Für die Zeugen Jehovas gehört Kritik an der "falschen" Religion zur Selbstverständlichkeit. Schließlich muß man die anderen niedermachen, um sich selbst erhöhen zu können. Und so steckt denn auch die Wachtturm-Literatur voller Attacken gegen die großen Kirchen.

Doch wehe dem Autor, der es wagt, die zweifelhaften Machenschaften der WTG zu kritisieren. Er erhält sofort eine Unterlassungserklärung von Rechtsanwalt Pikl, garniert mit einer Gebührenforderung in vierstelliger Höhe.

So ging es auch dem Diplom Theologen Eckhard Türk, dessen Name sich auch in der Bücherliste von InfoLink findet. Doch Türk zahlte nicht, wurde verklagt und fand einen Richter, der das Rechtsgut freie Meinungsäußerung als höher einschätzte als die Interessen einer "ehrbaren Religionsgemeinschaft".

Zeugen Jehovas müssen Kritik hinnehmen

LIMBURG/MAINZ - Eckhard Türk, der aus Wilsenroth stammende Sektenbeauftragte des Bistums Mainz, darf die Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas weiterhin kritisieren. Eine entsprechende Klage des deutschen Ablegers der Wachtturm Bibel- und Traktat-Gesellschaft, die ihren Sitz in Selters-Eisenbach hat, hat das Landgericht Limburg, wie gestern kurz gemeldet, nach Mitteilung des Bistums Mainz am Mittwoch abgelehnt.

Der Beauftragte und Diplom-Theologe Eckhard Türk habe sich mit seiner Kritik im rechtlich zulässigen Rahmen des Grundrechts auf Meinungsfreiheit bewegt, entschieden die Richter. Der Versuch der Zeugen Jehovas, ihn als Kritiker mundtot zu machen, sei damit mißlungen, sagte Türk. Die Kosten des Rechtsstreits (AZ 40551/97) muß der Kläger tragen.

Türk hatte in einem Buch über die Wachtturm-Gesellschaft und die Zeugen Jehovas unter anderem festgestellt, daß die Gesellschaft durch die Abgabe von Literatur Gewinne erziele und darin ihre Haupteinnahmequelle habe. Außerdem legte er dar, daß die Ältesten der Zeugen Jehovas durch die Weitergabe von Informationen der einzelnen Mitglieder über einen umfassenden Datenbestand über eine ganze Region verfügten. Es gibt bei der Glaubensgemeinschaft nach den Recherchen des Sektenbeauftragten Leistungsquoten, die der einzelne erfüllen müsse.

Darüber hinaus verwies Türk darauf, daß die Zeugen Jehovas nicht nur den Militärdienst, sondern auch die Ableistung ziviler Dienste in einem Staat kategorisch ablehnten. Ein neuerdings veränderter Standpunkt zur Ableistung des Zivildienstes stehe im Zusammenhang mit dem Bemühen um Anerkennung als Körperschaft des Öffentlichen Rechts in der Bundesrepublik.

Gesellschaft sah "Herabsetzung"

Die Wachtturm-Gesellschaft hatte auf Unterlassung dieser "unwahren Tatsachenbehauptungen" oder die Zahlung eines Ordnungsgeldes von einer halben Million Mark geklagt. Nach Ansicht der Gesellschaft werden mit diesen Behauptungen die Zeugen Jehovas als "ehrbare Religionsgemeinschaft herabgesetzt" und die Mitglieder der Gesellschaft in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt. Dies sahen die Richter jedoch als unbegründet an. Der Autor habe weder unwahre Tatsachenbehauptungen aufgestellt noch habe er die Grenze zur Schmähkritik überschritten.

Zwischen den Parteien war dem Gerichtsurteil zufolge unstreitig, daß die klagende Gesellschaft "aus einem kleinen Kreis von besonders vertrauenswürdigen Zeugen Jehovas besteht". Allein aus der Nähe des Klägers zu der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas folgt nach Auffassung der Richter noch nicht dessen individuelle Betroffenheit. Zu berücksichtigen sei auch, daß der Kläger ein Verein sei, der sich selbst "kritisch mit Weltanschauungsfragen" beschäftige, von seinen Auffassungen abweichende Anschauungen kritisiere und "sich insbesondere auch kritisch mit der Religionsgemeinschaft" auseinandersetze, der Türk angehöre, urteilten die Juristen.

Die Äußerungen des Sektenbeauftragten in seinem Buch sind für die Richter "Werturteile, welche nur teilweise einen Tatsachenkern beinhalten". Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Frage, "ob eine Schlußfolgerung oder ein Werturteil falsch oder richtig, wertvoll oder nicht wertvoll ist", im Hinblick auf das Grundrecht zur Meinungsäußerung "grundsätzlich außer Betracht zu lassen, sofern nicht die Grenze zur Schmähkritik überschritten" wird.

