Zentrale der Gemeinschaft in New York als „fahrlässig“ bezeichnet

RITZVILLE, Wash. 22. Jan. U.S. Newswire/

Kinderschänder in der Kirche der Zeugen Jehovas mit Sitz in Brooklyn erhalten „routinemäßig Zuflucht, Schutz, Sympathie und Unterstützung“ von Kirchenfunktionären, so eine neue Zivilklageschrift wegen Missbrauchs, die heute im Bundesstaat Washington eingereicht wurde. Die Führung der Religionsgemeinschaft mit einer Million Mitgliedern [in den USA] wurde in der Klageschrift der Fahrlässigkeit beschuldigt.

Eine Frau aus Sacramento will Schmerzensgeld von einem Führer der Zeugen Jehovas, der sie in ihrer Kindheit wiederholt vergewaltigte, sowie von der Religionsgemeinschaft aus New York.

Erica Rodriguez, 23 Jahre alt, verklagt Manuel Beliz aus der spanischsprachigen Versammlung der Zeugen Jehovas in Othello, Washington, und die leitende Körperschaft der Kirche. Im vergangenen August wurde Beliz der Vergewaltigung und des Missbrauchs von Rodriguez für schuldig befunden und zu einer 11-Jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Rodriguez sagt, Beliz habe sie ungefähr einmal pro Woche missbraucht, und zwar seit sie vier war, bis zu ihrem 12. Lebensjahr, als ihre Familie nach Kalifornien umzog. Der Fall ist bedeutsam, weil er einer aus einer relativ geringen Anzahl gegen das Landesbüro der Zeugen Jehovas ist.

„Bei dem Strafprozess ging es darum, andere Kinder vor gefährlichen Kinderschändern zu schützen“, sagte Rodriguez. „Bei diesem Prozess geht es darum, viele weitere Kinder vor einer gefährlichen Religionsgemeinschaft zu schützen.“ Sie eifert, dass „vielleicht Tausende“ von Kindern und Jugendlichen zu Opfern werden, weil die offizielle Politik der Zeugen Jehovas es bekannten Kinderschändern ermöglicht, der Entdeckung und Strafverfolgung zu entgehen.

Während des drei Tage dauernden Strafprozesses vergangenes Jahr sagte Rodriguez vor Gericht aus, dass sie den Missbrauch zwei Ältesten in Sacramento, Carlos Chicas und Milton Malendez, gemeldet habe. Die Männer drängten Rodriguez, still zu sein, drohten ihr, „ihr die Gemeinschaft zu entziehen“, also sie zu exkommunizieren, und versprachen: „Wir werden uns darum kümmern“, so die Klageschrift. Chicas nahm mit John White, einem Ältesten in Othello, Kontakt auf, aber es wurde nichts unternommen.

Nachdem sie die Beschuldigungen von Rodriguez gehört hatten nahm die Versammlung in Othello Beliz als Ältesten in der Kirche in Schutz und ächtete ihre Familie, sagte Rodriguez. Schließlich wandte sich Rodriguez an die Polizei in Sacramento und Beliz wurde verhört und später angeklagt. „Dieses Muster, Missbrauchsopfern zu verbieten, sich an die Polizei oder an ‚Außenstehende’ zu wenden, ist das Standardvorgehen, das alle Zeugen Jehovas nach der Anweisung des Landesbüros in New York befolgen müssen“, sagte der Anwalt von Rodriguez, Timothy Kosnoff aus Bellevue, Washington.

Indem sie sich nicht an die Behörden wandten, brachen die Zeugen-Jehovas-Ältesten das Gesetz des Staates Washington, das Anzeigen bei Kindesmissbrauch zur Pflicht macht, sagte Kosnoff. Rodriguez wird auch durch Jeffrey Anderson aus St. Paul, Minnesota, vertreten, der schon über 400 Klagen wegen Kindesmissbrauchs gegen die Geistlichkeit im ganzen Land eingereicht hat. Im vergangenen Sommer reichte Anderson Zivilklage gegen Zeugen-Jehovas-Führer in New Hampshire ein, die in zwei Fällen von sexueller Belästigung von Frauen keine Anzeige erstattet hatten.

„Die Kirche der Zeugen Jehovas und die Wachtturm-Gesellschaft müssen Kinder schützen und nicht Kinderschänder“, sagte Rodriguez. „Eine Menge Schmerz und Leid ließe sich verhindern, wenn sie nicht immer an das Ansehen der Kirche dächten, sexuellen Missbrauch ernst nähmen und anfingen, den Opfern die Hand zu reichen“, glaubt Rodriguez. Beliz belästigte auch andere Mädchen, und sie hofft, ihre Klage „wird sie ermuntern, Gerechtigkeit zu suchen und die Sache allmählich, wie ich auch, zu überwinden.“ Zwei Jurys befanden Beliz für schuldig, Rodriguez zum Opfer gemacht zu haben. Das erste Urteil gegen ihn wurde aufgehoben, als der Bezirksstaatsanwalt zugab, er habe versucht, jüngere Frauen von der Wahl zur Jury auszuschließen. Ein Berufungsgericht ordnete eine Wiederholung des Verfahrens an.

Bei beiden Prozessen sprachen Dutzende von Zeugen Jehovas aus Othello und Angehörige der Familie von Beliz zum Richter, bzw. Schrieben ihm, und forderten eine milde Bestrafung. Zum zweiten Prozess kamen fünfzehn Nochzeugen und Ex-Zeugen aus dem ganzen Land, um Rodriguez zu unterstützen und ihr Missfallen an der Kirchenhierarchie auszudrücken.

Rodriguez Unterstützer wurden angeführt von William Bowen aus Calvert City, Kentucky, der im letzten Jahr seine Arbeit aufgab, um für Verbesserungen der Wachtturm-Politik gegenüber Missbrauchsopfern einzutreten. Bowen leitet „Silent Lambs“, die einzige landesweite Selbsthilfegruppe für Frauen und Männer, die von Funktionären der Zeugen Jehovas missbraucht wurden (www.silentlambs.org, 1-800-WTABUSE).

„Erica hat eine Menge Mut aufbringen müssen, um ihr Trauma zu überwinden und die Stimme zu erheben“, sagte Bowen. „Man sollte sie loben, weil sie geholfen hat, andere Kinder davor zu bewahren. Statt dessen hat ihre Kirche sie verleumdet. Zeugen haben andere Opfer auf dieselbe Weise behandelt, und dieses ‚den Boten erschießen’ muss aufhören.“ Die heutige Zivilklageschrift, eingereicht beim Bundesgericht für Washingtons östlichen Bezirk, fordert Schmerzensgeld in ungenannter Höhe. Beliz sitzt jetzt im Gefängnis von Walla Walla in Washington in Haft.

Es gibt annähernd eine Million Zeugen Jehovas in den USA und sechs Millionen weltweit.

Quelle:  http://www.usnewswire.com, 22.1.2001