Die leitende Körperschaft sollte sich langsam eingestehen, dass der Sklave in Matthäus 24:48 der gleiche ist, wie der, mit dem sie sich ausschließlich nur in Vers 45 identifiziert.

„Jener“ - ein Demonstrativpronomen, also „hinweisendes Fürwort“, das auf den Sklaven in Vers 45 zurückverweist - ist nämlich schon lange zu der Überzeugung gelangt, dass sein Herr noch ausbleibt, dass er also nicht zu dem von ihm geglaubten Zeitpunkt eintrifft.

Interessanterweise befindet sich nämlich nun der „übelgesinnte Sklave“ von Brooklyn in der gleichen Position wie der in Vers 48 beschriebene. Denn so wie der „übelgesinnte Sklave“ im Gleichnis von Matthäus nun anfängt, „seine Mitsklaven zu schlagen“, weil er denkt, „[sein] Herr bleibt noch aus“, so beginnt nun auch der „übelgesinnte Sklave“ von Brooklyn, seine Anhänger zu schlagen, weil sie ihn bei seinem bereits jahrelangen Getändel mit dem scharlachfarbenen wilden Tier ertappt haben und nun infolgedessen zwingend daraus die Schlussfolgerung ziehen müssen, dass er ja selber schon lange nicht mehr an den von ihm erhofften Zeitpunkt des Kommens des Herrn glaubt.

Jetzt müssen die Mitsklaven mit Konsequenzen rechnen, wenn sie diese Tatsache öffentlich aussprechen und damit den Sklaven an den Pranger stellen. Und das, obwohl er schon damals vor 10 Jahren, als wir noch keine Ahnung von der Liebschaft zwischen der Wachtturm-Gesellschaft (im nachfolgenden WTG genannt) und der UNO hatten, gewissermaßen „mit den Gewohnheitstrinkern [zu] essen und trinken“ (Vers 49) begonnen hatte, während er uns gleichzeitig fromme Ratschläge darüber erteilte, wie und als was wir die UNO zu betrachten haben.

Damit nicht genug. Er hat nicht nur angefangen, sie zu schlagen, sondern hat auch damit begonnen, durch sein „Trugspiel […], durch List im Ersinnen von Irrtum“ (Epheser 4:14), seine Mitsklaven anzulügen und irrezuführen. Die Irreführung beginnt schon damit, dass gleich schon am Anfang des Briefes behauptet wird:

Natürlich sind Jehovas Zeugen und die von ihnen benutzten rechtlichen Körperschaften nie ein Teil der Vereinten Nationen gewesen.

So überraschend das jetzt für manche auch klingen mag, aber wie sich weiter unten herausstellen wird (Siehe ab S.4 dieses Essays), konnten sie als NGO aus Sicht der DPI tatsächlich nie als ein Teil der UNO angesehen werden. Nur in diesem einen Punkt behält die WTG recht.

Aus theologischer Sicht bin ich jedoch anderer Meinung.

Die WTG rechtfertigt sich zwar mit diesem Umstand, lenkt aber damit vom eigentlichen Problem, um das es in der ganzen Story überhaupt geht, ab. Und darin liegt die Irreführung. Daher muß natürlich zunächst die Frage untersucht werden, warum es „wiederholt Anfragen zu einer“ angeblich „irreführenden Meldung“ über eine solche Verbindung überhaupt gegeben hat und warum Zeugen Jehovas jetzt auch noch „womöglich ebenfalls mit diesen Fragen konfrontiert“ werden könnten?

Aus welcher Quelle die vermeintlich irreführende Meldung stammt, wird schon von vornherein verschwiegen, so dass sich der Wahrheitsgehalt dieser mutmaßlichen Meldung und warum dieser Vorwurf erhoben wurde, zunächst nicht überprüfen lässt. Das sollte auch nicht verwundern, denn nur durch eine solche „List“lässt sich nun auf das „Trugspiel“, das schließlich in die Irre führen soll, aufbauen und fortsetzen.

