Von einem Filmhelden stammt der Ausspruch: „Wenn die Guten nichts unternehmen, wird das Böse siegen. Es ist völlig klar, das Böse wird dann siegen.“

Diese Worte scheinen sich derzeit immer mehr zu bewahrheiten. Regierungen beraten über den Schutz vor Gewalttätern und verkaufen gleichzeitig Massenvernichtungswaffen. Auf dem afrikanischen Kontinent werden Menschen ermordet und unterdrückt; es gibt nur wenige, die sich dafür einsetzen, diese Entwicklung aufzuhalten. Wird das Böse siegen?

In kleinerem Rahmen stellt sich diese Frage auch hinsichtlich der Arbeit von silentlambs. In den letzten fünf Jahren hat silentlambs die Machenschaften verbrecherischer Menschen aufgedeckt. Die meisten von ihnen waren Kinderschänder. Andere waren für sekteninterne Richtlinien verantwortlich, die Kinder einer massiven Gefahr aussetzten. Bis heute wirkt silentlambs wie ein Nebelhorn im Dunst der Verschleierungstaktiken: Als wir die Zeugen Jehovas das erste Mal auf das Problem des Kindesmissbrauches ansprachen, bestritten sie einfach, dass es so etwas in ihren Reihen gäbe. Missbrauchsopfer seien ihnen gänzlich unbekannt. Mittlerweile gibt es Berichte von Betroffenen aus über 50 Ländern auf der ganzen Erde.

Vielen der Opfer wurde zwischenzeitlich vom grünen Tisch aus die Gemeinschaft der Zeugen Jehovas entzogen. Rechtsanwälte treten auf, um die Glaubwürdigkeit der Opfer zu untergraben. Die Dokumentation dieser Fälle bringt die Tatsachen ans Licht und zeigt zugleich die Vorgehensweise verbrecherischer Menschen.

Gegenwärtig werden Millionen Dollars an Spendengeldern der Zeugen Jehovas dafür eingesetzt, die religiösen Grundrechte von Kinderschändern zu verteidigen, während die Opfer ignoriert und in Misskredit gebracht werden. Auch die Spendenaktionen nach dem Hurrikan Katrina brachten Gelder zusammen, von denen ein gewisser Anteil die Taschen von Anwälten füllen wird, die pädophile Zeugen Jehovas verteidigen.

Während viele ihren Mut zusammengenommen haben, um die Zeugen Jehovas zu einer Änderung ihrer Richtlinien hinsichtlich Kindesmissbrauches zu bewegen, tappen ihre Mitglieder weiterhin im dunkeln. Die öffentliche Diskussion über Kindesmissbrauch halten sie für einen Angriff Satans, des Teufels. So wird es ihnen beigebracht. Wird das Böse siegen?

Vom ersten Tag des Bestehens an hat silentlambs drei einfache, leicht zu erfüllende Forderungen erhoben, wie die bestehenden Richtlinien der ZJ geändert werden sollten:

  1. Wenn Dein Kind missbraucht worden ist, schalte die Polizei ein und erstatte Anzeige!
  2. Kinderschänder dürfen keine verantwortliche Stellung in der Versammlung innehaben!
  3. Kinderschändern muss der öffentliche Predigtdienst von Haus zu Haus verboten werden!

Die gegenwärtige Verfahrensweise ist wie folgt:

  1. Die Eltern können entscheiden, ob die Polizei eingeschaltet wird oder nicht. Erlangen die Ältesten der Versammlung von dem Vorfall Kenntnis, werden sie die Polizei nicht informieren. Eine Ausnahme gibt es nur dort, wo Geistliche gesetzlich verpflichtet sind, Kindesmissbrauch anzuzeigen.
  2. Geständige Kinderschänder können nach 20 Jahren wieder Vertrauensstellungen innerhalb der Versammlung bekleiden. Vor einem weltlichen Gericht angeklagte oder durch ein solches Gericht verurteilte Kinderschänder können in ihren Versammlungsämtern verbleiben.
  3. Aufgrund des großen Drucks durch silentlambs dürfen überführte Kinderschänder seit Mai 2002 nicht mehr allein in den Haus-zu-Haus-Dienst gehen; allerdings dürfte der Partner in den wenigsten Fällen wissen, dass er einen Kinderschänder begleitet.

Diese Richtlinien sind somit weiterhin ein Ausweis dessen, was überhebliche und verdorbene Menschen ersinnen können. Die eine Hälfte ihrer Zunge spricht von Liebe und Heiligem Dienst gegenüber Gott, während die andere Missbrauchsopfer verhöhnt und Kinder weiter verletzt. Wird das Böse siegen?

