Wer die totalitäre Struktur der Zeugen Jehovas kennt, weiß nur allzu genau, daß die freie Meinungsäußerung in diesen Kreisen keinen allzu hohen Stellenwert hat.

Umso verwunderlicher ist es daher, daß in letzter Zeit jeder negative Artikel in der Presse gleich mehrere Leserbriefe hervorruft, von denen einige ganz offensichtlich von Vertretern der Organisation stammen. Argumentation und Uniformität der Äußerungen legen jedoch die Vermutung nahe, daß es sich hier weniger um das Ergebnis einer unabhängigen Meinungsbildung handelt, sondern um eine gezielte Aktion des "Informationsdienstes" der Zeugen Jehovas, der angestrengt bemüht ist, in der Öffentlichkeit ein positives Bild dieser Sekte zu zeichnen.

Hier eine Sammlung der Meinungsäußerungen im deutschen Blätterwald, die uns eingesandt wurden.


Fürther Nachrichten vom 10.7.1997

Kein Teil der Welt

Betrifft: Urteil gegen Zeugen Jehovas

Eine gute Entscheidung des Gerichts! Warum will man in der deutschen Wachtturm-Gesellschaft in Selters (Taunus) überhaupt diesen Status? Will man plötzlich "kein Teil der Welt" mehr sein, nachdem man nach dem abschlägigen Urteil beabsichtigt, Verfassungssbeschwerde einzulegen? Oder steckt vielleicht etwas andres dahinter? Ich glaube nicht, daß die Wachtturmgesellschaft bei günstigem Ausgang an pädagogisches oder soziales Engagement gedacht hätte. vielmehr beobachtet Selters schon sei längerer Zeit, was im weltweiten Datennetz und durch andere Medien an Tatsachen über sie verbreitet wird, und man möchte dies aus guten Gründen unterbinden. Das zeigt der Versuch einer Klage gegen den Privatsender RTL, der aber daran scheiterte, daß neben natürlichen Personen nur sogenannte juristische Personen (zu denen auch Gesellschaften des öffentlichen Rechts gehören) vor einem Zivilgericht klagen können. In den USA hat man erreicht, daß man Kritiker von außen und Abweichler von innen wegen geäußerter Kritik von Gesetzes wegen vor den Kadi zerren kann. Offensichtlich beabsichtigt man in Deutschland nun das Gleiche, um Kritiker und Dissidenten wenigstens teilweise mundtot machen zu können. Und man wird versuchen, alle Mittel auszuschöpfen, entweder gesetzlich oder durch eine veränderte Lehrmeinung!

Hans-Peter Zarse


Alle formalen Kriterien erfüllen sie, nur eins fehlt den Zeugen Jehovas gemäß dem Bundesverwaltungsgericht, um den Rechtsstatus für Religionsgemeinschaften zu erhalten: Sie bringen dem Staat nicht die "notwendige Loyalität" entgegen. Dabei bemühen sie sich anerkanntermaßen um Ehrlichkeit und Gesetzestreue und erkennen die staatliche Autorität an. Auch leisten einige Zivildienst und engagieren sich in Krankenhäusern und Altenheimen. Doch sie machen beim Urnengang eben kein Kreuzchen auf dem Wahlzettel. Diese vom Gericht neu aufgestellt Anforderung können Jehovas Zeugen nicht erfüllen, den sie sehen Jesus als ihren "König" an und verhalten sich deshalb politisch neutral. Nun rufen viele: Aber ist das nicht die Verweigerung eines Grundrechts? Hat man in einer Demokratie nicht auch das Recht der Stimmenthaltung? Dieses Recht nutzt jemand, der ein Zeuge Jehovas werden möchte, aufgrund einer freien und persönlichen Gewissensentscheidung, die ihm von niemandem aufgedrängt wird. Aber wird denn nicht Druck ausgeübt, wenn er später seine Absicht ändert und wählen möchte, mutmaßten einige. Er wird natürlich nicht daran gehindert, wählen zu gehen. Nur vertritt er dann nicht mehr die Überzeugung von Jehovas Zeugen.

