Offizielle Stellungnahme der Zeugen Jehovas,
Öffentlichkeitsarbeit Region Bayern:
Sind Sie, liebe Leserin, oder lieber Leser, katholisch? Wie würden Sie empfinden, wenn man Sie in die Nähe von Kinderschändern rücken würde, nur, weil gegen einen ehemaligen Katholiken wegen dieses Verbrechens ermittelt wird? Sie wären zurecht erschüttert und empört. Doch genau das empfinden Jehovas Zeugen in Ihrer Nachbarschaft - unbescholtene Väter, Mütter, Geschwister und Großeltern. Warum?
Gegen einen Mann, der - laut Kreisbote - ein Zeuge Jehovas war, der noch nicht angeklagt, geschweige denn verurteilt wurde, wird ermittelt. Es wird nicht berichtet, in welche Zeit seine Handlungen fallen, dessen ungeachtet wird hier ohne Zusammenhang die ursprüngliche Religionszugehörigkeit des Mannes ins Spiel gebracht und der Eindruck erweckt, Zeugen Jehovas würden Kindsmißbrauch und Kindsmißhandlungen billigen oder diese Verbrechen seien unter ihnen üblich. Tatsache ist, daß Jehovas Zeugen diese Handlungen zutiefst verabscheuen. Wer ihre Publikationen und ihre Lehre kennt, wird dies bestätigen.
Andere Erkenntnisse durch einen "Blick hinter die Mauern des Wachturms" gibt es nicht. Dem Verfasser der Artikel im Kreisbote liegt zum Thema "Kinder von Jehovas Zeugen" umfangreiches Material vor, das beweist, daß sich die Religion von Zeugen Jehovas keineswegs negativ auf die Entwicklung ihrer Kinder auswirkt. Bei diesem Material handelt es sich auch um Auszüge aus Gerichtsurteilen in Sorgerechtsfällen. So haben zum Beispiel neben vielen anderen das Oberlandesgericht Hamm (12UF 41/96, 40/96 3.5.1996), das Amtsgericht Solingen (16F 247/95, 16.3.1996) und das hanseatische Oberlandesgericht (3UF 215/94, 21.6.1995) das Sorgerecht dem Elternteil zugesprochen, der Zeuge Jehovas ist. Im Urteil des Oberlandesgericht Solingen wird aufgeführt: "Die Zugehörigkeit zu den Zeugen Jehovas hat im vorliegenden Fall sogar auf das psychische Wohl der Kinder positive Auswirkungen."
Quelle: Kreisbote, Ostallgäu vom 27.1.2000Antwort von Stephan E. Wolf auf diese Stellungnahme
(als Leserbrief an den Kreisboten und persönlich an den Autor der Stellungnahme)
Knittlingen, den 27. Januar 2000
Sehr geehrter Herr Bunk,
es ist bemerkenswert, dass Sie zu meinem Vortrag in Kaufbeuren Stellung nehmen, ohne ihn selbst gehört zu haben. Und es ist typisch für die Reaktion von Sekten, Kritiker persönlich zu diskreditieren, anstatt sich mit ihren Argumenten auseinander zu setzen.
Ich habe ausdrücklich betont, dass ich die Mehrheit der ZJ für ehrbare Menschen halte. Auch habe ich darauf hingewiesen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Kindesmissbrauch unter Zeugen Jehovas außergewöhnlich häufig vorkommt. Doch dass er vorkommt, wird durch zahlreiche Presseberichte und mehrere mir persönlich bekannten Fälle dokumentiert. Wobei sich in allen Berichten immer wieder das selbe Bild ergibt:
Der Täter wird weder angezeigt, noch wird ihm geraten, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Sache könnte ja an die Öffentlichkeit gelangen und dem Ansehen der Zeugen Jehovas schaden. Die Folge ist, dass der Missbrauch jahrelang weiter geht. Nicht selten mit dem selben minderjährigen Opfer, das sich oft noch den Vorwurf anhören muss, es hätte die Taten durch sein Verhalten selbst provoziert.
Wir haben es hier also mit der Vertuschung von Straftaten und unterlassener Hilfeleistung zu tun.
Die bekannt gewordenen Fälle belegen auch, dass der Täter meist erst dann aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wird, nachdem die Sache an die Öffentlichkeit gedrungen ist. Schließlich will man nach außen erklären können, es handle sich hier gar nicht um einen Zeugen Jehovas.
In den Selbsthilfegruppen ehemaliger Zeugen Jehovas sind immer wieder die Berichte von Frauen zu hören, die von ihrem eigenen Vater sexuell missbraucht wurden und vor den Ältesten der Versammlung keinerlei Gehör fanden. Im Gegenteil, einige der Täter sind heute noch in Amt und Würden.
Das ist auch nicht verwunderlich. Schließlich schrieb die WTG in einem internen Schreiben vom 22. September 1995: „Es wäre unbiblisch, würde man sagen, dass jemand, der sich des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht hat, in der Versammlung niemals Dienstvorrechte genießen kann, die Vorbildlichkeit voraussetzen." Der Wachtturm-Gesellschaft ist also das Problem bekannt. Doch es scheint sie wenig zu interessieren.
Da nützt es wenig, wenn Sie vom Thema ablenken und auf eine Reihe von Gerichtsurteilen verweisen, die mit Kindesmissbrauch nichts zu tun haben. Wobei dahin gestellt sei, ob es sich wirklich positiv auf das Wohl eines Kindes auswirkt, wenn man ihm höhere Bildungschancen verwehrt und von Klein auf beibringt, dass sie sich von Schulkameraden und Nachbarskindern fern halten müssen. Schließlich sind das alles „Weltmenschen", die zu „Satans System" gehören und bald vernichtet werden.
Aber weshalb schreibe ich Ihnen eigentlich? Schließlich sind Sie doch gar nicht der Verfasser der Stellungnahme im Kreisboten. Denn auch wenn Sie Ihren Namen dafür hergeben – der Text selbst wurde von der PR-Abteilung der Wachtturm-Gesellschaft verfasst. Doch das fällt leider nur ehemaligen Zeugen Jehovas auf.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan E. Wolf