Ein Zeuge Jehovas, der sich taufen lassen will, muss sich vorher durch Beantwortung zweier ritueller Tauffragen der irdischen Organisation der Zeugen Jehovas unterordnen. Ist ein solches Vorgehen schriftgemäß? J. Bobrowski hat die christliche Taufe näher betrachtet.

1. Die Taufe des Johannes

"Er aber, Johannes,hatte ein Kleid von Kamelhaaren und um seine Lenden einen ledernen Gürtel; seine Speise aber waren Heuschrecken und wilder Honig. Da zog Jerusalem und ganz Judäa und die ganze Landschaft am Jordanfluß zu ihm hinaus und sie ließen sich von ihm im Jordan taufen indem sie ihre Sünden bekannten." (Matth.2, 4 - 6 Zürcher Bibel)

"so taufte Johannes in der Wüste und predigte, man solle sich taufen lassen auf Grund der Buße zur Vergebung der Sünden. Und das ganze jüdische Land zog zu ihm hinaus und alle Bewohner von Jerusalem und sie ließen sich von ihm im Jordanfluß taufen indem sie ihre Sünden bekannten" (Markus 1, 4und5 ebd.)

"Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius aber, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war und Herodes Fürst von Galiläa, sein Bruder Philippus aber Fürst der Landschaft Ituräa und Trachonitis und Lysanias Fürst von Abilene unter dem Hohenpriester Hannes und Kajaphas, da erging das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias in der Wüste. Und er begab sich in die ganze Landschaft am Jordan und predigte, man solle sich taufen lassen auf Grund der Buße zur Vergebung der Sünden" ( Lukas 3, 1 - 3 ebd.)

"Und sie fragten ihn und sagten zu ihm: Warum taufst du denn, wenn du nicht der Christus bist noch Elia, noch der Prophet bist? Johannes antwortete ihnen: Ich taufe mit Wasser, mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt und ich bin nicht würdig ihm den Schuhriemen zu lösen" (Johannes1, 25 - 27 ebd.)

Es ist sicher interessant, den unterschiedlichen Blickwinkel zu betrachten, unter dem die sogenannten Synoptiker (die drei ersten Evangelien) und das Johannesevangelium die Vorgänge um den Vorläufer Jesu, Johannes, sehen. Aber eines ist interessanter: während die ersten drei Evangelien beinahe wörtlich darin übereinstimmen, daß die Taufe der Johannes eine "Wassertaufe zur Vergebung der Sünden" also ein Reinigungsritus gewesen sei, hält das Johannesevangelium sich in dieser Frage merkwürdig bedeckt und stellt mehr auf die Person und die Botschaft des Täufers ab. Das hat durchaus einen Sinn, auf den ich noch zurückkommen werde, hier aber sei erst einmal das Übereinstimmende der Synoptiker angemerkt: es handelt sich bei der Taufe des Johannes nicht um eine Namenstaufe, also auch nicht um die Annahme eines bestimmten Glaubens.

Diejenigen, welche sich im Jordan untertauchen lassen, bleiben Juden. Und der Ritus der Taufe entspricht genau dem des mosaischen Reinigungsbades. Das bestand im Untertauchen in fließendem (natürlichem) Wasser und wurde immer dann vollzogen, wenn ein Jude mit rituell verunreinigenden Dingen oder auch Menschen in Berührung gekommen war. Dabei unterschied das Gesetz nach Verunreinigungen, bei denen nur das Waschen der Kleider vorgeschrieben war und solchen, bei denen der ganze Körper der Reinigung unterzogen werden mußte. Letzteres kam für alle Fälle von schwerer Verunreinigung in Betracht - wozu auch der - eheliche - Geschlechtsverkehr gehörte. Die Taufpraxis des Johannes steht also formal im Einklang mit dem jüdischen Gesetz - was nicht im Einklang damit steht, ist dieses: Johannes hat sehr wohl die priesterliche Befugnis zur Aufsicht bei der kultischen Reinigung und zur Lossprechung - er ist Sohn eines Priesters.

