Wir lesen schon seit einiger Zeit Ihre Website. Wir sind froh, daß es sie gibt. Sie hat uns die Augen geöffnet und uns die Wachtturmgesellschaft von einer Seite gezeigt, die uns bisher verschwiegen wurde. Wir haben oft nächtelang alles gelesen und geprüft.

Alle angegebenen Internetlinks geöffnet. Auch bei anderen Websites, wie z.B. WT-Cleanup die vielen Wachtturmzitate nachgeschlagen, weil wir - einstweilen noch - fast alle Literatur seit 1945 im Original besitzen. Es ist unglaublich in welcher Trance wir uns während unserer Zugehörigkeit befanden. Wir glaubten mit der sogenannten Wahrheit "über allen Dingen zu stehen", im Weltgeschehen den Durchblick zu haben. Und doch waren wir nur Marionetten in dem perfiden Spiel einer kleinen Gruppe von Männern.

Auch schauen wir öfter mal ins Forum. Diese freie Meinungsäußerung haben wir in der Wachtturmgesellschaft vermißt. Je länger wir mit dieser Sekte verbunden waren, desto mehr Fragen über Ungereimtheiten tauchten auf. In den letzten Jahren wurde es besonders krass.

Anfangs wurde unser Wissensdrang besänftigt. Aufforderungen "geduldig auf Jehova zu warten", Vertrauen in den treuen und verständigen Sklaven zuzeigen, nicht gegen Jehovas Gesalbte zu rebellieren, Hinweise, daß manches, was wir jetzt nicht verstehen, später besser erkannt wird und wir sollten auch nicht unser ewiges Leben aufs Spiel setzen usw. usw. wirkten wie vernebelndes Rauschgift. Es beruhigte zeitweise, bis man wieder einmal bei den gleichen Fragen anlangte, die zu unterdrücken von Neuem über Selbstzweifeln bis hin zu einem unhaltbaren Zustand führten.

Wie waren wir froh, daß sich gerade rechtzeitig das Internet zu einer preiswerten und vor allem informativen Alternative entwickelte.

Zusammen mit Ihrer Internetseite, haben wir auch bei den anderen Websites viele Antworten auf Fragen erhalten, die im Laufe der letzten Jahre in uns keimten, als etliche Zweifel durch die unfassbare Entwicklung der Wachtturmgesellschaft entstanden.

Wir verfolgten mit Interesse jede TV-Sendung, die sich mit dem Thema "Zeugen Jehovas" auseinandersetzte.

Dabei fiel uns immer wieder ein Aspekt auf: Es gab jedesmal einen Wiederspruch zwischen dem, was der Wachtturm-Sprecher von sich gab und was wir selbst in der Versammlung erlebten, oder besser, was wir befolgen mußten.

Am krassesten empfanden wir aber das klägliche Verhalten einer angeblich von Gott geleiteten Organisation gegenüber Opfern sexuellen Missbrauchs. In vielen allegorischen Symbolvergleichen zu biblischen Gestalten und Ereignissen stellt sich die Wachtturmgesellschaft als angeblich mächtiges Bollwerk dar, im Kampf auf der Seite Gottes, gegen die kein Gegener eine Chance hätte. Pure Angeberei! Sie und die Bibel versagt kläglich in der Bewältigung eines so wichtigen Bereichs zwischenmenschlicher Probleme. Sogar das von ihnen erfundene "Sünden-Kompendium" (Ältestenbuch), vollgepackt mit Bibelstellen, ist nutzlos, weil die sogenannte "Zwei-Zeugen-Regel" aus der Bibel bei sexuellem Mißbrauch von Kindern ein Schlag ins Gesicht der vielen Hilfesuchenden und bedauernswerten Opfer ist. Auch das Beharren auf "Selbstjustiz", ohne Beiziehung ausgebildeter Fachleute ist eine Schande für jedes gesunde Rechtsempfinden. Die sogenannte "böse, von Satan beherrschte Welt" bietet mehr Hilfs- und Schutzeinrichtungen als die Wachtturmgesellschaft mit ihren in Selbstlob zerfliessenden Selbstdarstellungen im Wachtturm, wie glücklich alle und besonders die Kinder, sein können, in der "Hürde des wahren Gottes" zu sein.

Seit wir die Sekte (wir bezeichnen seit unserem Weggang diese Gemeinschaft so) vor einem Jahr freiwillig verliessen, kam noch eine weitere Erfahrung dazu. Wir staunten immer wieder, wie sehr die Wachtturmgesellschaft in ihrer öffentlichen Darstellung lügt und das Gemeinschaftsleben in einigen speziellen Bereichen so schilderte, wie wir es nie erlebten, ja aufgrund der internen Anweisungen, nie praktizieren durften.

