Wer ist eigentlich der im Bibelbuch Daniel, Kapitel 11, erwähnte "König des Nordens"? Und wer ist der "König des Südens"? Für die WTG war die korrekte Beantwortung dieser Frage stets von größter Bedeutung.

Schließlich sollte sich Daniels Propheziehung ihrer Meinung nach in unseren Tagen erfüllen. Doch wie so viele "Wahrheiten" aus dem Wachtturm-Verlag, hat auch die Interpretation dieser Bibelstelle im Laufe der Jahre zahlreiche Umdeutungen erlebt.

Die Vorgänge im Ostblock und Jehovas Zeugen

Eine weitere Vorhersage der Wachtturm-Gesellschaft hat sich als falsche Prophezeiung erwiesen! Die Deutung der Könige des Nordens und des Südens aus dem Buch Daniel, Kapitel 11, hat sich auf Grund der Ereignisse im Jahre 1989 als falsch erwiesen. Die Vorgänge in Osteuropa in jenem Jahr lehrten uns das Gegenteil. Aber schon die Auslegung des Buches Daniel zeigt, dass die Wachtturm-Gesellschaft die Tatsachen der Geschichte ignoriert und sie für sich neu schreibt. Die Auslegungen gehen, wie man sehen wird, oft völlig am Bibeltext vorbei bzw. verdrehen ihn völlig. Damit ist eine weitere Spekulation im Gebäude der "Endzeitlehren" der Wachtturm-Gesellschaft zusammengebrochen.

Die folgenden Zitate sind alle dem Buch: "Dein Wille geschehe auf Erden", herausgegeben von der Watch Tower Bible & Tract Society (1958 auf Englisch; 1960 in deutsch), entnommen. Sie sind im Text durch die Abkürzung DWG markiert. Dies ist die aktuelle Auslegung der Wachtturm-Gesellschaft, denn noch heute wird zu Erklärungen über diese Prophezeiungen auf dieses Buch verwiesen (z.B. im "Wachtturm" vom 15. April 1988, Seite 25, Fussnote). Selbst wenn die Wachtturm-Gesellschaft unter dem Druck der Geschichte die Auslegung ändern würde, wird eine solche Änderung von fast allen Gläubigen als heller werdendes Licht blind akzeptiert (Sprüche 4:18). Aber in Wirklichkeit handelt es sich nicht um helleres, sondern um anderes Licht.

Wie schon bei anderen Lehren stellt eine "neue Wahrheit" eine "alte Wahrheit" als Lüge dar. Es gab schon unzählige "Wahrheiten" bei der Wachtturm-Gesellschaft, im Klartext: Lügen und Märchen, die sich jemand erdachte. Und weil sie recht kompliziert zu verstehen und spektakulär aufgemacht waren, wurden sie kritiklos akzeptiert. Als Beispiel möge die Auslegung des Buches Daniel (besonders Kapitel 7, 8, 11 und 12) in dem Band 3 der "Schriftstudien", betitelt "Dein Königreich komme", dienen. Wer heute noch diese Lehre verträte, den schlösse man bei Jehovas Zeugen aus der Gemeinschaft aus. Die Auslegung weicht so stark von der heutigen ab, dass sie als falsche Lehre bezeichnet würde. Damals markierte die Prophezeiung aus Daniel den Beginn der Zeit des Endes im Jahre 1799 und die Wiederkunft Christi im Jahre 1874! Entsprechend fallen die weiteren Deutungen völlig anders aus, als die Wachtturm-Gesellschaft sie heute vertritt.

Aber wer sich einmal die Aussage des Buches Daniel genau ansieht und dabei die Geschichte studiert (Babylon bis ins Seleukidenreich), sieht genau, was eingetroffen ist. Da müssen keine "wilden Sprünge" durch die Jahrhunderte gemacht werden, um einen Herrscher zu finden, auf den man dann die Worte Daniels noch zurechtbiegen muss. Es fügt sich, besonders was die Zeit der Seleukiden betrifft, alles wie ein Mosaik zusammen.

In der folgenden Untersuchung wurde, wenn nicht anders vermerkt, als Bibelübersetzung die "Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift", herausgegeben von der Wachtturm- Gesellschaft (Revidierte Ausgabe 1985), zitiert. Selbst diese Ausgabe widerspricht in vielen Fällen den Aussagen der Wachtturm-Gesellschaft, und man sieht, wie dabei der Text "vergewaltigt" werden musste, um die Auslegung zu stützen. Als Quelle für die Geschichte wurden Lexika und Geschichtsbücher aller Art herangezogen, die sich über den Ablauf dieser Zeit vollkommen einig sind.

Untersuchung von Daniel, Kapitel elf

Wenn dem Buch Daniel eine prophetische Bedeutung beigemessen wurde, so geschah dies in erster Linie wegen des Kapitels elf. Denn dieses Kapitel gibt einen umfangreichen Überblick über den Geschichtsverlauf von Cyrus bis in die Tage von Antiochus IV. Dies geschieht zuerst in recht großen Zügen und wird dann mit den Kämpfen der Ptolemäer und Seleukiden etwas ausführlicher. Auf Einzelheiten geht es dann bezüglich Antiochus IV. und seine Kriege mit Ägypten sowie die Leiden des jüdischen Volkes unter seiner Herrschaft ein.

Die Wachtturm-Gesellschaft sieht dies jedoch (noch heute, im Jahre 1991!) anders. In ihrem 1960 veröffentlichten Buch "Dein Wille geschehe auf Erden" (DWG) schrieb sie ihre Ansicht nieder:

DWG S.220/221: "Die zwei großen Nationenblocks, zwischen denen seit dem zweiten Weltkrieg eine gespannte Lage herrscht und ein "kalter Krieg" im Gange ist, werden als der Osten und der Westen bezeichnet. In der letzten prophetischen Vision, die Daniel hatte, wird diese Lage als Höhepunkt des Konflikts zwischen dem Norden und dem Süden geschildert. Die Vision ist, was ihre prophetischen Einzelheiten betrifft, so genau, dass Ungläubige bestritten, dass Daniel diese Vision gehabt und deren Schilderung niedergeschrieben habe. Die Ansichten des Porphyrios und anderer ähnlicher Skeptiker werden jedoch als töricht bloßgestellt. Wieso denn? Weil durch diese Vision auch Dinge vorhergesagt wurden, die erst in unserem zwanzigsten Jahrhundert eingetreten sind und die Daniel also nicht nachträglich niederschreiben konnte."

DWG S.221: "Die siebente Weltmacht, das heißt die anglo- amerikanische Doppel-Weltmacht, sollte von niemand anders als von einem Engel Jehovas erfahren, dass Weltmächte, die vor ihr existierten, unter der Leitung unsichtbarer Dämonenfürsten gestanden hatten."

DWG S.223: "Es ist keineswegs bloß eine bis in alle Einzelheiten gehende Prophezeiung über politische Intrigen und Kämpfe zwischen rivalisierenden Königen der alten Zeit, deren Studium und Erforschung sich heute die Zeit nicht lohnen würde... Weil wir durch ein solches Studium der Geschehnisse, die der Prophezeiung entsprechen, erkennen können, mit welcher Genauigkeit Jehova Gott die Dinge voraussieht, wodurch er als der große Prophet gerechtfertigt wird."

Beginnen wir die Untersuchung mit dem ersten Vers, denn dort ist vom ersten Jahr des Meders Darius die Rede. Dafür, dass ein Meder namens Darius als König über Babylon zwischen dem letzten babylonischen König und Cyrus regiert habe, fehlt jede historische Grundlage. Alle Aufzeichnungen und Zeugnisse dieser Zeit sprechen gegen die Aussage Daniels. Der Schreiber mag diese Ansicht, dass die Meder Babylon einnahmen, aus bekannten Stellen wie Jesaja 13, Verse 17 bis 21, und Jeremia 51, Verse 11 und 28, entnommen haben. Von den Persern war zu jener Zeit in keiner Weise die Rede. Auch findet man nirgends in der Bibel den Begriff des Medo-Persischen-Reiches! Sie hat stets zwischen dem medischen und dem persischen Reich unterschieden. Dies ist auch geschichtlich korrekt, denn das Medische Reich unter Asyages wurde durch Kores im Jahre 550 v.u.Z. besiegt. Die Freizügigkeit der Perser gegenüber besiegten Völkern lässt keinen Schluss auf die Benennung eines Doppelreiches zu. Mit den Babyloniern und Juden handelten die Perser ebenso, und der Name des Reiches wurde von niemand geändert. Es gibt nur eine Stelle in der Bibel, welche die Meder und Perser symbolisch zusammenfasst, und dies ist das Bild des Widders in Daniel 8, Vers 3. Aber schon die Verse 4 und 20 trennen die Könige als Meder und Perser und zeigen sie in keiner Weise als Herrscher über ein Medo-Persisches Reich: Das größere Horn (Cyrus) kam später hervor!

Da aber Cyrus als persischer König Babylon einnahm, ist es unlogisch anzunehmen, dass dann für höchstens ein Jahr ein Meder Darius geherrscht habe und dann wieder Cyrus. Alle historischen Belege beweisen, dass ein Meder Darius niemals König in dieser Zeit in Babylon war. Weitere Paralleltexte dazu sind Kapitel 5, Vers 31, und Kapitel 9, Vers 1, wo er gar zum Sohn des Ahasveros gemacht wurde. Letzteres ist völlig falsch, denn Ahasveros war ein Perser, und sein Sohn war Darius. Jener Darius eroberte tatsächlich Babylon, aber bei einem Aufstand im Jahre 520, lange nach Cyrus! Diese heillose Verwechslung gibt den Kritikern recht, die sagen, das Buch Daniel sei erst zur Zeit Antiochus' IV. geschrieben worden, im Stile einer Prophezeiung, um die schwer bedrängten Juden zu stärken. Der Schreiber (Daniel?) verrät durch seine historisch falsche Wiedergabe der Geschichte Babylons, Persiens und auch Griechenlands den Zeitpunkt seiner Niederschrift. Denn in der Zeit der Seleukiden bis Antiochus IV. wird er immer genauer.

Und nun werde ich dir, was Wahrheit ist, mitteilen: Siehe, es werden noch drei Könige sein, die für Persien aufstehen, und der vierte wird größeren Reichtum aufhäufen als alle [anderen]. Und sobald er in seinem Reichtum stark geworden ist, wird er alles gegen das Königreich Griechenland in Bewegung bringen." (Daniel 11:2)

Der Verfasser kennt nur vier persische Könige. Dies deckt sich mit der Parallele in Kapitel 7, Vers 6. Dort hat das dritte Tier (siehe Tabelle am Schluss), auch vier Flügel und vier Häupter. Ebenso findet man im Alten Testament nur vier verschiedene Namen von Perserkönigen. Man findet sie zusammen in Esra 4:5-7 (Cyrus 559-530; Darius I. Hystaspis 522-486; Xerxes I. 485-466; Artaxerxes I. Longimanus 465-425). Das könnte die Grundlage für diese Feststellung des Verfassers sein. Mit dem vierten König ist Xerxes I. gemeint, denn er dürfte den Juden am besten in Erinnerung sein; an seinem Kriegszug gegen Griechenland haben sie selbst teilgenommen (Josephus: Contra Apion I.22; Herodot VII,89). Die Reihenfolge bei Daniel ist aber historisch nicht korrekt, genauso wie er nur vier Perserkönige zählt.

DWG S.225: "Und so folgten Xerxes noch sieben weitere Perserkönige, ... Textkritiker sagen deshalb, der Engel habe sich geirrt, als er zu Daniel sagte: 'Nun will ich dir die Wahrheit kundtun.' Dies war aber nicht so, denn der Engel hatte nicht gesagt, der 'vierte' Perserkönig sei der letzte oder Xerxes I. sei, von Kores dem Großen an gerechnet, der vierte und letzte Weltherrscher ... Der Engel gab also eine zusammengefasste Darstellung der Geschichte wieder, wobei er die sich folgenden Regierungszeiten der sieben übrigen Perserkönige überging und prophetisch auf den europäischen König hinwies, der den Spieß umdrehte und einen Kriegszug nach Persien unternahm."

Die Wachtturm-Gesellschaft meint hier, der Engel hätte nicht gesagt, dies sei der letzte Perserkönig, und damit sei dies kein Fehler. Dies ist aber falsch. Denn der Engel sagte am Eingang zu Vers 2: "Nun werde ich dir, was die WAHRHEIT IST, mitteilen." Damit ist dies in doppeltem Sinne nicht die "Wahrheit": 1. In der Reihenfolge, und 2., da ihm (Xerxes) noch acht weitere, mindestens jedoch sieben Könige (Artaxerxes bis zu Alexander dem Großen) folgten.

Daniel 11, Vers 3, spricht dann vom Aufstieg Alexanders des Grossen. Parallelen im Buch Daniel findet man in Kapitel 2, Verse 40 bis 43; Kapitel 7, Vers 23; Kapitel 8, Verse 5 bis 7 und 21.

Und sobald er aufgestanden ist, wird sein Reich zertrümmert und nach den vier Winden des Himmels hin zerteilt werden. Aber nicht für seine Nachkommen wird es sein und nicht nach der Macht, mit welcher er geherrscht hat; denn sein Reich wird zerstört und anderen zuteil werden, mit Ausschluss von jenen." (Daniel 11:4)

Eine Parallele im Buch Daniel findet man dazu im Kapitel 2, Verse 41-43; Kapitel 7, Vers 8; sowie Kapitel 8, Verse 8 und 22. Hier ist von der Zerteilung des Reiches Alexanders des Großen die Rede.

DWG S.227: "Die Herrschaft war von seinem Hause gewichen. Die Prophezeiung das Engels hatte sich bewahrheitet."

Über die nicht unerhebliche Zwischenzeit von 22 Jahren (323 bis 301) geht der Verfasser hinweg. In den Seleukidenberichten wurden solche Zeiten auf keinen Fall übersprungen! Der Gedanke, dass das Reich Alexanders direkt an seine vier Generäle ging, war zur Zeit der Makkabäer und Seleukiden allgemein verbreitet, wie es in 1. Makkabäer 1:6, 9 zu lesen ist:

"Er [Alexander der Grosse] rief seine höchsten Offiziere zusammen, die mit ihm aufgewachsen waren, und verteilte sein Reich unter sie, solange er noch lebte. ... Nach seinem Tod setzten sich alle die Königskrone auf". (Einheitsübersetzung)

Dass Alexanders Nachkommen sein Reich nicht bekommen würden, gehört auch zu den historischen Unrichtigkeiten des Buches Daniel. Selbst die Wachtturm-Gesellschaft gibt dies zu, wenn sie auf Seite 227 des oben erwähnten Buches sagt:

Ihm folgte Alexanders legitimer Sohn der Roxane, Alexander Allou, der ungefähr sechs Jahre regierte. Im Jahre 311 v. Chr. wurde auch er umgebracht, und zwar von Kassander, einem der Feldherren seines Vaters, der nun den Thron von Mazedonien und Griechenland an sich riss. Alexanders unehelicher Sohn Herakles wollte nun im Namen seines Vaters weiterherrschen, wurde aber im Jahre 309 v. Chr. ermordet. Mit ihm nahm die Geschlechtslinie Alexanders, des großen Blutvergießers, ein blutiges Ende."

Der nächste Satz in diesem Buch lautet ironischerweise nun: "Die Prophezeiung des Engels hatte sich bewahrheitet." Damit werden klare Aussagen übergangen!

