Blutschuld ist ein Wort, mit dem Zeugen Jehovas in ihren Zusammenkünften und in ihren Veröffentlichungen ständig konfrontiert werden.

Immer wieder wird ihnen eingehämmert, daß sie Blutschuld auf sich laden, wenn sie nicht genug tun, nicht genug predigen, ja sogar, wenn sie ihre Predigtdienst-Notizen nicht gewissenhaft führen. Überall lauert die Blutschuld und wer sie auf sich lädt, muß die Vernichtung in Harmagedon fürchten, egal wieviel er geleistet hat.

Wie definiert die WTG Blutschuld?

Das hebräische Wort für „Blut“ (dam; Plural: damím) bezieht sich manchmal auf die Schuld, die jemand durch das Vergießen unschuldigen Blutes auf sich lädt, und wird deshalb mit „Blutschuld“ wiedergegeben (2Mo 22:2, Fn.; 1Kö 2:37, Fn.).

„Hände, die unschuldiges Blut vergießen“, gehören in Jehovas Augen zu den verabscheuungswürdigsten Dingen, und das, seitdem das Blut des gerechten Abel vom Boden her zu Gott schrie (Spr 6:16, 17; 1Mo 4:10; Ps 5:6). Es ist seit langem bekannt, daß das Blut heilig ist; als Noah und seine Familie aus der Arche kamen, wurde ihnen gesagt, welche schlimmen Folgen es für diejenigen haben werde, die Blutschuld auf sich laden würden (1Mo 9:6; 37:21, 22; 42:22).

[...]

Ja, diese mit Blutschuld Beladenen sind es gemäß den Worten Davids nicht wert, auch nur die Hälfte ihres Lebens zu leben (Ps 55:23). Wie David sollten alle Jehova im Gebet darum bitten, sie von Blutschuld zu befreien sowie von Menschen, die mit Blutschuld beladen sind (Ps 51:14; 59:2; 139:19). In der Offenbarung wird vorhergesagt, daß der Klang eines von einem gewaltigen Chor herrührenden Lobgesangs in kurzem zu Jehova aufsteigen wird, weil Babylon die Große restlos vernichtet und das Blut aller Unschuldigen für immer gerächt sein wird (Off 19:1, 2).

In den Christlichen Griechischen Schriften wird gezeigt, daß Christen in Gottes Augen auf dreierlei Weise Blutschuld über sich bringen können: 1. durch Blutvergießen, Mord; dazu gehört die direkte oder indirekte Unterstützung einer mit Blutschuld beladenen Organisation (wie Babylon die Große [Off 17:6; 18:2, 4] oder andere Organisationen, die viel unschuldiges Blut vergossen haben [Off 16:5, 6; vgl. Jes 26:20, 21]); 2. durch das Essen oder Trinken von Blut auf irgendeine Weise (Apg 15:20) und 3. durch das Versäumnis, die gute Botschaft vom Königreich zu predigen, wodurch anderen lebensrettende Informationen vorenthalten werden (Apg 18:6; 20:26, 27; vgl. Hes 33:6-8).

Einsichten über die Heilige Schrift, Band 1, Seite 424-425

Man beachte, daß man nach Zeugen Jehovas-Definition auch dann schon Blutschuld auf sich lädt, wenn man z.B. 'eine mit Blutschuld beladene Organisation direkt oder indirekt unterstützt'. Damit ist auch ein durch und durch guter Mensch, der keiner Fliege etwas zuleide tut und sich selbstlos um das Wohl anderer kümmert und der von Zeugen Jehovas noch nie etwas gehört hat, zum Tode verurteilt, wenn er z.B. Mitglied in einer Kirche ist. Er hat Anteil an der Kollektivschuld des "Weltreichs der falschen Religion" und damit den Tod verdient.

Mit einer ähnlichen Argumentation erklärt die WTG auch die Rechtmäßigkeit der Vernichtung von Menschen die in Ländern leben, in denen die WTG nicht aktiv ist, weil ihr Werk dort verboten wurde. Der Wachtturm vom 1. August 1952 erklärt auf den Seiten 234 und 235 wortreich, warum es in "Jehovas Augen" gerecht sein soll, Menschen zu vernichten, denen die Zeugen Jehovas nie gepredigt haben.