Ein Beispiel:

In dem Gespräch, das der TV-Sender "B-TV" am 3.Mai 2001 20:15 Uhr, ausstrahlte, schilderte der Wachtturm-Sprecher Bernd Klar ein Verhalten der Zeugen-Gemeinschaft gegenüber den Ausgetretenen, das jeder Realität entbehrte, ja, wie wir heute mit Überzeugung sagen können, eine unglaubliche Lüge war. Er sagte: "Der Regelfall ist so, wenn ich heute sagen würde, ich möchte kein Zeuge Jehovas mehr sein, aus dem Saal hier raus gehe, passiert mir überhaupt nichts. Meine Glaubensbrüder würden mit mir sprechen, die würden sicherlich mal vorbeikommen und fragen, warum ich kein Zeuge Jehovas mehr sein möchte."

Wir wussten aber, daß z.B. ein Umgang mit freiwillig Weggegangenen, die sich sonst nichts zuschulden kommen liessen, was einen Ausschluß rechtfertigen würde, genauso verboten war, wie wenn es sich um jemanden gehandelt hätte, der wegen einer Verfehlung hinausgeworfen wurde. Da gab es keinen Unterschied. Jeder ehemalige Zeuge, auch wenn er danach sein ehrbares und anständiges Leben weiterführte, mußte von uns geächtet werden.

Wenn wir uns so verhalten hätten, wie das Bernd Klar schilderte, wäre im harmlosesten Fall eine Dienstansprache vom Podium gehalten worden, um diesen Umgang einzustellen. Das war in unserer Versammlung tatsächlich der Fall. Andernfalls würde ein "ernstes Gespräch" eines Ältesten jeden Versuch menschenwürdiger Begegnung im Keim ersticken. Also genau das Gegenteil von dem, was Bernd Klar im TV-Gespräch sagte.

Ein Jahr später gab es den Königreichsdienst vom August 2002. Hier wurde nicht das Verhalten, das die Wachtturmgesellschaft durch Bernd Klar in der Öffentlichkeit darstellte empfohlen, sondern das, was wir die ganze Zeit befolgen mußten, nämlich die "harte Linie".

Auch wir spürten nach unserem freiwilligen Weggang diese "harte Linie". Sie steht im krassen Wiederspruch zu den medienwirksamen Äusserungen vor der TV-Kamera. Sie waren eine einzige Lüge. Die Hintergünde für solche Verlogenheit sind uns mittlerweile bekannt. Wir haben unsere Situation samt dem Grund für die Verlogenheit der Wachtturmgesellschaft in dem Brief an "xxxx", übermittelt, weil auch in Österreich die Wachtturmgesellschaft um Anerkennung buhlt und das Unterdrucksetzten der Ausstiegswilligen mit der sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung zwar bekannt, aber von den Zeugen Jehovas nach aussen hin genauso geleugnet wird, wenn es darum geht, vor der öffentlichen Meinung Pluspunkte zu sammeln, die sie der Anerkennung einen weiteren Schtitt näher bringen. Es ist kein Wunder, wenn viele Ausstiegswillige diesen "letzten" Schritt scheuen, weil sie Angst vor den Konsequenzen einer totalen Verachtung durch jene Menschen haben, die oftmals in ihrem Leben der einzige soziale und gesellschaftliche Umgang waren, weil sie, dem Rat des Wachtturms folgend, jeden Kontakt zur sogenannten "bösen Welt" oder "weltlichen Freunden oder Verwandten" eingestellt hatten.

Auch wenn wir derzeit unsere Erfahrung in Österreich machen, wissen, wir daß die Anweisungen (z.B. Königreichsdienst) zeitgleich auch in der BRD "studiert" und befolgt werden mussten. Auch dort möchte die Wachtturmgesellschaft die Anerkennung. Auch dort weiss man, daß Familienspaltung als gewaltiges Druckmitel von der Wachtturmgesellschaft eingesetzt, jedoch von dieser geleugnet wird.

Deswegen bitten wir Sie, den Brief, den wir im Anhang mitsenden, auch an das entsprechende Gremium in Berlin weiterzuleiten, da wir die passende Adresse nicht kennen. Vielleicht mehren sich dadurch die Stimmen derer, die diese unglaublich verlogene Moral nicht begreifen können und wollen, als Warnung vor einer Sekte, bei der das Wort "Wahrheit" nicht mehr die Bedeutung hat, die man im Allgemeinen erwartet. Wie kann z.B.eine Regierung mit einer solchen Sekte in Verhandlungen treten, wenn sie nicht sicher ist, daß das was gesagt wurde, auch so gemeint war und nicht eine Finte unter dem Aspekt einer "Theokratischen Kriegslist" war? Es bleibt eine gewaltige Diskrepanz zwischen den Öffentlichkeitsdarstellungen der Wachtturmgesellschaft und den internen Regeln für Zeugen Jehovas im Raume stehen, solange die Familienspaltung als Druckmittel, um ausstiegswillige Mitglieder zu halten, nach wie vor angewendet wird.


