Religiöse Gruppe musste sich aus der UNO, welche sie als das "abscheuliche Ding" aus der Apokalypse deutet, austragen lassen.

Die Zeugen Jehovas (ZJ) waren fast 10 Jahre lang in einem Register nichtstaatlicher Organisationen eingetragen, die mit der UNO zusammenarbeiten, einer Organisation, die die ZJ mit Bezug auf das biblische Buch Apokalypse (oder "Offenbarung" in der Sprache der Zeugen) als das "abscheuliche Ding" und das "scharlachfarbene wilde Tier" identifizieren.

Die während dieser Zeit geheimgehaltene Tatsache wurde erst vor rund zwei Monaten bekannt und löste eine Flut von Briefen an die UNO und die verantwortlichen Zeugen seitens vieler Mitglieder der Zeugen Jehovas aus, die irritiert waren, weil einige das für Heuchelei hielten. Als Folge dieser Unruhe beantragte die Religionsgemeinschaft die Austragung aus dem Register, welche von der UNO am 9. Oktober ausgeführt wurde.

Die Eintragung war noch 1991 beantragt worden von der Wachtturm Bibel- und Traktat Gesellschaft (WTG), dem Führungsorgan der weltweit rund sechs Millionen Zeugen Jehovas. Im Jahr 1992 akzeptierte das Department of Public Information (DPI) der Vereinten Nationen die Eintragung des Wachtturms in das Register nichtstaatlicher Organisationen (NGO) auf dem Gebiet der Verteidigung der Menschenrechte. Das UN-Department hatte jedoch keine Kenntnis davon, dass in einigen Publikationen der WTG die Vereinten Nationen ständig als das "scharlachfarbene wilde Tier" und das "abscheuliche Ding" aus dem Bibelbuch Apokalypse bezeichnet worden waren.

Im August wurde das Register öffentlich bekannt, was zahlreiche Bitten um Erklärung auslöste. Brieflich, telefonisch und per E-Mail wandten sich viele Mitglieder der ZJ an das DPI der Vereinten Nationen und an die WTG selbst, weil sie wissen wollten, was da eigentlich ablief. Am 8. Oktober (dem Vorabend des Anullierungsbeschlusses aus dem DPI-Register) sagte ein Ex-Mitglied der ZJ gemäß einem Zitat der englischen Zeitung "The Guardian": "Es besteht eine offenkundige Diskrepanz zwischen der Beschreibung, die die WTBTG häufig von der UNO macht als eine unbillige Organisation und ihren (des Wachtturms) Versuchen hinter den Kulissen, die Gunst der Vereinten Nationen zu erlangen."

"Die Eintragung als Nichtstaatliche Organisation war nur gemacht worden, um humanitäre Hilfe leisten zu können und die Menschenrechte in verschiedenen Ländern der Welt zu verteidigen", sagte gegenüber PUBLICO Pedro Candeias, Sprecher der Vereinigung der Zeugen Jehovas in Portugal. In Portugal ist indessen die Löschung aus dem Register bei der Vereinigung der ZJ, die nahezu 50.000 Gläubige repräsentiert, noch gar nicht offiziell bekannt. Dieser Verantwortliche sagt, die Religionsgemeinschaft, der er angehört, hätte damit "ein wichtiges Papier" gehabt, um der Bevölkerung von Ländern wie Angola, Bosnien, Georgien, Ruanda und anderen afrikanischen oder lateinamerikanischen Ländern zu helfen. "Es war kompliziert, in diese Länder hineinzukommen und deshalb notwendig", die WTG in die Vereinten Nationen "einzutragen". Aber diese Eintragung, versichert er, bedeute für die Zeugen Jehovas "keinerlei politische Verwicklung" mit der UNO. Man erinnere sich, dass diese religiöse Gruppe auf politischem Gebiet neutral auftritt. Gleichzeitig aber verhält sie sich respektvoll, fast unterwürfig gegenüber den Autoritäten jedes Landes. Pedro Candeias erklärt, dass die ZJ ihre Steuern zahlen, aber danach den Staat nicht fragen werden, was er mit diesem Geld macht. "Es handelt sich nicht um einen politischen Schachzug", sagt der Sprecher der Zeugen, "denn ohne die Zustimmung der UNO wäre es nicht möglich, humanitäre Hilfe zu leisten". Und so wie die Eintragung "nicht die satzungsgemäßen Vorschriften" der ZJ "verletze", hat die Kritik am Beitritt in die DPI "keinerlei Grundlage", sagt Pedro Candeias.

Sicher ist, dass in einer von Paul Hoeffel, dem Chef der Sektion der NGO im DPI der Vereinten Nationen, unterzeichneten Mitteilung vom 11. Oktober steht, dass diese Stelle "zahlreiche" Zuschriften bekommen hatte, in denen um Informationen über die Wachtturm-Gesellschaft auf der Liste nichtstaatlicher Organisationen, die mit den Vereinten Nationen zusammenarbeiten, gebeten wurde. Die WTG, fügt er in dem Dokument hinzu, "bat 1991 um Aufnahme in das DPI, was 1992 bewilligt wurde". Mit der Aufnahme verpflichtet sich jede Organisation, die Prinzipien der Carta der Vereinten Nationen zu respektieren und die Empfänger über die Aktivitäten der UNO zu informieren. "Im Oktober 2001", ergänzt Paul Hoeffel, "beantragte" der Wachtturm "das Ende seiner Assoziierung mit dem DPI". Danach "traf das UNO-Department die Entscheidung, sich von der Wachtturm-Gesellschaft zu trennen", welche ab dem 9. Oktober wirksam wurde.

Quelle: Publico (Portugal), 20. Oktober 2001, Autor: Antonio Marujo