Die Frage der Pharisäer im Johannestext, die glauben machen will, nur der "Messias" (hier gräzisiert zu Christus) oder dessen (nichtbiblischer) Vorläufer Elias oder ein - ungenannter . Prophet dürfe hier die Aufsicht führen, (Joh. 1.25) ist unberechtigt und weist das Johannesevangelium (wieder einmal) als eine späte, außerhalb des unmittelbaren jüdischen Kontextes entstandene Produktion aus. Die anderen Evangelien, die näher am Kontext stehen, werfen eine solche Frage denn auch gar nicht erst auf. Für sie ist ganz selbstverständlich, daß ein Angehöriger der Priesterkaste, ein Kohen, dies darf. Aber was hier an Verunreinigung gesühnt werden soll, das ist nicht irgendein Vergehen gegen eine mosaische Vorschrift, sondern das ist das Leben der Täuflinge in Pauschale. Er behandelt sie alle, als sollten sie ganz von neuem Juden werden und müßten daher die talmudische Vorschrift des Untertauchens erfüllen (beschnitten waren sie ja bereits). Und wie da ein ganzes Volk von Johannes sozusagen ausgebürgert und dann wieder eingebürgert wird, das mußte die Inhaber des Jerusalemer Kultvollzuges aufs Höchste provozieren.

Das Ergebnis einer solchen Aktion konnte in Totale nur die Außerkraftsetzung sowohl des pharisäischen wie des kultpriesterlichen Tempeljudentums sein. Johannes will im Hinblick auf das von ihm vorhergesagte Erscheinen des Messias "reinen Tisch" machen mit allem, was zuvor gewesen ist. Es geht ihm nicht um die äußere Unreinheit dieser oder jener Tat - es geht ihm um die innere Einstellung der Menschen, die sich ändern und die wieder ganz von Anfang beginnen soll.

2. Die Taufe Jesu

"Da kommt Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu lassen. Der aber wollte es ihm wehren und sagte: ich habe nötig, mich von dir taufen zu lassen und du kommst zu mir? Doch Jesus antwortete und sprach zu ihm: Laß es jetzt zu: denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er es ihm zu. Als aber Jesus getauft worden war, da stieg er aus dem Wasser; und siehe, die Himmel taten sich auf, und er sah den Geist Gottes wie eine Taube herabschweben und auf ihn kommen. Und siehe, eine Stimme aus den Himmeln sprach: "Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe"." (Matth. 3, 13 - 17ZB)

"Und es begab sich in jenen Tagen, daß Jesus aus Nazareth in Galiläa kam und sich von Johannes im Jordan taufen ließ. Und sobald er aus dem Wasser stieg, sah er die Himmel sich öffnen und den Geist wie eine Taube auf sich herabschweben. Und eine Stimme erscholl aus den Himmeln: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden"." (Mark. 1, 9 - 11 ZB)

"Es begab sich aber als alles Volk sichtaufen ließ und auch Jesus getauft worden war und betete, da tat sich der Himmel auf und der heilige Geist schwebte in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf ihn herab, und aus dem Himmel erscholl eine Stimme: "Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden"." (Luk. 3, 21 - 22ZB)

"An folgenden Tag sieht er Jesus auf sich zukommen und sagt: siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt! Dieser ist’s von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mann, der vor mir gewesen ist; denn er war als Erster vor mir. Und ich kannte ihn nicht; aber damit er dem Volk Israel offenbar würde, deshalb kam ich und taufte mit Wasser. Und Johannes bezeugte: Ich habe den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herabschweben sehen, und er blieb auf ihm. Und ich kannte ihn nicht; aber der mich sandte, mit Wasser zu taufen, der sprach zu mir: Auf wen du den Geist herabschweben und auf ihm bleiben siehst, der ist’s, der mit heiligem Geist tauft." (Joh. 1, 29 - 33 ZB)

Fest steht: Jesus wurde von Johannes im Jordan nach jüdischem Ritus der Reinigungstaufe unterzogen. Unter welchen Modalitäten das geschieht, ist jeweils durchaus unterschiedlich geschildert. Für Markus gibt es keine Probleme. Bei Matthäus hat Johannes, weil er den Messias erkennt ehe der sich zu erkennen gibt, erhebliche Probleme, die aber von Jesus beschwichtigt werden. Für Lukas ist gar nicht die Taufe Jesu das Besondere, sondern die Einwohnung der "Schechina" auf Jesus in diesem Moment.