Peter Ovenhausen, Regionalbeauftragter,
Austraße 78,
90429 Nürnberg


"Zeugen Jehovas"
Das ist tendeziös und unfair

Zu: "Sanftmütig und mild nach außen, intern knallhart" - Beitrag von Elisabeth Schmidt

Den Bericht halte ich - der ich den Zeugen Jehovas in keinster Weiser nahestehe! für tendenziös und unfair. Unstrittig sind die Zeugen Jehovas eine Religionsgemeinschaft, anders als es bei in Wahrheit wirtschaftlichen, sich nur unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit betätigenden Vereinen der fall ist. Gewiß haben die Zeugen Jehovas das Toleranzgebot nicht kultiviert. Was aber von ihrer Redakteurin in billiger Empörung geschildert wird, ist Religionsgemeinschaften in keiner Weise fremd. Beispielsweise erhebt auch die römisch-katholische Kirche den Anspruch, die allein seligmachende zu sein; auch sie kennt eine kirchliche Gerichtsbarkeit, deren strengste - und auch für einen gläubigen Katholiken schwer erträgliche- Strafe die Exkommunzierung ist; auch sie führt Häretikern und Abtrünnigen das Jüngste Gericht und die Höllenqualen drastisch vor Augen; und auch sie erhebt den Anspruch, bis in intimste Bereiche hinein zu reglementieren. Sodann ist ihrer Redakteurin zwar zuzugeben, daß die "Zeugen Jehovas" ausgesprochen staatsfern, wenn nicht sogar staatsablehnend sind. Deshalb mutet es in der Tat seltsam an, wenn sie nunmehr die Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts erstreiten wollen. Aber bevor dies mit Häme übergossen wird, sollte geschichtliche Rücksichtnahme geübt werden: Weiß Ihre Redakteurin nicht, daß die "Zeugen Jehovas" als Kriegsdienstverweigerer unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft schwer verfolgt worden sind? Und ist es ihr nicht bekannt, daß noch in der Bundesrepublik Deutschland die "Zeugen Jehovas" als Totalverweigerer von Wehr- und Zivildienst strafrechtlich verfolgt worden sind- was dem Bundesverfassungsgericht Anlaß gegeben hat, solcher Verfolgung verhältnismäßige Grenzen wegen der Glaubens- und Gewissensfreiheit zu setzen? Schwer erträglich und in übler Weise polemisch ist schließlich die Schilderung des Falles eines österreichischen Säuglings, dessen Eltern die Bluttransfusion verweigerten - eine Problematik, die längst bekannt und vielfach diskutiert worden ist. Hinter einer solchen Verweigerung steht ersichtlich ein tragischer Konflikt der Elternpflichten mit als unbedingt verpflichtend empfundenen Glaubens- und Gewissensüberzeugungen. Auch dies ist längst vom Bundesverfassungsgericht anerkannt worden: In derartigen Fällen sind strafrechtlicher Verfolgung der "Zeugen Jehovas" verhältnismäßige Grenzen wegen der Glaubens- und Gewissensfreiheit gesetzt, und die persönliche Schuld tief gläubiger "Zeugen Jehovas" ist durchaus fragwürdig.

Dr. Joachim Vogel, Freiburg

Zeugen Jehovas

So kam’s zu meiner Scheidung

Nach kurzer Zeit in Waldkirch ging meine katholische Frau zu den Zeugen Jehovas. Da kam auch ein bis zweimal in der Woche in Frau von den Zeugen Jehovas zu uns. Nachdem diese Frau dann wieder weggegangen war, wurde meine Frau oft giftig zu mir. Und eines Tages sagte sie den bedeutungsvollen Satz zu mir: Wenn du nicht auch zu den Zeugen gehst - will ich die Scheidung."

Friedrich Frey, Waldkirch


Badische Zeitung

Christlich ist das nicht

Warum reagieren die Schreiber der Zeugen Jehovas so beleidigt auf kritische Anfragen? Es wäre mir schon wichtig zu erfahren, was sie mit dem von diesem Staat (den sie innerlich ablehnen) erstrittenen Recht beabsichtigen. Warum wollen sie den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts wie andere, von ihnen als unchristlich bekämpfte Kirchen es haben? Oder geht es doch nur um den eigenen Profit ohne an eine Verantwortung für andere zu denken? Christlich ist das dann nicht. Ich kenne keine Organisation, an der sie sich uneigennützig beteiligen und mitarbeiten. Ihre Kriegsdienstverweigerung findet z.B. die Anerkennung vieler, christlich wird diese Haltung aber erst, wenn sie sich auch für die Opfer von Hunger, Folter, Gewalt und Krieg unabhängig von Rasse, Religion und Nationalität einsetzen. Ich habe als Kind an der "Quäkerspeisung" teilnehmen können, obwohl niemand von unserer Familie zu den Quäkern gehörte und auch nicht die Absicht hatte, irgendwann einmal dazugehören zu wollen. Es gehört zu den Merkmalen von Sekten, daß sie und ihre Mitglieder sich immer als verfolgt vorkommen. Sie suchen siech die Opferrolle aus, verweigern aber jedes nur mögliche Gespräch mit anderen. es wäre an der zeit, daß sie sich nicht nur Rechte einklagen, sondern auch Verantwortung zu übernehmen. Und die beginnt mit einem offenen Dialog, wobei auch Kritik zu ertragen ist.