Im nächsten Absatz des Briefes wird den Ältesten ein Missverständnis über eine solche Verbindung suggeriert und die scheinbar wahre Begründung, die zu einer solchen angeblich irreführenden Meldung geführt haben soll, angeführt. Dort, im Brief vom 28. Januar 2002 „an alle Ältestenschaften“ der Versammlungen heißt es:

Im Jahr 1991 haben wir uns zu dem Zweck beim Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen (DPI) als Nichtregierungsorganisation (NGO) registrieren lassen, um in den Bibliothekseinrichtungen der Vereinten Nationen zu sozialen und wirtschaftlichen Problemen sowie zum Thema Gesundheit Nachforschungen anstellen zu können [...] Der Registrierungsantrag, so wie er eingereicht wurde und bei uns in den Akten vorliegt, enthielt keine Aussage, die zu unserem christlichen Glauben im Widerspruch wäre.

Diese Aussage enthielt er aber wohl, wie sich gleich herausstellen wird! Nicht etwa, dass es im Registrierungsantrag hieße, die WTG würde als NGO ein Mitglied der Vereinten Nationen werden. Nein, davon ist dort nichts zu lesen, und dies ist daher auch nicht das eigentliche Problem, sondern schon aus der ersten Seite ganz oben im „Antragsformular für Nichtregierungsorganisationen“ (APPLICATION FORM FOR NON-GOVERNMENTAL ORGANIZATIONS) geht hervor, dass der Antragsstellers den Vereinten Nationen jährlich über seine Aktivitäten, die mit VN-Fragen (VN = Vereinte Nationen) im Zusammenhang stehen, berichten muß:

Please note that the association of your Non-Governmental Organization (NGO) with the Department of Public Information (DPI) requires that you provide us with proof of your organization’s non-profit status and with an annual report on its activities related to United Nations issues.[1]

Hinweis: Zur Registrierung Ihrer Nichtregierungsorganisation (NGO) beim Amt für Öffentlichkeitsarbeit (DPI) ist es erforderlich, uns einen Nachweis über den Status der Uneigennützigkeit Ihrer Organisation sowie einen jährlichen Bericht über ihre Aktivitäten in Verbindung mit UN- Fragen zu liefern.

Die Verpflichtung, der UNO einen jährlichen Bericht abzugeben, macht aber nur dann Sinn, wenn die UNO diese Berichte verwerten kann, so dass mit diesen der Förderung und den Zielen der Vereinten Nationen gedient werden kann. Wie diese Berichte verwertet werden, wird uns auf der Internetseite des Amts für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen (DPI), wo „Fragen und Antworten“ geklärt werden, mitgeteilt. Dort heißt es im zweiten Absatz:

Sie [die NGOs] geben den Vereinten Nationen (VN) eine gute Verbindung zu den Bürgern in der ganzen Welt. DPI hilft diesen NGOs, Zugang zu Informationen über die vielfältigen Bereiche, in welchen die Vereinten Nationen engagiert sind, zu bekommen und diese zu verbreiten und der Bevölkerung somit ein besseres Verständnis der Ziele der Weltorganisation zu ermöglichen.

Diesen Verpflichtungen einer NGO war sich die WTG nicht etwa erst seit Oktober 2001 bewusst, einem Zeitpunkt, zu dem sie um eine Kündigung der Mitgliedschaft in DPI bat, wie aus dem Schreiben vom Leiter der NGO-Sektion, Paul Hoeffel, Abteilung DPI, vom 11. Oktober 2001 hervorgeht. Im gleichen Schreiben heißt es nämlich, dass die Organisation, die Watchtower Bible and Tract Society of New York, durch ihre Registrierung in DPI die Verpflichtung eingeht, die Kriterien für die Aufnahme zu erfüllen, darunter die Grundsätze und die Charter der Vereinten Nationen zu stützen sowie das Engagement und die Mittel zu besitzen, Informationsprogramme über UN-Aktivitäten wirkungsvoll unter ihren Mitgliedern und einem großen Publikum zu verbreiten. Schon 1968 hieß es in der Resolution 1296 (XLIV) vom 23. Mai 1968 über die Voraussetzungen einer NGO:

eine NGO „…verpflichtet [sich], die Arbeit der Vereinten Nationen zu unterstützen und das Wissen über ihre Grundsätze und Aktivitäten zu verbreiten im Einklang mit ihren eigenen Zielen und nach Massgabe ihres jeweiligen Aufgaben- und Tätigkeitsbereichs.“[2]