Aber sowohl Matthäus als auch Markus und Lukas berichten von dieser "Einwohnung" als von einer Vision Jesu selbst. Anders Johannes. Hier ist es der Täufer, der die "Taube" sieht, nicht Jesus. Für denjenigen, der sich nicht so gut im Hebräischen auskennt - Taube heißt auf Hebräisch Jahu und ist nebenher der Name der von den Juden verdrängten Hauptgöttin der Kanaanäer gewesen - der phonetische Bezug von Jahu und Jahwe ist augenfällig ebenso wie die inhaltliche Beziehung vom Schechina und Gott.

Die Einwohnung der Schechina in einen Menschen aber ist das zentrale Kennzeichen der Messiaswürde. Auf diese und weniger auf die Tatsache der Taufe kommt es den Evangelisten also an - nur bei Matthäus begegnen wir beiden Aspekten nebeneinander. Johannes gesteht im Johannesevangelium, daß er Jesus an und für sich gar nicht erkannt habe - während im Matthäustext gerade das Erkennen für Johannes die größte Schwierigkeit bei der Taufe ist. Ferner bringen die Synoptiker übereinstimmend die göttliche Bestätigungsformel - bei Johannes fehlt sie merkwürdigerweise. Dafür wird eines klar - Jesus ist bei Johannes wie auch bei Matthäus nicht erst in der Taufe zum Messias geworden, sondern in beiden Fällen stand seine Berufung bereits fest und wurde durch dieTaufe und die anschließende Vision lediglich öffentlich gemacht.

Die anderen beiden Evangelisten machen zu einem Vorher und Nachher überhaupt keine Aussagen. Der Adoptianismus, dem die Arianer und modifiziert auch die Zeugen Jehovas heute anhängen, steht von der neutestamentlichen Grundlage her also auf mehr als tönernen Füßen und des bedarf einer gehörigen Portion an spekulativer Exegese, um ihn durchzutragen. Jesus wird nach den einzigen beiden benennbaren Zeugen nicht erst in der Taufe zu Gottes Sohn, sondern er ist es von Anfang an. Die Einwohnung der Schechina macht diese Tatsache nur wirksam und legalisiert sozusagen, was längst bestand.

3. Die Taufen Jesu

Es ist geradezu bestürzend - aber keines der Evangelien bringt auch nur den kleinsten Hinweis darauf, daß Jesus selbst getauft hat. Er hat Tote auferweckt, Kranke geheilt, Speise geschaffen, er hat gepredigt, Sünden vergeben, er ist von den Toten auferstanden und gen Himmel gefahren, hat also viel mehr als das getan, aber - getauft hat er nicht. Hingegen wird an verschieden Stellen die Taufe durch den Geist als wesentliches Merkmal von Jesus Handeln am Menschen angeführt( Mark. 1, 8; Joh,1,33b; Joh. 20, 22 bringt eine regelrechte Geisttaufe als Ritus, Apostelgeschichte 1, 5) Wenn wir davon ausgehen, daß die Evangelien nicht zeitgenössische Berichte sind, sondern im Laufe des ersten und zweiten Jahrhunderts gewachsene christliche Theologie in eine direkte Beziehung zu Jesus zu setzen suchen, wobei sie natürlich alles aufnehmen, was an Traditionsgut über ihn zu bekommen ist, sofern es ihren jeweiligen Gemeindeglauben bestätigt, dann wird eines klar: die (trinitarische) Wassertaufe war nur ein Ritus unter anderen. Und - Jesus selbst hat sie nicht praktiziert.

Kommen wir nun zum berühmten "Missionsbefehl" aus Matthäus 27, 19. Hier ist klar, daß es nur eine trinitarische Taufformel gibt, die sich auf Jesus beruft - aber nirgendwo ist diese Taufformel im vorigen Text vorgeprägt, sie fällt sozusagen wie der Blitz aus heiterem Himmel. Auch die Mission ist sehr unvorbereitet dan, denn gerade bei Matthäus heißt es in bezug auf die Mission (10, 5) "Gehet nicht auf eine Straße der Heiden und gehet nicht in eine Stadt der Samariter, sondern gehen vielmehr zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!" Das ist ja wohl deutlich - hat sich Jesus buchstäblich in allerletzter Minuten noch eines andren besonnen?