Sehr geehrter Hr. Dr. xxxx!

Auf Ihre Funktion in der xxxx wurden wir durch einen Beitrag in dem deutschen Diskussionsforum "Infolink" (http://forum.sektenausstieg.net/) aufmerksam. Diese Gesprächsplattform sehen wir uns manches Mal als "stiller Mitleser" an.

Kurz zu uns:

Meine Frau (57) und ich (61) wuchsen jeder von Kindheit an in einer Zeugen-Jehovas-Familie auf und lernten uns in der Sekte kennen

Seit 1960 waren auch wir Zeugen Jehovas (Taufe) Wir haben zwei Töchter (38 und 31 Jahre, beide verheiratet und je ein Kind). Konditioniert durch die Wachtturmgesellschaft, erzogen wir unsere Kinder in der Wachtturm-Lehre.

Beide Töchter heirateten in der Sekte einen Gleichgesinnten. Die jüngere hat zeitgleich mit uns die Sekte verlassen. Und die ältere ... aber das ist der Grund für diesen Brief.

Wie man es von uns erwartete, sind wir immer treu den Wachtturm-Lehren gefolgt. Wir haben uns jeder neuen "Bibel-Auslegung" angepaßt. Sie wurde uns ja immer wieder mit dem Begriff "Neues Licht" oder "Besseres Verständnis" plausibel gemacht. Unter anderen ermahnte uns die Wachtturm-Organisation auch zur Distanz vor den sogenannten "weltlichen Freunden" (so nennt das der Wachtturm), also jenem nicht zu den Zeugen Jehovas gehörenden Personenkreis. Der oft wiederholte, suggestive Impuls lautete ähnlich wie aus dem Wachtturm 15.4.1993 Seite 15 Absatz 9:

Hütet euch daher vor schlechter Gesellschaft. Beschränkt eure Gemeinschaft auf geistiggesinnte Christen, die Jehova wirklich lieben. Seid selbst bei Jugendlichen in der Versammlung vorsichtig, wenn sie negativ eingestellt sind oder nur kritisieren. Mit eurem geistigen Wachstum wird sich wahrscheinlich auch die Art der Freunde ändern, die ihr euch wählt. Eine jugendliche Zeugin sagte: "Ich finde in verschiedenen Versammlungen neue Freunde. Das zeigt mir, wie überflüssig weltliche Freunde sind. (Z.B. auch Wachtturm 1.9.1993 ab Seite 16, usw.)

Unsere gesamte (Groß-) Familie, also nahen und fernen Verwandten, sind allesamt Zeugen Jehovas. Wir haben keinen einzigen Verwandten außerhalb der Sekte. Wie sehr uns die Wachtturmgesellschaft in eine Abhängigkeit hineintrieb, wurde uns erst bewußt, nachdem unsere zweite Tochter, deren Mann und auch wir diese Gemeinschaft aus persönlicher Überzeugung, freiwillig verließen.

In den vielen Jahren vor dem Internet hatten wir nie die Möglichkeit "hinter die Kulissen der Wachtturmgesellschaft" zu sehen. Jede Wachtturm-kritische Literatur wurde uns strikt verboten und als "Werk des Teufels" bezeichnet, der sich angeblich der sogenannten "Abtrünnigen" bedient, um uns von der "Wahrheit" abzubringen (z.B Wachtturm 15.8.1976 ab Seite 488, Wachtturm 15.3.1986 ab Seite 10, usw.). Denunzierter Besitz dieser Literatur wurde zu einem internen "Gerichtsfall (Komitee)" und mit dem Ausschluß (Exkommunikation) bedroht (z.B.Wachtturm 15.8.1984 Seite 31).

Heute erkennen wir, daß sich die Wachtturm-Führung mit dieser Androhung einen großen, von den Gläubigen nicht kontrollierbaren Freiraum für ihre Umtriebe schuf, in den hineinzuschauen nur einer ganz kleinen, exklusiven Gruppe möglich war. Nicht aber uns Gläubigen. Alles was wir erfuhren, war die geschönte und "passend" gemachte Selbstdarstellung in den eigenen Schriften sowie das Standardanliegen einer amerikanischen, elitären Seniorengilde mit charismatischem Sendungsbewußtsein: "Keine Schande auf die Organisation bringen". Diese Gruppe nennt sich "treuer und verständiger Sklave" und pocht mit der Begriffsentlehnung aus dem Neuen Testament auf ihre Sukzession.