Die WTG wusste somit bereits 1991, worauf sie sich bei ihrer Registrierung als NGO eingelassen und inwieweit sie die UNO zu unterstützen hatte.

Damit ist unter anderem auch geklärt, zu welchem Zweck die Bibliothek der UNO den NGOs überhaupt zur Verfügung steht:

DPI hilft diesen NGOs, Zugang zu Informationen ... zu bekommen, um diese zu verbreiten und der Bevölkerung somit ein besseres Verständnis der Ziele der Weltorganisation zu ermöglichen.[3]

Diese Bibliothek dient also in erster Linie nicht zu dem Zweck, Nachforschungen für die eigenen Ideologien anzustellen, sondern Ziel ist es, mit Hilfe dieser Bibliothek die Weltbevölkerung über die Ziele, die gemäß Wachtturm-Ideologie aber im Gegensatz zum Königreich Gottes stehen, aufzuklären.

Dies ist ein weiterer Beweis dafür, dass die WTG mit ihrer Behauptung, der Registrierungsantrag enthielte keine Aussage, „die im christlichen Glauben [der Zeugen Jehovas] im Widerspruch wäre“, glattweg gelogen ist! Das ist ein Indiz dafür, dass die WTG nicht nur die Absicht hatte, von den Bibliothekseinrichtungen zum Zwecke der Nachforschungen in eigener Sache Gebrauch zu machen, wie uns der Brief suggerieren will, sondern die UNO auch in ihren Zielen zu unterstützen suchte.

Freilich nahm die WTG es freiwillig in Kauf, Geringschätzung gegenüber „heilige Dinge“ (Hebräer 12:16) zum Ausdruck zu bringen, „wie Esau der seine Erstgeburtsrechte im Tausch für ein Mahl weggab (Hebr. 12:16, 1. Mose 25:34), indem sie hinging, die UNO in ihren Zielen, die im Gegensatz zum Königreich Gottes stehen, zu fördern, um offensichtlich ihr eigenes Image aufzuwerten. Denn die NGOs können aufgrund ihres guten Rufs durch eine solche Verbindung „als Anwälte der engagierten Öffentlichkeit gesehen werden“, so in einem Beitrag von Andreas Fincke der „Evangelischen Kirche in Deutschland“ (EKD) auf deren Website im November 2001.

Damit hat die WTG entgegen ihrer eigenen Doktrin vom „wilden Tier“ aus Offenbarung (Johannesapokalypse) der UNO zum ersten Mal eine Daseinsberechtigung verliehen - eine Daseinsberechtigung, die aber bereits seit Jahrzehnten von der WTG in Frage gestellt wird, ja sogar noch zuletzt bis 1999 trotz der Mitgliedschaft in der NGO. Selbst im Wachtturm v. 1.5.1999 hieß es noch auf der S. 15, Abs. 8 in einer unglaublich dreisten Ungehörigkeit und Frechheit:

Jehovas Zeugen haben schon früh aufgedeckt, daß jene von Menschen geschaffenen Friedensorganisationen in Gottes Augen abscheulich sind.

Aber das Linsengericht war schon verspeist. Daher ist der vorgeschobene Grund der WTG, sie wolle lediglich die Bibliothekseinrichtungen zum Zwecke der Nachforschung nutzen, eine falsche Fährte, weil gleichzeitig die Hinweise im Antragsformular (Siehe oben die Zitate sowie nachfolgend die Erläuterungen zu Punkt 5 und 6 im Registrierungsantrag) verschwiegen werden, welche offenbaren, was eigentlich der wahre Grund für einen solchen Assoziierungswunsch sein sollte. Diese Gründe werden nachfolgend erläutert.