Gemeinschaftliche Verantwortung

Angesichts der ewigen Dauer der Vernichtung derjenigen, die von Jehova in Harmagedon geschlagen werden, mag jemand Fragen stellen betreffs jener Menschen, welche die Botschaft nicht persönlich hören können, besonders in Ländern, die das Zeugniswerk verbieten. Außer der Familienverantwortung zeigt die Bibel eine gemeinschaftliche oder kommunale Verantwortung, wo eine Gemeinde die Herrscher unterstützt oder mit ihnen zusammengeht, welche Jehovas Volk verfolgen oder sonstwie böse sind. Erlitten nicht die Ägypter Plagen wegen Pharaos Härte? (2. Mose 5:1,2; 9:13-16) Litten nicht die Amalekiter durch Generationen hindurch, weil Amalek dem Volk Israel in der Wüste widerstanden hatte? (2. Mose 17:8, 14, 16) König Saul brachte Schwierigkeiten über Israel und dies noch Jahre nach seinem Tode. (2. Sam. 21:1) Davids Sünden brachten Strafe über das Volk. (2. Sam. 12:10-23; 24:10-17)

[…]

Matthäus 10:1, 15, 23 zeigt, dass Familien oder Städte, welche die Botschaft nicht aufnehmen, den Gerichtstag unerträglich finden werden. Derselbe Grundsatz gilt auch für eine ganze Nation.

[…]

Auf der Grundlage der gemeinschaftlichen Verantwortung säen die Nationen in ihren Kriegen den Tod. Ist es nicht gerecht, wenn sie ihn auf derselben Grundlage in Harmagedon ernten? Können sie sich zu Recht beschweren, wenn sie das ernten, was sie säen, wenn sie so gerichtet werden, wie sie richteten, oder wenn ihnen dieselbe Barmherzigkeit widerfährt, die sie erwiesen haben? Wenn das Volk aktiv oder passiv das unterstützt, was verderbt und unmoralisch und mörderisch ist, trägt es denn dafür nicht eine Verantwortung? – Matth. 5:7; 7:1, 2; Gal. 6:7; Jak. 2:13.

[...]

Das Volk also, das entweder böse Herrscher durch Abstimmung ins Amt einsetzt oder ihnen erlaubt, an der Macht zu bleiben, muss die Verantwortung für die offiziellen Taten und Sünden solcher Herrscher wider Gott und Menschen auf sich nehmen.

[…]

Es gibt in der Welt eine Menge von Bibeln in mehr als 1125 Sprachen, und ein Blick auf ihre Blätter genügt, um das Verhalten der Welt zu verurteilen. Aber die Massen des Volkes bleiben „ihrem Wunsche gemäss“ unwissend. (2. Pet. 3:5, NW) In gewissen vergangenen Zeiten wurde Unwissenheit von Gott übersehen, doch ist dem nicht so während einer Gerichtsperiode, sei es diejenige zur Zeit Noahs oder in den Tagen Lots oder zur Zeit Jesu oder in unsern Tagen oder während des Millenniums. Diesen Punkt betonte Paulus, als er sprach: „Wahrlich, Gott hat die Zeiten solcher Unwissenheit übersehen, doch gebietet er jetzt den Menschen, dass sie alle überall bereuen sollen.“ Warum? „Weil er einen Tag gesetzt hat, an welchem er die bewohnte Erde richten will.“ (Apg. 17:30, 31, NW) Wie zuvor dargelegt, wird jener Tag für die meisten Menschen die Milleniumsherrschaft sein; andere jedoch haben ihre Gerichtsperiode früher gehabt oder haben sie jetzt. Solche Perioden sind nicht eine Zeit für Unwissenheit, sondern für Reue.

Der Wachtturm 1.8.1952, Seite 234, 235

Im monatlich erscheinenden internen Mitteilungsblatt der Zeugen "Unser Königreichsdienst" wird die Blutschuld regelmäßig erwähnt, um die Zeugen bei der Stange zu halten:

Die Menschen werden also dementsprechend gerichtet, wie sie auf die gute Botschaft reagieren. Welch eine ernste Verantwortung dadurch auf Gottes Dienern ruht! Um uns vor Blutschuld zu bewahren, dürfen wir uns nicht zurückhalten, die lebensrettende Königreichsbotschaft bekannt zu machen (Apg. 20:26, 27).