Nie im Leben hätten wir es uns träumen lassen, nach fast 40-jähriger Zugehörigkeit, mit empörenden Fakten konfrontiert zu werden, wie sie heute im Internet zu finden sind, die den Wachtturm-Konzern in einem dubiosen Zwielicht zeigen.

Wir möchten Sie, Herr Dr. xxxx, nicht mit den vielen Fakten der Wiedersprüche zwischen "Theorie und Praxis" der religiösen Wachtturm-Lehre belasten, sondern nur ein Kriterium ansprechen, das bei uns das "Faß zum Überlaufen" brachte: Das unglaubliche Verhalten der Wachtturm-Führung gegenüber den Opfern und Tätern bei sexuellem Mißbrauch innerhalb der Sekte!

Als nach der aufsehenerregenden Reportage durch den amerikanischen Sender CNN auch der WDR am 16.2.2003 eine erschütternde Reportage mit etlichen Fällen von sexuellem Mißbrauch unter Zeugen Jehovas (in der BRD) dokumentierte, bei denen die Täter mehr Schutz erhielten, als die Opfer, ja letzteren sogar von einer polizeilichen Anzeige abgeraten wurde, und der offizielle Wachtturm-Sprecher (BRD), Rudtke, vor der Kamera die Fakten leugnete, bzw. herunterspielte, konnten wir nicht glauben, was wir hier miterlebten.

Wir waren nicht erschüttert, daß solche Perversionen innerhalb der Gemeinschaft vorkamen, sondern empört, daß die Wachtturmgesellschaft auf eine "Selbstjustiz" bestand und ohne Konsultation ausgebildeter Fachleute die Opfer kriminalisierte und das Beibringen eines "zweiten Zeugen" forderte, weil das der "Rat der Bibel" sei. Da aber gerade in diesen speziellen Fällen von Vergehen kein sexuell mißbrauchtes Kind einen "Zuschauer" namhaft machen kann und wird, ist diese Art der Rechtsprechung eine Verhöhnung jedes Rechtsempfindens. Doch für die Wachtturmgesellschaft war jeder Fall erledigt und die Täter blieben jahrzehntelang, mit einigen wenigen Ausnahmen, angesehene Mitglieder der Zeugen Jehovas und konnten unbehelligt ihren perversen Neigungen nachgehen. Den Opfern aber wurde geraten "zu Jehova zu beten", das Erlittene zu erdulden und mit niemand darüber zu reden.

Es ist unglaublich. In den 40 Jahren unserer Zugehörigkeit haben wir nie etwas über solche oder ähnliche Ereignisse erfahren, so perfekt wurden jene Fälle "unter den Tisch gekehrt", um keine "Schande auf die Wachtturm-Organisation" zu bringen. Erst durch das Internet sind diese Ungeheuerlichkeiten bekannt geworden. Auf der Website von "Silentlamb" trauen sich immer mehr aktive und ehemalige Zeugen Jehovas über Vergangenes zu schreiben. Wir fragten uns ernstlich: "Das sollte die "einzige, von Gott geleitete" wahre Kirche sein, in der, wie es der Wachtturm lehrte, jeder Verantwortungsträger vom heiligen Geist ernannt wurde?" Uns fiel es wie "Schuppen von den Augen"!

Vier Tage später sandten wir am 20.2.2003 ein Schreiben an die Wachtturmgesellschaft in xxxx, in dem wir formlos und ohne nähere Begründung erklärten, daß wir von nun an keine Zeugen Jehovas mehr sind.

Unsere jüngere Tochter und ihren Mann haben wir mit diesen - und noch vielen anderen - Ungeheuerlichkeiten über die Wachtturmgesellschaft konfrontiert. Sie sandten ebenfalls ihren schriftlichen Austritt an die Wachtturm-Zentrale in xxxx. Unsere ältere Tochter und deren Mann wollten davon nichts wissen und empfinden es als bewußt inszenierte Kampagne gegen die Zeugen Jehovas. Soweit kann Indoktrination führen!