Ein Artikel im Wachtturm vom 01.08.2005 lässt es fast vermuten. Unter der Überschrift "Wann hat man Grund, gekränkt zu sein?" ist folgender Kommentar zu Vergewaltigung zu lesen:

Eine Frau, die vergewaltigt worden ist, fühlt sich zu Recht auf Tiefste verletzt, und in Gottes Augen handelt es sich um ein schweres Verbrechen. Wer unter dem mosaischen Gesetz eine Frau vergewaltigte, musste ebenso sterben wie ein Mann, der sich gegen seinen Mitmenschen erhob und ihn ermordete (5. Mose 22:25,26). Wir stehen zwar nicht unter diesem Gesetz, können aber daraus erkennen, wie Jehova über Vergewaltigung denkt - eine abscheuliche Tat.

Auch heute wird Vergewaltigung als ein schweres Verbrechen bestraft. Es ist das gute Recht des Opfers, bei der Polizei Anzeige zu erstatten, damit der Täter strafrechtlich verfolgt werden kann. Und falls das Opfer minderjährig ist, werden wohl die Eltern entsprechende Schritte in die Wege leiten.

Der Wachtturm, 01.08.2005, S. 14

Welche Aussage steckt hinter diesen Sätzen? Verraten sie eine ausgeglichene Sicht gegenüber einem Verbrechensopfer? Ist es notwendig, Frauen, die gegen ihren Willen zum Geschlechtsverkehr gezwungen wurden, darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich nun "zu Recht aufs Tiefste verletzt" fühlen dürfen? Wiegt das Recht einer Frau verletzt zu sein, genauso wie das Recht eines Kindes? Dieser Wachtturmartikel enthält die aktuellste Weisung über das Vorgehen bei Kindesmissbrauch, so wie sie zuerst in einem Schreiben an die Ältesten der Zeugen Jehovas vom 15.02.2002 ausgedrückt wurde:

Wenn Ihr gefragt werdet, macht deutlich, dass es die persönliche Entscheidung jedes einzelnen ist, die Angelegenheit den zuständigen Behörden zu melden oder nicht. Die Versammlung wird diese Entscheidung ohne weitere Schritte akzeptieren.

Der zitierte Wachtturmartikel ist seither die erste öffentliche Stellungnahme zu diesem Thema. Seit über 20 Jahren sind die Richtlinien der Zeugen Jehovas in diesem Punkt unverändert. Eltern werden in keinster Weise ermutigt, die Vergewaltigung eines Kindes zur Anzeige zu bringen, sondern mit dem Satz abgespeist, sie "werden wohl... entsprechende Schritte in die Wege leiten". Inwieweit die deutsche Übersetzung dem derzeit immer noch anhängigen Prozess um die Zuerkennung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts geschuldet ist, sei dahin gestellt. Fest steht allerdings, dass das amerikanische Original des Wachtturms hier deutlich schwammiger formuliert: "And if the victim is a minor, the parents may want to initiate these actions."

Wie würde dieser Satz im Zusammenhang mit einem anderen Verbrechen klingen, z.B. einem Mord:

Wenn Dein Kind ermordet wurde und das Opfer noch minderjährig ist, magst Du den Wunsch verspüren, entsprechende Schritte einzuleiten.

Wir ermutigen die Öffentlichkeit und die Zeugen Jehovas, eine Änderung dieser Richtlinien zu verlangen. Jeglicher Kindesmissbrauch muss zur Anzeige gebracht werden! Außerdem erinnern wir erneut an unsere drei einfachen Forderungen, mit denen sowohl die Kinder innerhalb der ZJ besser geschützt würden, als auch diejenigen, die ein Kinderschänder im Haus-zu-Haus-Dienst antrifft. Wir bitten darum, dass Geldmittel, die für das weltweite Predigtwerk gespendet wurden, nicht länger zur gerichtlichen Verteidigung Pädophiler missbraucht werden.

Sind diese Wünsche zu weit hergeholt? „Wenn die Guten nichts unternehmen, wird das Böse siegen.“ Zwölf Männer beanspruchen für sich nicht nur, Christus treu nachzufolgen, sondern darüber hinaus auch als einziger Mitteilungskanal Gottes auf der Erde zu fungieren. Sie nennen sich „Leitende Körperschaft der Zeugen Jehovas“. Als sie seinerzeit demütig gebeten wurden, die ihrer Obhut anvertrauten Kinder mittels drei einfacher Änderungen besser zu schützen, beharrten sie auf den bisherigen Regelungen. Das Leid vergewaltigter Kinder war ihnen gleichgültig. Das erste Mal wurde diese Bitte bereits 1992 durch das Erwachet!-Schreibkomitee an sie herangetragen. In den vergangenen 13 Jahren haben unzählige Kinder durch die Entscheidung dieser Männer ihre Unschuld verloren. Die Bibel nennt sehr deutlich die Konsequenzen für Menschen, die die Verantwortung für tausende an Leib und Seele verletzter Kinder tragen. Noch mag es den Anschein haben, als siege das Böse!