Eine solche Inkonsequenz oder Unvollkommenheit in einer immerhin göttlich inspirierten Rede ist kaum anzunehmen und daher bleibt uns nur, uns der allgemein vertretenen Ansicht anzuschließen - die auch von der Bestandssituation zu bestätigen ist, daß Matthäus 27, 19 ein Anhängsel aus dem Nachhinein ist. In dieser Tradition steht auch Markus 16, 16. Die Taufe, die Jesus auch in diesem Evangelium kein einziges Mal praktiziert, wird als bekannter Ritus vorausgesetzt und zum Kriterium des christlichen Glaubens gemacht. Sogar mit unbedingter Heilsversicherung: "wer da glaubt und getauft wird, der wird gerettet werden" (da steht nichts von "möglicherweise" und ähnlichen Unverbindlichkeiten). Aber das ist offenbar aus einer Zeit gesehen, die Jesus bereits zu ihrer Geschiche rechnet und ihn daher auch mit ihrer Gegenwart verbunden wissen möchte.

4. Die Taufe der Apostel

"Denn Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit heiligem Geist getauft werden nicht lange nach diesen Tagen." (Apg.1, 5 ZB)

Das sind Jesusworte, die dem Himmelfahrts- und Pfingstbericht vorausgehen, wie ihn Lukas in der Apostelgeschichte gibt. Johannes hat mit Wasser getauft - Jesus nicht. Und die Vorstellung, daß ausgerechnet die Apostel, die Boten Jesu, nicht hätten getauft sein sollen, hat inmitten einer taufenden Gemeinde offenbar niemanden gestört. Warum nicht?

"Petrus aber sagte zu ihnen: Tut Buße und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi, zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr die Gabe des heiligen Geistes empfangen. Denn euch gilt die Verheißung und euren Kindern und allen in der Ferne, so viele der Herr unser Gott herzuruft. (Apg. 2, 38 - 39 ZB)

Weil man sich längst an den Gedanken und Gebrauch gewöhnt hatte, beides miteinander und nebeneinanderher zu tun. Dennoch wird der Akt selbst unterschieden. Da ist einmal die Wassertaufe als Namenstaufe und Inbesitznahme sowohl auch als Sündenvergebungstaufe und da ist die Geisttaufe, die hier noch mit der Namenstaufe unmittelbar verbunden ist. Für einen Zeugen Jehovas könnte interessant sein, daß Petrus hier nicht unterscheidet zwischen Christen erster und zweiter Klasse, sondern den Faden fortspinnt bis zum Ende der Zeiten. Keine Rede ist von einer Beschränkung auf 144.000, die allein Taufe und Geisttaufe empfangen dürfen. Und Petrus ist hier das Sprachrohr der frühchristlichen Gemeinde und ihres Verständnisses.

"Als aber die Apostel in Jerusalem hörten, daß Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. Und diese kamen hinab und beteten für sie, daß sie denheiligen Geist empfangen möchten. Denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren nur getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Da legten sie ihnen die Hände auf und sie empfingen den heiligen Geist." (Apg. 8, 14 - 17 ZB)

Wieder wird die Zusammengehörigkeit von Taufe und Geistempfang betont. Dabei ist nicht entscheidend, daß die Samaritaner nicht von den Aposteln getauft wurden und Simon Magus gehört mit zu den Getauften. Es geht also nicht um eine Frage der Gültigkeit, sondern um eine Frage der Vollständigkeit des Ritus nach dem Verständnis der Jerusalemer Gemeinde, für die der Geistempfang zur Namenstaufe hinzugehört. Aber wir hören auch heraus, daß das nicht der allgemeine Gebrauch gewesen ist.

"Als sie aber des Weges weiterzogen, kamen sie an ein Wasser. Und der Hofbeamte sagte: siehe, hier ist Wasser; was hindert mich, getauft zu werden? Und er ließ den Wagen anhalten und sie stiegenbeide in das Wasser hinab, Philippus und der Hofbeamte, und er taufte ihn." (Apg. 8, 36 - 38 ZB)

Hier haben wir bereits ein solches Beispiel - in der Taufe des äthiopischen Hofbeamten spielt der Geistempfang keine Rolle. Die Namenstaufe mit Wasser genügt für die Aufnahme in die Gemeinde als vollgültiger Christ. Aber der Taufende ist diesmal auch nicht Petrus, sondern Philippus - eine andere Lesart des christlichen Initiationsritus wird demonstriert. Wir werden gleich noch eine andere erleben.