Sehr geehrter Herr Dr.xxxx! Uns ist auch nicht entgangen, daß die Wachtturmgesellschaft in vielen Ländern ihre Anerkennung durch den Staat oder den Status einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts" erlangen will. Das hat in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit einiger TV-Stationen erregt, die mit Vertretern der Zeugen Jehovas TV-Talks veranstalteten. Wir haben uns fast alle angesehen. Es war für uns unfaßbar, wie die offiziellen Gesprächsteilnehmer der Wachtturmgesellschaft das Verhalten ihrer Gesellschaft im allgemeinen und der einzelnen Zeugen Jehovas im speziellen, gegenüber ehemaligen Zeugen Jehovas darstellten, die - aus welchen Gründen auch immer - die Glaubensgemeinschaft verließen.

Zum Beispiel strahlte am 3.Mai 2001, 20:25 Uhr, der damals aktive TV-Sender "b-tv" über ASTRA eine Diskussion zum Thema "Zeugen Jehovas" aus.

Der offizielle Pressesprecher der Zeugen Jehovas (BRD), Bernd Klar, sagte doch tatsächlich - in "coram publico":

Der Regelfall ist so, wenn ich heute sagen würde, ich möchte kein Zeuge Jehovas mehr sein, aus dem Saal hier raus gehe, passiert mir überhaupt nichts. Meine Glaubensbrüder würden mit mir sprechen, die würden sicherlich mal vorbeikommen und fragen, warum ich kein Zeuge Jehovas mehr sein möchte.

Jetzt, nachdem wir selbst in der Situation sind, zu prüfen, ob sich die Wachtturmgesellschaft und deren Mitglieder tatsächlich so verhalten, wie dies in der Öffentlichkeitsdarstellung gesagt wurde, können wir nicht umhin - und das war auch der primäre Grund für dieses Schreiben an Sie - solche Äußerungen als medienwirksam aber zutiefst verlogen zu bezeichnen. Wir haben mittlerweile schon mehrmals festgestellt, daß sich die Wachtturmgesellschaft mit einem "Januskopf" präsentiert. Sie zeigt nach außen ein völlig anderes "Gesicht" als in der internen Lehre gegenüber den eigenen Gläubigen.

Wir entnahmen den Diskussionen in verschiedenen Foren, daß die Praxis des Gemeinschaftsentzugs mit seinen Folgen in unzähligen Familien schon sehr viel, ja erschreckend viel Leid verursachte. Viele ehemalige Zeugen Jehovas bekamen schwere psychische Probleme, nachdem sie, als Folge der sozialen und gesellschaftlichen Isolation wegen ihres fast ausschließlichen Umgangs nur mit Zeugen Jehovas, nach ihrem Austritt in ein "tiefes Loch" fielen. Viele haben während ihrer Sektenzugehörigkeit außerhalb der Sektengemeinschaft, in willfährigem Gehorsam gegenüber der Wachtturm-Lehre, jeden Kontakt abgebrochen und fanden nach ihrem Austritt keinen Ansprechpartner oder verständnisvolle Bezugsperson. Für etliche endete dieses Dilemma im Suizid.

Ein Jahr nach der oben zitierten Äußerung des Wachtturm-Vertreters gab die Wachtturmgesellschaft in dem nicht für die Öffentlichkeit bestimmten "Königreichsdienst" (August 2002) prinzipielle Anweisungen heraus, wie sich ein Zeuge Jehovas gegenüber einem Verwandten zu verhalten habe, der entweder ausgeschlossen wurde oder aus freiem Willen die Gemeinschaft verlassen hat.

Die verbindlichen Richtlinien des "Königreichsdienstes" vom August 2002 sind im wesentlichen eine Wiederholung der zu jener Zeit immer noch aktuellen Anordnungen aus dem Wachtturm vom 15.12.1981 und des Wachtturms vom 15.4.1988. Der Beitrag hatte vorgedruckte Fragen zu jedem Absatz, um das Thema in jeder Versammlung mit den Anwesenden intensiv zu besprechen. So wurde sicher gestellt, daß bei den Gläubigen von da an jedes konziliante Verständnis gegenüber "Ausgetretenen" im Keim erstickt wurde. Die interne Anordnung sieht also ganz anders aus und entspricht überhaupt nicht dem Muster, das - in verlogener Art - der Pressesprecher in dem oben zitierten TV-Talk zeichnete. (Link zu einer Abschrift des Königreichsdienstes August 2002: http://www.geocities.com/wtcleanup/11WT-Editionen/17GemEntzug/26KDAug2002GemEn tzug.htm)

Seit der letzten Herausgabe eines solchen Artikels vor fast 20 Jahren (Wachtturm 15.12.1981 ) scheint eine humanere Einstellung gegenüber Verwandten, die der Sekte freiwillig den Rücken kehrten, die meisten Mitglieder erfaßt zu haben, welche das Mißfallen der amerikanischen Wachtturm-Leitung erregte und eine "intensive Erinnerung" durch diesen "Königreichsdienst"-Beitrag für nötig gehalten wurde. Hier finden sich nicht einmal ansatzweise Sätze, die die oben zitierten Äußerungen des Wachtturm-Sprechers Bernd Klar in der TV-Diskussion im B-TV-Sender bestätigen würden. Im Gegenteil! Der "Königreichsdienst"-Beitrag indoktrinierte die Zeugen Jehovas wieder einmal zu Hardlinern im Umgang mit ihren engsten Verwandten, bar jeder humanen oder verwandtschaftlichen Gefühlsregung.