Die Ziele, die die UNO anstrebt und die eine NGO unterstützen muß, werden schließlich auf der zweiten Seite des Antragsformulars unter Punkt 5 und 6 näher beschrieben und im folgenden umrissen:

Punkt 5

Hier werden die häufigsten Tätigkeitsfelder der NGO aufgeführt, unter anderem das Altern, AIDS, Kinder/Jugendliche, körperlich Behinderte, Abrüstung, Diskriminierung/Vorurteile, wirtschaftliche/soziale Entwicklung, Ernährungsprobleme, Gesundheit, Obdach/Unterkunft, Menschen-/Zivilrechte usw. Unter diesem fünften Punkt wird der Antragssteller gebeten, nach Grad der Wichtigkeit drei Hauptgebiete anzugeben, mit denen sich seine Organisation (hier die Antragsstellerin WTG) beschäftigt bzw. für die sie sich einsetzt.

Punkt 6

Hier werden Bereiche aufgezählt, nach denen die Tätigkeitsfelder der NGOs entsprechend ihrem Zweck und ihren Zielsetzungen kategorisiert werden können. In diesem Abschnitt muß angegeben werden, welche Kategorien auf die antragsstellende Organisation (hier die WTG) am meisten zutrifft. Aufgezählt werden dort unter anderem Studium/Forschung, Wirtschaft/Industrie, Kultur, Bildungseinrichtung, Menschenrechte, Politik, Arbeit, Religion, Dienstleistung, Gewerkschaft/Arbeitsmarkt, Frauen, Jugend.

Das zeigt erneut, dass dieser Antrag nicht etwa dazu dient, die Bibliothekseinrichtungen für eigene Zwecke nutzen zu können, sondern der Antragssteller hat aufgrund dieses Antrags mit Hilfe der Bibliothek der UNO zu nutzen, ihr also einen Dienst zu erweisen, um die Ziele zu fördern, zu deren Zweck die UNO ins Leben gerufen wurde. Und nur zu diesem Zweck steht einer NGO die Bibliothek zur Verfügung, nicht etwa dafür, dass diese Einrichtungen der Förderung und den Interessen des Königreiches oder der eigenen Ideologie nutzen sollen.

Falls sich jedoch die WTG bei der DPI als NGO ausschließlich mit dem „edlen“ Ziel registriert haben lassen sollte, um mit Hilfe der UNO-Bibliothek die Königreichsinteressen fördern zu können, dann hat sie die UNO in Wahrheit getäuscht, da die eigenen Motive der WTG als Nichtregierungsorganisation denen im Antragsformular erläuterten widersprochen hat. In diesem Fall hat die WTG dann die Einrichtungen und Mittel der UNO für ihre eigenen Ziele missbraucht und ausgenutzt, weil sie im Antragsformular zwar vorgab, die Ziele der UNO stützen zu wollen, in Wirklichkeit aber der eigenen Ideologie Vorschub leisten wollte. Aus plausiblen Gründen wie sie oben und auch nachfolgend erläutert werden, scheinen mir aber als Begründung ausschließliche Königreichsinteressen für die Registrierung als NGO wegzufallen, da die WTG für eine solche Aufnahme in die NGO zuviel Inkonsequenzen und Widersprüchlichkeiten gegenüber ihrem eigenen Selbstverständnis, die eine solche Verbindung mit sich bringt, in Kauf genommen hatte. Eine ähnliche Situation besteht ja auch gegenwärtig bei dem Bemühen um den Körperschaftsstatus in Deutschland, im Zuge und zugunsten dessen die bisherige Selbstdarstellung gegenüber der Öffentlichkeit sowie die früheren Prinzipien ähnlichen Unstetigkeiten und Unvereinbarkeiten geopfert werden.