Joachim Kusch, Freiburg


Badische Zeitung

Totalitäre Kontrolle

Die von den Zeugen Jehovas so oft propagierte politische Neutralität und Harmlosigkeit oder gar christliche Nachfolge kann gewiß nicht schwerpunktmäßig daran ausgemacht werden, daß sie eine der Gruppen waren, die Nazi-Verfolgung erlitten. Das Dogma von der Unfehlbarkeit ihrer Lehre wird zwar nicht ausgesprochen, aber jedes Mitglied dieser Gemeinschaft als Häretiker eliminiert, so es offen nur Teile ihrer exegetischen Akrobatik oder Reglementierung anzweifeln sollte. Das totalitäre Netz der Verhaltens-, Gefühls- und Informationskontrolle wird bei den Zeugen Jehovas effizient genutzt, wenngleich nach außen vertuscht wird. Unserer staatlichen Rechtsordung sowie ihren Bürgern leisteten die Berliner Richter offenbar keinen guten Dienst, wenn sie derlei Gemeinschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkennt.


Pfälzer Anzeigenzeitung vom 6. August

Zur Pressemitteilung der Zeugen Jehovas über die Ablehnung der Anerkennung der Wachtturmgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts

Die Zeugen Jehovas, bisher eingetragener Verein, möchten bestimmte Privilegien des Staates erlangen, so z.B. erhebliche steuerliche Vorteile, sie könnten "Träger der Freien Jugendhilfe" werden u.v.m., die Voraussetzungen hierfür sind sehr großzügig gefaßt, so daß neben den Großkirchen auch eine Anzahl von Freikirchen die Körperschaftsrechte besitzt. In einer Darstellung des Informationsdienstes der Zeugen Jehovas zur Frage der Nicht-Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts beruft man sich auf die demokratischen Prinzipien unserer Verfassung. Hierbei hat man jedoch leider "vergessen" anzuführen, daß die Wachtturmgesellschaft den eigenen Mitgliedern diese demokratischen Rechte verweigert, indem man ihnen verbietet, sich an Wahlen zu beteiligen. Bis vor kurzem galt dies auch für die Ablehnung des Zivildienstes. Wenn jemand doch wählt und nicht "bereut", hat dies gravierende Folgen für ihn; er wird wie ein Ausgeschlossener behandelt, niemand darf mehr mit ihm reden, ihn nicht einmal mehr grüßen. Wer ausgeschlossen wird oder die Gemeinschaft verläßt, ist laut Lehre der Gesellschaft der Vernichtung in der Schlacht von Harmagedon geweiht. Eine besondere Kooperation mit dem Staat wird entgegen der Behauptung in dem Artikel überhaupt nicht verlangt. Der Wachtturmgesellschaft geht es angeblich darum, "ihre Gesamtheit rechtlich angemessen zu vertreten." Geht es in Wirklichkeit vielleicht um den "schnöden Mammon"? Wenn man z.B. weiß, daß die Watch Tower& Tract Society ein milliardenschwerer Konzern ist und die Literatur der Wachtturmgesellschaft zwar in einem reichen Land wie Deutschland verschenkt, in Ländern der dritten Welt, Asien und Rußland dagegen nach wie vor verkauft wird, könnte sich der Gedanke aufdrängen, dies habe eigentlich steuerliche Gründe. In dem Artikel suggeriert die Gesellschaftferner, daß irgendwelche Beanstandungen eigentlich nur unlautere Gründe haben könnten, wenn sie schreibt, daß es solche nur "zur Zeit des Hiltler-Regimes und der kommunistischen Zwangsherrschaft" gegeben hat. Der allgemeine Tenor ist, daß Gegner ist, daß Gegner nun uninformiert sein können oder schlechte Motive haben ; hier ignoriert man geflissentlich, was manche, die ein wenig hinter die Kulissen der Wachtturmgesellschaft geschaut haben, ans Tageslicht gebracht haben.