In den anschließenden Versen 5 bis 19 folgt die Wachtturm- Gesellschaft der Geschichte; deshalb braucht man auf diese Zeit nicht näher einzugehen. Interessant ist jedoch eine Parallele im Kapitel 2 des Buches Daniel für diesen Zeitraum: Hier wird in Vers 43 die Heirat der Kleopatra, Tochter von Antiochus III., mit Ptolemäus V. angesprochen:

Sie werden sicherlich mit der Nachkommenschaft der Menschen vermischt sein; aber sie werden sicherlich nicht aneinanderhaften..."

Als dann Probleme auftraten, hielt Cleopatra zu ihrem Gatten (Südkönig) statt zu ihrem Vater (Nordkönig).

Nach Vers 19 im Kapitel 11 behauptet dann die Wachtturm- Gesellschaft folgendes (DWG, Seite 246):

Sowohl jüdische als auch römisch-katholische Kommentatoren wenden das, was in den übrigen Versen des 11. Kapitels des Buches Daniel - und zwar bis zum letzten Vers (45) - über den König des Nordens gesagt wird, ebenfalls auf den König Antiochus IV. Epiphanes an. Vom 20. Vers an tritt jedoch ein Wechsel ein, und der "König des Nordens" wird nun nicht mehr durch die syrischen Könige aus dem seleukidischen Herrscherhaus verkörpert, sondern durch Rom, die aufsteigende Weltmacht, die schon seit einiger Zeit in den Angelegenheiten im Nahen Osten das Machtwort sprach. Dass der König des Nordens nicht bis zum 45. Vers von Daniel 11 durch die gleiche Persönlichkeit verkörpert wurde, ist offensichtlich, denn Jesus Christus nahm auf Daniel 11 Bezug, um zu zeigen, dass im Laufe der Zeit ein anderer, ein neuzeitlicher, einer, der sogar unserem zwanzigstem Jahrhundert entspricht, König des Nordens sein werde."

Weiter auf Seite 247:

Wie die geschichtlichen Tatsachen es zeigen, trat dieser Wechsel mit dem nächsten Vers (Daniel 11:20) ein. Von da an wurde der König durch Rom verkörpert."

Die "geschichtlichen Tatsachen", die diesen Wechsel beweisen sollen, werden nicht angegeben, wie es die weitere Untersuchung zeigen wird. Die Wachtturm-Gesellschaft verschweigt auch die Gründe, die für eine weitere Auslegung innerhalb der Geschichte der Seleukiden sprechen. Nur wenn man die Argumente kennt, kann man entscheiden, was die richtige Deutung dieser Prophezeiung ist!

Die folgende Untersuchung wird zeigen, welche Auslegung in die Geschichte passt, und welche Auslegung "an den Haaren herbeigezogen" ist. Trotzdem muss man sich folgendes fragen: Jesus Christus zitiert Daniel 11, Vers 31. Wieso tritt dann ab Vers 20 ein Wechsel ein? Jesus bezog diesen Vers eindeutig auf die Zerstörung Jerusalems. Mit welchem Recht darf dann die Wachtturm-Gesellschaft diesen Vers prophetisch ins 20. Jahrhundert datieren? Auch kann man in Matthäus 24, Vers 15, zu diesen Worten Jesu lesen: "Der Leser wende Unterscheidungsvermögen an"! Sollte man daher dieses Zitat nicht mit besonderer Vorsicht angehen und nicht pauschal als Prophezeiung für das 20. Jahrhundert bezeichnen? Sprach Jesus von einem "neuzeitlichen König des Nordens", der unserem 20. Jahrhundert entspricht? Nein! Hier wird weit mehr in den Text hineingelesen, als darin enthalten ist. Unterscheidungsvermögen ist hier sicherlich erforderlich!

Und es wird in seiner Stellung einer aufstehen, der einen Eintreiber durch das prächtige Königreich ziehen lässt, und in wenigen Tagen wird er zerbrochen werden, aber nicht im Zorn noch im Kriegszug." (Daniel 11:20)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 20:

Seleukus IV. Philopator, der Nachfolger Antiochus' des Großen, prägte sich den Juden besonders ins Gedächtnis ein, weil er seinen Kanzler Helidor als Steuereintreiber aussandte. Dieser Helidor machte den Versuch den Tempel in Jerusalem zu berauben. Den ausführlichen Bericht kann man in 2. Makkabäer, Kapitel 3, lesen. Seleukus IV. wurde aber "nach wenigen Tagen" von Helidor ermordet (zerbrochen), wie die Juden meinten, auf Anstiftung von Antiochus IV., und nicht "im Kriegszug". Helidor trat als Usurpator auf, weil der rechtliche Erbe des Seleukus IV., sein Sohn Demetrius I., sich als Geisel in Rom befand. Helidor hatte aber keinen Erfolg, denn er wurde bald darauf von Eumenes, dem König von Pergamon, gestürzt.

DWG S.249: "Der "Eintreiber" wurde im Jahre 2 v.Chr. ausgesandt. Der christliche Geschichtsschreiber Lukas berichtet über dieses besondere Ereignis folgendes:" (Lukas 2:1-7 wird zitiert).

DWG S. 249/250: "Dieser Zensus oder diese Eintreibung war nicht nur eine Volkszählung, sondern diente auch dem Zweck, die Steuern einzuziehen und die Männer für den Militärdienst auszuheben. Diese besondere Volkszählung war eines der bedeutendsten Ereignisse in der Zeit, da Cäsar Augustus als Nordkönig herrschte... Mit gutem Grund erwähnte also Jehovas Engel dieses wichtige Ereignis in Daniels Vision, um uns dadurch einen weiteren Anhaltspunkt zu geben, der uns erkennen hilft, von wann an nicht mehr die syrischen Könige der fünften Weltmacht, sondern die römischen Herrscher der sechsten Weltmacht die Rolle des prophetischen 'König des Nordens' spielten. Er (Kaiser Augustus) starb im fünfundvierzigsten Jahr seiner Regierung, am 19. August des Jahres 14 n. Chr. Das waren verhältnismässig wenige Tage, nachdem die wichtige Einschreibung stattgefunden hatte, während der Jesus, der Sohn Gottes, in der Stadt des Königs David als dessen königlicher Erbe geboren wurde."

Wenn die Wachtturm-Gesellschaft hier schreibt, "diese Eintreibung war nicht nur eine Volkszählung...", so muss man sagen: Von einer Volkszählung ist hier überhaupt nicht die Rede! Damit wird nur von der Aussage der Bibel abgelenkt, um die eigene Auslegung zu unterstützen. Außerdem ist es sehr fraglich, 16 Jahre von der Volkszählung bis zum Tod des Augustus als "nach wenigen Tagen" zu bezeichnen!

Und es soll in seiner Stellung einer aufstehen, auf den man nicht die Würde des Königtums legen wird; der zu verachten ist, und man wird gewiss nicht die Würde des Königtums auf ihn legen; und er wird tatsächlich während [einer Zeit] der Sorglosigkeit hereinkommen und sich des Königreiches durch Glätte bemächtigen. Und was die [Streit]armee der Flut betrifft, sie werden seinetwegen überflutet werden, und sie werden zerbrochen werden wie auch der Führer [des] Bundes." (Daniel 11:21, 22)

Die Geschichte zu Daniel 11, Verse 21 und 22:

Mit "[...] der zu verachten ist [...]" wird gleich ein jüdisches Urteil über Antiochus IV. Epiphanes gesprochen. Der Vers erinnert daran, dass er kein erbliches Recht auf den Thron hatte, sondern dass dieser eigentlich seinem Neffen Demetrius zustand. Er beschaffte ihn sich durch "Glätte", Ränke, Schmeicheleien und Intrigen. (vgl. 2. Makkabäer 5, Verse 21 bis 26). Die Heere Helidors (des Usurpators: "Streitarmee der Flut") wurden geschlagen ("überflutet"), und der Führer des Bundes, oder der Gesalbte (alle Hohepriester wurden als "Gesalbte" bezeichnet!), das war der Hohepriester Onias III., wurde im Jahre 174 abgesetzt und 171 v. Chr. ermordet (vgl. Daniel 9, Vers 26; und 2.Makkabäer 4 Vers 23 bis 36, wo ein genauer Bericht über diese Vorgänge gegeben wird).

In Daniel, Kapitel 7, geben die Verse 7 und 8 eine interessante Parallele zu Vers 21: "....ein viertes Tier, furchteinflößend und schrecklich und ungewöhnlich stark. Und es hatte große Zähne aus Eisen. ...und es hatte zehn Hörner. Und ich betrachtete die Hörner weiter, und siehe, ein anders Horn, ein kleines, stieg zwischen ihnen auf..." Das griechi- sche Reich wird ausführlich dargestellt, weil es einen so furchtbaren Charakter hatte. Die schweren Niederlagen der Perser und damit die völlige Umgestaltung des Orients waren bestimmt der Grund dafür. Die zehn Hörner sind zehn Könige (Vers 24). Da ohne Zweifel das kleine Horn, das zwischen ihnen aufschoss (Verse 8 und 24), Antiochus IV. Epiphanes ist, und mit dem vierten Tier nur das griechische Reich gemeint sein kann, so müssen die zehn Hörner zehn Vorgänge Antiochus' IV. Epiphanes sein. Die Geschichte zeigt dazu folgende zehn Namen: 1. Alexander der Grosse; 2. Seleukus I. Nikator; 3. Antiochus I. Soter; 4. Antiochus II. Theos; 5. Seleukus II. Kallinikus; 6. Seleukus III. Keranus; 7. Antiochus III. der Grosse; 8. Seleukus IV. Philopator; 9. Helidorus; 10. Demetrius I. Soter. Antiochus IV. als kleines Horn bedeutet, dass er zuerst schwach war, und sich den Thron nur durch seine Schmeicheleien verschaffte, weil er nicht der Thronerbe war. Die Menschenaugen stellen seine Intelligenz, seine Umsicht und Klugheit dar (vgl. Kap. 8, Vers 23). Der Mund, der grosse Dinge redete, zeigt besonders seine Angriffe gegen die jüdische Religion und die damit verbundenen Lästerungen Gottes (vgl. Kap. 8:9; 11:36; 1.Makkabäer 1:24) Die drei Hörner, die von Antiochus verdrängt wurden, sind die letzten drei genannten Könige (Siehe: APPIANUS Syriaca 45).

DWG S.250/251: "Die Prophezeiung des Engels zeigte, dass auch der Nachfolger des Augustus mit Gottes einzigezeugtem Sohn, als dieser auf Erden lebte, näher in Berührung kommen sollte."

DWG S. 251: "Der hier erwähnte rätselhafte 'Verachtete' war Kaiser Tiberius, Livias Sohn... Augustus sah sich gezwungen, ihn als Thronfolger anzuerkennen, als es keine andere Hoffnung mehr gab."

DWG S. 251/252: "Im Jahre 4 n. Chr. wurden Tiberius und Agrippa postum von Kaiser Augustus adoptiert. Neun Jahre später wurde Tiberius durch ein Sondergesetz zum Mitregenten des Kaisers Augustus erhoben. Im darauffolgenden Jahr, nämlich am 19. August des Jahres 14, starb Augustus, und Tiberius wurde zum Kaiser ausgerufen. So kam es, dass dieser 'Verachtete' gegen den Willen des Kaisers Augustus an dessen Statt 'aufkam' oder die Macht übernahm."

DWG S.252/253: "Dass die Schmeichelei bei Tiberius, dem neuen König des Nordens, eine Rolle spielte, geht aus der Encyclopaedia Britannica, Band 26, Seite 916, elfte Ausgabe, hervor, wenn es dort heisst: 'Geschichtsschreiber des alten Rom beschreiben Tiberius hauptsächlich als jenen Herrscher, unter dessen Herrschaft Fälle von Anklagen wegen Hochverrats, auf Grund des geringsten Verdachts, zum ersten Mal überhand- nahmen und da zum ersten Mal zugelassen wurde, dass hasser- füllte Angeber sich um die Wette an Gewinn bereicherten... Die Geschichte der Staatsprozesse, die während der Regierung des Tiberius geführt wurden, lässt jedoch deutlich erkennen, dass die Vergewaltigung des Gesetzes in erster Linie eine Folge der Schmeicheleien des Senats war... und dass er (Tiberius) diese gegen Ende seiner Regierung mit einer gewissen verächtlichen Gleichgültigkeit zuliess,... (S.915, Abs.2,3 der Encyclopaedia): Mit wenigen Ausnahmen hatten die römischen Streitkräfte an den Grenzen weiter nichts zu tun, als zuzusehen, wie sich die Leute auf der anderen Seite gegenseitig umbrachten.' Auf diese Weise wurden die 'Streitkräfte` in Schach gehalten oder 'vor ihm weggeschwemmt und zerbrochen`."

DWG S.253: "Sogar der 'Fürst des Bundes` wurde im Tode `zerbrochen'... Dieser `Fürst des Bundes' war der in diesem Bunde verheissene Same Abrahams, Jesus Christus... Dann überliess ihnen (den Juden) der römische Statthalter Jesus auf Grund des kurz zuvor erlassenen Gesetzes der lesa majestas ("Majestätsbeleidigung"), damit er `zerbrochen', das heisst an einen Marterpfahl geschlagen, werde."

Auf Grund des vorherigen Sprungs durch die Geschichte mit äußerst fraglicher Auslegung könnte man die weitere Untersuchung der Erklärungen der Wachtturm-Gesellschaft grundsätzlich in Frage stellen. Aber es ist nicht uninteressant, die raffinierten (oder dilettantischen?) Verdrehungen zu durchleuchten. So wird auch bei den Versen 21 und 22 ein Sprung durch die Geschichte gemacht. Bei der Wachtturm-Gesellschaft ist "der zu verachten ist" Kaiser Tiberius. Dass er sich des Thrones durch "Glätte", Schmeicheleien und Intrigen bemächtigte, kann in keiner Weise bestätigt werden. Wie die Zitate der Wachtturm-Gesellschaft selbst zeigen, bekam er das Anrecht auf den Thron durch Adoption bereits zehn Jahre vor seiner Ausrufung zum Kaiser! Ein Jahr, bevor er zum Kaiser ausgerufen wurde, war er bereits zum Mitregenten neben Kaiser Augustus erhoben worden. Als "Verachteten" konnte man ihn bestimmt nicht bezeichnen, denn wie die Zitate auf Seite 255 (unten zu Vers 24) weiter zeigen, lebten die Römer unter seiner Herrschaft in einer der wirtschaftlich besten und friedlichsten Zeiten des Römischen Reiches! Diese Zeit ist in die Geschichte als die "pax romana", der römische Friede, eingegangen. Dass es innerhalb der Regierung gewisse Intrigen gab, ist durchaus als normal anzusehen. Und wie auch die Wachtturm-Gesellschaft ausführt, bezogen sich die Schmeicheleien nicht auf den Kaiser Tiberius, sondern auf den Senat. Dies geschah aber während der Regierungszeit des Tiberius und nicht vorher, damit er dadurch den Thron erlangen könnte! Auch kann man die Ruhe und Kriegslosigkeit in der Zeit des Tiberius nicht damit bezeichnen, dass die "Streitarmee der Flut seinetwegen überflutet wird". Dies dann auf die Kämpfe vor den Toren des römischen Reiches zu schieben, ist eine sehr fragwürdige Auslegung. Mit dem "Führer des Bundes" ist zweifellos der damalige Hohepriester gemeint und nicht Jesus Christus. Derselbe Gedanke wird in Kapitel 9, Vers 25, gezeigt: Jeder Hohepriester wurde als "Gesalbter" oder "Fürst des Bundes" bezeichnet. Seit Jahrhunderten wollen viele diesen Begriff auf Jesus münzen, doch das geht, wie auch die weitere Auslegung der Wachtturm- Gesellschaft, an den geschichtlichen Fakten vorbei!

