Die WTG versucht verzweifelt, die in den Konzentrationslagern der Nazizeit umgekommenen Zeugen Jehovas als die einzig standhaften Christen darzustellen, die gegenüber dem Nazi-Regime Widerstand geleistet haben.

Dazu wurden zahlreiche Veranstaltungen organisiert, die den Titel trugen "Widerstand aus christlicher Überzeugung - Jehovas Zeugen im Nationalsozialismus". Ein Bericht über die Veranstaltung in Wewelsburg verrät jedoch, daß es mit dem Widerstand der Zeugen Jehovas wohl nicht allzu weit her war.

Eine der Veranstaltungen fand in der KZ-Gedenkstätte in Wewelsburg statt. Die Mitarbeiter des sogenannten Informationsdienstes der WTG, Michael Jahn und Mike Albien, schrieben darüber einen Bericht, der ganz im Sinne der WTG war. Stolz schickten sie ihr Werk an alle, die an einer "objektiven" Brichterstattung interessiert waren. Auch an InfoLink.

Doch was sich auf den ersten Blick wie ein klassisches Public-Relations-Dokument liest, enthält bei näherem Hinsehen einige Punkte, die für die WTG höchst peinlich sind. Grund genug für die PR-Abteilung in Selters, die Autoren aufzufordern, ihren Bericht umgehend zurückzuziehen.

Hier ein Auszug:

Zum Beispiel waren in den 30er Jahren anfangs hauptsächlich sog. "Berufsverbrecher" (BV-Häftlinge, "befristete Vorbeugehaft") in Wewelsburg inhaftiert. Da diese jedoch durch Fluchtversuche in der umliegenden Gegend für Unruhe sorgten (ein Flüchtling wurde im Dorf von der SS erschossen), wurde die gesamte Lagerbesatzung (auf Befehl des Reichsführers SS, Heinrich Himmler) durch Zeugen Jehovas ersetzt, weil die SS wußte, daß die Zeugen niemals Fluchtversuche unternehmen würden. Sie wurden vielmehr als tüchtige und zuverlässige Arbeiter geschätzt. Da Himmler die Wewelsburg als Kultstätte der SS ausbauen wollte, waren die Handwerker unter den Zeugen Jehovas besonders "wertvoll" für dieses Konzentrationslager.

So waren sie also, die christlichen Widerstandkämpfer. Besonders tüchtig und damit besonders wertvoll für die Ziele der SS-Führung. Außerdem dachten sie in ihrem kämpferischen Geist nicht im Entferntesten daran, die Flucht zu ergreifen. Statt dessen setzten sie ihre ganze Schaffenskraft ein, um den selbsternannten Herrenmenschen eine Kultstätte zu bauen, die auf Ewigkeit von den kühnen Taten der SS künden sollte. Die Wewelsburg, die unmittelbar neben dem KZ stand, war nämlich nicht einfach irgendeine Burg, die es vor dem Verfall zu retten galt, sondern ein Bauwerk, dem die Nazis eine ganz besondere Bedeutung zugedacht hatten. Im Text der heutigen Gedenkstätte liest sich das so:

Die 1603 bis 1609 als Nebenresidenz der Fürstbischöfe von Paderborn im Stil der Weserrenaissance erbaute Wewelsburg fand durch ihre Lage und ihre seltene Dreiecksform 1933 das Interesse Heinrich Himmlers, des Reichsführers der SS. 1934 mietete die SS die Burg vom Kreis Büren für die symbolische Gebühr von einer Reichsmark pro Jahr. Nach Himmler sollte die Burg sowohl Zentrum der pseudowissenschaftlichen Untermauerung der NS-Ideologie als auch Weihestätte für tote SS-Führungspersonen werden. 1934 begann der Ausbau der Wewelsburg. Der Kellerraum wurde zu einer sogenannten "Gruft" umgestaltet, und der Bereich der ehemaligen fürstbischöflichen Kapelle sollte als "Obergruppenführersaal" ausgebaut werden. Um für dieses und weitere Bauvorhaben auf billige Arbeitskräfte zurückgreifen zu können, verlegte die SS nach Abzug des Reichsarbeitsdienstes 1939 ein Kommando des Konzentrationslagers Sachsenhausen nach Wewelsburg. Nach dem Anstieg der Häftlingszahlen wurde das Lager 1941 zum selbständigen Konzentrationslager "Niederhagen" erhoben. Von den insgesamt 3900 Häftlingen, die die SS in das Wewelsburger Lager einlieferte, starben mindestens 1285, deren Sterbeurkunden erhalten sind. Unterernährung, harte Arbeit, mangelnde Hygiene und willkürliche Strafen, aber auch bewußte Tötungen waren die Todesursachen von Deutschen, darunter Zeugen Jehovas, von sogenannten "Fremdarbeitern" und sowjetischen Kriegsgefangenen als größter Gruppe und von Angehörigen anderer Nationalitäten.

Mit anderen Worten: Die Wewelsburg ist ein treffendes Beispiel dafür, daß es mit dem Widerstand der Zeugen Jehovas im Dritten Reich offensichtlich nicht allzu weit her war. Bei allem Respekt vor den Opfern, aber sie waren nicht die einzigen Christen, die geschlossen gegen den Nationalsozialismus Widerstand leisteten, sondern lediglich eine religiöse Minderheit, die von ihrer Führung rücksichtslos in die Konzentrationslager getrieben worden war. Eine Führung, die weit weniger kompromißlos in ihrer Haltung war, als sie es von ihren Gläubigen erwartete.