Sigrid Raquet,
Eschenweg 8,
67454 Haßloch


Neue Westfälische, Nr. 147, 28.Juni8 97

Eigene Meinung bilden

Zu "Hilfe im Streit um Sektenkinder" in Nr. 126 vom 4. Juni

Wir beide besuchen seit 16 Jahren, seit unserer Geburt, die Versammlungen der Zeugen Jehovas. Jedoch konnten wird bisher keine Arten von psychischem und physischen Druck verspüren. Wenn man dem Treffen auch wiederholt fernblieb, hatte dieses keine Folgen. Aus eigener Erfahrung können wir die Ausführungen von Frau Birlenberg (Kid’s e.V.) nicht stützen. sie führte aus, daß Kinder von Zeugen Jehovas geschlagen würden, um stillzusitzen. Dies klingt sehr brutal und erpresserisch. Uns ist so etwa nicht widerfahren. Jeder ist eingeladen, sich selbst davon bei einer Veranstaltung der zeugen Jehovas zu überzeugen, damit man sich seine eigene, nicht vorgefaßte Meinung bilden kann. Des weiteren erklärte Frau Birlenberg, daß die Kinder von der Gesellschaft ausgegrenzt würden. Auch dieses können wir so nicht bestätigen, da mit den Kindern viele Aktivitäten, auch im Freundeskreis durchgeführt werden, zum Beispiel Einschulungspartys gefeiert. Ferner führte sie aus, daß es "dort" nicht um die Bibel, sondern um die Zeugen-Jehovas-Theologie gehe. Allerdings stützen sich die Lehren der zeugen Jehovas ausnahmslos und relativ eindeutig auf die Bibel, was wiederum jeder nachprüfen müßte, umzu einem objektiven Urteil zu gelangen. Wenn über Zeugen Jehovas berichtet wird, geschieht dies meist subjektiv durch ehemalige Zeugen Jehovas. Aktive Zeugen werden dagegen nur selten zitiert. Viele Personen übernehmen die Meinung von Talkshows oder anderen Medien. Besser wäre es, wenn man sich seine eigene Meinung durch persönlichen Kontakt mit Zeugen Jehovas bildet, jeder ist zu den Treffen eingeladen.

Bruce Baltruschat,
Waldstraße 9a,
33813 Oerlinghausen


Ich selbst war so ein Kind

Ich selbst war so ein Kind, in den Glauben der Zeugen hineingeboren. Daß diese Kinder von Geburt an soziale Außenseiter sind und ihrer kindlichen Rechte und Freuden beraubt werden (kein Weihnachten oder Geburtstag, keine Freundschaft mit anderen Kindern, weder Sportverein noch Theater AG, Spott von Mitschülern und Lehrern ausgeliefert, um nur einiges zu nennen) ist bekannt. Ich mußte unter anderem schon als 10jährige zwei riesige Stadtbezirke missionieren, wollte ich wegen strömendem Regen oder Eiseskälte daheimbleiben, hieß es: "Wir sind keine Schönwetter-Christen!" - Also mußte ich mich mit dem Wachtturm in der Hand in die Einkaufspassage stellen. Klar habe ich mich geschämt, hätte lieber mit Gleichaltrigen was unternommen, als stundenlang zu predigen, die Bibel zu lesen oder die Zusammenkünfte abzusitzen. aber das durfte man nicht äußern. Hinzu kommen die Schuldgefühle, die einem gemacht werden, wenn man sich nicht genug engagiert, die Drohungen, in der kurz bevorstehenden Schlacht Gottes mitsamt der bösen Welt vernichtet zu werden und die Angst vor Satan und den Dämonen, die immer um uns herum seien, um uns zu "verschlingen" - untermalt von den blutrünstigen Illustrationen in der Sektenliteratur, die mir schon im Kleinkindalter Alpträume eingejagt haben, die mich z.T. heute noch verfolgen. Durch die Psycho-Manipulation in den täglichen Programmen der Zeugen nimmt man das allerdings nicht wahr; die Ursache für die Probleme sucht man bei sich selbst, anstatt die Organisation mal kritisch zu hinterfragen. Erst durch eine Therapie habe ich wieder denken und eigenverantwortlich handeln gelernt (beides war streng verboten). Den Absprung habe ich letztendlich meinem kleinen Sohn zu verdanken, dem ich ein solches Leben nicht zumuten wollte. Als ich merkte, wie sehr er unter dem Streß litt, ging ich ein wenig auf Distanz zur Sekte und siehe da, langsam ging es uns allen besser. seine Neurodermitis verschwand, mein Denkvermögen stellte sich wieder ein. Zwar stehe ich heute ohne Beruf da (denn eine angemessene Ausbildung wird jungen Zeugen untersagt), aber ich bin zufrieden wie nie zuvor. Was sie traurigen Sektenkinder angeht, Opfer des religiösen Wahns ihrer Eltern: hier ist Handlungsbedarf nötig, seitens der Politiker und Jugendämter!