Und da sie sich mit ihm verbündeten, wird er Trug üben und tatsächlich heraufkommen und mittels einer kleinen Nation mächtig werden." (Daniel 11:23)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 23:

Die erste Hälfte spricht von der Behandlung, welche die Freunde Antiochus' IV. durch ihn erfuhren. So wurde zum Beispiel Jason, der an Stelle des ermordeten Onias III. zum Hohepriester ernannt wurde, im Jahre 171 v.Chr. einfach wieder abgesetzt und durch Menelaus ersetzt, weil dieser ihm eine höhere Geldsumme für dieses Amt bot. Die zweite Hälfte des Verses erinnert an die Ausdehnung des noch "kleinen Horns" (vgl. Kapitel 8:9).

DWG S. 254: "Tiberius war verfassungsmäßig mit dem römischen Senat verbündet, war also, nach der Verfassung, formell von diesem abhängig. In Wirklichkeit stützte er sich aber auf 'wenig Volk'. Auf welches 'Volk'? Auf die Prätorianer, das heißt auf die kaiserliche Schutzwache, die von Kaiser Augustus im Jahre 13 v. Chr. ins Leben gerufen worden war und den Kaiser umgab, so wie die Leibwache den Oberbefehlshaber einer römischen Armee umgab."

Auf die erste Hälfte des Verses geht die Wachtturm- Gesellschaft nicht ein, denn dafür konnte sie anscheinend in der Anfangszeit des Tiberius keine Parallele finden. So fehlt ein wichtiges Element im Zusammenhang der Auslegung. Als 'kleine Nation, mit der er mächtig wurde,' die kaiserliche Schutzwache zu bezeichnen, ist aus der Luft gegriffen. Denn Kaiser Augustus hatte sie bereits ins Leben gerufen. Sie spielte keinerlei Rolle dabei, Tiberius zum Kaiser auszurufen. Er war auf ihre Hilfe nicht angewiesen.

Während [einer Zeit] der Sorglosigkeit wird er sogar in die Fettigkeit des Gerichtsbezirks einziehen und tatsächlich tun, was seine Väter noch die Väter seiner Väter nicht getan haben. Plündergut und Beute und Habe wird er unter ihnen ausstreuen; und gegen befestigte Plätze wird er seine Pläne schmieden, aber nur bis auf eine Zeit." (Daniel 11:24)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 24:

In der Septuaginta fehlt der erste Satz. Auch in diesem Vers werden wieder die Ränke und Intrigen angesprochen, mit welchen er seine Gegner in jeder Provinz aus dem Wege räumte. So berichtet 1. Mak. 3:30, dass er jedem Griechen in Naukratis ein Goldstück schenkte, um die Hellenisierung voranzutreiben und die übrigen Religionen abzuschaffen. Die Festungen, gegen die er Anschläge ersinnt, sind die ägyptischen (vgl. 1.Mak.1:16).

Auch dies bezieht die Wachtturm-Gesellschaft auf Tiberius und seine Sorge um die römischen Provinzen: In ihnen genossen die Völker einen Wohlstand, den sie früher nicht kannten. Die Steuern waren niedrig, und eine straffe Ordnung hielt das Recht aufrecht.

DWG S.225: "Und so folgten Xerxes noch sieben weitere Perserkönige, ... Textkritiker sagen deshalb, der Engel habe sich geirrt, als er zu Daniel sagte: "Nun will ich dir die Wahrheit kundtun." Dies war aber nicht so, denn der Engel hatte nicht gesagt, der vierte Perserkönig sei der letzte oder Xerxes I. sei, von Kores dem Grossen an gerechnet, der vierte und letzte Weltherrscher... Der Engel gab also eine zusammengefasste Darstellung der Geschichte wieder, wobei er die sich folgenden Regierungszeiten der sieben übrigen Perserkönige überging und prophetisch auf den europäischen König hinwies, der den Spieß umdrehte und einen Kriegszug nach Persien unternahm."

Mit dieser Auslegung über die Wohltaten geht die Wachtturm- Gesellschaft wie im vorangehenden Vers voll an der Geschichte und dem Inhalt des Verses vorbei.

Und er wird seine Kraft und sein Herz wider den König des Südens aufwecken mit einer großen Streitmacht; und der König des Südens seinerseits wird sich zum Krieg erregen mit einer überaus großen und mächtigen Streitmacht. Und er wird nicht standhalten, weil sie Pläne gegen ihn schmieden werden. Und gerade diejenigen, die seine Delikatessen essen, werden seinen Zusammenbruch herbeiführen. Und was seine Streitmacht angeht, sie wird weggeschwemmt werden, und viele werden bestimmt erschlagen fallen." (Daniel 11:25,26)

Die Geschichte zu Daniel 11, Verse 25 und 26:

Hier und bis Vers 28 wird der erste ägyptische Feldzug im Jahre 169/70 v.u.Z. beschrieben (vgl. 1.Mak.1:17-19). Antiochus IV. zieht in diesem Krieg gegen Ptolemäus VI. Philometor, den Sohn der syrischen Kleopatra, also gegen seinen Neffen, ins Feld. Der Grund ist darin zu finden, dass dieser jetzt, nach seiner Mündigkeitserklärung, das einst seiner Mutter als Mitgift versprochene Coelesyrien reklamierte. Das große Heer des Antiochus IV. wird auch in 1.Mak.1:17 erwähnt, aber nicht minder groß waren die Rüstungen der Ägypter, da seit dem Tode Kleopatras unbesonnene Vormünder auf einen Krieg mit Syrien hinarbeiteten. Der zweite Teil des Verses berichtet von den schlechten Ratgebern des Südkönigs, die Pläne gegen ihn schmiedeten, was ihm dann zum Verhängnis wurde ("wird nicht standhalten").

DWG S.257: "In diesem Vers sehen wir den König des Nordens durch Kaiser Aurelian (270-275) verkörpert. Eines der großen Probleme Aurelians war Königin Septimia Zenobia aus der in der syrischen Wüste gelegenen Stadt Palmyra."

DWG S.258: "Im zweiten Jahr seiner Regierung kam es zwischen ihm und der Königin Zenobia zum Bruch. Zenobia musste sich nun auf eine Invasion des Königs des Nordens gefasst machen, dem gegenüber sie die Stellung des Südkönigs einnahm... Aurelian eroberte durch Probus zuerst Ägypten zurück. Dann bereitete er sich auf einen großen Feldzug nach Kleinasien und Syrien vor. Zenobia und ihre beiden Feldherren wurden bei Emesa (dem heutigen Homs) geschlagen und zogen sich nach Palmyra zurück. Trotz ihrer durch die Wüste geschützte Lage wurde diese stark befestigte und gut versorgte Stadt schließlich von Aurelian belagert ... verloren sie den Mut und übergaben ihre Stadt."

Die Wachtturm-Gesellschaft macht nun wieder einen Sprung durch die Jahrhunderte in die Jahre 270-275. Sie teilt ohne jede Erklärung die Rolle des Königs des Nordens Kaiser Aurelian zu. Durch seine Probleme mit Königin Zenobia (sie spielte damit die Rolle des Südkönigs) kam es zur Invasion in Ägypten und dann in Syrien, wo Zenobia besiegt und gefangen genommen wurde. Erweitert wird die Auslegung des zweiten Teils des Verses, der sich doch nur auf den Südkönig bezieht: Die Wachtturm-Gesellschaft wendet ihn auch auf den König Aurelian (Sieger und Nordkönig) an, weil er einer Verschwörung nicht standhalten konnte.

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 26:

Diejenigen, die seine Delikatessen essen, sind seine schlechten Berater. Dazu gehört auch sein jüngerer Bruder mit dem Beinamen Physkon (= "der Schmerbauch"!). Der Verlauf des Krieges wird nicht erzählt, sondern nur sein Ausgang. Sein Heer wurde besiegt am Berge Kasion. Antiochus eroberte darauf Pelusion und drang in Ägypten ein. In dieser Schlacht fielen viele Ägypter (vgl. 1.Mak.1:18). Philometor flieht und die Alexandriner erheben seinen jüngeren Bruder Physkon zum König. Daraufhin nahm Antiochus den Philometor unter Schutz und führte ihn wieder in Memphis als König ein. Alexandrien konnte er nicht erobern. Physkon wurde jedoch in einer Seeschlacht besiegt. Antiochus kehrte daraufhin nach Syrien zurück, weil dort Unruhen ausgebrochen waren.

DWG S.259: "Aber nicht nur Königin Zenobia, die die Rolle des Südkönigs spielte, vermochte vor der Militärmacht Roms nicht zu bestehen, sondern selbst ihr Besieger, Kaiser Aurelian, vermochte einer Verschwörung nicht standzuhalten... Er wollte seinen Schatzmeister Eros wegen gewisser Unregelmässigkeiten zur Rechenschaft ziehen. Darauf veranlasste Eros einige Offiziere, sich mit ihm gegen den Kaiser zu verschwören. Er unterbreitete ihnen nämlich eine gefälschte Liste der Namen von Männern, die angeblich zum Tode bestimmt waren, unter denen auch sie angeführt waren. Darauf beschlossen diese, den Kaiser zu ermorden. Die Laufbahn des Königs des Nordens war mit dem Kaiser Aurelian jedoch nicht zu Ende. Es folgten ihm andere Kaiser auf den Thron, und eine Zeitlang gab es im Römischen Reich einen Kaiser des Westens und einen des Ostens. Unter der Herrschaft dieser Kaiser wurde das Heer des Nordkönigs weggeschwemmt, und zufolge der Einfälle der Barbaren, die aus dem Norden vordrangen, 'fielen viele Erschlagene', wie prophezeit worden war."

Die Wachtturm-Gesellschaft bezieht dies auf einen Feldzug des Aurelian gegen die Perser am Ende seines Triumphjahres. Eine Intrige gegen Aurelian anzunehmen, die mit seinem Tod endete, geht an dem Vers völlig vorbei, denn davon ist überhaupt nicht die Rede. Aber das ist in dieser Art der Auslegung wohl nötig, um in den Zeitsprüngen schneller in unsere Zeit zu kommen. Die anschließenden Gedanken über das römische Reich als Nordkönig stehen ohne Zusammenhang mit den Aussagen im Buche Daniel und dienen nur den extremen Zeitsprüngen der Wachtturm- Gesellschaft.

Und was diese beiden Könige betrifft, ihr Herz wird geneigt sein, Schlechtes zu tun, und Lüge werden sie an einem Tisch ständig reden. Aber nichts wird gelingen, denn das Ende ist noch für die bestimmte Zeit." (Daniel 11:27)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 27:

Die beiden Könige sind Antiochus und Philometor. Ihre Verbindung war beiderseits nicht ehrlich. Jeder hatte seine Hintergedanken gegen den anderen: Antiochus wollte Philometor nur benutzen, um selber in den Besitz Ägyptens zu kommen. Und die Gedanken Philometors offenbarten sich bald, denn nach der Abreise des Antiochus versöhnte er sich schnell wieder mit seinem Bruder Physkon. "Das Ende", d.h. die vollständige Unterwerfung Ägyptens, sollte erst "zur bestimmten Zeit" erfolgen.

DWG S.265: "Gottes Engel wandte die auf weite Sicht gehende Prophezeiung auf unsere Zeit an... Kurz nachdem am 1. Januar 1871 das Deutsche Reich wiederaufgerichtet worden war, gerieten die Interessen des Königs des Nordens mit denen des neuzeitlichen Königs des Südens, der anglo-amerikanischen Doppel-Weltmacht, in Konflikt. Der germanische König des Nordens war der aktivste und mächtigste Verteidiger der früheren sechsten Weltmacht, der römischen. Bei der Eröffnung des deutschen Parlaments im Oktober des Jahres 1871 drückte Kaiser Wilhelm I. die Überzeugung aus, dass 'das neue Deutsche Reich ein verlässlicher Friedensschild' sein werde. Erwies sich dies als Wahrheit oder Lüge? Der König des Nordens und der König des Südens saßen 'an einem Tische', hatten Fühlung miteinander und wechselten freundliche Worte. Aber ihre Herzen waren auf Bosheit bedacht, wenn nicht widereinander, so doch gewiss gegen das verheißene Königreich Gottes, um das man seit langem gebetet hat."

Dass hier von den beiden Königen der vorhergehenden Verse die Rede ist, ignoriert die Wachtturm-Gesellschaft völlig. Statt dessen macht sie einen Zeitsprung um unglaubliche 1600 Jahre! Wie dies mit diesen Versen begründet werden kann, dürfte das Geheimnis der Wachtturm-Gesellschaft bleiben! Sie landet nun beim deutschen Reich als Nordkönig und Anglo-Amerika als Südkönig und ist damit unserer Zeit (und ihrem Ziel, diese Verse für unsere Zeit zu deuten) sehr nahe. Warum gerade in diese Zeit, da doch in der Geschichte ständig Herrscher miteinander "an einem Tische saßen und Lügen miteinander redeten"? Läge es nicht nahe, dass sich diese Verse auf die zuvor erwähnten Könige beziehen?

Und er wird in sein Land zurückkehren mit einer grossen Menge Habe, und sein Herz wird gegen den heiligen Bund sein. Und er wird wirksam handeln und gewiss in sein Land zurückkehren." (Daniel 11:28)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 28:

Auf der Rückkehr plünderte Antiochus den Tempel in Jerusalem (vgl. 1.Mak.1:20-24; 2.Mak.5:11-21). Den willkommenen Anlass dazu bot ihm, dass der von ihm eingesetzte Hohepriester Menelaos von dessen Vorgänger eben verdrängt wurde.

DWG S.267: "Kaiser Wilhelm kehrte zu dem Land, das heißt dem irdischen Zustand des früheren Königs des Nordens, zurück, indem er eine absolutistische, kaiserliche Herrschaftsform aufbaute, um das Deutsche Reich zu vergrößern und seinen Einfluss nach allen Richtungen hin auszudehnen. Durch diesen Lauf erlangte das kaiserliche Deutschland in vielen Beziehungen 'großen Reichtum'."

DWG S.268: "In den frühen Tagen des wiederaufgerichteten deutschen Kaiserreiches, ja seit dem Jahre 1877, erklärte das Jehova hingegebene Volk seiner 'Heiligtums'-Klasse in seinen Publikationen offen, dass die Heidenzeiten oder die 'bestimmten Zeiten der Nationen' im Jahre 1914 enden würden. In jenem Jahre werde das Königreich Gottes in den Himmeln vollständig aufgerichtet werden, und es werde dafür sorgen, dass Gottes Wille auf Erden geschehe. ...Kaiser Wilhelm wie auch die anderen Weltherrscher behandelten die Botschaft der Heiligtumsklasse Jehovas bezüglich des im Jahre 1914 fälligen Endes der Heidenzeiten mit Geringschätzung. Die Watch Tower Bible & Tract Society hatte jedoch seit dem Jahre 1903 ein Zweigbüro in Barmen-Elberfeld, Deutschland, in dem eine rege Tätigkeit herrschte. Das Herz des germanischen Königs des Nordens war unleugbar gegen den heiligen Königreichsbund Jehovas Gottes, gerichtet. Der Kaiser beabsichtigte nicht, seine kaiserliche Souveränität Jesus Christus abzutreten, zu der Zeit, da dieser im Jahre 1914 im Himmel auf den Thron kommen sollte, denn dadurch hätte der Kaiser ihn als den rechtmäßigen Erben des Königtum über die ganze Erde anerkannt."