Unser Königreichsdienst, November 2005, Seite 4

Wir müssen uns eifrig bemühen, alle Menschen aufzufordern, an Gottes Ort der Sicherheit zu fliehen. Dadurch, daß wir das Predigtwerk intensiv durchführen, können wir Blutschuld vermeiden (Hes. 33:1-7; 1. Kor. 9:16).

Unser Königreichsdienst, September 2000, Seite 1

Wir würden Blutschuld auf uns laden, wenn wir Gottes barmherzige Botschaft den Menschen nicht nahebringen und sie nicht vor der kommenden Vollstreckung des göttlichen Urteils an denen warnen würden, die nicht von ihren bösen Wegen umkehren (Hes. 33:1-11)

Unser Königreichsdienst, November 2000, Seite 3

Der Apostel Paulus sagte mit großer Überzeugung von seiner Predigttätigkeit: „Ich [bin] rein ... vom Blut aller Menschen“ (Apg. 20:26). Er empfand keine Blutschuld, da er es nicht versäumt hatte, die Warnung erschallen zu lassen. Er konnte über seinen Dienst sagen: „Zu diesem Zweck arbeite ich wirklich hart, indem ich mich anstrenge“ (Kol. 1:29). Wir möchten dasselbe befriedigende Gefühl verspüren, uns in größtmöglichem Maße an dem Werk zu beteiligen, das sich nie wiederholen wird! (2. Tim. 2:15).

Unser Königreichsdienst, Februar 1997, Seite 6

Paulus predigte öffentlich und von Haus zu Haus, weil er erkannt hatte, daß er anderenfalls vor Gott Blutschuld auf sich laden würde (Apg. 20:20 26,27).

Unser Königreichsdienst, November 1996, Seite 5

Versäumen wir es, die Menschen zu warnen, laden wir Blutschuld auf uns (Hes. 3:18, 19). Wie Paulus möchten wir sagen können: „Ich [bin] rein ... vom Blut aller Menschen“ (Apg. 20:26). Wie können wir unser Gebiet noch gründlicher bearbeiten? Das richtige Führen von Notizen kann uns dabei helfen.

Unser Königreichsdienst, Seite 4, Juli 1989

Wir wollen der kritischen Situation, in der sich die Menschen in unserem Gebiet befinden, nicht gleichgültig gegenüberstehen und dadurch Blutschuld auf uns laden.

Unser Königreichsdienst, Seite 5, August 1974

Ermuntert die Brüder, die Adressen von Fremdarbeitern weiterzuleiten, damit die Betreuung sichergestellt ist und wir keine Blutschuld auf uns laden.

Unser Königreichsdienst, Seite 2, Juni 1971

Auch der Wachtturm wird nicht müde, die Zeugen an ihre Blutschuld zu erinnern:

Wir predigen auch aus Liebe zu den Menschen und um uns vor Blutschuld zu bewahren (Hesekiel 33:8; Markus 6:34).

Der Wachtturm 1.7.2000, Seite 11

Jehova wird niemand erhören, auf dem Blutschuld lastet oder der Sünde treibt.

Der Wachtturm 1.5.1998, Seite 15

Zum Beispiel nahm er 607 v.u.Z. sein auserwähltes Volk streng in Zucht, weil es rebellisch war und Blutschuld auf sich geladen hatte.

Der Wachtturm 1.5.1997, Seite 19

Was veranlaßt Jehovas Zeugen weiterzumachen?