Verena Leptich, Gundelfingen


So wurden Ehepartner auseinandergetrieben

Zu "Platzverweise gibt’s überall", Zuschrift von Gerhardt Spielberg, (Forum, 13.Juni)

Es ist typisch für Angehörige von Sekten, zu denen für mich die Jehovas Zeugen eindeutig gehören, daß sie die Bibel immer nur auszugsweise zitieren und für ihre Zwecke mißbrauchen. Wenn man die Bibel nur bruchstückhaft liest oder zitiert, kann man damit vielen Menschen Angst und Schrecken einjagen. Ein ängstlicher Mensch ist aber psychisch sehr leicht manipulierbar, wenn er bei einem anderen Hilfe und Trost findet. Dies wird von vielen Sektenoberen schamlos ausgenutzt. Für mich ist das Wunderbare an Gott und an der Bibel, daß es nicht Verbote und Drohungen "hagelt", wie dies hier eben ausgelegt wird, sondern daß immer Trost gespendet wird. Ich mußte in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis miterleben, wie intakte Familien, teilweise mit Kindern (!) vondenen ein Ehepartner dem Werben der Zeugen Jehovas unterlag und sich von deren "Heilslehre" blenden ließ, schonungslos und unter psychischem Zwang auseinandergetrieben wurden, nur weil der andere Ehepartner sich nicht auch dieser Sekte zuwenden wollte. Herr Spielberg, der auf den Brief an die Korinther verweist und seine "Brüder und Schwestern" sollten dazu z.B. gerade in diesem Brief (Korinther 7, Vers 10ff) weiterlesen, um zu erkennen, daß Gott den Menschen keinen Zwang auferlegt, sondern ihn als sein Geschöpf auch frei entscheiden läßt. Sekten sind für mich der Inbegriff von Diktatur und schamlos ausgenutzter psychischer Überlegenheit einiger weniger machtgieriger Menschen, die andere zu ihrer persönlichen Befriedigung beeinflussen und steuern. Solange es dabei um Menschen geht, die frei entscheiden können, ist dies für mich tolerierbar, nicht jedoch, wenn hier Kinder ihrer Kindheit und ihrer kindlichen Fröhlichkeit beraubt, mit Gewalt und im stillen Kämmerlein sogar mit Schlägen zu etwas gezwungen werden.

Markus Präg, Lörrach


Achimer Kreisblatt vom 11.01.97

Ein Werbepamphlet?

Betr.: Lesebrief – Ertappt? Weihnachten bei den Zeugen Jehovas.

Beeindruckt und ergriffen von der Schlichtheit Ihrer Reportage habe ich mir noch am heiligen Abend die Mühe diese Zeilen gemacht. Ebenso war ich auch erfüllt von völligem Unverständnis über die dargebotene Berichterstattung über eine Sekte, welche alle Tatsachen zum Sektenleben der Zeugen Jehovas völlig außer acht läßt und fast schon Ähnlichkeit mit einem Werbepamphlet derselben hat.

Um diese Zeilen nicht ausufern zu lassen, aber auch um Ihren Bericht zu vervollständigen und um die Gegensätze zur geschilderten weihnachtlichen Idylle der Zeugen Jehovas aufzuzeigen: Auch Weihnachten 96 sind dieser Sekte Werte wie Toleranz andersdenkenden gegenüber völlig unbekannt, alle nicht zu missionierenden Menschen gelten als minderwertig und verloren, werden als Ungläubige mit allen Konsequenzen behandelt.

Auch an Weihnachten 96 sind alle Eltern dieser Sekte "gestärkt", wie auch schon aus Ihrem Bericht hervorgeht, durch intensives Bibelstudium, dazu angehalten, ihre Kinder zu züchtigen – spricht prügeln – weil nur dadurch Jehovas Wort Genüge getan wird und sich dadurch gute Elternschaft beweist.

Ganz nebenbei führt dieser Effekt auch dazu, daß die weichgeprügelten Kinder dann später mangels eigenem Bewußtsein besser bei der Stange halten.

In übrigen weiß ich, daß sich in der Folge dieser Zeilen die zu Wort melden, welche wider besseres Wissen alles bestreiten und schönfärben, denen halte ich vor: Wer Ohren hat zu hören und Augen um zu sehen, und dann auch noch ein Gehirn um zu denken, der verarbeite diese Informationen.

Heinz Blumenkamp / Diepholz


Neue Westfälische vom 28.06.97

Von der Hetze distanzieren

Zu "Harte Kritik an Zeugen Jehovas" in Nr. 126, vom 4.Juni:

Herr Eimuth kritisiert im Namen einer evangelischen Kirche das "autoritäre, angstein flößende Erziehungskonzept" der Zeugen Jehovas als "Kindesmißhandlung" und "verfassungsfeindlich".

Es ist richtig, die Zeugen Jehovas haben strenge Erziehungsgrundsätze. Sie lehnen z.B. das Rauchen ab und verbieten es ihren Kindern. Und sicher vermitteln sie ihren Kindern auch die Angst, daß Rauchen, Alkohol und anderer Drogenkonsum sie von Gott entfernt. Aber tendiert denn nicht auch die Öffentlichkeit zu strengen Rauchverboten? Und werden diese Verbote nicht durch große Kampagnen unterstützt, die Angst vor den Folgen des Rauchens einjagen sollen? Soll man denn den Kindern erlauben, was man den Erwachsenen verbietet?

