Wenn sich Zweifel und Unsicherheit breit machen

Sekten leben davon, Menschen von ihrem sozialen Umfeld zu isolieren. Ihr Einfluss auf Persönlichkeit, Zeit und Geld ihrer Mitglieder hängt ganz entscheidend davon ab, ob es ihnen gelingt, sie von der Einmaligkeit der Sekte zu überzeugen. Dazu gehört, dass diese glauben, einzig und allein die "Wahrheit" zu besitzen und von Gott auserwählt zu sein.

Bei den meisten Sektenanhängern schlägt jedoch die anfängliche Begeisterung früher oder später in Ernüchterung um. Ein Prozess, der nicht selten dadurch ausgelöst wird, dass Widersprüche zwischen Worten und Taten erkennbar werden, das heißt zwischen der Lehre der Sekte und ihrer tatsächlichen Umsetzung im täglichen Leben. Dazu kommen Zweifel an der Unfehlbarkeit der Sektenführung und der Ausschließlichkeit der eigenen Lehre. Sind wir wirklich die einzig "wahre" Religion? Ist es wirklich so, dass Gottes Strafgericht unmittelbar bevorsteht? Ist die ganze Welt tatsächlich so schlecht und vom Satan besessen? Ist meine Religionsgemeinschaft so viel anders, um allein die Errettung zu verdienen?

Wer diesen Punkt erreicht hat, hat bereits den ersten Schritt zur Abnabelung getan und ist für die Sekte oft schon verloren.

Wenn der Wunsch aufkommt, darüber zu reden

Das Problem ist, dass man Zweifel und kritische Fragen mit niemandem in der Sekte diskutieren kann. Weil Zweifel ganz einfach nicht erlaubt sind und Kritik sofort zu Maßregelungen führt. Selbst gute Freunde wenden sich ab, sobald man Zweifel an der Sektenideologie erkennen lässt. Mit anderen Worten: Auch Menschen, die sich noch in einer Sekte befinden, suchen oft Kontakte außerhalb der Sekte, Kontakte zu anderen Menschen, mit denen sie wieder frei reden können; am besten zu Aussteigern aus der eigenen Sekte, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und daher nicht befremdet reagieren.

Ein Ziel vom Netzwerk Sektenausstieg e.V. ist der ungehinderte Gedankenaustausch zwischen ehemaligen Sektenmitgliedern und Betroffenen, die vielleicht einen nahen Verwandten an eine Sekte "verloren" haben. Dabei finden Sektenmitglieder nicht selten wieder Ersatz für die sozialen Kontakte, die sie in der Glaubensgemeinschaft zurücklassen mussten. Und Betroffene erfahren aus erster Hand, was eigentlich im Kopf der Person vor sich gegangen ist, als er oder sie sich der Sekte angeschlossen hat. Ein Wissenstransfer, der für beide Seiten von Nutzen ist.

Wenn man erkennt, dass man in eine Sekte geraten ist

Keine Sekte sieht sich selbst als Sekte. Jede erhebt den Anspruch, die "einzig wahre Religion" zu sein. Allerdings wissen die Mitglieder nur selten, dass sie so einzigartig eigentlich gar nicht sind. Meist erkennen sie nur den offensichtlichen Unterschied zwischen der eigenen Lebensweise und dem übrigen Teil der Menschheit, den sie geringschätzend als "die Welt" bezeichnen.

Der Kontakt mit Menschen, die aus anderen Sekten kommen, führt dazu, dass dieses elitäre Gefühl, anders und besser als die anderen zu sein, schnell wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt. Denn so sehr sich die einzelnen Sekten auch nach außen voneinander unterscheiden, im Inneren weisen sie alle ähnliche Strukturen auf. Sie arbeiten mit den selben Mechanismen, haben ähnliche Machtstrukturen und haben in der Regel auch die gleichen Ziele: Menschen zu manipulieren, abhängig zu machen und für die eigenen Ziele zu missbrauchen.


Und wie entstand diese Dokumentation? Man könnte sagen: weil ein Rasierer während eines Urlaubs kaputt ging.