Nun trifft es zwar zu, dass, wie es auch auf der Internetseite der UNO zu lesen ist, „die Assoziierung mit DPI ... [nicht bedeutet], dass die NGO Teil des Systems der Vereinten Nationen wird...“.[4] Das ist aber wieder eine weitere, irreführende Fährte, womit den Zeugen Jehovas glauben gemacht werden soll, dass gegen eine solche Assoziierung keine Bedenken zu bestehen bräuchten, da immerhin gemäß eigenem Wortlaut der DPI durch eine solche Verbindung die NGO kein Teil des Systems der UNO wird. Was in dem Brief nicht erwähnt wird, ist die Tatsache, dass aber diese NGOs gerade zu dem Zweck existieren, um die Ziele der UNO zu fördern, wie oben bereits ausführlich erläutert wurde. Es spielt also gar keine Rolle mehr, ob die WTG als NGO nun als Bestandteil der UNO angesehen werden könnte oder nicht.

Man kann auch die Ziele der katholischen Kirche fördern, ohne Teil dieses Systems zu sein, indem man der Kirche oder auch kirchlichen Institutionen Spenden zukommen lässt oder anderweitig unterstützt. Würde ein Zeuge Jehovas so etwas tun, würde er verurteilt und vielleicht sogar ausgeschlossen, weil er durch sein Engagement die falsche Religion fördern würde. Selbst wenn ein Zeuge Jehovas in die katholische Kirche eintreten würde, nur um z.B. zu Forschungszwecken Zutritt zur Vatikanischen Bibliothek zu erlangen, würde dies als Abfall vom wahren Glauben angesehen werden, wobei dann auch noch der Gemeinschaftsentzug drohen würde.

Eine solche fadenscheinige Begründung als Rechtfertigung für eine Mitgliedschaft in der NGO, wie sie die WTG ins Feld führt, kann daher nur naive Zeugen Jehovas beeindrucken, die bedauerlicherweise niemals gelernt haben, selbständig ihren Verstand einzusetzen und auch mal die Logik zu seinem Recht kommen zu lassen.

Da hilft es der WTG in der für sie peinlichen Situation auch nichts, wenn sie in ihrem Brief schreibt, die Kriterien enthielten Formulierungen, denen sie sich nicht anschließen könne. Aber auch hier spielt es nicht einmal eine Rolle, welche angeblich abweichenden Formulierungen die Kriterien enthalten, denn das ändert nach wie vor nichts an den eigentlichen Zielen der UNO, die die NGOs zu unterstützen verpflichtet sind. Das geht ebenfalls aus der Internetseite des Amts für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen (DPI) , wo „Fragen und Antworten“ geklärt werden, hervor. Dort wird nämlich nach dem siebten Absatz die Frage gestellt: „Welche Kriterien müssen NGOs erfüllen, um mit DPI assoziiert zu werden?“ Danach folgt die Antwort:

  • Für die Assoziierung mit DPI kommen Organisationen in Betracht,
  • die die Ideale der VN-Charta mittragen,
  • die ausschliesslich nicht-gewinnorientiert arbeiten,
  • ein nachweisliches Interesse zu VN-Fragen haben und die Fähigkeit besitzen, ein großes oder ganz spezifisches Publikum wie Pädagogen, Vertreter der Medien, politische Entscheidungsträger und die Wirtschaft zu erreichen, die das Engagement und die Mittel besitzen, Informationsprogramme über UN-Aktivitäten wirkungsvoll zu verbreiten, indem sie Nachrichten, Verlautbarungen und Broschüren veröffentlichen, Konferenzen, Seminare und Runde Tische organisieren und mit den verschiedenen Medien zusammenarbeiten.

[Unterstreichung von mir.]