Es ist natürlich nicht leicht, im Haus-zu-Haus-Dienst Fremden Zeugnis zu geben, ganz gleich, wie viele Jahre man schon ein Zeuge Jehovas ist. Was veranlaßt Christen daher weiterzumachen? Ihre christliche Hingabe und ihr Verantwortungsbewußtsein. Paulus schrieb: „Wenn ich nun die gute Botschaft verkündige, ist das kein Grund für mich zum Rühmen, denn eine Notwendigkeit ist mir auferlegt. Tatsächlich, wehe mir, wenn ich die gute Botschaft nicht verkündigte!“ Wahre Christen haben eine Botschaft, die Leben bedeutet. Wie könnten sie diese also für sich behalten? Allein schon die Tatsache, daß man Blutschuld auf sich lädt, wenn man in Zeiten der Gefahr andere nicht warnt, ist ein zwingender Grund, die gute Botschaft zu predigen (1. Korinther 9:16; Hesekiel 3:17-21).

Der Wachtturm 15.8.1994, Seite 15

Er wäre nur dann von Blutschuld frei, wenn er bereitwillig und mutig die Worte Jehovas redete. Ihm wurde gesagt: „Falls du einen Bösen gewarnt hast und er tatsächlich nicht umkehrt von seiner Bosheit und von seinem bösen Weg, so wird er selbst wegen seiner Vergehung sterben; doch was dich betrifft, du wirst deine eigene Seele befreit haben“ (Hesekiel 3:19).

Wie Hesekiel hat die gesalbte Hesekiel-Klasse den Auftrag, den Gott ihr gegeben hat, angenommen, und sie führt ihn auch aus. Als Zeugen Jehovas sollten wir daran denken, daß unser Leben und das Leben anderer von unserem Gehorsam abhängt (1. Timotheus 4:15, 16).

Der Wachtturm 15.3.1991, Seite 15

Der Wachtturm vom 15.11.1995 beschäftigt sich in zwei Studienartikeln intensiv mit der Blutschuld, die nach Wachtturm-Lehre alle Menschen auf sich geladen haben und wie man angeblich wieder von ihr frei wird.

Zunächst wird der Leser mit markigen Worten in die richtige, furchtsame Stimmung versetzt, damit die später folgenden Anweisungen ohne großes Hinterfragen direkt umgesetzt werden:

Jehovas Bluträcher, Jesus Christus, ist zum Zuschlagen bereit. Dieser Rächer wird zusammen mit seinen Engelheerscharen bald gegen alle vorgehen, die ihre Blutschuld nicht bereuen. Ja, Jesus wird in der schnell herannahenden „großen Drangsal“ als Gottes Urteilsvollstrecker dienen (Matthäus 24:21, 22; Jesaja 26:21). Die Menschen werden sich dann für ihre Blutschuld verantworten müssen.

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 15

Nun wird erläutert, warum alle Menschen Blutschuld auf sich geladen haben und daher göttliche Vernichtung verdienen:

Eine Bestimmung des mosaischen Gesetzes wird uns erkennen helfen, daß auf den Milliarden Erdbewohnern eine gemeinsame Blutschuld lastet. Gott auferlegte den Israeliten eine Gemeinschaftsverantwortung für vergossenes Blut. Wurde ein Erschlagener gefunden, dessen Mörder sich nicht ermitteln ließ, mußten die Richter durch Abmessen der Entfernung zu den umliegenden Städten die nächstgelegene Stadt bestimmen. Um sich von der Schuld zu reinigen, mußten die Ältesten der offenbar blutschuldigen Stadt einer jungen Kuh, mit der nicht gearbeitet worden war, in einem brachliegenden Wildbachtal das Genick brechen. Das hatte vor levitischen Priestern zu geschehen, denn ‘sie hatte Jehova erwählt, um Streit über jede Gewalttat beizulegen’. Die Ältesten der Stadt wuschen ihre Hände über der Kuh und sagten: „Unsere Hände haben dieses Blut nicht vergossen, noch haben unsere Augen gesehen, wie es vergossen worden ist. Rechne es deinem Volk Israel, das du erlöst hast, o Jehova, nicht an, und lege nicht die Schuld für unschuldiges Blut in die Mitte deines Volkes Israel“ (5. Mose 21:1-9). Jehova Gott wollte nicht, daß das Land Israel durch Blut verunreinigt wurde oder daß auf dem Volk eine gemeinschaftliche Blutschuld lastete.