Die Wachtturm-Gesellschaft übergeht hier wieder, dass vom gleichen König wie in den vorhergehenden Versen (seit Vers 21!) die Rede ist. Es gibt keinerlei Aussage über einen Wechsel in der Person des Nordkönigs, wie es sonst geschah (vgl z.B. Verse 20 und 21). Aus Wilhelm I. wurde abermals ein neuer Herrscher der König des Nordens: sein Enkel Wilhelm II. --entgegen den Aussagen im Buch Daniel. Die Vergrößerung des deutschen Reiches und die Ausdehnung seines Einflusses unter Kaiser Wilhelm mit einer "großen Menge Habe" als Beute aus einem Kriegszug zu bezeichnen, ist wieder eine Verdrehung der klaren Aussagen.

Zur bestimmten Zeit wird er zurückkehren, und er wird tatsächlich wieder den Süden kommen; aber es wird sich erweisen,dass es zuletzt nicht gleich ist wie zuerst." (Daniel 11:29)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 29:

"Zur bestimmten Zeit", d.h. im Jahr darauf unternahm Antiochus seinen zweiten Feldzug gegen die versöhnten Brüder Philometor und Physkon, welche die gemeinschaftliche Regierung führten. Dieser Feldzug sollte ein anderes Resultat haben als der erste.

DWG S.269/270: "Die 'bestimmte Zeit' war das Jahr 1914, das in Gottes Zeitplan besonders gekennzeichnet war, da die 2520 Jahre der 'bestimmten Zeiten der Nationen' im Herbst jenes Jahres enden sollten."

DWG S.270/271: "Die Nationen hatten sich vor dem völligen Ablauf der 'sieben Zeiten', dem Herbst des Jahres 1914, nicht darauf vorbereitet, das Königreich Gottes, das dann aufgerichtet werden sollte, anzuerkennen und willkommen zu heißen. Österreich-Ungarn, dessen königlicher Thronerbe ermordet worden war, erklärte am 28. Juli Serbien den Krieg. Deutschland, sein Partner im Dreibund, unterstützte es und erklärte am 1. August Russland den Krieg und am 3. August Frankreich. Am nächsten Tag erklärte der König des Südens durch Großbritannien Deutschland den Krieg. Somit war es für den autokratischen König des Nordens in dieser 'späten Zeit', im Jahre 1914, nicht 'wie in der früheren', als die römische, kaiserliche Weltmacht, die sechste Weltmacht der biblischen Geschichte, seine Rolle spielte."

Bei der Auslegung der Wachtturm-Gesellschaft kommt man aus der Verwunderung nicht heraus. Die "bestimmte Zeit" ist das Jahr 1914! Die Erklärungen haben mit dem Text nichts gemeinsam, deshalb erübrigt sich ein genauerer Kommentar. Zum Thema der "Zeiten der Nationen" kann man noch den Hinweis auf das Buch "The Gentile Times Reconsidered" von Carl Olof Jonsson (Commentary Press, Atlanta 1986; die deutsche Ausgabe erscheint im OROS-Verlag, Altenberge). Hier wird biblisch und archäologisch exakt bewiesen, dass diese Berechnungen nicht biblisch und historisch gestützt werden, sondern reine Spekulation sind und mit den biblischen Aussagen genausowenig übereinstimmen, wie diese hier besprochenen Auslegungen zum Buche Daniel.

Und es werden gegen ihn gewiss die Schiffe von Kittim kommen, und er wird verzagen müssen. Und er wird tatsächlich zurückkehren und Strafankündigungen gegen den heiligen Bund schleudern und wirksam handeln; und er wird zurückgehen müssen und er wird denen Beachtung schenken, die den heiligen Bund verlassen." (Daniel 11:30)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 30:

Die kittäischen Schiffe, die gegen ihn zogen, bezogen sich auf die bekannte römische Invasion durch C. Popilius Laenas, der im Auftrage des römischen Senats den vor Alexandria stehenden Antiochus zur sofortigen Räumung Ägyptens aufforderte. Antiochus war gezwungen zu gehorchen und versprach zu tun, was der römische Senat verlangte. Er kehrte zurück, um wieder einmal die Juden zu unterdrücken und die hellenistisch gesinnten Juden durch Geschenke zu ehren (vgl. Vers 39 und 1.Mak.2:18).

DWG S.272: "Es waren keine buchstäblichen Schiffe von Zypern, dem alten Kittim, obwohl Großbritannien am 5. November 1914 die Insel Zypern annektierte, um die prodeutsche Türkei von ihr fernzuhalten. Gemäß dem jüdischen Geschichtsschreiber Josephus wurde der Ausdruck Kittim nicht nur auf Zypern angewandt, sondern auch auf die Küsten Italiens. Interessanterweise schloss sich Italien im Jahre 1915, gemäß dem Londoner Vertrag, dem kriegführenden Großbritannien an und stellte so seine eigene, römische Flotte an die Seite derjenigen des Königs des Südens. Aber die 'Schiffe von Kittim' bestanden zuerst hauptsächlich aus der großen britischen Flotte."

DWG S.273/274: "Im November 1918 wurde der König des Nordens jedoch 'verzagt' und kehrte zurück und schied geschlagen aus dem Kriege aus. Wie aber 'ergrimmte' der nun der König des Nordens 'gegen den heiligen Bund' und 'handelte', da Kaiser Wilhelm doch bis zu seinem Tode (4. Juli 1941) im Exil weilte? Dies geschah dadurch, dass Adolf Hitler, der Österreicher, zur Macht kam, dem die deutschen, katholischen Politiker, zum Beispiel Franz von Papen, beistanden. ...Eine der ersten Maßnahmen, die der Naziführer Hitler ergriff, war das Verbot der Bewegung der Zeugen Jehovas, die Beschlagnahme der Ausrüstung für ihr Zeugniswerk und ihre Einlieferung in Gefängnisse und Konzentrationslager."

Die Wachtturm-Gesellschaft sieht unter den "Schiffen von Kittim" auch die römische Flotte, nur in einer völlig anderen Zeit. Vom Tode des Nordkönigs (Wilhelm II.) ist hier nicht die Rede, sondern nur von seinem Verzagen und seinem Rückzug. Da ja dieser Nordkönig, entgegen der Prophezeiung, bei der Wachtturm-Gesellschaft sterben musste, übernahm die "Strafankündigungen gegen den heiligen Bund" ca. 15 Jahre später (nicht beim Rückzug!) in der Auslegung der Wachtturm- Gesellschaft Adolf Hitler. Dass diejenigen, die den heiligen Bund verließen, die Geistlichen der christlichen Kirchen gewesen sein sollten, lässt den Schluss zu, dass sie vor Hitlers Machtübernahme Zeugen Jehovas (bis 1932: "Ernste Bibelforscher") gewesen sein müssen!

Und da werden [Streit]armeen sein, die aufstehen werden, von ihm ausgehend; und sie werden tatsächlich das Heiligtum, die Festung entweihen und das beständige Opfer entfernen. Und sie werden gewiss das abscheuliche Ding, das Verwüstung verursacht, aufstellen." (Daniel 11:31)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 31:

Antiochus schickte Truppen nach Jerusalem, um es zu besetzen und das Tempelheiligtum zu entweihen (vgl. die Parallele in Kapitel 8:11,12). Er richtete auf dem Brandopferaltar eine Zeusstatue auf und brachte ein Schweineopfer dar, was für die Juden ein großer Greuel war.

DWG S.276: "Die Erwähnung von 'Streitkräften, die an seiner Stelle dastehen', weist auf Unterstützer des Königs des Nordens hin, auf militärische Streitkräfte, mit denen er den demokratischen König des Südens in einen zweiten Weltkrieg verwickelt."

DWG S.278/279: "Vor und während des zweiten Weltkrieges erfüllte sich die Prophezeiung des Engels 'Sie werden das Heiligtum, die Feste, entweihen.' Dieses Heiligtum besteht aus dem Überrest oder den Übriggebliebenen des 'geistigen Hauses' Jehovas, das aus 'lebendigen Steinen' gebildet wird. ...Das Heiligtum ist eine Feste, weil es mit unbezwingbarer geistiger Kraft erfüllt ist. ...Aber die spätere Entweihung des 'Heiligtums, der Feste' kam zufolge der furchtbaren Verfolgung der Heiligtumsklasse in der Zeit vor, während und seit dem zweiten Weltkrieg, und zwar durch den König des Nordens in den Ländern der Achsenmächte und der Sowjetunion."

DWG S.280: "Zusammen mit der Entweihung des Heiligtums Jehovas wurde dessen 'beständiges Opfer' oder 'Brandopfer' beseitigt. In der Elberfelder Bibel ist das Wort 'Opfer' hier hinzugefügt worden. Im hebräischen Text bezieht sich das Wort 'beständig' oder 'fortgesetzt' auf eine Anzahl heiliger Dinge, die in Bezug auf Jehovas Tempel und seine Priesterschaft eine Rolle spielen. So könnte sich hier das Wort 'beständig' oder 'fortgesetzt' außer auf ein 'Brandopfer' auf verschiedene Dinge beziehen. Das 'beständige' Opfer könnte die gesamte Anbetung im Heiligtum umfassen, die täglich, fortgesetzt, regelmässig ausgeübt werden musste. ...Durch ein Verbot und durch die Beschlagnahme von Bibeln und biblischer Literatur und indem man Jehovas Zeugen einsperrte oder sie von der Oberfläche vertrieb, bewirkten der König des Nordens und seine Helfershelfer, dass die beständige, öffentliche Darbietung des 'Opfers des Lobes' Gottes aufhörte."

DWG S.280/281: "Wie kommt es aber, dass an diesem Punkt der Erfüllung der Prophezeiung des Engels gesagt wird: Und sie werden 'den entsetzlichen Greuel' oder den 'verwüstenden Greuel' aufstellen? Steht dies im Widerspruch zu der Aufrichtung des Völkerbundes, der als 'Greuel der Verwüstung' bezeichnet und im Jahre 1919 auf Veranlassung des Königs des Südens aufgerichtet wurde? Nein, keinesfalls! Man erinnere sich, dass jene greuliche Nachahmung des aufgerichteten Reiches Gottes, der Völkerbund, das 'Bild des wilden Tieres' war. ... Folglich war es eine Darstellung aller sieben Weltmächte und war selbst der 'achte König', die achte Weltmacht. Offenbarung 17:7-11 (NW) zeigt, dass zu der Laufbahn dieses symbolischen siebenköpfigen, wilden Tieres auch sein Verschwinden gehört: 'Das wilde Tier, das du sahst, war, ist aber nicht und ist noch dazu bestimmt, aus dem Abgrund heraufzusteigen.' Folglich musste das wilde Tier von neuem erscheinen! Obwohl der Völkerbund am 10. Januar 1946, anlässlich der ersten Generalversammlung der Vereinten Nationen in London, England, formell aufgelöst wurde, hatte er in Wirklichkeit als Weltfriedensorganisation schon im September 1939 zu bestehen aufgehört."

DWG S.282/283: "Am 24. Oktober 1945 unterbreitete das kommunistische Russland seine Urkunde zur Ratifizierung der Vereinten Nationen, und die Satzung dieser internationalen Organisation trat an jenem Tage in Kraft . Das war, kurz nachdem Japan kapituliert und der zweite Weltkrieg (am 2.September) geendet hatte. Das siebenköpfige, scharlachfarbene Tier war wieder aus dem Abgrund emporgestiegen, und am 10.Januar 1946 wurde seine erste Generalversammlung in London, England, eröffnet. ...Vielmehr deutet Daniel 11:31 an, dass dieses 'abscheuliche Bild des wilden Tieres' durch den nazistischen König des Nordens in den Abgrund der Hilflosigkeit gestürzt werden sollte, indem er einen weiteren Weltkrieg entfesseln werde, dass das abscheuliche 'Bild' zur internationalen Anbetung mit Hilfe des kommunistischen Königs des Nordens hervorgebracht werden würde. In diesem Licht gesehen, sind Daniel 11:31 und Daniel 8:11-14 in vollem Einklang miteinander. Zusammen stimmen sie mit Offenbarung 13:11-15 und Offenbarung 17:7-11 überein. Jehovas Engel hatte auf Tatsachen hingewiesen."

Nach der Auslegung der Wachtturm-Gesellschaft hätte die Armee des Königs des Nordens die "Heiligtumsklasse" der Zeugen Jehovas im Zweiten Weltkrieg verfolgt. Logischer ist es anzunehmen, dass sie in dieser Zeit mit dem Kriegsgeschehen beschäftigt waren! Hier eine übertragene Bedeutung anzunehmen, ist falsch, denn der Text macht klare Aussagen, die geschichtlich unter Antiochus auch so zutrafen. Dass man sich in der weiteren Aussage mit dem Paralleltext aus Kapitel 8, Verse 11, 12, verzettelt, ist offensichtlich. Äußerste Gehirnakrobatik ist nötig, um dies nun völlig unverständlich zu machen, damit man den Fehler nicht merkt und das Erwarten einer verständlichen Erklärung aufgibt. Die Krönung der Verwirrung ist dann die Behauptung, dieser Vers deute den Sturz des "Bildes des wilden Tieres" an und das Tier bringe daraufhin mit Hilfe des kommunistischen (wieder ein Rollenwechsel!) Königs des Nordens das "abscheuliche Bild" hervor.

Und diejenigen, die in böser Weise gegen [den] Bund handeln, wird er mit glatten Worten zum Abfall verleiten. Was aber das Volk derer betrifft, die ihren Gott kennen, sie werden obsiegen und wirksam handeln. Und was die betrifft, die Einsicht haben unter dem Volk, sie werden den vielen Verständnis verleihen. Und sie werden gewiss durch Schwert und durch Flamme, durch Gefangenschaft und durch Plünderung zum Straucheln gebracht werden, [einige] Tage lang." (Daniel 11:32, 33)

Die Geschichte zu Daniel 11, Verse 32 und 33:

Die abtrünnigen Juden verleitete Antiochus zu frevelhaften Handlungen, wie dies in 1. Makkabäer 2:18 nachzulesen ist. Doch der Verfasser sah den Sieg der treuen Juden. Diese frommen, treuen Juden sollten eine Stütze für das jüdische Volk sein, indem sie "vielen Verständnis verleihen". Doch die Folgen für das Festhalten am Glauben der Väter sind Hinrichtung, Feuertod und Plünderung (vgl. 1.Mak.1:57; 2:38).

DWG S.283: "Der König des Norden, ob nazistisch oder kommunistisch, versucht, die Religionssysteme für sich zu gewinnen. Dass er von der Religion unterstützt wird, stärkt sein Ansehen vor dem gewöhnlichem Volke und mag überdies auch sein Gewissen und auch das des Volkes beruhigen."