Es handelt sich aber dabei um erstrebenswerte und edle Ziele per se, wie sie gemäß der Lehre der Zeugen Jehovas nur Gottes Königreich herbeiführen kann und darf. Dies sei auch der Grund, warum die UNO an heiliger Stätte steht. Sie sei „in Wirklichkeit eine lästerliche Nachahmung des messianischen Königreiches“, heißt es in dem Buch Die Offenbarung ― Ihr großartiger Höhepunkt ist nahe, S. 248. Auch wenn der Registrierungsantrag an sich keine Aussage enthalten hätte, „die [zum] christlichen Glauben im Widerspruch wäre“, so hat sich nach der schon immer vertretenen Auffassung der WTG an dem vermeintlichen Zielen der UNO, Gottes Königreich nachzuahmen zu wollen, indem sie an dessen Stelle für Frieden und Sicherheit sorgt, dennoch nie etwas geändert, noch ändern die in der angeblich „jüngeren Version“ enthaltenen fragwürdigen „Formulierungen“ etwas daran, auch wenn sie uns nicht mitgeteilt werden. Nun sind ja die Ziele der UNO, die die WTG jahrelang unterstützt hat, eigentlich die Ziele des Königreiches Gottes. Damit hat die WTG zwar der UNO eine Daseinsberechtigung verliehen, ihre eigene aber verloren – erinnern wir uns oben an das Linsengericht!

Dass irgendwelche divergierenden Formulierungen in der „jüngeren Version“ als Begründung herhalten müssen, ist auch völlig unglaubwürdig und absurd. Denn jahrzehntelang hat die WTG versucht, die Vereinten Nationen in schnöder Art und Weise mit allen Mitteln bloßzustellen und ins negative Licht zu rücken. Warum tut sie es aber dann nicht auch in diesem Fall und stellt die UNO bloß und entlarvt sie, indem sie uns mitteilt, um welche vermeintlich fragwürdigen Formulierungen der „jüngeren Version“, die doch so sehr von den damaligen angeblich abweichen, es sich bei diesen Kriterien handelt? Auch das ist unehrlich, denn die WTG trägt bewusst nichts zu dieser Aufklärung bei; stattdessen hüllt sie sich ins Schweigen darüber, inwieweit die Formulierungen von den damaligen divergieren. Dies sei „zumindest in ihrer jüngeren Version“ der Fall, heißt es in dem Brief. Aber was bedeutet „zumindest“? Gibt es etwa auch noch andere Versionen? Dieses „zumindest“ mutet einem nämlich geradezu an, als ob die WTG nicht einmal über die erste Version Kenntnis gehabt hätte. Wie haben dann aber die alten Kriterien, über die uns die WTG auch nicht informiert, ausgesehen? Hat der wachsame Sklave es etwa versäumt, das Antragsformular genau durchzulesen, bevor er eine so schwerwiegende Entscheidung fällt?

Und was die ganze Sache für einen „Wächter, der auf dem Wachtturm steht“ (Wachtturm, 1.3.87, S. 15, Abs. 19), noch unglaublicher erscheinen lässt: Warum musste er erst auf diese neue Formulierung aufmerksam gemacht werden? Gab es da jemanden, der noch wachsamer war als der „neuzeitliche“ Wächter aus Jesaja 21:8? Wer war denn überhaupt der Wachsame, der die WTG über diese fragwürdigen „Formulierungen“ aufmerksam gemacht hat, über den sich die WTG ausschweigt? Könnte es vielleicht Stephen Bates von der britischen Tageszeitung The Guardian gewesen sein, der am 8. und 15. Oktober 2001 den Skandal auffliegen ließ? Vom Namen her würde das passen, denn The Guardian heißt wörtlich auf Deutsch übersetzt „der Hüter“, „der Wächter“. Interessanterweise hatte nämlich die WTG ihre Registrierung, kurz nachdem der Artikel in The Guardian erschienen war, tatsächlich plötzlich zurückgezogen. Die fraglichen „Formulierungen“ der „jüngeren Version“, die die NGO-Kriterien enthalten, scheinen somit als Ursache für den überraschenden Rückzug aus der NGO auszuschließen.