"Da ging Ananias hin und trat in das Haus. Und er legte ihm die Hände auf und sprach: Bruder Saul, der Herr, welcher dir erschienen ist auf dem Wege den du herkamst, Jesus, hat mich gesandt, damit du wieder sehend und mit dem heiligen Geist erfüllt werdest." (Apg. 9, 17 ZB)

Saulus wird nicht getauft - der große Apostel Paulus ist niemals mit Taufwasser in Berührung gekommen. Als Ananias zu ihm kommt, da kommt er bereits zu einem Bekehrten. Alles, was Ananias tun soll, ist, dem Bekehrten den Heiligen Geist zu spenden - durch Handauflegung. So ging es also auch, wir sehen, die Praktiken in der frühen Gemeinde waren äußerst vielfältig. Und die Wassertaufe war keineswegs immer und überall unbedingt notwendig - erinnern wir uns an die entsprechenden Stellen in den Evangelien. Wer schon mit dem Geist getauft ist, der braucht die Wassertaufe nicht mehr.

"Noch während Petrus diese Worte redete, fiel der heilige Geist auf alle, die das Wort hörten. Und die Gläubigen aus der Beschneidung, so viele ihrer mit Petrus gekommen waren, erstaunten, daß die Gabe des heiligen Geistes auch über die Heiden ausgegossen worden war. Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott hoch preisen. Da begann Petrus: Kann etwa jemand das Wasser verweigern, daß diese nicht getauft würden, die den heiligen Geist empfangen haben wie auch wir?" (Apg.10, 44 - 47 ZB)

Die Jerusalemer sahen das offensichtlich ein wenig anders als die Damaszener. Hier war die Wassertaufe inzwischen unabdingbar geworden, sie mußte auch dann erteilt werden, wenn die "Geisttaufe" längst stattgefunden hatte. Indessen ist es interessant, daß der Geistempfang hier nicht als bloßer Ritus verstanden wird, sondern durchaus an ekstatischen Ereignissen sichtbar wird - Zungenreden, enthusiastisches Beten - also Dinge, die bei den Zeugen Jehovas heute mit Mißtrauen beäugt, wenn nicht verdammt werden. Zu jener Zeit stempelten solche Vorkommnisse Menschen zu Christen, unabhängig davon, ob sie mit Wasser getauft waren oder nicht. Die Wassertaufe ging dem dann (der Form halber?) nach. Oder sie konnte wie bei den Damaszenern auch ganz unterbleiben.

"Ein Jude aber mit Namen Apollos, aus Alexandrien gebürtig, ein beredter Mann, der sehr bewandert war in den Schriften, kam nach Ephesus. Dieser war unterrichtet im Wege des Herrn und feurig im Geist redete er und lehrte er genau über Jesus, obschon er nur die Taufe des Johannes kannte." (Apg. 18, 24 - 25 ZB)

Apollos ist eine der interessantesten Gestalten aus der Apostelgeschichte, obgleich er hier nur einmal direkt und einmal indirekt auftaucht. Wir begegnen ihm aber in den paulinischen Briefen wieder und erfahren dort, daß er zu den Missionaren in Korinth gehört, wo er Paulus vertritt - ohne von Paulus einer Namenstaufe unterzogen worden zu sein. Und eine Geistübertragung hat es auch nicht gegeben, denn Apollos "lehrt genau über Jesus". Alexandria ist ferner einer der interessantesten Orte der Apostelgeschichte, denn Paulus, der alle römischen Großstädte besucht, geht ausgerechnet dort nicht hin - obwohl es von Zypern, wo er sich aufgehalten hat, nur ein Katzensprung hinüber ist. Was wir über die dortigen Bräuche erfahren ist, daß man die Lehre Jesu dort genau kennt und entschieden vertritt - aber die in Judäa und Kleinasien gebräuchlichen Taufriten kennt man dort nicht. Andereseits respektiert Paulus den dort praktizierten Ritus der Reinigungstaufe bei Apollos und schickt ihn nach Korinth, gedenkt seiner auch in seinen Briefen als einen "der begossen hat", während er im anderen Falle ganz anders handelt.