DWG S.284: "Wen kann und wen will er verführen und durch seine Schmeichelei verderben oder dazu verleiten, den totalitären König des Nordens zu unterstützen? Nur jene, 'welche gottlos handeln gegen den Bund'. Deswegen haben die Religionsorganisationen der Christenheit, die unter der Herrschaft des Königs des Nordens stehen, diesem nachgegeben. So erlangen sie von ihm scheinbare Vorteile, indem ihnen Verfolgung erspart bleibt und sie weiterhin ihre kirchlichen Veranstaltungen öffentlich abhalten können. Mit der Heiligtumsklasse, dem Volke, das seinen Gott bei seinem Namen und durch sein geoffenbartes Wort kennt, verhält es sich aber anders. ...Folglich widerstehen sie den schmeichlerischen Angeboten des Königs des Nordens und bleiben stark im Glauben und in der ausschließlichen Ergebenheit Jehova, dem Gott, gegenüber. Als seine Zeugen fahren sie fort, unter allen Nationen die gute Botschaft vom aufgerichteten Königreich Gottes zu predigen."

DWG S.285/286: "Weil sich die Heiligtumsklasse also weigert, den politischen Staat anzubeten, hat sie der König des Nordens sowohl unter nazistischer als auch unter kommunistischer Gestalt erbarmungslos verfolgt. Er hat bewirkt, dass sie 'strauchelten' oder zu Fall kamen. Wie denn? 'Durch das Schwert' der Hinrichtung, durch die 'Flamme' der öffentlichen Brandmarkung, durch Verbote,... Dies dauerte 'eine Zeitlang', besonders von der Zeit des Jahres 1933 an, in der der Naziführer als Diktator die Macht ergriff, und es dauerte über Hitlers Tod hinaus an und ging während der kommunistischen Stalin-Diktatur weiter, ja hält an bis in unsere heutige Zeit hinein. In Osteuropa litten einige Zeugen Jehovas viele Jahre unter der Naziverfolgung und gerieten bald darauf unter kommunistische Bedrückung."

Der Angriff der Zeugen Jehovas gegen andere christliche Religionen ist aggressiv und unchristlich. Denn in diesen Versen ist von solchen die Rede, die zum Abfall verleitet wurden und nicht schon immer zu anderen Religionen gehörten. Damit geht man wie im obigen Vers völlig an der Aussage vorbei. Hier sieht man sich selbst prophetisch als Leidender vorausgesagt (was man aber erst viel später bemerkte).

Aber wenn sie zum Straucheln gebracht werden, wird ihnen mit einer kleinen Hilfe geholfen werden; und viele werden sich ihnen gewiss mit Glätte anschließen." (Daniel 11:34, 35)

Die Geschichte zu Daniel 11, Verse 34 und 35:

Wie uns die Geschichte berichtet, bestand die "kleine Hilfe" in den ersten Erfolgen der Makkabäer, noch bevor entscheidendere Siege errungen wurden (vgl. 1.Mak.2:42-48; 3:11-26; 4:12-15). Für den Verfasser waren diese Erfolge nur eine "kleine Hilfe", da er alle Rettung von Gott erwartete und nicht von Menschen (vgl auch 1.Mak.6:21; 7:13; 9:23). Das Märtyrertum brachte den Frommen unmittelbar, aber auch dem Volke Läuterung, Sichtung und Reinigung, was im nachbiblischen hebräisch mit "weiß machen" bezeichnet wurde.

DWG S.286/287: "Es wurde vorausgesagt, dass diese Verfolgung andauern würde, bis der König des Nordens in Harmagedon seine 'Zeit des Endes' erreicht. Wenn der Teufel in seiner Rolle als Gog von Magog 'vom äußersten Norden her' zu seinem letzten Angriff übergeht, wobei er alle seine Kräfte aufbietet, wird bestimmt der kommunistische König des Nordens zu seinen Angriffskräften gehören. (Hesekiel 38:1-9; 39:1,2) Bis dahin mag Jehovas Heiligtumsklasse also erwarten, unter dem totalitären, diktatorischen 'König' zu straucheln und zu stolpern. Bis jetzt ist ihnen, während sie so daherstolpern, tatsächlich 'mit einer kleinen Hilfe geholfen' worden. Dies geschah als Folge der Niederlage Nazideutschlands, des faschistischen Italien und des kaiserlichen Japan... Die größte Hilfe für die Heiligtumsklasse, die unter den Brutalitäten des Königs des Nordens 'strauchelte', kam von den 'Schafen', von denen Jesus in seiner Prophezeiung über das Ende dieser Welt gesprochen hatte. Im Gegensatz zu den 'Böcken' haben diese schafähnlichen Menschen guten Willens mit Jesu geistigen Brüdern, die ein Teil des Heiligtums Jehovas sind, Mitgefühl gehabt."

Hier sieht die Wachtturm-Gesellschaft die Voraussage, dass sie in den Bereichen des "Königs des Nordens" bis Harmagedon verfolgt und unterdrückt wird. Die Geschichte lehrt das Gegenteil! In fast allen kommunistischen Ländern des Warschauer Pakts herrscht mittlerweile Religionsfreiheit, und Jehovas Zeugen versammeln sich dort frei und verbreiten ihre Schriften ohne Verbot! Heute nennt man dies "Segen Jehovas". Gestern war es noch eine Erfüllung biblischer Prophezeiung.

Dass man in seiner Auslegung weit über den biblischen Inhalt hinausgegangen ist, interessiert keinen. Falsche Propheten sind nur die anderen Religionen, deren Vorhersagen sich nicht erfüllen! Das ist christliche Liebe und Ehrlichkeit!

Und der König wird tatsächlich nach seinem eigenen Willen tun, und er wird sich überheben und sich gross machen über jeden Gott, und wieder den Gott der Götter wird er verwunderliches reden. Und er wird sich als erfolgreich erweisen, bis [die] Strafankündigung zum Schluss gekommen sein wird; denn das Beschlossene soll getan werden." (Daniel 11:36)

Die Geschichte zu Daniel 11, Vers 36:

Antiochus setzte sich über alles, selbst über jede Religion hinweg, um nur überall den Kult seines Gottes einzuführen. Alle diese Dinge sind dem König gelungen, "bis die Strafankündigung zum Schluss gekommen sein wird; denn das Beschlossene soll getan werden" (vgl. 8:19; Jes.10:25).

DWG S. 289: "Nicht nur in alten Zeiten bezeichnete sich der König des Nordens als Gott oder nahm den Titel eines Gottes an, sondern auch sein neuzeitlicher Nachfolger versucht, die Rolle eines Gottes zu spielen. Er will nichts von einem anderen Willen wissen, sondern kennt nur seinen eigenen."

DWG S.290: "Da er seit dem 4. Oktober 1957 von Menschen gemachte Sputniks oder Satelliten in den Weltraum geschickt hat, fühlt er sich wie der Herr des Universums, insbesondere, weil seine Sputniks im Weltraum zwischen Sonne und Erde der Person des unsichtbaren Gottes nirgends begegnet sind. Es ist ihm gelungen, ein Drittel der Erde unter kommunistische Herrschaftsformen zu bringen, doch weiß er nicht, dass der Gott des Himmels lacht und dies zulässt, 'bis der Zorn vollendet ist, denn das Festbeschlossene wird vollzogen."

Die Aussage Daniels passt genau zu dem geschichtlichen Ereignis. Die Auslegung der Wachtturm-Gesellschaft ist dagegen sehr allgemein und kann auf sehr viele Herrscher angewendet werden, denn heute sind viele Herrscher totalitär und Atheisten. Auch haben viele Nationen Raketen und beteiligen sich an der Raumfahrt, wobei letzteres als Beweis für Bestrebungen, Gott gleich zu sein, sehr kläglich ist. Auch Herrscher großer Nationen wissen heute, wie groß der Weltraum ist; die Wachtturm-Gesellschaft ist sich dessen wohl nicht so bewusst, wie man aus der Argumentation sehen kann.

Und dem Gott seiner Väter wird er keine Beachtung schenken; und dem Begehren von Frauen und jedem anderen Gott wird er keine Beachtung schenken, sondern über jeden wird er sich groß machen. Aber dem Gott der Festungen wird er in seiner Stellung Herrlichkeit geben; und einem Gott, den seine Väter nicht kannten, wird er Herrlichkeit geben, mit Gold und mit Silber und mit kostbarem Stein und mit begehrenswerten Dingen." (Daniel 11:37, 38)

Die Geschichte zu Daniel 11, Verse 37 und 38:

Der Gott seiner Väter war Apollo. Er war zu jener Zeit auf den Münzen abgebildet. Aber unter Antiochus verschwand er zusehends und wurde durch den Zeus Olympus ersetzt. Dem "Begehren von Frauen", ihrem Gott Tammuz (vgl. Hes.8:14), schenkte er auch keinerlei Beachtung. Er erhob sich über jeden. Der "Gott der Festungen" war der Jupiter Capitulinus (Zeus war der Familiengott der Seleukiden), dem Antiochus in Antiochien einen prachtvollen Tempel errichten ließ und dem er nach Rom goldene Weihgefäße sandte (vgl. LIVIUS 41:20, 42:6).

DWG S.291: "Der 'Gott' oder die 'Götter seiner Väter' sind nicht die Götter eines besonderen Menschen, eines Hitler oder Stalin, sondern sind die Götter der Väter des politischen Amtes, das der 'König des Nordens' genannt wird ... Satan jedoch, der der 'Gott dieses Systems der Dinge' ist, ist in der Tat von Anbeginn der Herrschaft des Königs des Nordens als auch der Herrschaft des Königs des Südens fortwährend ihr Gott gewesen."

DWG S.292: "Nicht nur achtet er nicht auf die Götter der männlichen Herrscher, sondern er achtet auch nicht auf irgendeinen besonderen Gott der 'Weiber'. Die in dieser Prophezeiung erwähnten 'Weiber' würden die Mägde des kaiserlichen Regimes des Norden sein oder die Mägde der langen Linie der 'Väter' dieses Königs. Als 'Weiber' wären sie die schwächeren Gefäße. Folglich würde der neuzeitliche König des Nordens nicht auf den Gott achten, den diese schwächeren Werkzeuge besonders lieben. Ihr Gott ist geringer und kommt an zweiter Stelle ... Seitdem Adolf Hitler Selbstmord verübte, nachdem er im Jahre 1945 den zweiten Weltkrieg verloren hatte, ist der König des Nordens, der jetzt kommunistisch geworden ist, nicht mit der Christenheit verbunden gewesen, obwohl er mit religiösen Mächten der Christenheit in Polen, Ungarn und anderswo zu tun hat. Er betrachtet die alten Religionen als Opium, durch das das Volk geistig betäubt worden sei, und hat für das Volk tatsächlich eine rote Religion geschaffen. Er selbst aber ehrt den 'Gott der Festungen'. Dasselbe tat Nazi- Hitler."

DWG S.293: "In seinem Raketenprogramm überholte er sogar den Rivalen-König und kündigte am 27. August 1957 an, dass er mit Erfolg eine ICBM, ein interkontinentales ballistisches Geschoss, über eine große Entfernung in ein Zielgebiet geschossen habe. Weniger als zwei Monate später, am 4. Oktober, bereitete er dem amerikanischen Mitglied des Königs des Südens eine große Demütigung, wodurch dieser in Bestürzung und Aufregung geriet, als er nämlich den 83,6 Kilogramm schweren Sputnik I in eine Kreisbahn um die Erde schoss. Drei Tage später sprach er von seiner neuen 'Festung' oder Machtstellung aus und beschuldigte die Vereinigten Staaten von Amerika der Aufhetzung zum Kriege zwischen den beiden Nachbarstaaten Syrien und der Türkei. Am dritten Tage des folgenden Monats schoss er seinen zweiten Sputnik, der mehr als eine halbe Tonne wog und als Passagierin die Hündin Laika mitführte, auf eine Kreisbahn. Am 31. Januar 1958 schoss Amerika erst seinen 14(?) kg schweren 'Explorer'- Satelliten auf eine Kreisbahn um die Erde."

DWG S.294: "Diese ganze militaristische Rüstung ist sehr kostspielig gewesen, aber der König des Nordens hat seinen Untertanen materiellen Komfort entzogen, um diesen Gott der modernen, wissenschaftlichen Errungenschaften, der seinen königlichen 'Vätern' völlig unbekannt war, mit Gold, Silber, Edelsteinen und Kostbarkeiten zu ehren."

DWG S.294/95: "Mit Hilfe dieses geehrten 'Gottes' hat der König des Nordens seine Gebiete oder Einflusssphären vergrößert. Jehovas Engel hatte dies mit folgenden Worten vorausgesagt: [Daniel 11;39 wird nach der Übersetzung von Zunz zitiert]. Dieser hochentwickelte, neuzeitliche, wissenschaftliche 'Gott' ist insofern ein 'fremder Gott', als er den 'Vätern' des Königs des Nordens fremd und unbekannt war."

Wenn Satan der "der Gott seiner Väter" sein soll und der König ihm keine Beachtung schenkte, welchem Gott schenkte er dann Beachtung? War seine Rüstung nicht satanisch? Waren seine Angriffe gegen Jehovas Zeugen nicht durch Satans Einfluss gekommen? An anderen Stellen glaubt dies die Wachtturm- Gesellschaft jedenfalls. Hier passt es nicht ins Konzept! Das "Begehren von Frauen" konnte man nicht erklären, denn was sollte es in unserer Zeit sein? Ebenso oberflächlich deutet man den "Gott der Festungen". Genausogut könnte es in früherer Zeit eine Waffe oder technische Erfindung sein, die die "Väter nicht kannten", oder in der Zukunft könnte es etwas anderes sein. Erst der geschichtliche Zusammenhang gibt hier eine Antwort, die sich mosaikartig zusammenfügt. Die Zeitsprünge, das Verdrehen der Aussagen und Übergehen von Passagen durch die Wachtturm- Gesellschaft zeigt deutlich, dass der Wunsch Vater der Auslegung war und nicht die ehrliche Suche nach der Wahrheit.

Und er wird gegen die am stärksten befestigten Festungen wirksam handeln zusammen mit einem fremdländischen Gott. Wer immer [ihm] Anerkennung gezollt hat, den wird er überströmend machen an Ehre, und er wird sie tatsächlich unter vielen herrschen lassen; und [den] Erdboden wird er gegen einen Preis austeilen." (Daniel 11:39)

Die Geschichte zu Daniel 11:39:

Antiochus legte in die festen Städte Judas als Besatzung das Volk eines fremden Gottes, d.h. deren Anhänger und Verehrer (vgl. 1.Mak.1:33; 3:36,45). Wer dieses Vorgehen billigte, wurde mit Macht und Land belohnt (vgl. 1.Mak.9:25).