Quelle: Nassauische Neue Presse vom 5.3.1999

Die "Zeugen Jehovas" gehen in Berufung

LIMBURG - Die gerichtliche Auseinandersetzung um die Zulässigkeit kritischer Äußerungen über die Glaubensgemeinschaft "Zeugen Jehovas" geht voraussichtlich in eine neue Runde: "Jehovas Zeugen" haben gegen das Urteil des Landgerichts Limburg im Verfahren der Wachtturm-Gesellschaft gegen den Sektenbeauftragten des Bistums Mainz, Eckhard Türk, Berufung eingelegt. Das Urteil des Gerichts ist nach Ansicht der "Zeugen Jehovas" in einigen Punkten "kaum nachvollziehbar". Bernd Klar von der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Glaubensgemeinschaft: "Uns überrascht, wie das Gericht die Begriffe Tatsachenbehauptung und Werturteil definiert". Und Rechtsanwalt Pikl, Prozeßvertreter der "Zeugen Jehovas", präzisierte: "Die extreme Auslegung des Gerichts, alle Äußerungen Türks als Werturteil einzustufen, istnicht nachvollziehbar. Vor allen Dingen deswegen, weil es dadurch unmöglich ist, sich gegen bewußte Falschaussagen zu wehren." Zu den Aussichten in der Berufung meinte Pikl, daß "zu hoffen sei, daß die nächste Instanz unwahre Tatsachenbehauptungen auch als solche einstuft".

Eckhard Türk hatte in einem Buch über die Wachtturm-Gesellschaft und die "Zeugen Jehovas" unter anderem geschrieben, daß die Gesellschaft durch die Abgabe von Literatur Gewinne erziele und darin ihre Haupteinnahmequelle habe. Die "Zeugen Jehovas" hatten auf die "Unterlassung" dieser und anderer "unwahrer Tatsachenbehauptungen" geklagt, die Klage wurde jedoch abgewiesen. (pk)

Quelle: Nassauische Neuen Presse vom 9.3.1999

Kommentar:

Vielleicht sollte sich dieser Herr Pikl einmal das Werbevideo der Wachtturm-Gesellschaft "Jehovah's Witnesses and the Organization Behind Them" ansehen. Dort werden ganz stolz die zahlreichen Druckereien der WTG vorgeführt, dazu einige eindrucksvolle Kongreßsäle und so ganz nebenbei auch ein paar predigende Zeugen Jehovas. Wer diese Selbstdarstellung gesehen hat, kann eigentlich nur zu dem Schluß kommen, daß es sich hier weniger um eine Religion als vielmehr um einen weltweiten Verlag handelt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß die hier in Millionenauflage produzierte Literatur in einigen wenigen Ländern der Welt auf Spendenbasis vertrieben wird, um dem Zäsar das vorzuenthalten, was des Zäsars ist.

Eckhard Türk hat letztendlich nur offen ausgesprochen, was angesichts des gewaltigen Druckzentrums in Selters sowieso offensichtlich ist: Bei den Zeugen Jehovas dreht sich alles um das Verbreiten von Literatur. Ob man dafür - wie in den meisten Ländern der Welt - einen festen Preis verlangt oder die Einnahmen auf dem Umwelt als Spenden erzeugt, ist dabeieigentlich zweitrangig. Wie sehr es der WTG darum geht, so schnell wie möglich an das eingenommene Geld zu kommen, ist schon daran zu erkennen, daß sie sich die "Spenden" im zweiwöchentlichen Rhythmus direkt per Bankeinzug von den Versammlungen holt.

In Frankreich sieht man das schon seit vielen Jahren ganz pragmatisch. Da bei den Zeugen Jehovas eindeutig das Verbreiten von Literatur im Mittelpunkt steht, erfüllen sie nicht die Voraussetzungen für die gemeinnützige Anerkennung. Folglich müssen sie für Vermögensübertragungen (wohlgemerkt: nicht für die Spenden aus dem Spendenkasten) 60% Steuer zahlen.

Leider kümmern sich jedoch deutsche Steuerfahnder lieber um die Steuersünden der kleinen Leute, anstatt einem weltweiten Konzern auf die Finger zu schauen, der unter dem Deckmantel Religion eine weltweite Expansion vorantreibt und vermutlich auch in Deutschland Literatur druckt, die anderswo verkauft wird.

Es wird Zeit, daß auch deutsche Politiker endlich aufwachen und ein wachsames Auge auf die Gruppierungen werfen, die sich unter dem schützenden Mantel der Religionsfreiheit hier ausbreiten, die Menschen physisch und psychisch ausbeuten, Menschenrechte mit den Füßen treten und sich in der Öffentlichkeit scheinheilig als verfolgte religiöse Minderheiten präsentieren.

Was für einen Charakter muß wohl Pikl als Rechtsanwalt und Zeuge Jehovas haben, der diese Dinge sehr wohl durchschaut und sich dennoch der WTG als Handlanger anbietet.