Das zeigte sich auch in unserem Fall.

Der Wachtturm-interne Informationsfluß hat offensichtlich bewirkt, daß sämtliche Verwandte und Freunde mit einem Schlag den Kontakt zu uns einstellten, obwohl wir ihnen unseren Austritt nicht mitteilten! Ja selbst die eigene (ältere) Tochter (einschließlich Schwiegersohn und Enkelkind) haben jeden Kontakt zu Mama und Papa oder Oma und Opa, sowie zu unserer zweiten Tochter (und deren Familie) eingestellt. Diese, von der Wachtturmgesellschaft anerzogene fanatische Haltung schiebt ALLEN natürlichen Gefühlen zwischenmenschlicher - und vor allem "blutverwandtschaftlicher - Beziehungen einen Riegel vor. Es ist - bildlich gesprochen - wie ein vollzogenes Todesurteil!

Das "Führungs-Kollektiv" der Wachtturmgesellschaft schrieb sogar einmal im Wachtturm:

Da uns durch die Gesetze der weltlichen Nationen, unter denen wir leben, und durch die Gesetze Gottes durch Christus Jesus Schranken auferlegt sind, können wir nur bis zu einem gewissen Grade gegen Abgefallene Schritte unternehmen, das heißt in Übereinstimmung mit beiden Gesetzgebungen. Das Gesetz des Landes und das Gesetz Gottes durch Christus Jesus verbietet uns, Abgefallene zu töten, auch wenn sie Glieder unserer eigenen Blutsverwandtschaft sind. Gottes Gesetz verlangt jedoch von uns, den Entzug der Gemeinschaft mit der Versammlung anzuerkennen, und dies trotz der Tatsache, daß das Gesetz des Landes, in dem wir leben, von uns aus natürlicher Verpflichtung verlangt, mit solchen Abgefallenen unter einem Dach zu leben und mit ihnen Umgang zu haben. (Der Wachtturm 15. Jänner 1953 Seiten 63+64)

Solche perversen, fundamentalistischen Ideologien schlummern immer noch in den Köpfen der Sektenführer, weil sich im grundsätzlichen Verhalten der Wachtturmgesellschaft und der Zeugen Jehovas gegenüber denen, die die Sektengemeinschaft verlassen haben, bis heute nichts geändert hat! Da nützt es auch nichts, wenn die Austrittswilligen ein ehrbares und rechtschaffenes Leben - nur ohne Wachtturm-Zugehörigkeit - führen und ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft außerhalb der Sekte werden.

Das führte zu unglaublichen Begebenheiten. Ich, als Vater, wurde nach mehreren Infarkten am Herz operiert und nach weitern Infarkten frühzeitig in Pension geschickt. Nach einem neuerlichen Herzanfall mußte ich wieder einmal ins Spital. Meine jüngere Tochter, ihr Mann und mein Enkel waren am nächsten Tag sofort bei mir im Krankenhaus. Meine ältere Tochter, noch Zeuge Jehovas, hat sich nicht einmal telefonisch nach meinem Zustand erkundigt. So rigoros werden die Wachtturm-Anweisungen in die Tat umgesetzt.

Dabei hatten wir bis zu unserem Austrittsbrief an die Wachtturmgesellschaft mit unserer älteren Tochter und deren Familie, sowie allen anderen Verwandten fortwährend Kontakte. Wir hatten auch nicht vor, ihre religiösen Gefühle zu verletzen und waren bereit zu akzeptieren, daß sie weiterhin Zeugen Jehovas bleiben möchten. Nur sie sind nicht bereit diese Toleranz uns gegenüber zu zeigen. Das verbietet ihnen die Wachtturm-Lehre.