DWG S.295/96: "Später schritt der König des Nordens, nun in kommunistischer Gestalt, mit seinem 'fremden Gott' zu Angriffshandlungen. Er band Ostdeutschland an sich, bis er Männer fand, die seinen 'Lohn' annahmen, um dort einen kommunistischen Staat auszurichten. In Ungarn wurde eine kommunistische 'Volksrepublik' gebildet, die sich jedoch der sowjetischen Herrschaft nicht entledigen konnte, wie dies die Unterdrückung des Volksaufstandes im Jahre 1956 durch den Einsatz der sowjetischen Besatzungstruppen bewies. Andere europäische Länder wurden zu kommunistischen Satelliten gemacht. Selbst Korea wurde in zwei Teile geteilt, wobei das Gebiet nördlich des 38. Breitengrades ein kommunistisches Regime erhielt. Aber habgierige Kommunisten drangen im Jahre 1950 in die Republik von Südkorea ein, und der koreanische Krieg brach aus. Dann schritten die Vereinten Nationen unter der Führung des amerikanischen Mitglieds des Königs des Südens ein, um zu verhindern, dass Südkorea, verschlungen wurde. Ein kommunistischer Marionettenstaat wurde in der äußeren Mongolei aufgerichtet, den das freie China in dem Jahre, in dem der zweite Weltkrieg endete, anerkennen musste. Dann fegte im Jahre 1949 die chinesischen kommunistische Streitkräfte über das weite Land. Bis zum Dezember jenen Jahres hatten sie das gesamte Festland Chinas in Besitz genommen. Der chinesische Präsident und seinen nationale Armee nahmen auf der Insel Formosa (oder Taiwan) Zuflucht. Ja der König des Nordens fand Männer, unter die er das Land austeilen und denen er die Herrschaft verleihen konnte."

Die Auslegung der Wachtturm-Gesellschaft konzentriert sich auf das Austeilen von Land. Die Ausbreitung des Kommunismus während und nach dem Zweiten Weltkrieg ist eine andere Sache als jemandem etwas zu geben, was er bisher nicht hatte (als Belohnung). Alle Länder hatten ihr Land schon, sie erhielten zwangsweise nur eine andere Regierungsform! Da diese Auslegung sehr allgemein ist und auf viele ähnliche Fälle angewandt werden kann, aber nicht wie die Geschichte der Seleukidenherrschaft über die Juden genau passt, kann man sie nur verwerfen.

Daniel Kapitel 11, ab Vers 40, zeigt nun die Ereignisse der eigentlichen "Endzeit", und zwar zunächst das Gericht, das Antiochus treffen sollte. Es beginnt hier die eigentliche Zukunftserwartung. Was der Autor bis dahin geschrieben hatte, war, was das Kapitel 11 betrifft, sehr genau eingetroffen. Deshalb sind sich Bibelerforscher, Sprachforscher, und Geschichtsforscher einig, dass diese Dinge der Autor selbst erlebte, während er in den Berichten von der babylonischen Zeit bis zu den Seleukiden viele Fehler machte, weil er sie nicht kannte und aus unzuverlässigen oder unvollständigen Quellen berichtete. Von Vers 40 an aber spricht er von der Zukunft. Er erwartet einen dritten Feldzug des Antiochus gegen Ägypten, aber die Geschichte weiß darüber nichts zu berichten. Dass er, wie der Vers 45 zeigt, dann zwischen dem Mittelmeer und Jerusalem zu Tode kommen soll, ist auch nur ein Wunsch des Verfassers (vgl. Hes.38; Jes.10:33; 17:12-14; 30:27-33; 31:5,8,9; denn dort sollte der letzte Vertreter der heidnischen Mächte zu Fall kommen). In Wirklichkeit ist Antiochus IV. nicht in Palästina gestorben, sondern in der persischen Stadt Tabae im Jahre 164 v.u.Z. an Schwindsucht. Er wollte sich dort die reichen Schätze eines Artemistempels aneignen (vgl. POLYBIUS XXX,1 und APIAN Syr.66). Diese Nichtübereinstimmung mit der Geschichte zeigt noch einmal, dass die Verse 40-45 reine Zukunftserwartung sind.

Aber auch die Wachtturm-Gesellschaft prophezeit ab Vers 40 für die Zukunft. Hier einige Auszüge aus ihrer Vorhersage über den "König des Nordens" (kommunistischer Block) und "König des Südens" (Staaten der Welt um die USA / demokratischer Block; jedoch von der Wachtturm-Gesellschaft nicht genau definiert!) und ihre Zukunft:

DWG S.297: "Bis hinab zur 'Zeit des Endes' in Harmagedon wird eine rivalisierende Koexistenz zwischen den 'beiden Königen' bestehen. Irgendwie muss der König des Südens handeln, ergreife er nun Präventiv- oder Schutzmassnahmen. In dem verwirrenden Kampf zwischen den 'beiden Königen', den erbitterten Feinden Gottes, Jehovas, und seines Königreiches, werden die 'Könige' die Gelegenheit haben, ihre furchtbaren, todbringenden Waffen aller Art auszuprobieren und sie gegeneinander anzuwenden."

DWG S.303: "Wie weit der König des Nordens gekommen sein wird, wenn seine 'Zeit des Endes' da ist, wird allein die Zukunft lehren. Aber die Voraussage zeigt, dass er die Herrschaft über die Schätze von Gold, Silber und all die kostbaren Dinge dieser vergeschäftlichten, materialistischen Welt, das Öl inbegriffen, verlangen wird. Solche, die Nachbarn dieser Welt sind, die durch Ägyptens Nachbarn, die Libyer und Äthiopier, vorgeschattet wurden, werden 'in seinem Gefolge sein' und dem König des Nordens folgen, entweder durch Zwang oder aus selbstsüchtigen Gründen freiwillig. Dies wird in verschiedener Hinsicht für den König des Südens natürlich ein ziemlicher Verlust sein."

Die Aussagen zeigen wieder das weitere Vordringen des "Königs des Nordens". Das Gegenteil ist heute passiert. Der Kommunismus hat sich selbst abgewirtschaftet und die meisten kommunistischen Staaten gehen zur Marktwirtschaft und Demokratie über. Aber die Wachtturm-Gesellschaft sieht sich selbst in einer bedeutenden Rolle:

DWG S.304/305: "Von dieser strategischen südlichen Stellung des Königs des Nordens aus gesehen, lag das 'Land der Zierde' oder das Land von Judäa, im Norden und Osten oder im Nordosten, ebenso wie das alte Judäa nordöstlich von Ägypten lag. Die ihn erschreckenden Berichte müssen daher von Jehovas Heiligtumsklasse kommen, die sich im 'Land der Zierde', der geistigen Wohlfahrt, befindet. ...Welchen Inhalt die Berichte schließlich haben werden, so dass er ergrimmt und auszieht, um die Heiligtumsklasse und jene, die, wie sie, Gott anbeten, zu ruinieren und sie zu vernichten, weiß Jehova und wird es noch bestimmen."

DWG S.306: "Von Daniels Gesichtspunkt aus lag dieser Zelt- Standplatz zwischen dem Mittelmeer oder dem Großen Meer und dem heiligen Berge des Heiligtums oder Tempels Jehovas. Im Hebräischen konnte vom Mittelmeer als von 'Meeren' gesprochen werden, wenn man daran denkt, dass es weit größer ist als das Tote Meer und das Galiläische Meer in Palästina. Das Lager des Königs befände sich in dem Land des Jehova hingegebenen Volkes, dem 'Land der Zierde', und der Hauptangriff des Königs würde gegen den 'Berg der heiligen Zierde' gerichtet sein, wo sich Jehovas Heiligtum befindet und wo ihn seine 'heilige Nation' im Verein mit Fremdlingen guten Willens anbetet. ...Die 'Berichte', die die Glieder der Heiligtumsklasse und die Anbetung darbringenden 'anderen Schafe' von Haus zu Haus und öffentlich und auch nicht öffentlich, untergründig, erstatten, beunruhigen die kommunistische diktatorische Macht. Ein Feldzug gegen diese Königreichsverkündiger wird für sie als wichtiger erachtet als der Angriffsfeldzug des Königs des Nordens gegen den König des Südens."

Fast alle (ehemaligen) kommunistischen Länder haben jetzt Religionsfreiheit. Jehovas Zeugen können frei ihre Religion ausüben. Dies bezeichnet man heute als "von Jehova gesegnet" oder ähnlich. Dass man dabei auch "Jehovas Prophezeiungen", wie man sie in Daniel fand und deutete, als Lügen und Aussagen eines falschen Propheten darstellt (5.Mose 18:20-22), will man heute nicht mehr wissen. Denn so würde wieder einmal deutlich, dass auch diese Organisation nicht unter besonderer göttlicher Führung steht, sondern wie andere Religionen auch menschliche Interessen vertritt und schwere Fehler gemacht hat und noch macht. Sonst wären solche Vorhersagen nur als Gotteslästerung zu sehen. Aber wann es so weit sein wird, wird im folgenden Zitat auf "undefiniert" verschoben!

DWG S.307: "Er hat den 'Berichten von Osten und Norden her', der warnenden Ankündigung, dass er vernichtet werde, weil er gegen Jehova, Gott, und sein Königreich kämpfte, nicht geglaubt. Er geht in seinem Kampf zu weit, da er seinen Angriff unter Gogs Führung auf Jehovas Heiligtum richtet, das sich auf seinem 'Berge der heiligen Zierde' befindet. Sein Ende, sein Harmagedon, erreicht ihn, wenn Jehovas bestimmte Zeit dafür gekommen ist. Niemand wird ihm helfen, nicht einmal der König des Südens, denn dieser König wird in Harmagedon ebenfalls vernichtet, ja 'ohne Menschenhand zerschmettert werden'. (Daniel 8:25)"

In der Besprechung von Daniel 11:28 wies die Wachtturm- Gesellschaft schon auf das Jahr 1914 hin (siehe oben). Im Kapitel 12 des Buches "Dein Wille geschehe auf Erden" wird dann eindringlich gezeigt, dass mit diesem Jahr die gekennzeichnete "Zeit des Endes" begann. Interessant sind nun die Worte am Ende des Kapitels:

DWG S.323: "Sollte das 'Volk, welches seinen Gott kennt' - angesichts aller Dinge, die über die Erde kommen werden -, die Ängste der Nationen und die Furcht der Menschen teilen? Keineswegs! Es weiß, dass Jesus die gegenwärtige Weltlage voraussagte und dann hinzufügte: 'Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so richtet euch auf und hebt eure Häupter empor, denn eure Befreiung naht... Wenn ihr diese Dinge geschehen seht, so erkennt, dass das Königreich Gottes nahe ist.' (Lukas 21:28,31, NW) Während sich die zur Vernichtung verurteilte Welt in Furchtanfälle windet, richten sich Jesu Nachfolger, die Glieder der Heiligtumsklasse und die große Menge 'anderer Schafe', zuversichtlich auf und heben ihre Häupter froh empor. Sie verstehen die herrliche Bedeutung der Dinge, die sie geschehen sehen."

Wenn man den oben zitierten Text so liest, wie er geschrieben steht, und logisch nachdenkt, kommt man zu folgenden Schlüssen:

  1. Jesus sagte diese Worte zu erwachsenen Menschen (mindestens 30 Jahre alt)
  2. Diese Menschen sollten sehen, wie "diese Dinge anfangen zu geschehen".
  3. Diese Menschen können ihre Häupter heben und ihre Befreiung erleben.
  4. Wenn diese Menschen 1914 dreißig Jahre alt waren, sind sie heute verstorben (107 Jahre alt) und erlebten ihre Befreiung nicht!
  5. Selbst wenn man diese Zeit auf 20 Jahre reduziert (97 Jahre alt) lebt von ihnen nur ein geringster Teil, an welchem sich dies erfüllen könnte. Und solch schwache Versprechungen gab Jesus bestimmt nicht!

Auch aus dieser Sicht sieht man wieder deutlich die Spekulation und die leeren Versprechungen, die gemacht werden. Es ist nichts weiter als ein Geschäft mit der Angst. Am deutlichsten zeigte dies der stärkere Zuwachs in den Jahren vor 1975 mit vielen Versprechungen für dieses Jahr. Entsprechend war dann der Rückgang in den Jahren danach. Alle Menschen lassen sich nicht so verführen. Einige denken auch über solche Aussagen nach und sind ehrlich zu sich selbst, indem sie ihre Meinung ändern, wenn sie bessere Argumente bekommen. Es ist aber bestimmt nicht leicht, dies zu tun.


Anhang

Die geschichtlichen Symbole im Buch Daniel

Die Symbole in den Visionen lassen sich gut nebeneinanderstellen, so dass man den Sinn und Zusammenhang der Aussage des Schreibers besser versteht. So sieht der Schreiber im Kapitel 2 ein Standbild, das in vier Teile zerfällt, bzw. Daniel ihm daraus vier Königreiche deutet. Im Kapitel 7 entspricht dies dann vier Tieren, und im 8. Kapitel fasst er diese Reiche zusammen, um schnell zum Zweck seiner Erörterungen zu kommen: Dem Griechischen Reich unter Alexander dem Großen und seinem Folgereich. Die Parallelen sind sehr offensichtlich, und nach diesen Reichen spricht er nicht mehr von Königreichen, sondern eindeutig nur von Königen. Somit ist der Versuch, dies in eine Zeit nach dem Seleukidenreich zu interpretieren, schon durch diese Feststellung deutlich in Frage gestellt. Religiöse Extremisten versuchen heute, dies als eine Prophezeiung für unsere Tage zu deuten, und müssen dabei aber die Aussagen des Schreibers sowie die Geschichte vergewaltigen. Nur im Kapitel 11 geht der Schreiber dann zu Einzelheiten über, was das Seleukidenreich betrifft. Ihre geschichtliche Genauigkeit lässt eine Deutung auf spätere Zeit nicht zu.

Daniel 11 und die Interpretation der Wachtturm-Gesellschaft

Ein falscher Prophet kann viele zum Narren halten, wenn er geschichtliche Ereignisse passend zu seinen Absichten interpretiert. Die Ereignisse und Bilder werden mit Texten zum Leben erweckt. So geschah es auch mit dem 'König des Nordens' und dem 'König des Südens' aus Daniel, Kapitel 11.

Im Wachtturm, 1. Januar 1959, Seite 16 wird ein neues Buch angepriesen: Dein Wille geschehe auf Erden. Es erkläre in allen Einzelheiten die Prophezeiungen aus Daniel 11 über den 'König des Nordens' und den 'König des Südens', und welche Rolle beide heute im Kampf um die Weltherrschaft spielten. Es enthalte die feste Zusicherung, daß Gottes Wille noch in unserer Generation geschehen werde.

Im Jahre 1958 war dieses Buch auf dem letzten Stand der Ereignisse, die in der 'bestimmten Zeit des Endes' stattfinden sollten. Inwiefern war es auf dem letzten Stand? Weil es eine entscheidende Änderung bezüglich des 'Königs des Nordens' enthielt. Wenn man nämlich auf das Jahr 1943 zurückblickt, sieht man, dass in dem damals erschienenen Buch 'Die Wahrheit wird euch frei machen' Änderungen nötig wurden. Wer war im Jahre 1943 der 'König des Nordens'? Man schaue sich die Rolle Roms an, das damals vom Vatikan unterstützt wurde. Der Vatikan, so das Buch, habe sich im Jahre 1929 als Staat manifestiert, den Vatikanstaat. Er habe mit den totalitären Diktaturen Konkordate abgeschlossen und die Botschafter aller Länder, darunter Japan, empfangen, die nach nationalsozialistischem Muster totalitäre Staaten wurden. Der Vatikan habe die totalitäre Aggression nicht verurteilt. 1939 sei Krieg ausgebrochen, in den mehr als 30 Mitglieder des Völkerbundes verwickelt waren, darunter der von Rom kontrollierte 'König des Nordens' und der anglo-amerikanische 'König des Südens'.

