Bernd Vogt, Jahrgang 1956, verbrachte seine Kindheit in einer Evangelischen Freikirche. Mit 16 Jahren schaffte er den Ausstieg. Seine Erlebnisse, die ihm die Kindheit gestohlen hat verarbeitet er in seinem Buch „Missbraucht im Namen des Herrn“ was am 9. März 2020 erschienen.

Wie ist es in einer evangelikalen Freikirche aufzuwachsen?

Und ich sah, und siehe ein fahles Pferd, und der darauf saß, dessen Name heißt Tod, und die Hölle folgte ihm nach. Und ihnen ward Macht gegeben, zu töten das vierte Teil auf der Erde mit dem Schwert und Hunger und mit dem Tod und durch Tiere auf Erden.

Offenbarung 6:8, Lutherbibel 1912

Mit dieser absoluten Gewissheit wuchs der „Knirps“ Bernd auf. Dabei gruben sich tiefe Canyons in seine Kinderseele. Die abgestumpfte Kälte, mit der ihm seine Eltern begegneten, lässt den Leser erschaudern. So fragten seine Eltern ihn eines Tages ohne jede Emotion: „Wenn der Herr Jesus Mama und Papa geholt hat, wo willst Du dann bleiben, bei Oma oder lieber bei Tante Helga?“

Bernd Vogt hatte ständig die Angst im Nacken, dass Jesus höchst persönlich seine Mama, seinen Papa und seinen großen Bruder zu sich in die goldene Stadt mitnimmt und ihn zurücklässt?
Und das könnte zu jeder Tages- und Nachtzeit passieren, denn ihr Meister „kommt wie ein Dieb in der Nacht, genau dann, wenn man es am wenigsten erwartet“. Alle die zurückbleiben, werden unvorstellbar gequält und brennen im ewigen Feuer der Hölle.
Immer öfter schaute er in den Himmel und konnte leider nicht die Schönheit sehen die unsere Natur zu bieten hat, nein, sein Blick galt der Angst, Jesus zu sehen, der seine Familie mit sich nimmt.

Sonnenaufgang
Sonnenaufgang, © Danilo Hartung
Wolkenhimmel
Wolkenhimmel, © Danilo Hartung

Nach den ersten paar Kapiteln wäre ich am liebsten in die Geschichte gesprungen und hätte den kleinen Bernd in meine Arme geschlossen und ihm einfach gesagt, dass er, so wie er ist, perfekt ist.

Bernd wünschte sich nichts sehnlicher als wie ein „normaler“ Junge aufzuwachsen, mit Eltern die ihn akzeptieren und lieben, so wie er eben ist. Leider blieb ihm das verwehrt. Er musste aber nicht nur Angst vor der Entrückung haben, die ihm seine Eltern und seinen Bruder für immer entreißen würde. Die Prediger der Gemeinde unterzogen ihn allerlei Prüfungen, stellten ihm Fangfragen, er musste sich öffentlich zu Jesus bekennen und Missionieren.  Wie ihm das zum Hals heraushing. Auch die ständige auf den Knien herumrutschende Beterei hasste er zunehmend. Bernd hätte es ihnen gerne entgegen gebrüllt, aber das traute er sich nicht. Seine Gefühle und seine Gedanken musste er tief in sich verbergen um in der Gemeinde sowie von seiner Familie Anerkennung zu bekommen. Aber wie sollte er das denn tun? Vormachen konnte er niemanden was, denn der Meister ist omnipräsent und weiß ganz genau, was in diesen kleinen Jungen vor sich geht. Er könnte zu jeder Zeit Bernd an die Prediger und seine Eltern verraten.

Mit 16 Jahren schafft Bernd Voigt endlich den Ausstieg aus der Sekte, um ein neues freies Leben zu führen.
Das forderte viel Kraft, denn die Abrichtung der Sekte hat Spuren in Form von Zwängen, Ängsten und Depressionen hinterlassen, welche er in mehreren Therapien aufgearbeitet hat.
Bernd Voigt gibt uns in diesem Buch einen Einblick in sein Leben in einer evangelikalen Freikirche.
Dabei hilft er dem Leser mit seiner schwarzhumorigen Erzählkunst durch die vielen surrealen Episoden.

Annett Hartung

Amazon schreibt über das Buch

Wie bringt man Eltern dazu, ihr 10-jähriges Kind allen Ernstes vor die Wahl zu stellen: »Wenn der Herr Jesus Mama und Papa geholt hat, wo willst du dann bleiben, bei Oma oder lieber bei Tante Helga«? oder völlig emotionslos zu sagen: »Wenn du erst in der Hölle bist, dann können wir dir auch nicht mehr helfen«! Willkommen in der Welt einer Evangelischen Freikirche.

Bernd Vogt wurde in eine strenggläubige christliche Gemeinschaft, der auch heute noch sein älterer Bruder als Prediger angehört, hineingeboren. Als er mit 16 Jahren den Ausstieg schafft, liegt ein neues, faszinierendes Leben als »Weltmensch« vor ihm. Noch ahnt er nicht, dass ihn die zerstörerischen Glaubenssätze, die ihm seit frühesten Kindertagen eingetrichtert wurden, viele Jahre später in Form schwerer Erkrankungen, Ängsten und Depressionen einholen sollten.

Mit seinem Buch gewährt er Einblicke hinter die Kulissen scheinbar harmloser evangelikaler Freikirchen, die der breiten Öffentlichkeit sonst verwehrt bleiben. Er berichtet von einer Kindheit, die er als Außenseiter in Schule und Gesellschaft erlebte. Es sind mal tieftraurige Schilderungen, dann wieder urkomische Szenen, die er beschreibt; wie etwa sein verzweifelter Versuch, »im Freibad wie Jesus übers Wasser zu laufen« oder »das Gebirge vor seiner Haustür zu versetzen«. So entführt er die LeserInnen in eine groteske Parallelwelt – in ein Irrenhaus, das er Familie nannte, in eine »Heil«Anstalt, die er Gemeinde nannte.

Ein aufrüttelndes, überaus humorvolles Buch, das Nichtchristen wie Gläubige gleichermaßen zum Nachdenken anregt.“