DOKUMENT A

DAS ZEUGNIS KONRAD FRANKES

Konrad Franke, später Zweigdiener (Direktor oder Aufseher) der WTG für die ZJ in Deutschland, war auf dem Kongreß am 26. Juni 1933 in Berlin anwesend. 1976 hielt Franke an vielen Orten in Westdeutschland eine Reihe zweiteiliger Ansprachen (die insgesamt 3 Stunden dauerten). Diese Ansprachen hatten den Titel "Die Geschichte der Zeugen Jehovas in Deutschland". Interessant ist, daß sie Informationen über den 1933er Kongreß in Berlin enthielten, die von der WTG nie zuvor veröffentlicht worden waren. Die Reden wurden auf Band aufgenommen und mitgeschrieben. Hier ein Ausschnitt:

... So wurden wir dann auch im letzten Moment für den 25. Juni zu einer besonderen Versammlung nach Preußen, also nach Berlin, eingeladen, in die Tennishallen, zu einer besonderen Versammlung, wo eine "Erklärung" mitgenommen werden sollte. Viele konnten schon nicht mehr kommen. Aber ich hatte das Vorrecht, mit Bruder Albert Wandres auf dem Motorrad von Wiesbaden bis Berlin bei strömendem Regen zu fahren. Aber das hat uns nicht viel ausgemacht.

Aber wir waren erschüttert, als wir am nächsten Morgen in die Tennishallen kamen und nicht diese Stimmung vorfanden, wie wir sie sonst bei Kongressen vorfinden. Als wir hereinkamen, waren die Hallen mit Hakenkreuzfahnen geschmückt! Aber nicht nur das, als selbst nun die Versammlung eingeleitet wurde, wurde sie mit einem Lied eingeleitet, was wir jahrelang - und überhaupt in Deutschland - nie gesungen hatten, wegen seiner Melodie. Der Text war wohl gut, aber die Melodie - nun, die Musiker, die hier sind, die werden an den Noten sofort erkennen, daß es die Melodie war "Deutschland, Deutschland über alles"!

Könnt ihr euch vorstellen, wie es uns zumute war? Viele konnten nicht mitsingen, es war gerade, als wenn ihnen die Kehle zugeschnürt wurde. Was hatten wir denn bloß für eine Führung, die uns in diese Gefahren brachte, und in die Gefahr, jetzt unter diesen Umständen zu straucheln, statt uns jetzt zu helfen, jetzt beizustehen, damit wir eine furchtlose Stellung hier einnahmen? Mögen alle Ältesten, die hier unter uns sind, aus diesen Beispielen etwas lernen, und mögen sie ihre Verantwortung in der nahen Zukunft in dieser Sache erkennen.

Nun wurde diese Erklärung, die Bruder Rutherford noch vorbereitet hatte, angenommen, und es wurde uns der Auftrag gegeben, jeder sollte 250 Stück mit nach Hause nehmen, und soweit es ihm möglich ist, sofern er mutig dazu war, per Einschreiben an Richter, Staatsanwälte, Oberbürgermeister u.s.w. senden.

Ich habe damals 52 solche Briefe weggeschickt, per Einschreiben, und die Folge war, daß ich wenige Tage später das erste Mal schon dafür im KZ saß, wo die meisten noch gar nicht wußten, was das war.