"Es begab sich aber, während Apollos in Korinth war, daß Paulus die höher gelegenen Gegenden durchzog, nach Ephesus kam und dort einige Jünger fand. Und er sagte zu ihnen: habt ihr als ihr gläubig wurdet den heiligen Geist empfangen? Sie antworteten ihm: Nein, wir haben nicht einmal gehört, daß es einen heiligen Geist gebe. Und er fragte: Worauf seid ihr denn getauft worden? Sie aber sagten; auf die Taufe des Johannes. Da sprach Paulus: Johannes hat nur eine Taufe auf Grund der Buße vollzogen, indem er dem Volk sagte, daß sie an den glauben sollten, der nach ihm komme, das heißt an Jesus. Wie sie dies hörten ließen sie sich auf den Namen des Herrn Jesus taufen. Und nachdem ihnen Paulus die Hände aufgelegt hatte, kam der heilige Geist auf sie und sie redeten in Zungen und predigten aus Eingebung." (Apg. 19, 1 - 6 ZB)

Dieser Passus verdient eingehendere Aufmerksamkeit, weil Paulus’ Abgrenzung zur Johannestaufe zeigt. Er, der selbst keine Namenstaufe erhalten hat, besteht darauf, daß die "Jünger" sich einer Namenstaufe unterziehen. Die Reinigungstaufe des Johannes reicht ihm in diesem Falle nicht aus. Und die Antwort der Jünger, ob sie die Geisttaufe hätten, ist auch sehr aufschlußreich - sie kennen dergleichen nicht einmal ansatzweise.

Gleichwohl bezeichnet die Apostelgeschichte sie nicht als Heiden oder Katechumenen, sondern als Gläubige. Das gab es also auch im Lande. Die Vorstellung von einem heiligen Geist war kein christlicher Allgemeinplatz - die Lehre konnte auch völlig zentriert sein auf Jesus. Damit wird auch die Alleingültigkeit einer Wassertaufe auf eine trinitarische Formel zweifelhaft, zumindest, wenn man sich auf die urchristliche Praxis berufen möchte. Und damit werden alle möglichen Formen der Taufe gleichberechtigt nebeneinander gültig, denn für alle lassen sich Beispiele finden. Es kommt immer auf den konkreten Fall und auf die Ernsthaftigkeit des Glaubens an, nicht auf Formen und Formeln. Es müssen nicht die Nachfahren der Apostel sein, die taufen und niemand muß erst die Hände aufgelegt bekommen um des Heiligen Geistes teilhaftig zu werden, wie wir im Beispiel von Cornelius und seinen Leuten gesehen haben. Es kann aber alles sein. Nichts ist a priori ungültig und nichts ist a priori gültig, erste Instanz bleibt das Wirken der Gnade. Übrigens - nirgendwo in den zahlreichen Taufgeschichten der Apg. begegnen wir so etwas wie einem Treuegelöbnis an die Apostel. Im Gegenteil, wir begegnen ihnen in stetiger fruchtbarer Auseinandersetzung mit vielen verschiedenen und durchaus persönlichen Ansichten von Christsein.

Was die Taufpraxis der Zeugen Jehovas angeht, so könnte also die Wassertaufe auch allein auf den Namen Jesu erfolgen, sie wäre nichtsdestoweniger schriftgemäß und gültig. Sie könnte auch eine reine Taufe zur Sündenvergebung sein, wenn alles andere bereits klar ist und der Täufling sich bereits als Christ erwiesen hat. Sie kann auch als Wassertaufe ganz entfallen und an ihre Stelle die Geistsendung durch Handauflegung treten - auch das ist gültig getauft - und eine gültige Taufe ist es auch, wenn der Geist sichtlich von allein auf die Gläubigen gefallen ist und durch niemanden vermittelt wurde. Dann darf man, ja soll man, die Wassertaufe als Namenstaufe ohne weitere Bedenken nachreichen. Was aber garantiert ungültig und unschriftgemäß ist, das ist irgendein Treuegelöbnis an irgendeine Person oder Organisation. Demzufolge dürften alle seit 1985 bei den Zeugen Jehovas erfolgten Taufen vor der Bibel ungültig sein, denn sie sind durch das Treuegelöbnis zu Menschen entwertet. Ob jemand davor aber "nur" getauft wurde oder auch "geistgesalbt" spielt bei der Zugehörigkeit zu Christus keine Rolle. Jeder Mensch, der sich als Christ bekennt und die wesentlichen Inhalte des christlichen Glaubens als seine Inhalte annimmt, ist Christ.