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 15

Im folgenden Absatz wird die These der kollektiven Blutschuld auf die Neuzeit angewandt und begründet. Jeder Mensch, der kein Zeuge Jehovas ist, gehört dem "Weltreich der falschen Religion" an und hat daher eine Mitschuld an Kriegen, der Inquisition und den Kreuzzügen und daher den Tod verdient!

Ja, es gibt so etwas wie eine gemeinsame oder gemeinschaftliche Blutschuld. Nehmen wir nur einmal die ungeheure Blutschuld, die auf Babylon der Großen, dem Weltreich der falschen Religion, lastet. Sie ist sogar trunken vom Blut der Diener Jehovas! (Offenbarung 17:5, 6; 18:24). Die Religionen der Christenheit behaupten, dem Fürsten des Friedens nachzufolgen, doch durch Kriege, kirchliche Inquisitionen und mörderische Kreuzzüge haben sie vor Gott Blutschuld auf sich geladen (Jesaja 9:6; Jeremia 2:34). Sie tragen sogar die Hauptschuld am Tod von Millionen Menschen in den beiden Weltkriegen unseres Jahrhunderts. Somit sind sowohl die Anhänger der falschen Religion als auch diejenigen, die Kriege unterstützen oder daran teilnehmen, vor Gott mit Blutschuld beladen.

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 15

Der Wachtturm schweigt sich an dieser Stelle darüber aus, was mit Atheisten und Agnostikern bzw. mit nicht konfessionell gebundenen Gläubigen ist. Da aber die Formulierung "die Kriege unterstützten" sehr schwammig ist, fallen im Bedarfsfall wahrscheinlich auch alle Steuerzahler darunter, mit deren Steuergeldern auch der Rüstungshaushalt des jeweiligen Landes finanziert wird.

In den folgenden Absätzen erläutert der Wachtturm das jüdische System der Zufluchtsstädte, in die Israeliten, die unabsichtlich Blutschuld auf sich geladen hatten, fliehen konnten, um der Blutrache zu entgehen. Sie mussten dort bis zum Tod des Hohepriesters bleiben und waren danach von ihrer Blutschuld frei. Verließen sie vorher die Zufluchtsstadt, genossen sie keinen Schutz mehr.

Nun wird die Zufluchtsstadt auf die Neuzeit übertragen:

Die heutige Zufluchtsstadt

Was ist die gegenbildliche Zufluchtsstadt? Es ist kein geographischer Ort wie Hebron — eine der sechs levitischen Zufluchtsstädte und Wohnort des Hohenpriesters von Israel. Die heutige Zufluchtsstadt ist Gottes Vorkehrung, durch die er uns davor bewahrt, wegen der Verletzung seines Gebotes hinsichtlich der Heiligkeit des Blutes den Tod zu erleiden (1. Mose 9:6). Jeder, der dieses Gebot bewußt oder unbewußt übertritt, muß sowohl Gottes Vergebung zu erlangen suchen als auch die Auslöschung seiner Sünde durch Glauben an das Blut des Hohenpriesters, Jesus Christus. Gesalbte Christen mit der himmlischen Hoffnung und die „große Volksmenge“ mit der Aussicht, auf der Erde zu leben, haben sich das sündensühnende Opfer Jesu zunutze gemacht und befinden sich in der gegenbildlichen Zufluchtsstadt (Offenbarung 7:9, 14; 1. Johannes 1:7; 2:1, 2).

Bevor der Apostel Paulus ein Christ wurde, hatte er das Gebot hinsichtlich des Blutes verletzt. Als Saulus von Tarsus verfolgte er Jesu Nachfolger und stimmte sogar deren Ermordung zu. „Dennoch wurde mir Barmherzigkeit erwiesen, weil ich unwissend war und im Unglauben handelte“, sagte Paulus (1. Timotheus 1:13; Apostelgeschichte 9:1-19). Saulus war reumütig, was er später durch viele Glaubenswerke bewies. Doch es ist nicht nur Glauben an das Lösegeld erforderlich, damit einem der Einlaß in die gegenbildliche Zufluchtsstadt gewährt wird.