Die verlogene Darstellung des Bernd Klar hatte sicher zum Ziel, in dem Kampf der Wachtturmgesellschaft um Anerkennung, die in der Öffentlichkeit kolportierten Vorhaltungen zu entkräften, die Wachtturmgesellschaft setze ausstiegwillige Zeugen Jehovas durch solche Maßnahmen unter Druck. Daß aber solches dennoch geschieht, erleben nicht nur wir, sondern kam auch in einigen deutschen Pressekommentaren zum Ausdruck:

Zwar sieht der Spruch des Bundesverfassungsgerichts auf den ersten Blick wie ein Erfolg der Jehova-Bewegung aus, doch könnte sich das Urteil am Ende als Pyrrhussieg erweisen. Schließlich wurden die Vorwürfe, dass die Sekte ehemalige Mitglieder massiv unter Druck setzen soll, dass sie den Staat und die Demokratie als "Werkzeug des Satans" ansieht und Bluttransfusionen ablehnt, auch wenn es Menschenleben kostet, von den obersten Richtern gar nicht behandelt.

Nun gilt es, die Kriterien sorgfältig neu zu formulieren, nach denen Religionsgemeinschaften der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt wird. Organisationen, die den Staat und die freiheitliche Grundordnung ablehnen - ja dagegen agieren - und die Menschenwürde nicht achten, dürfen nicht noch einen Sonderstatus mit besonderen Vergünstigungen erhalten. Recht und Gesetz müssen auch für Religionsgemeinschaften gelten. Das Grundrecht auf Glaubens- und Bekenntnisfreiheit ist nicht schrankenlos.

Auch darauf sollten die Richter in der nächsten Runde des Verfahrens achten. (Offenbach Post / 20.12.2000 Andreas Herholz)

Karlsruher Grundsatzurteil zum Verhältnis von Religionsgruppen und Staat

Karlsruhe (kwi). Die Chancen der Zeugen Jehovas, einen Status wie Kirchen zu erlangen, sind gestiegen: Vor dem Bundesverfassungsgericht haben sie gestern einen Etappensieg errungen.

Die Verfassungsrichter legten dabei erstmals Maßstäbe für die Anerkennung von Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechts fest, die auch beispielsweise für islamische Gruppen gelten.

Den ersehnten Status haben die Zeugen Jehovas jedoch noch nicht in der Tasche. Das Verfassungsgericht hat lediglich ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1997 aufgehoben, den Fall zur nochmaligen Prüfung jedoch dorthin zurück verwiesen. Laut Verfassungsgericht bietet die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas die "Gewähr der Dauer", auch wenn sie den Weltuntergang voraussagt. Ein Hindernis für die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts sei auch nicht das religiöse Verbot für "Zeugen", an Wahlen teilzunehmen. Sogar die Glaubensaussage, dass jedes politische System und damit auch die deutsche Verfassungsordnung zur "Welt Satans" gehöre, sei allein kein Hindernis. Eine Religionsgemeinschaft dürfe nicht nach ihrem Glauben, sondern nach ihrem Verhalten beurteilt werden. Die Verfassung fordere von religiösen Körperschaften keine "Staatsloyalität".

Allerdings müssen nach dem Richterspruch aus Karlsruhe die Fachgerichte künftig prüfen, ob Religionsgruppen sich rechtstreu verhalten, die Religionsfreiheit Einzelner nicht verletzen und vor allem die Grundrechte Dritter achten. Im Fall der Zeugen Jehovas werden sich die Gerichte mit deren Befürwortung der Prügelstrafe, mit der Ablehnung von Bluttransfusionen und mit der sozialen Ächtung von Aussteigern zu beschäftigen haben.

Der Status als Körperschaft öffentlichen Rechts ist für Religionsgemeinschaften interessant, weil sie damit unter anderem befugt sind, Steuern zu erheben und Stiftungen zu bilden. (Aktenzeichen 2 BvR 1500/97) (Rheinpfalz / 20.12.2000)

Das Urteil des BVerfGerichtes Karlsruhe vom 19.12.2000 leitete eine Art "Beobachtungszeit" ein, in der die Wachtturm-Vertreter nicht müde wurden, in ihrer Öffentlichkeitsarbeit das Bild ihrer Gesellschaft zu präsentieren, das der Staat sehen möchte, in der Hoffnung, daß das nächste Urteil zugunsten der Zeugen Jehovas gefällt wird (Nächster Termin am OVerwGericht BRD/Berlin 25.3.2004). Das ist pure Heuchelei, weil sich die Wachtturmgesellschaft gegenüber ihren eigenen Mitgliedern in internen Anweisungen völlig anders verhält.

Wir machen gerade die Erfahrung, wie rigoros der Eingriff in die intimsten Familienbeziehungen unter dem Einfluß der Wachtturmgesellschaft ist. Sie entbehrt jeder humanen Gesinnung.