Man könnte hier entgegnen: Wenn der Staat Rauchverbote verhängt, ist das nicht "autoritär". Denn da wird ja nicht gegen das Rauchen vorgegangen, weil es eine Sünde ist, sondern weil es anderen schadet. Der pluralistische Staat kritisiert keine Gesinnungen, sondern nur deren schädliche Folgen.

Gleichwohl gibt unsere pluralistische Verfassung den Zeugen Jehovas das Elternrecht, ihren Kindern Gesinnungen zu vermitteln. Und dieses Recht nehmen sie für sich in Anspruch, indem sie nicht nur über Folgen von Drogenmißbrauch aufklären, sondern dessen Wurzeln in der Struktur der Persönlichkeit bekämpfen, d.h. indem sie erziehen, ihren Kindern Opfer und Mühen auferlegen, getrieben von der Seelenangst um den Weg ihrer Kinder, die ja nur zu berechtigt ist. Man sollte glauben, unsere Kirchen würden in den Zeugen Jehovas Bundes-genossen gegen unsere richtungs- und ratlose Wischiwaschigesellschaft erkennen. Aber es scheint, als sähen sie in ihnen nur Konkurrenten im Kampf um die Kirchensteuer.

Ich bin nicht Zeuge Jehovas und gedenke es auch nicht zu werden, aber als Glied der evange-lischen Kirche verlange ich, daß diese sich von der beginnenden Hetze gegen die Zeugen Jehovas distanziert.

Gerhard Krampe, Oerlinghausen


Fürther Nachrichten, 10.07.97

Kein Teil der Welt

Betrifft: Urteil gegen Zeugen Jehovas.

Eine gute Entscheidung des Gerichts! Warum will man in der deutschen Wachtturm-Gesel-lschaft in Selters (Taunus) überhaupt diesen Status? Will man plötzlich "kein Teil der Welt" mehr sein, nachdem man nach dem abschlägigen Urteil nun sogar beabsichtigt, Verfassungs-beschwerde einzulegen? Oder steckt vielleicht etwas anderes dahinter? Ich glaube nicht, daß die Wachtturm-Gesellschaft bei günstigem Ausgang an pädagogisches oder soziales Enga-gement gedacht hätte. Vielmehr beobachtet Selters schon seit längerer Zeit, was im weltwei-ten Datennetz und durch andere Medien an Tatsachen über sie verbreitet wird, und man möchte dies aus guten Gründen unterbinden. Das zeigt der Versuch einer Klage gegen den Privatsender RTL, der aber daran scheiterte, daß neben natürlichen Personen nur sogenannte juristische Personen (zu denen auch Gesellschaften des öffentlichen Rechts gehören) vor einem Zivilgericht klagen können. In den USA hat man erreicht, daß man Kritiker von außen und Abweichler von innen wegen geäußerter Kritik von Gesetzes wegen vor den Kadi zerren kann. Offensichtlich beabsichtigt man in Deutschland nun das gleiche, um Kritiker und Dis-sidenten wenigstens teilweise mundtot machen zu können. Und man wird versuchen, alle Mittel auszuschöpfen, entweder gesetzlich oder durch eine veränderte Lehrmeinung!

Hans-Peter Zarse,
Wilhelmstr. 10a,
90547 Stein


Fürther Nachrichten, 10.07.97

Alle formalen Kriterien erfüllen sie, nur eins fehlt den Zeugen Jehovas gemäß dem Bundes-verwaltungsgericht, um den Rechtsstatus für Religionsgemeinschaften zu erhalten: Sie bringen dem Staat nicht die "notwendige Loyalität" entgegen. Dabei bemühen sie sich aner-kanntermaßen um Ehrlichkeit und Gesetzestreue und erkennen die staatliche Autorität an. Auch leisten einige Zivildienst und engagieren sich in Krankenhäusern und Altenheimen. Doch sie machen beim Urnengang eben kein Kreuzchen auf der Wahlzettel.

Diese vom Gericht neu aufgestellte Anforderung können Jehovas Zeugen nicht erfüllen, denn sie sehen Jesus als ihren "König" an und verhalten sich deshalb politisch neutral.

Nur rufen viele: Aber ist das nicht die Verweigerung eines Grundrechts? Zurückgefragt: Hat man in einer Demokratie nicht auch das Recht der Stimmenthaltung? Dieses Recht nutzt jemand, der ein Zeuge Jehovas werden möchte, aufgrund einer freien und persönlichen Gewissensentscheidung, die ihm von niemandem aufgedrängt wird. Aber wird denn nicht Druck ausgeübt, wenn er später seine Absicht ändert und wählen möchte, mutmaßten einige. Er wird natürlich nicht daran gehindert, wählen zu gehen. Nur vertritt er dann nicht mehr die Überzeugung von Jehovas Zeugen.

