Sie behauptet, Jehovas Zeugen vertuschten sexuellen Missbrauch
Eine Frau aus New Brunswick behauptet, zwei Älteste der Zeugen Jehovas und die kanadische Kirche hätten den sexuellen Missbrauch vertuscht, den sie ihren Worten nach durch ihren Vater erlitt.

Die Frau, deren Prozess nächsten Montag in Toronto beginnt, verklagt die Wachttturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft in Kanada und zwei Älteste ihrer ehemaligen Versammlung in Shelburne, nördlich von Orangeville, auf 700.000 Dollar. Die Kirche und die Ältesten Brian Cairns und Steve Brown bestreiten jedes Fehlverhalten und planen, die Klage vor Gericht anzufechten.

Die 31-Jährige Hausfrau, denen Namen die Sun nicht nennt, sagt in ihrer Klageschrift, sie sei im Alter von 11 bis 14 Jahren von ihrem Vater sexuell missbraucht worden. Der Missbrauch wurde nie angezeigt.

Jahre später, während sie in Toronto als Tagesmutter arbeitet, behauptet die Frau, sie leide unter Schuldgefühlen und schweren Depressionen. Sie ging auf die Ältesten in ihrer Versammlung der Zeugen Jehovas zu, die sich an die Kirchenzentrale in Georgetown um Rat wandten.

INTERNE HANDHABUNG

Sie sagt in ihrer Klageschrift, das Zweigbüro habe die Anweisung erteilt, den Fall intern in der Versammlung Shelburne zu behandeln, „und die Versammlung in Toronto dreimal angewiesen, den Missbrauch nicht dem Kinderschutzbund zu melden.

Die Frau sagt, dass Cairns, Brown und die Wachtturm-Gesellschaft

  1. sich geweigert hätten, den Verdacht auf Kindesmissbrauch dem Kinderschutzbund zu melden, wie es das Gesetz von Ontario fordert,
  2. sich verschworen hätten, die Anschuldigung intern zu vertuschen oder zu begraben.
  3. der Frau gesagt hätten, sie brauche keine psychiatrische oder psychologische Beratung, da „allein Gottes Weg zum Segen“ sei.
  4. die Frau gezwungen hätten, sich ihrem Schänder zu stellen und durch wiederholte Verhöre, die bei ihr „ständige seelische Verletzungen“ verursacht hätten, den Missbrauch noch einmal zu durchleben.

Kirchensprecher Clive Thomas sagte, die Kirche fühle zwar in ihrem Fall mit, aber die Klage gehe an die falsche Adresse. „Die Ältesten haben versucht, ihr in einer schweren Zeit geistige Hilfe zu geben, und sie glauben, dass sie jetzt im Grunde genommen die helfende Hand beißt“, sagte er. In ihrer Verteidigungsschrift bestehen die Beklagten darauf, die Ältesten „seien einer Anzeige“ beim Kinderschutzbund durch den Vater „förderlich gewesen.“ Es wurde nie Anklage erhoben.

Niemand habe die Frau daran gehindert, Hilfe von Psychologen oder Psychiatern zu suchen, heißt es in der Verteidigungsschrift. Überdies argumentiert die Kirche, die Frau habe ihren Vater nie verklagt und sich gegenüber den Ältesten oder der Kirche nie beklagt, wie ihr Fall gehandhabt worden war, bis im Jahre 1998 die Klage eingereicht wurde. Keine der Behauptungen in der Klage- oder Verteidigungsschrift ist vor Gericht bewiesen worden.

„BEREIT, GEGEN SIE ZU KÄMPFEN“

„Ich habe soviel Wut ... dass ich bereit bin, bis zum Ende gegen sie zu kämpfen“, sagte die Frau in einem Interview mit der Sun.

„Sie machen sich nicht klar, welchen Schaden sie bei den Leuten und bei mir angerichtet haben“, sagte sie. „Es ist mir egal, ob Sie ein Zeuge Jehovas werden wollen. Alles, was ich sage, ist: Die Art und Weise, wie sie mit Kindesmissbrauch umgehen, ist falsch und muss ein Ende haben.“

Quelle: Toronto Sun, 1.September 2002