Die Wachtturmgesellschaft, die im Wiederspruch zu ihrer eigenen Lehre, daß die Vereinten Nationen angeblich unter dem Einfluß Satans stehen (z.B.Wachtturm 1.9.1987 Seite 20, Offenbarungsbuch Seiten 209-211), jahrelang unter dem Titel "Menschenrechtsorganisation" bei den Vereinten Nationen als NGO (Non-Governmental-Organization) registriert war, ist nicht einmal bereit, die Menschenwürde und die Integrität der Familie über Ansichtsgrenzen hinweg als Teil pluralistischer Meinungsvielfalt zu respektieren. Vielmehr entzweit sie bestehende Familienstrukturen. Besonders, wenn ein Teil aus der Verwandtschaft das perfide Lehrgebäude der Wachtturmgesellschaft durchschaute und bereit ist, für sich selbst Konsequenzen zu ziehen.

Die Zeugen Jehovas sind unter diesem Aspekt eine äußerst familienfeindliche Sekte. Auf jeden Fall benützen sie die Familienspaltung als gewaltiges Druckmittel, um ausstiegswillige Mitglieder davon abzuhalten, diesen Schritt zu gehen. Es ist kein Wunder, daß viele Zeugen Jehovas "gezwungen" sind, in der Wachtturm-Organisation zu bleiben, obwohl sie im Herzen die Trennung von der Wachtturmgesellschaft schon vollzogen haben. Sie haben Angst vor dem, was sie bei der Verachtung und Ausgrenzung durch die eigenen Verwandten und Freunde mitmachen werden.

Wir haben unsere Abkehr von der Sekte mit einem Ortswechsel verbunden (wohnten früher in xxxx), neue Freunde gefunden und als integrierter Teil einer neuen Ortsgemeinschaft wieder Freude am Leben. Wir sind aber durch das Internet auch informiert, daß es viele gab, die diesen Absprung nicht heil überstanden haben.

Aufsehenerregender Fall war der Freitod von Vjekoslav Marinic, nachdem er bei Biolek im ARD zusammen mit Schauspieler Wolfgang Fiereck und der Autorin Uta Danella über seine psychischen Probleme nach dem Gemeinschaftsentzug sprach. Oder von Roger Quillet, Schweiz, der ebenfalls die absolute Ächtung nicht ertrug. Oder Rudi M., um die 30 Jahre alt, war Zeuge Jehovas im 11.Gemeindebezirk von Wien, ein lebensbejahender, musikbegabter junger Mann. Einmal hatte er einen Gesangsauftritt im Österreichischen Fernsehen. Er wollte in dieser Richtung Karriere machen. Im Frühjahr 1999 wurde er ausgeschlossen. Kurz darauf erhängte er sich. Rudi M. hatte auch eine Schwester, Marion M., auch zirka 30 Jahre alt und Zeugin Jehovas in Wien im 11.Gemeindebezirk. Sie verkraftete den Ausschluß ihres Bruders nicht. Ein paar Monate nach dem Selbstmord ihres Bruders stürzte sie sich aus dem letzten Stock ihres Wohnhauses in den Tod. (Diese Hinweise fanden wir unter http://www.geocities.com/wtcleanup/02Internes/09Selbstmorde.htm)

Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß dieses Verhaltensmuster rund um die Welt zu finden ist. Ja in Ländern mit besonders intensiver Familienbindung, wie zum Beispiel in afrikanischen Ländern, zu wesentlich mehr emotionalen Defiziten führt. Auch in den deutschsprachigen Foren gibt es viele Themengruppen, an denen sich ehemalige Zeugen Jehovas beteiligen, die um Hilfe bitten, ihre psychische Belastung zu bewältigen.

Angesichts der Propagandalüge offizieller Wachtturm-Sprecher bitten wir Sie, Herr Dr.xxxx, dieser nicht zu glauben und bei passenden Gelegenheiten das "wahre Gesicht" der Wachtturmgesellschaft zu zeigen, als Warnung für jene, die mangels eigener Erfahrung nicht imstande sind, das Lügengebäude der Wachtturm-Organisation im Hinblick auf das Verhalten der Zeugen Jehovas gegenüber Austrittswilligen zu durchschauen.

Wir sind gerade dabei, mit vielen Hunderttausenden rund um die Welt, die ebenfalls der Wachtturmgesellschaft den Rücken kehrten, das Gegenteil von dem zu erleben, was die Zeugen Jehovas in ihrer medialen Öffentlichkeits-Propaganda darlegen. Heute schämen wir uns, daß wir diese Sekte einmal unterstützten.

Viele nützliche Infos zu den obigen Themen fanden wir bei:

http://www.silentlambs.org/
http://www.manfred-gebhard.de
http://www.gimpelfang.de

Mit freundlichen Grüßen

xxxx