5. Die Theologie der Taufe

"Oder wisset ihr nicht, daß wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir sind also durch die Taufe auf seinen Tod mit ihm begraben worden, damit wir wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit der Ähnlichkeit seines Todes verwachsen sind, so werden wir es auch mit der seiner Auferstehung sein, indem wir das erkennen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, damit der Leib der Sünde kraftlos gemacht werde auf daß wir nicht mehr der Sünde dienen. Denn wer gestorben ist, der ist von der Herrschaft der Sünde losgesprochen. Sind wir aber mit Christus gestorben, so vertrauen wir darauf, daß wir auch mit ihm leben werden da wir wissen, daß Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Herrschaft mehr über ihn. Denn was er gestorben ist, das ist er der Sünde ein für allemal gestorben; was er aber lebt, das lebt er für Gott. So sollt auch ihr euch als solche ansehen, die für die Sünde tot sind, aber für unseren Gott leben in Christus Jesus unserem Herrn." (Röm. 6, 3 - 11 ZB)

Es ist eigentlich schockierend, was Paulus hier zum Besten gibt: die Taufe ist, so sagt er, ein Sterben. Sie ist eine totale Zäsur, die zwei verschiedene Leben trennt - das Leben der "Sünde" vorher und das - nicht mehr zurücknehmbare - Leben der Gnade. In der Taufe schließt sich der Gläubige nicht etwa dem verherrlichten König an, sondern dem am Kreuz sterbenden Gottessohn - wie jener im Tod versinkt, so versinkt der Täufling sinnbildlich im Wasser. Da das Christentum sich in seiner Mehrheit und heute allgemein der Ansicht des Paulus als der maßgebenden angeschlossen hat, hat diese Theologie der Taufe dann auch für jeden Christen zu gelten, unabhängig davon, unter welchen konkreten Riten er seine Taufe erhält. Es ist ein Akt, der zunächst und vor allem die Gemeinschaft mit Jesu Leiden betont und bezeugt. Erst durch ihn und seinen Tod, den er in der Taufe teilnehmend nachvollzieht, gelangt der Christ auch zur Gemeinschaft mit Gott. Es ist ein durchaus realer Tod, denn der Getaufte ist dem nicht mehr ähnlich, der vorher war - er hat wie Christus ein anderes, neues Leben gewonnen, ein Leben "nach" der Auferstehung. Er ist fortan bei Gott und das ohne jede Abstufung, ohne jedes Mehr oder Minder. Dieses - ewige - Leben kann ihm durch nichts mehr genommen werden - selbst wenn seine Gemeinschaft ihn von sich stößt, selbst wenn er Fehler macht und Dummheiten begeht, die sich mit einer anständigen Lebensführung nicht mehr vereinbaren lassen - das bleibt. Diese Tür bleibt immer offen - die Tür zum Himmel, in dem er eigentlich schon ist, nur, wie Paulus an anderer Stelle sagt: er sieht es noch nicht so klar. (1.Kor.13, 12) Daß er noch nicht so ganz klar sieht, macht, daß er Fehler begeht - aber kein Fehler kann ihn mehr aus der Teilhabe an Tod und Auferstehung Jesu reißen - die Gnade ist ihm sicher, die Liebe Gottes und das ewige Leben auch. Dabei ist es völlig unerheblich, wie sich Menschen dazu stellen, sie haben in diesem Miteinander nichts zu melden außer daß sie den symbolischen Ritus vollziehen dürfen. Es ist völlig unwichtig ob er den Willen einer Organisation oder Kirche tut oder nicht - was einzige entscheidet, ist sein ganz persönliches Verhältnis zu Christus, wie er das in seiner Taufe dargetan und erlebt hat. Kein anderer, und sei er ein noch so kluger und integerer Mensch kann an Christi Stelle Mittler zwischen ihm und Gott sein. Das bedeutet für einen Zeugen Jehovas, daß er auf sein Bekenntnis hin und seine Taufe weder der WTG noch einer Versammlung oder sonst wem gehört, sondern allein Christus, in dessen Erlösungstod er geborgen ist und dessen Auferstehung er teilhaftig ist. Wenn ihn also solche Leute ächten, dann ist er vor Gott und Christus mitnichten geächtet, wie laut die Herren auch immer tönen mögen. Da er getauft ist, also Teil an Christi Leib, kann er alles, was ihn bewegt und beunruhigt, mit diesem besprechen und klären - man nennt das Bitten. Und er kann sich für Gutes auch bei ihm bedanken - man nennt das Loben. Menschen haben laut ihren Satzungen vielleicht die Berechtigung, ihn aus einer menschlichen Gemeinschaft auszuschließen - aber Gott schließt ihn nicht aus. Menschen mögen ihm eine andere Meinung nie verzeihen - Gott verzeiht ihm nicht nur andere Meinungen, sondern noch sehr viel handfestere Dinge. Und das alles hat er nicht etwa durch ein beispielhaftes Leben verdient, sondern einfach und schlicht durch seinen Glauben und durch seine Taufe, die diesen Glauben besiegelt hat für immer und ein für allemal. Das hindert ihn allerdings nicht, Fehler mit seinen Mitmenschen ins Reine zu bringen getreu nach dem Wort: und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Denn das gehört nun einmal zum Leben eines Christen und zur Nachfolge Jesu. Menschensatzungen aber gegenüber ist er frei wenn sie den Glauben betreffen.

