Er bekennt sich zu den Zeugen Jehovas und hat sechs Jahre lang seine beiden Töchter sexuell missbraucht. Das Gericht verurteilte ihn zu drei Jahren und drei Monaten Haft.

Von den Zeugen wurde er ausgeschlossen, aber nicht wegen des Missbrauchs, sondern "wegen unerlaubten Zigarettenkonsums". Auch wussten mehrere Zeugen von dem Missbrauch, aber keiner nutze dieses Wissen, um den Qualen der Kinder eine Ende zu bereiten. Was interessiert schließlich einen Zeugen Jehovas ein Ausgeschlossener...

Angeklagter in Badewanne festgenommen

HAGEN - Montagmorgen erschien Kinderschänder Harald H. (51) nicht zum eigenen Prozess. Vorsitzender Richter Dr. Frank Schreiber erließ deshalb einen Haftbefehl (die WP berichtete gestern). Wenige Stunden später zogen Kripobeamte den Gesuchten aus dem Schaum: Er saß in der Badewanne seiner völlig ahnungslosen Lebensgefährtin in einem Mehrfamilienhaus an der Alleestraße.

Zum Haare waschen blieb keine Zeit mehr. Das schulterlange, graue Haar hing deshalb strähnig herunter, als Harald H. in den Gerichtssaal geführt wurde. "Zum zweiten Anlauf", wie Richter Dr. Schreiber süffisant anmerkte. Dann ging alles ganz schnell. Bereits um 14 Uhr verkündete die Jugendschutzkammer das Urteil gegen den städtischen Friedhofsgärtner, der sich einerseits den "Zeugen Jehovas" gläubig zugehörig fühlt, andererseits über Jahre seine beiden Töchter zu sich ins Bett zog: drei Jahre und drei Monate Haft.

Strafmildernd fiel ins Gewicht, dass Harald H. sich überraschend für "voll schuldig" erklärte und dadurch seinen beiden Töchtern eine Zeugenaussage ersparte.

1993 wurde Harald H. geschieden. Zunächst auf Anordnung des Jugendamts, später durch Familiengerichtsbeschluss, kamen alle vier Kinder zu ihm. Für die beiden Töchter (damals 12 und 13 Jahre alt) begann die Tortur. Sechs Jahre lang regelmäßiger Beischlaf mit dem Vater. Als sich das jüngere Mädchen den Behörden offenbarte, glaubte man ihm nicht.

Doch da war der verhängnisvolle Brief, den Harald H. seinem Kind geschrieben hatte. Darin nahm er selbst Bezug auf die sexuellen Kontakte und drohte, sich umzubringen. Weitere Schreiben, die der Angeklagte für Mitglieder der "Zeugen Jehovas" verfasst - und in denen er sich zu den sexuellen Übergriffen an beiden Töchtern bekannt hatte - wurden bei einer Hausdurchsuchung gefunden.

Das letzte Wort des Angeklagten: Harald H. dreht sich um, blickt in den Zuschauerraum. Dort sitzen die weinenden Töchter, der Sohn, die Ex-Frau. Mit tränenerstickter Stimme bittet er um Verzeihung: "An meine Familie - es tut mir Leid, echt Leid."

Bereits Anfang 1993 war Harald H. aus der Glaubensgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" ausgeschlossen worden. Wie er behauptet, "wegen unerlaubten Zigarettenkonsums."

Quelle: Westfalenpost vom 27.01.2004