Peter Ovenhausen, Regionalbeauftragter,
Austraße 78, 90429 Nürnberg


Positiver Einfluß

Zu "Niederlage für Zeugen Jehovas", Agenturbeitrag (Politik, 27. Juni):

Das ablehnende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BverwG) in Berlin wurde zwar von vielen Politikern begrüßt, muß aber bei objektiver Betrachtung doch bedenklich stimmen. Die Begründung der Ablehnung war, daß Jehovas Zeugen nicht wählen. Das erscheint verfas-sungsrechtlich fragwürdig, denn der § 38 GG spricht nur von einem Wahlrecht – nicht von einer Wahlpflicht. Würde man dieses Urteil als allgemeinen Maßstab annehmen, müßten Mil-lionen Nichtwähler künftig Repressalien befürchten.

Zudem wird im § 140 GG, der die Zulassung von Religionsgemeinschaften zu Körperschaften des öffentlichen Rechtes regelt, von einer solchen Bedingung nicht gesprochen. Es heißt dort lediglich auszugsweise: "Anderen Religionsgemeinschaften sind auf Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr auf Dauer bieten."

Diese Kriterien erfüllen die fast 180.000 Zeugen Jehovas, die es in Deutschland nun seit ca. 100 Jahren gibt.

Zu berücksichtigen ist bei diesem Urteil auch, daß es hier nicht um die Zulassung einer politischen Partei geht, sondern um die Anerkennung einer internationalen Religion. Unter dem Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat kann man von einer weltweiten Religion kaum erwarten, sich bis in das letzte Detail mit dem bestehenden Staat zu identifizieren.

In vielen Konflikgebieten dieser Erde (Jugoslawien, Zentralafrika etc.) wurde die neutrale Haltung der Zeugen Jehovas sehr begrüßt und brachte ihnen hohe Achtung ein. In Deutsch-land wurden die Zeugen Jehovas gerade wegen dieser neutralen Haltung unter Hitler grausam verfolgt und aus dem selben Grund waren sie auch in der DDR verboten: Das wurde ihnen in Nachkriegszeit hoch angerechnet. Auch nach der Einführung der Bundeswehr hielten Zeugen Jehovas an ihrer klaren Haltung z.B. bei der Wehrdienstverweigerung fest.

Albert Krölls bescheinigte in seinem Buch "Kriegsdienstverweigerung", daß die Zeugen Jehovas wesentlich dazu beigetragen haben, die Frage des Kriegs- und Ersatzdienstverweige-rung zu entkriminalisieren. Jehovas Zeugen nehmen also weniger durch die Abgabe ihrer Wählerstimme als durch eine klare christliche Haltung einen positiven Gesellschaftlichen Einfluß wahr.

Werner Ketterer, Waldkirch


WESTFÄLISCHE RUNDSCHAU, 29.07.97.

Mit zweierlei Maß geurteilt

Betr.: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Zeugen Jehovas

Einige Passagen in den Artikeln der WR bedürfen der Klarstellung. Der Sachverhalt wird so dargestellt, als ob die Zeugen Jehovas etwas verlangten, was sonst nur den beiden großen Kirchen gewährt würde. In Berlin sind aber schon 30 Religionsgemeinschaften registriert sind, z.B. Baptisten, Adventisten, Mormonen, Neuapostolische. Die Zeugen wären die 31. Religionsgemeinschaft gewesen. Erweckt dies nicht den Eindruck, als würde mit zweierlei Maß gemessen?

Der Kommentator, der in weiteren Teilen einen differenzierten Kommentar schrieb, irrt, wenn er von "einem unerbittlichen Einfluß der Zeugen auf das Privatleben ihrer Mitglieder" ausgeht. Jeder, der Zeugen Jehovas kennt, weiß, wie wichtig ihnen persönliche Freiheit und Gewissensentscheidungen sind. Wenn die Zeugen ein Recht nicht wahrnehmen, zeugt dies sicherlich nicht von "Staatsferne", wie der Kommentator behauptet.