6. Lasset die Kindlein zu mir kommen

Das bedingt dann aber auch, daß der Mensch diese Taufe bewußt und mündig annimmt. Daß er weiß, was und warum geschieht und daß er es auch wirklich will. Die Kindertaufe steht daher im Zwielicht, obgleich sie bereits seit dem zweiten Jahrhundert mehr und mehr zur allgemeinen Praxis wurde. Sie ist erst einmal biblisch nur unter Schwierigkeiten zu begründen, zum zweiten vom Sinn der Taufe her schwer zu verteidigen, denn die Taufe ist nun einmal kein magischer Ritus, der unabhängig vom Willen des Glaubenden sich vollzieht. Die Frage nach dem Glauben, die Grundlage der Taufe ist, kann nicht von einem Stellvertreter beantwortet werden. Damit die Taufe zu einer neuen Gemeinschaft mit Gott und einem neuen Leben in der Auferstehung Jesu wird, müssen Nehmender und Gebender absichtsvoll zusammenkommen. Ein Kleinkind kann dies erfahrungsgemäß nicht. In der Praxis der Erwachsenentaufe unterscheiden sich die Zeugen Jehovas dann auch nicht von anderen christlichen Gemeinschaften, die ebenfalls die Erwachsenentaufe praktizieren - und auch in den Großkirchen wird sie immer mehr zur erstrebenswerten Form der Taufe. Ob sie freilich durch Untertauchen oder sonstwie zu vollziehen wäre, das ist mit dem Blick auf die vielfache urchristliche Praxis weniger wichtig. Auch ist es unwichtig, ob dem ein besonderer Salbungsritus nebenhergeht oder nachhergeht oder gar nicht kommt. Und natürlich kann ein Kind, das mit dem christlichen Glauben nicht oder kaum in Berührung kommt, sich auch nicht entscheiden ob es sich dem anschließen soll oder nicht. Andererseits - wenn es das, wohl unterrichtet, aus irgendwelchen Gründen nicht möchte, ist es darum kein schlechter Mensch und schon gar kein "Abtrünniger". Es gab Christen in der Geschichte der frühen Christenheit, die sich erst auf dem Totenbett taufen ließen - und auch das war in Ordnung. Und wenn es gar nicht will - erinnern wir uns - es geht in allererster Linie nicht um Wasser oder kein Wasser, sondern um das Verhältnis des Menschen zu seinem Gott - wenn das stimmt, dann braucht es kein Wasser mehr. Das würde ja wieder bedeuten, daß Wasser an sich etwas tut - aber Wasser tut nichts außer daß es naß macht. Es ist ein Zeichen, eine Gewohnheit, ein Brauch, nicht auf Jesus selbst zurückgehend, aber durch Generationen von den ersten Zeiten an so praktiziert und wenn der Inhalt auch dieser Form nicht bedarf, so hat doch auch die Form ihren Sinn - nur nicht ingesetzlicher Weise, denn das Christentum kennt bekanntlich nur zwei Gesetze: Du sollst Gott deinen Herren lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt - und deinen Nächsten wie dich selbst. Die Taufe ist das sichtbare Zeichen dafür, daß der Mensch angefangen hat, sich selbst zu lieben indem er begriffen hat, daß die Liebe Gottes ihm durch Jesus Christus, den menschgewordenen Gottessohn, ganz persönlich und direkt gilt. Und daß sie ihm aus seinem Glauben heraus ein neues Leben schenkt, mit dem er seinen Nächsten lieben kann ohne Furcht, dabei etwas zu verlieren. Denn wie heißt es: wer an mich glaubt, der wird leben und ob er gleich stürbe.

Berlin, den 01.02.1998

von Juliane -Intkaes Bobrowski
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