Im Jahre 1960 enthielt der Wachtturm eine Reihe von Besprechungen von Abschnitten aus dem Buch Dein Wille geschehe auf Erden. Nacheinander wurde vorgestellt, welche Identitäten dieser 'König' im Laufe der Geschichte durchlaufen hatte. Es schien, als wollte man niemand auslassen, der diesen Titel getragen haben könnte (ausgenommen das 1943 erwähnte Papsttum). Während mehr als zwei Jahrtausenden habe der 'König des Nordens' Änderungen erfahren, von der Seleukidendynastie über die heidnischen Herrscher Roms, die römisch-katholischen und die griechisch-orthodoxen Kaiser, die Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die österreichischen und die deutschen Kaiser, die Herrscher des Nazireiches bis zu den Herrschern des kommunistischen Weltreiches.

Doch wir wollen die Geschichte hinter uns lassen und uns besonders auf die 'Könige' konzentrieren, die in der 'Zeit des Endes' herrschen, bzw. zu der Zeit, als die letzten Tage angeblich anfingen.

Wachtturm 1. Juli 1984, Seite 27, 'Beachte Gottes prophetisches Wort für unsere Zeit':

Im Frühjahr 33 u. Z. äußerte Christus eine erstaunliche Prophezeiung über die 'Zeit des Endes'. Er zitierte aus Daniel 11:31 und ließ dadurch erkennen, daß es im 20. Jahrhundert zu dramatischen Entwicklungen in Verbindung mit dem 'König des Nordens' und dem 'König des Südens' kommen sollte (Matthäus 24:15). Es war vorhergesagt worden, daß der 'König des Nordens' 'zur bestimmten Zeit' wider den Süden 'kommen' würde (Daniel 11:29, 30). Wann war das? Nun, im Jahre 1914, dem Jahr, in dem die Zeiten der Heiden endeten und das Königreich Gottes im Himmel aufgerichtet wurde. In jenem Jahr kämpfte ein deutscher 'König des Nordens' gegen den 'König des Südens', die anglo-amerikanische Weltmacht. Deutschland und seine Verbündeten wurden im Ersten und auch im Zweiten Weltkrieg besiegt. Der 'König des Nordens' nahm dann eine neue Identität an.

Die 'neue Identität' war leicht angenommen - wann immer die Charaktere für den jeweiligen Job zu alt wurden, mußten neue gefunden werden; es waren dann diejenigen, die jeweils in die Fußstapfen ihrer Vorgänger getreten waren. So war man im Wachtturm im Sommer 1960 der Meinung, in den Fußstapfen des 'Königs des Südens' befände sich die anglo-amerikanische Doppelweltmacht, während die Rolle des 'Königs des Nordens' nach dem Fall der Achsenmächte und des Nationalsozialismus von der kommunistischen Sowjetunion übernommen worden sei.

Noch besser: Dadurch, daß man nicht den genauen Wortlaut von Daniel 11 zitierte, konnte man bei allen allgemeinen Aussagen doch den Anschein von 'Genauigkeit' erwecken.

Wachtturm, 15. August 1969, Seite 305 'Das Zermalmen der heutigen Nationen durch Gottes Königreich':

Die geschichtlichen Ereignisse, durch die sich diese zuverlässige biblische Prophezeiung erfüllt hat, lassen erkennen, daß die totalitären Staatsmächte, vor allem der Weltkommunismus, als der letzte 'König des Nordens' anzusehen sind und die demokratischen Staatsmächte, vor allem der anglo-amerikanische Zusammenschluß, als der letzte 'König des Südens'. - Dan. 11:1-35.

Diese Könige wurden durch Hauptwortführer vertreten, deren jeweilige Identität nie enthüllt wurde. Es war daher schon erstaunlich, daß diese Personen von den Wachtturm-Rechercheuren ausfindig gemacht wurden. Der Hauptwortführer des König des Südens (besser bekannt als anglo-amerikanische Doppelweltmacht) wurde auf einer Reise nach Japan angetroffen und zitiert (wer immer er war).

Wachtturm, 1. Juli 1984, Seite 11, 'Voller Zuversicht in einem Zeitalter der Gewalt':

Bei einem Besuch in Japan erklärte der Hauptwortführer des 'Königs des Südens': 'Der einzige Wert der Atomwaffen besteht darin, daß sie sicherstellen, daß sie niemals zum Einsatz kommen'. Warum hat man sie dann überhaupt? Weil Satan, der Gott dieser Welt, die Nationen in ein Dilemma gebracht hat, aus dem sie sich nicht befreien können. Als Erwiderung auf den Stoß, des 'Königs des Südens' kündigte der Hauptwortführer des 'Königs des Nordens' an, man werde 'in den Ozeangebieten' Mittelstreckenraketen stationieren, deren Zielbereich das Festland der USA sei. Durch all das erfüllt sich Jesu Prophezeiung, daß es auf der Erde 'Angst und Bangen unter den Nationen [geben wird], die wegen des Tosens des Meeres und seiner Brandung weder aus noch ein wissen' (Daniel 11:40; Lukas 21:25; Offenbarung 12:9, 12).

Es hieß, die Könige des Nordens bzw. des Südens seien Symbole für mächtige Nationen und ihre Territorien lägen nördlich bzw. südlich vom jeweils anderen. Eine einfache Argumentation, an der nichts herumzumanipulieren ist. Doch es ist interessant, wie man die Erde 'drehen und wenden' kann, damit das Ganze wieder passt.

Wachtturm, 15. Oktober 1986, Seite 3, 'Der Kampf um die Weltherrschaft - Wer wird ihn gewinnen':

'Norden' und 'Süden' standen symbolisch für mächtige Nationen, die bestimmte prophetische Rollen spielten. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Rollen der beiden 'Könige' zwar von verschiedenen Nationen übernommen, doch diese entsprachen immer der Beschreibung der Prophezeiung. So waren sie stets an ihrer Rivalität zu erkennen, und die von ihnen kontrollierten Gebiete lagen zumeist in etwa nördlich und südlich voneinander.

Die entsprechenden Rollen werden heute zwar mit 'Ost' und 'West' bezeichnet, aber auch das geschieht lediglich symbolhaft, da sich beide Gebiete geographisch nicht so eindeutig abgrenzen lassen. Die in der Bibel verwendeten Himmelsrichtungen 'Norden' und 'Süden' hatten ebenfalls einen passenden Symbolcharakter, obwohl das zuvor Gesagte auch auf diese Gebiete zutraf.

Warum all diese Änderungen? Nun, die Weltgeschichte steht nicht still, und die prophetischen Wachtturm-Auslegungen lassen sich erst finden, nachdem die Ereignisse eingetreten sind. Wenn also hier und da eine Weltmacht in sich zusammenfällt, muss die Identität der beiden 'Könige' neugeschaffen werden.

Wachtturm , 1. Juli 1987, Seiten 12, 13, 'Kein Frieden für die Bösen':

Wir Christen werden jedoch durch die bemerkenswerte Genauigkeit dieser Prophezeiung in unserem Glauben an diejenigen Teile gestärkt, die sich im Schlußteil der Tage" noch erfüllen müssen.

Wir lesen mit großem Interesse weiter, da wir jetzt von Ereignissen erfahren, die in der nahen Zukunft stattfinden werden. Inzwischen haben Machtverschiebungen auf der Weltbühne zu weiteren Entwicklungen geführt, was die Identität der beiden Könige betrifft. Seit dem Zusammenbruch der nationalsozialistischen und der faschistischen Mächte am Ende des Zweiten Weltkrieges beobachten wir die Rivalität zwischen zwei Supermächten -- einer, dargestellt als der König des Nordens, die einen überwiegend sozialistischen Nationenblock beherrscht, und die andere, dargestellt als der König des Südens, die einen großen Teil des kapitalistischen Blocks beherrscht.

'Unterscheidungsvermögen' bedeutete, daß man im Jahre 1984 100%ig sicher war, wer der König des Nordens war, wer sein Gott war und welches Gebiet ihm damals gehörte. Man konnte sogar den Gebrauch 'konventioneller Waffen' gegen den 'König des Südens' vorhersagen.

Wachtturm, 1. Juli 1984, Seiten 27, 28, 'Beachte Gottes prophetisches Wort für unsere Zeit':

Wendet man 'Unterscheidungsvermögen' an, so besteht (heute, auf dem Höhepunkt der Erfüllung dieser Prophezeiung) kein Zweifel an der Identität des 'Königs des Nordens', der mit dem 'König des Südens' einen abschließenden Machtkampf führt, bei dem alles eingesetzt wird ... So irreligiös der 'König des Nordens' auch zu sein scheint, hat er doch einen Gott. In der Prophezeiung heißt es: Aber dem Gott der Festungen wird er in seiner Stellung Herrlichkeit geben" (Daniel 11:38). Huldigt dieser 'König' dem 'Gott der Festungen', indem er den neuzeitlichen, wissenschaftlichen Militarismus als Retter der Menschen seines Nationenblocks verherrlicht? Ja, tatsächlich! Gemäß der Publikation The MilitaryBalance 1981-1982 (Das militärische Gleichgewicht 1981/82) beziffert das internationale Institut für strategische Studien die bewaffneten Streitkräfte der führenden Nation im Bereich des 'Nordkönigs' auf mehr als 4 000 000, verglichen mit über 2 049 000 der führenden Nation des 'Südens'.

Der 'König des Südens' 'bedrängt' nun seinen Rivalen politisch, ja sogar militärisch (Daniel 11:40). Es sei ein Wettrüsten im Gange, das die Menschheit mit dem nuklearen Holocaust bedrohe.

Weil der 'König des Nordens' vom 'König des Südens' 'bedrängt' werde, stürme er gegen ihn mit Kriegswagen, Reitern und vielen Schiffen an. Ja, es gäbe für beide 'Könige' zuletzt sogar die Möglichkeit, konventionelle Waffen gegeneinander einzusetzen. Der 'König des Nordens' würde auch die Kontrolle über die 'begehrenswerten Dinge' der Welt erlangen (Daniel 11:40-43). Bis 1981 übte der 'König des Nordens' die Macht über etwa 1,5 Milliarden Menschen in 16 Ländern aus, und nur die Zeit werde zeigen, wieweit dieser 'König' seine Macht noch ausdehne.

Im Wachtturm vom 1. Mai 1976 hatte man auf den Seiten 286, 287 geschrieben, dass Jehova Gott 'den ständigen Kampf zwischen diesen beiden Königen vorhersah'. Doch was geschieht, wenn die Könige ihren ständigen Kampf einmal 'vergessen'? Die Lösung: ein Wachtturm-Kommentar, um das Problem zu kaschieren, sollte eigentlich alles wieder ins Lot bringen! Daniel, Kapitel 11, Vers 40 lautet nach der Neuen-Welt-Übersetzung: 'Und in der Zeit des Endes wird sich der König des Südens mit ihm auf einen Zusammenstoß einlassen, und gegen ihn wird der König des Nordens [...] anstürmen ... '. Lässt dieses Anstürmen nach, verlangsamt es sich? Gemäß der Bibel nicht, aber wir wollen weiterlesen und sehen, wie man eine Bibelstelle ignorieren kann, wenn ihre Darsteller sich nicht an das Drehbuch halten.

Wachtturm, 1991, 1. September 1991, Seite 6, 'Was die Bibel zu Frieden und Sicherheit sagt':

Daniel sagte voraus, daß die bittere Rivalität zwischen den beiden Blöcken -- die in den vergangenen 45 Jahren tatsächlich festzustellen war -- gleichsam auf Zusammenstöße" hinauslaufen würde wie bei zwei Ringern, die darauf bedacht sind, sich einen Vorteil zu verschaffen. In jüngster Zeit scheinen die Zusammenstöße abzunehmen. So erklärte der sowjetische Außenminister im Mai vergangenen Jahres, daß der kalte Krieg vorüber sei.

Ob dieses scheinbar gute Einvernehmen zwischen den beiden Supermächten vorübergehend oder dauerhaft ist, wird die Zeit zeigen. Eines ist jedoch nicht zu leugnen: Die von Jesus erwähnte Zeitspanne nähert sich ihrem Ende.

Was nun tun, wenn Ereignisse wie der Zusammenbruch der 74 Jahre alten UdSSR im August 1991 sich auf die Auslegung von Daniel, Kapitel 11 auswirken und sie gleichfalls zum Zusammenbruch bringen. Wir wollen einmal sehen, wie die 'Söhne der Räuber' 'mitgerissen werden in dem Versuch, eine Vision wahr werden zu lassen' (Daniel 11:14, Neue-Welt-Übersetzung). Hier die Einleitung zu letzten Teil des Romans.

Wachtturm, 1. November 1993, Seite 13, Absatz 3, 'Ein König entweiht das Heiligtum Jehovas':

Der Engel, der Daniel diese Dinge offenbarte, sagte: Was dich betrifft, o Daniel, halte die Worte geheim, und versiegle das Buch bis zur Zeit des Endes. Viele werden umherstreifen, und die wahre Erkenntnis wird überströmend werden" (Daniel 12:4). Ja, die Prophezeiung hat mit der Zeit des Endes zu tun -- einem Zeitabschnitt, der 1914 begann. Während dieser gekennzeichneten Zeit würden viele in der Heiligen Schrift umherstreifen", und mit der Hilfe des heiligen Geistes würde die wahre Erkenntnis, einschließlich des Verständnisses der biblischen Prophezeiungen, überströmen (Sprüche 4:18). Je weiter diese Zeit fortschreitet, desto mehr Einzelheiten aus den Prophezeiungen Daniels werden erhellt. Wie ist also die Prophezeiung über den König des Nordens und den König des Südens im Jahre 1993, 35 Jahre nach der Veröffentlichung des Buchs 'Dein Wille geschehe auf Erden', zu verstehen?

Was soll man nun daraus schließen? Sind die Einzelheiten der Prophezeiung Daniels klarer geworden, ist die 'wahre Erkenntnis' überströmend geworden, oder werden die Wachtturm-Leser getäuscht?

Wir wollen uns einmal die Absätze 6, 7 und 8 anschauen, wie dort ein sehr bedeutsamer Vers aus Daniel, Kapitel 11 erklärt wird.

Wachtturm, 1. November 1993, Seite 14:

Die Rolle des Königs des Nordens hatte im Jahre 1914 Deutschland inne, dessen Regent Kaiser Wilhelm war. ('Kaiser' ist von dem römischen Titel 'Cäsar' abgeleitet.) Der Ausbruch der Feindseligkeiten in Europa war lediglich eine von vielen Konfrontationen zwischen dem König des Nordens und dem König des Südens. Die Rolle des letzteren, des Königs des Südens, nahm damals Großbritannien ein, das rasch Ägypten besetzte, das Herrschaftsgebiet des ursprünglichen Königs des Südens. Im Laufe des Kriegs stellten sich die Vereinigten Staaten, eine der ehemaligen Kolonien Großbritanniens, an seine Seite. Die anglo-amerikanische Weltmacht, das mächtigste Weltreich der Geschichte, war nun König des Südens.

Aus früheren Auseinandersetzungen zwischen den beiden Königen war das Römische Reich als König des Nordens stets siegreich hervorgegangen. Diesmal 'war es nicht gleich wie zuerst'. Warum nicht? Weil der König des Nordens den Krieg verlor. Ein Grund war, daß 'die Schiffe von Kittim' gegen den König des Nordens kamen (Daniel 11:30). Was waren das für Schiffe? ... Im Ersten Weltkrieg erwiesen sich die Schiffe von Kittim als die Schiffe Großbritanniens, das vor der Westküste des europäischen Festlands liegt. Später wurde die britische Marine durch Schiffe von dem westlich gelegenen nordamerikanischen Kontinent verstärkt.