Der Umstand, dass der „neuzeitliche Wächter“ erst mit der Nase auf diese bedenklichen „Formulierungen“ gestoßen werden musste, zieht natürlich noch weitere Fragen nach sich, die zu beantworten der „Wächter“ uns schuldig bleibt:

  • Werden etwa alle NGOs von der DPI niemals informiert, wenn Kriterien für die Mitgliedschaft als NGO plötzlich neue Formulierungen enthalten?
  • Müssen sie alle erst durch die Presse auf irgendwelche neue Kriterien oder Formulierungen für die NGO-Mitgliedschaft aufmerksam gemacht werden?

Es klingt doch sehr unglaubwürdig, dass eine für die NGO zuständige Abteilung den NGOs keine Informationen über irgendwelche Änderungen über Prinzipien, Kriterien und Formulierungen zukommen lassen sollte. Die ganze Story ist geradezu phantastisch!

Am Schluss des Briefes wird nun noch das letzte Pulver, das die WTG zur Verfügung hat, verballert, indem wieder einmal in stereotyper Weise ein Angriff auf die Person statt deren Argumente folgt, um das Klischee von angeblichen Zeugen-Gegnern aufrecht zu erhalten. In dem Schreiben wird nicht einmal der Versuch unternommen, auch nur ein Argument irgendeines Gegners aufzugreifen, um ihn zu widerlegen.

Wenn die WTG tatsächlich im Recht ist, sollte es doch eigentlich keine Bedenken geben, die Aussagen der vermeintlichen Gegner denen der WTG gegenüber zu stellen. Müsste die WTG, wenn sie „starke Verschanzungen [umstoßen]“ (2. Korinther 10:4) möchte, nicht vielmehr bemüht und daran interessiert sein, durch eine Gegenüberstellung beider Seiten die Gegner ins Unrecht zu setzen und damit Satan als Lügner zu stempeln? (Wachtturm, 1.11.1996, S. 14, Abs. 9) Ja, müsste es für die WTG, wenn sie sich im Recht befindet, nicht vielmehr ein Leichtes sein, die Argumente der Gegner ad absurdum zu führen? Warum unternimmt sie denn keinen Versuch, Jehovas Namen auf diese Weise zu rechtfertigen und damit der Menschenwelt ein „großartiges Zeugnis“ zu liefern? Nun, „ein Sklave des Herrn aber hat es [eben] nicht nötig zu streiten“ (2. Timotheus 2:24), und „um Worte zu streiten“ (Vers 14) schon gar nicht. Nun, wenn die eigenen Werke nicht zuschanden kommen sollen, ist es wahrlich besser, eine Konfrontation mit seinem „Gegner“ zu vermeiden!

Es verwundert daher nicht, dass die schwachen Begründungen und Rechtfertigungen für die Mitgliedschaft in der NGO nichts weiter als heiße Luft ist, da auch nach dem Anschreiben noch zu viele Fragen offen bleiben und geflissentlich manches unter den Tisch fallen gelassen wird.

Der Rückzug aus der NGO ist zwar ein lobenswerter Schritt per se, nur wurde er aus unaufrichtigen Beweggründen unternommen. So manch einer schon musste, nachdem er in einer unangenehmen Situation ertappt wurde, den unfreiwilligen Rückzug antreten, andernfalls wäre er nämlich geblieben.

Frank Bruder, 17.02.2002

Quellennachweise:

[1] Siehe UN-Formular.

[2] Siehe unter der Internetadresse des  Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen (DPI) unter „Fragen und Antworten“, Unterthema „Wann begann die Zusammenarbeit zwischen DPI und den NGOs?“, dritter Abs.

[3] Ebd., zweiter Absatz unter „Was ist eine nichtstaatliche Organisation?“.

[4] Siehe Amt für Öffentlichkeitsarbeit der Vereinten Nationen (DPI), „Fragen und Antworten“ unter dem Unterthema „Wie ist das Verfahren für die Assoziierung von NGOs mit DPI?“, dritter Absatz.