Horst Heiner, Siegen


Neue Westfälische vom 08.08.97

Engagierte Zeugen Jehovas haben viel zu tun

Zu "jetzt ist sie eine Abtrünnige" in Nr. 168 vom 23. Juli:

Wie die dort beschriebene "Barbara" wurde auch ich mit 16 Jahren als Zeuge Jehovas ge-tauft. Heute bin ich 42 Jahre alt, immer noch Zeuge Jehovas und habe zwei Söhne im Alter von 18 und 19 Jahren. Wir haben "Barbaras" Fall im Familienkreis angeregt diskutiert:

Ein tendenziöser, zwischen den Zeilen aber auch informativer Artikel. Barbara hat sich im Alter von 16 Jahren entschlossen, den Glauben ihrer Eltern zu übernehmen. Ein Alter, in dem einen Jugendlichen vom Gesetzgeber eine eigene, bewußte Entscheidung über seine Reli-gionszugehörigkeit zugetraut wird. In Barbaras Fall eine Entscheidung aus der Unfreiheit ihres Denkens heraus?

Immerhin kann sie sich erinnern, schon damals nicht ganz hinter ihrer Entscheidung gestan-den zu haben. Kurz danach sind ihr Zweifel gekommen, Widersprüche aufgefallen. Offen-sichtlich konnte sie darüber offen sprechen, Fragen stellen, denn sie erinnert sich gut "keine Antworten" bekommen zu haben.

Vor dem Dienst, der "Haustürnummer", hat sie sich "meistens gedrückt". Manche, so beri-chtet sie weiter, "gehen 60 Stunden und mehr". Manche, die meisten offenbar nicht. Demnach entscheiden Zeugen Jehovas ganz individuell über das Ausmaß ihrer Tätigkeit. Völlig richtig!

Den Kontakt zu den Eltern hat Barbara abgebrochen, nicht ihre Eltern haben das getan. Warum? "Es ging nicht mehr", weil "wieder ein Zeugen-Jehovas-Buch auf dem Tisch lag". Wirklich zuviel für eine junge Dame, die die Nervenstärke besitzt, ihre Eltern über Monate systematisch zu "belügen" (Zitat) und sich schließlich "kurzerhand entführen" läßt? Ist es in diesem Zusammenhang wirklich so unverständlich, daß Eltern besorgt (über-)reagieren, wenn ihnen ihre jugendliche Tochter eröffnet, daß sie einige Monate nach Beginn ihrer Berufsausbildung mit ihrem Ausbilder zusammenleben will?

Fazit des Artikels: Engagierte Zeugen Jehovas haben viel zu tun. Stimmt! Das werden die-jenigen nachempfinden können, die sich anderswo für eine Sache einsetzen, an die sie glauben, die ihnen viel bedeutet, im Sportverein, einer Partei, im Katastrophenschutz, in der Kunst und vielleicht – bei der Sekten-Info?

Jochen Schlüer, Hiddenhausen


NEUE WESTFÄLISCHE, NR.147, 28.06.97.

Eigene Meinung bilden

Zu "Hilfe im Streit um Sektenkinder" in Nr. 126 vom 4. Juni:

Wir beide besuchen seit 16 Jahren, seit unserer Geburt, die Versammlungen der Zeugen Jehovas. Jedoch konnten wir bisher keine Arten von psychischem und physischem Druck verspüren. Wenn man dem Treffen auch wiederholt fern blieb, hatte dieses keine Folgen. Aus eigener Erfahrung können wir die Ausführungen von Frau Birlenberg (Kids e.V.) nicht stützen. Sie führte aus, daß Kinder von Zeugen Jehovas geschlagen würden, um stillzusitzen. Dieses klingt sehr brutal und erpresserisch. Uns ist so etwas noch nicht widerfahren. Jeder ist eingeladen, sich selbst davon bei einer Veranstaltung der Zeugen Jehovas zu überzeugen, damit man sich eine eigene, nicht vorgefaßte Meinung bilden kann.

Des weiteren erklärte Frau Birlenberg, daß die Kinder von der Gesellschaft ausgegrenzt würden. Auch dieses können wir so nicht bestätigen, da mit den Kindern viele Aktivitäten, auch im Freundeskreis durchgeführt werden, zum Beispiel Einschulungspartys gefeiert.

Ferner führte sie aus, daß es "dort" nicht um die Bibel, sondern um die Zeugen-Jehovas-Theologie gehe. Allerdings stützen sich die Lehren der Zeugen Jehovas ausnahmslos und relativ eindeutig auf die Bibel, was wiederum jeder nachprüfen müßte, um zu einem objektiven Urteil zu gelangen.

Wenn über Zeugen Jehovas berichtet wird, geschieht dies meist subjektiv durch ehemalige Zeugen Jehovas. Aktive Zeugen werden dagegen nur selten zitiert. Viele Personen übernehmen die Meinung von Talkshows oder anderen Medien. Besser wäre es, wenn man sich eine eigene Meinung durch persönlichen Kontakt mit Zeugen Jehovas bildet. Jeder ist zu dem Treffen eingeladen.

Bruce Baltruschat, Johannes S. Ziehe