mit der Hilfe jener Menschen, in denen er Ihnen begegnen wird. Sehen Sie nach vorn und lassen sie IHN kommen.

Die Zeugen haben in einem recht: Gott will das Leid nicht. Aber wenn eine Religion Ihnen Leid bereiten kann nur weil Sie nachdenken wollten, dann kann diese Religion nicht die wahre sein; wenn sie Menschen hartherzig macht, dann kann ihr Gott nicht der wahre sein. Und wenn Ihr Partner meint, er würde Gott gefallen, indem er sich lieblos erweist wegen einiger WTG - Spielregeln, dann entfernt er sich von Gott, Sie haben es doch gehört: nicht jeder, der sagt ‘Herr, Herr", geht ins Königreich ein. Haben Sie keine Angst davor, daß Sie von Gott verlassen wären - kein Mensch ist das. Nur die das behaupten, die haben ihrerseits Gott verlassen. Ach so - einen Pfarrer brauchen Sie nicht. Sie und ER - das reicht. Und noch etwas: wenn Sie die Hilfe annehmen, die ich Ihnen empfohlen habe - vielleicht drehen Sie den Spieß gar noch herum..."

Juliane Bobrowski, Arbeitsgemeinschaft Gnosis Berlin, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.