Unter diesem Angriff mußte der König des Nordens 'verzagen' und 1918 seine Niederlage eingestehen. Doch er war noch nicht am Ende. 'Er wird tatsächlich zurückkehren und Strafankündigungen gegen den heiligen Bund schleudern und wirksam handeln; und er wird zurückgehen müssen und wird denen Beachtung schenken, die den heiligen Bund verlassen' (Daniel 11:30). So prophezeite es der Engel, und so geschah es.


Wie schenkte der 'König des Nordens' in der Gestalt Kaiser Wilhelms 'denen Beachtung [...], die den heiligen Bund verlassen'(Daniel 11:30)? Das wird nicht erklärt, weil sich Kaiser Wilhelm sehr schnell in Absatz 9 in Adolf Hitler verwandelt (Seite 14):

Nach dem Kriegsende 1918 zwangen die siegreichen Alliierten Deutschland einen demütigenden Friedensvertrag auf, der offensichtlich darauf abzielte, das deutsche Volk für lange Zeit fast ein Hungerdasein führen zu lassen. Die große Not, unter der Deutschland einige Jahre litt, ebnete allerdings den Weg für den Aufstieg Adolf Hitlers. Er kam 1933 an die Macht und begann sofort einen heftigen Angriff gegen 'den heiligen Bund', vertreten durch die gesalbten Brüder Jesu Christi. In dieser Hinsicht handelte er wirksam gegen die loyalen Christen, von denen er viele grausam verfolgte.

Gerade erst war festgestellt worden, daß der 'heilige Bund' durch die 'gesalbten Brüder Jesu Christi' dargestellt wird, und in Vers 30 wird uns gesagt, daß einige den heiligen Bund verlassen werden (Hebräisch: 'azab, lösen, verlassen oder im bildlichen Sinne abfallen). Wie schenkt Hitler dann den gesalbten Brüdern (wahrscheinlich nur aus der Wachtturm-Organisation), die den heiligen Bund verlassen, 'Beachtung'(Daniel 11:30)? Überhaupt nicht! Plötzlich sind die, die den Bund verlassen, nicht mehr die gesalbten Brüder Jesu Christi, sondern ganz offensichtlich die Führer der Christenheit! Man kann nur vermuten, daß der Wachtturm-Schreiber den entscheidenden Punkt, wer wirklich den Bund verlässt, umgehen will - Absatz 10, Seite 14:

Hitler verzeichnete wirtschaftliche und diplomatische Erfolge und handelte auch auf diesem Gebiet wirkungsvoll. Im Verlauf weniger Jahre machte er Deutschland zu einem Staat, mit dem man rechnen mußte, und bei diesem Bemühen halfen ihm diejenigen, die den heiligen Bund verlassen". Wer war damit gemeint? Offensichtlich die Führer der Christenheit, die behaupteten, in einem Bundesverhältnis mit Gott zu stehen, aber schon lange aufgehört hatten, Jünger Jesu Christi zu sein. Hitler gelang es, sich den Beistand derjenigen zu sichern, 'die den heiligen Bund verlassen'. Der Papst schloß mit ihm ein Konkordat, und sowohl die katholische Kirche als auch die protestantischen Kirchen unterstützten Hitler während seiner 12jährigen Schreckensherrschaft.

Absatz 11 (Seite 15) enthält eine weitere eklatante Doppeldeutigkeit. Das 'Heiligtum' oder der geistige Tempel aus Jesu gesalbten Brüdern wird entweiht und das 'beständige Merkmal', als das 'Schlachtopfer der Lobpreisung' (der Predigtdienst) bezeichnet, wurde entfernt. Doch der letzte Satz des folgenden Absatzes zeigt eindeutig, daß es doch wieder nicht entfernt wurde:

So erfolgreich war Hitler, daß er einen Krieg anzettelte, wie der Engel korrekt vorausgesagt hatte: 'Und da werden Streitarme sein, die aufstehen werden, von ihm ausgehend; und sie werden tatsächlich das Heiligtum, die Festung, entweihen und das beständige Opfer entfernen' (Daniel 11:31a). Im alten Israel war das Heiligtum ein Teil des Tempels in Jerusalem. Doch als die Juden Jesus verwarfen, verwarf Jehova sie und ihren Tempel (Matthäus 23:37 bis 24:2). Seit dem ersten Jahrhundert ist der Tempel Jehovas daher ein geistiger Tempel mit dem Allerheiligsten im Himmel und mit einem geistigen Vorhof auf der Erde, in dem die gesalbten Brüder Jesu, des Hohenpriesters, dienen. Seit den 30er Jahren bringt die große Volksmenge gemeinsam mit dem gesalbten Überrest Anbetung dar; deshalb wird von ihnen gesagt, daß sie 'in Gottes Tempel' dienen (Offenbarung 7:9, 15; 11:1, 2; Hebräer 9:11, 12, 24). Der irdische Vorhof des Tempels wurde durch die erbarmungslose Verfolgung des gesalbten Überrests und seiner Gefährten in den vom König des Nordens beherrschten Ländern entweiht. Die Verfolgung war so schwer, daß das beständige Opfer -- das öffentliche Schlachtopfer der Lobpreisung des Namens Jehovas -- entfernt wurde (Hebräer 13:15). Wie die Geschichte jedoch zeigt, predigten die treuen gesalbten Christen gemeinsam mit den 'anderen Schafen' im Untergrund weiter (Johannes 10:16).


Wie wir uns erinnern, hatte Deutschland 1914 die Rolle des 'Königs des Nordens' übernommen (siehe Absatz 6). Aber nun gab es ein kleines Problem: Deutschland hatte den 2. Weltkrieg verloren! Wie sollte man das erklären? Ganz einfach: Man teile den König des Nordens in zwei Teile und mache eine Hälfte zu einem Alliierten des ehemaligen großen Gegners. Absatz 14, Seite 16:

Deutschland war in beiden Weltkriegen der Hauptgegner des Königs des Südens gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte in einem Teil Deutschlands eine Neuorientierung, so daß dieser Teil zu einem Verbündeten des Königs des Südens wurde. Der andere Teil Deutschlands schloß sich dagegen einem anderen mächtigen Reich an. Der kommunistische Block, zu dem nun auch ein Teil Deutschlands gehörte, stellte sich mit aller Kraft gegen die anglo-amerikanische Allianz, und die Rivalität zwischen den beiden Königen entwickelte sich zum kalten Krieg. (Siehe 'Dein Wille geschehe auf Erden', Seite 264 bis 284.)

Gehen wir weiter zu Absatz 15 (Seite 16):

Die Führer der Christenheit werden passenderweise als die einzigen Bösewichter abgestempelt. An dieser Stelle der Bibel (Daniel 11:32a) werden die Bösen 'zum Abfall verleitet'. Hier sollte man genauer nachdenken: gemäß dem Wachtturm spielte die Christenheit angeblich schon jahrhundertelang die Rolle des großen Abtrünnigen. Kann jemand, der schon abgefallen ist, zum Abfall verleitet werden?

Der Engel sagte weiter: 'Diejenigen, die in böser Weise gegen den Bund handeln, wird er mit glatten Worten zum Abfall verleiten' (Daniel 11:32a). Wer handelt in boshafter Weise gegen den Bund? Auch in diesem Fall kann es sich nur um die Führer der Christenheit handeln, die sich zwar als Christen bezeichnen, aber durch ihre Handlungen den Namen des Christentums in den Schmutz ziehen.

Was ist mit den wahren Christen: Könnten sie zum Abfall verleitet werden und durch wen? Absatz 19 (Seite 17) gibt eine plausible (?) Erklärung:

Nicht alle, die sich in dieser Zeit dafür interessierten, Gott zu dienen, hatten lautere Beweggründe. Der Engel äußerte die Warnung: 'Viele werden sich ihnen gewiß mit Glätte anschließen. Und einige von denen, die Einsicht haben, werden zum Straucheln gebracht werden, um ihretwegen ein Läuterungswerk zu tun und um sie zu reinigen und weiß zu machen bis zur Zeit des Endes; denn es ist noch für die bestimmte Zeit' (Daniel 11:34b, 35). Manche zeigten Interesse für die Wahrheit, aber sie waren nicht bereit, sich Gott wirklich hinzugeben und ihm zu dienen. Andere, die die gute Botschaft scheinbar annahmen, waren in Wirklichkeit Agenten im Auftrag des Staates. Aus einem Land wurde berichtet: 'Einige dieser skrupellosen Individuen waren geschworene Kommunisten, die sich in die Organisation des Herrn eingeschlichen und großen Eifer an den Tag gelegt hatten, so daß ihnen verantwortungsvolle Dienste zugeteilt worden waren.'

Interessant, dass solchen Infiltratoren sogar 'verantwortungsvolle Dienste zugeteilt worden waren'. Aber dies ist nur eine weitere Doppeldeutigkeit, da den Wachtturm-Lesern mitgeteilt wird:

Alle ernannten älteren Männer erfüllen die Voraussetzungen, die in der Bibel für das Amt eines Aufsehers oder älteren Mannes umrissen werden ... Ja, die Ältesten werden vom heiligen Geist ernannt, der von Jehova Gott kommt (Johannes 14:26). Ihre Ernennung erfolgt theokratisch. (Wachtturm, 15. Januar 1994, Seite 17, Absatz 7)

Nun zum Endsieg von Michael, dem großen Fürsten gegen die zunehmende Macht des 'Königs des Nordens'. Der nachfolgende Artikel in derselben Ausgabe (Wachtturm, 1. November 1993, Seiten 18-23, 'Der Endsieg Michaels, des großen Fürsten') hat einige nicht schlüssige Dinge über die Kampagne des Königs des Nordens zu sagen. Auszüge aus den Absätzen 7 und 8, Seite 20:

Obwohl der König des Nordens -- vom Standpunkt seines Rivalen aus gesehen -- stets drohend gegenwärtig war, konnte er keine Weltherrschaft erlangen. 'Diese sind es, die aus seiner Hand entrinnen werden: Edom und Moab und der Hauptteil der Söhne Ammons' (Daniel 11:41b). In alter Zeit lagen Edom, Moab und Ammon in etwa zwischen Ägypten und Syrien. Sie stehen möglicherweise für heutige Nationen und Organisationen, auf die es der König des Nordens abgesehen hatte, die er seinem Einflußbereich jedoch nicht einverleiben konnte.

Der Engel fuhr fort: 'Er wird fortwährend seine Hand gegen die Länder ausstrecken; und was das Land Ägypten betrifft, es wird sich nicht als eine Entronnene erweisen. Und er wird tatsächlich über die verborgenen Schätze des Goldes und des Silbers und über all die begehrenswerten Dinge Ägyptens herrschen. Und die Libyer und die Äthiopier werden seinen Schritten folgen' (Daniel 11:42, 43). Selbst 'Ägypten', der König des Südens, konnte sich den Folgen der Expansionspolitik des Königs des Nordens nicht entziehen. Er erlitt beispielsweise eine empfindliche Niederlage in Vietnam. Und was ist mit den 'Libyern und den Äthiopiern'? Diese Nachbarländer des alten Ägypten könnten durchaus Nationen darstellen, die geographisch gesehen Grenznachbarn des neuzeitlichen 'Ägypten' sind und zeitweise dem König des Nordens nachgefolgt oder 'seinen Schritten gefolgt' sind.

Was ist nun mit der Schlußkampagne des Königs des Nordens, und wer ist es jetzt und wird es später sein? Sehen wir uns den umfassenden Mangel an wahrer Erkenntnis des Brooklyner Schreibkomitees an.

Absätze 10-12, Seite 21:

Wird die Rivalität zwischen den beiden Königen endlos andauern? Nein. Der Engel sagte zu Daniel: 'Es wird Berichte geben, die ihn [den König des Nordens] in Bestürzung versetzen werden, vom Sonnenaufgang her und vom Norden her, und er wird gewiß mit großem Grimm ausziehen, um viele zu vertilgen und der Vernichtung zu weihen. Und er wird seine Palastzelte zwischen dem großen Meer und dem heiligen Berg der Zierde' aufpflanzen; und er wird völlig zu seinem Ende kommen müssen, und es wird für ihn keinen Helfer geben' (Daniel 11:44, 45).

Da diese Ereignisse noch in der Zukunft liegen, können wir nicht im einzelnen sagen, wie sich diese Prophezeiung erfüllen wird. Unlängst hat sich in bezug auf die politische Situation der beiden Könige einiges geändert. Die erbitterte Rivalität zwischen den Vereinigten Staaten und den osteuropäischen Staaten hat sich gelegt. Außerdem wurde die Sowjetunion 1991 aufgelöst; sie existiert nicht mehr. (Siehe die Wachtturm-Ausgabe vom 1. März 1992, Seite 4, 5.)

Wer ist also heute der König des Nordens? Kann er mit einem der Staaten gleichgesetzt werden, die früher zur Sowjetunion gehörten? Oder ändert sich seine Identität völlig, wie schon einige Male zuvor? Das können wir nicht sagen. Wer wird König des Nordens sein, wenn Daniel 11:44, 45 in Erfüllung geht? Wird die Rivalität zwischen den beiden Königen wieder aufflammen? Und was ist mit den ungeheuren Atomwaffenarsenalen, die in einigen Ländern immer noch vorhanden sind? Die Zeit wird zeigen, wie die Antworten auf diese Fragen lauten.

Eins allerdings weiß man dort! (Absatz 13, Seite 21):

Eines wissen wir allerdings. Der König des Nordens wird bald einen offensiven Feldzug führen, ausgelöst durch 'Berichte . . ., die ihn in Bestürzung versetzen werden, vom Sonnenaufgang her und vom Norden her'. Dieser Feldzug wird seinem 'Ende' unmittelbar vorausgehen. Die Betrachtung weiterer biblischer Prophezeiungen vermittelt uns mehr Aufschluß über diese 'Berichte'.

Welche Erkenntnis hat man über die Berichte, die den König des Nordens in Verwirrung stürzen (wer immer er ist)? Dazu Auszüge aus den Absätzen 17 und 19 (Seite 22) zusammen mit einer klärenden Fußnote:

Der Bericht 'vom Sonnenaufgang her' könnte sich auf diesen Akt Jehovas beziehen, wenn er auf eine von ihm gewählte Weise den menschlichen Führern ins Herz gibt, die große religiöse Hure zu vertilgen (Daniel 11:44) ... Bei dem Bericht 'vom Norden her' könnte es sich durchaus um Satans Propaganda handeln, durch die der König des Nordens und alle übrigen Könige aufgestachelt werden, Jehovas Volk anzugreifen.

Und dazu die Fußnote:

Andererseits könnte es sich auch erweisen, daß der Bericht 'vom Norden her' von Jehova ausgeht.


Nun ja, wenn jemand einfach rät und beide Extreme nimmt (es ist Satan, aber es könnte auch Jehova sein), dann hat er alle Möglichkeiten abgedeckt. Worauf verlassen sich falsche, von Gott abgefallene Propheten? Nur Zeit und Glück kann ihnen helfen, wie Jesaja 65:11 so passend sagt:

Ihr aber seid es, die Jehova verlassen, die meinen heiligen Berg vergessen haben, die für den Gott des 'Glücks' einen Tisch herrichten ...'