Ein unabsichtlicher Totschläger durfte nur dann in einer der Zufluchtsstädte Israels bleiben, wenn er beweisen konnte, daß er, was das Blutvergießen betraf, ein gutes Gewissen vor Gott hatte. Damit wir ein gutes Gewissen erlangen können, müssen wir Glauben an Jesu Opfer ausüben, unsere Sünden bereuen und unseren Lebensweg ändern. Wir müssen Gott um ein gutes Gewissen bitten, wenn wir uns ihm im Gebet durch Christus hingeben, was wir dann durch die Wassertaufe symbolisieren (1. Petrus 3:20, 21). Dieses gute Gewissen ermöglicht es uns, in ein ungetrübtes Verhältnis zu Jehova zu gelangen. [b]Bewahren können wir das gute Gewissen einzig und allein dadurch, daß wir Gottes Anforderungen entsprechen und das Werk durchführen, das uns in der gegenbildlichen Zufluchtsstadt übertragen wurde[/b] — genauso wie Flüchtlinge in den Zufluchtsstädten damals das Gesetz befolgen und die ihnen aufgetragenen Arbeiten ausführen mußten. Die Haupttätigkeit des Volkes Jehovas besteht heute darin, die Königreichsbotschaft zu verkündigen (Matthäus 24:14; 28:19, 20). Wenn wir dieses Werk durchführen, können wir nützliche Bewohner der neuzeitlichen Zufluchtsstadt sein.

Wer die heutige Zufluchtsstadt verläßt, gibt sich der Vernichtung preis, denn der Bluträcher wird bald gegen alle vorgehen, die mit Blutschuld beladen sind. Wir dürfen heute auf keinen Fall außerhalb dieser schützenden Stadt oder in der Gefahrenzone an der äußersten Grenze ihrer Weidegründe aufgegriffen werden. Würden wir den Glauben an das sündensühnende Opfer des Hohenpriesters verlieren, würden wir außerhalb der gegenbildlichen Zufluchtsstadt enden (Hebräer 2:1; 6:4-6). Wir wären auch dann nicht mehr in Sicherheit, wenn wir eine weltliche Lebensweise übernehmen, am Rand der Organisation Jehovas stehen oder von den gerechten Maßstäben unseres himmlischen Vaters abweichen würden (1. Korinther 4:4).

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 17f

Hier wird der Wachtturm noch einmal sehr deutlich: Nur als aktiver Zeuge Jehovas, der regelmäßig Predigen geht und dabei sein Äußerstes tut, hat die Chance, Jesus zu entkommen, wenn dieser kommt, um die Menschheit abzuschlachten. Hier wird die christliche Lehre pervertiert, um Menschen in Angst und Schrecken zu versetzen, damit sie sich möglichst eng an die Wachtturm-Organisation halten und möglichst intensiv für die Wachtturm-Ideologie werben.

Aber der Artikel ist noch nicht am Ende und die Wachtturm-Gesellschaft hat noch weitere "erbauende Gedanken" für ihre Anhänger parat:

Zum Schutz vor dem Bluträcher mußten unabsichtliche Totschläger in einer Zufluchtsstadt bleiben und durften nicht außerhalb ihrer Weidegründe umherstreifen. Und wie verhält es sich mit denjenigen in der gegenbildlichen Zufluchtsstadt? Damit sie vor dem großen Bluträcher in Sicherheit sind, dürfen sie die Stadt nicht verlassen. Ja sie müssen sich vor der Verlockung hüten, sozusagen an den Rand der Weidegründe zu gehen. Sie müssen sorgfältig darauf achten, daß sich in ihrem Herzen keine Liebe zur Welt Satans entwickelt. Es ist wahrscheinlich unerläßlich, darum zu beten und sich anzustrengen, doch letztlich hängt das Leben davon ab (1. Johannes 2:15-17; 5:19).

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 20

Hier wird noch einmal wiederholt: Bleibe in der Mitte der Stadt (halte dich eng an die Regeln der WTG), gehe nicht an den Rand der Weidegründe (wo die Regeln einen Spielraum lassen, nutze ihn nicht), entwickele keine Liebe zur Welt, dein Leben hängt davon ab!

Christen mit der irdischen Hoffnung haben als ‘ansässige Fremdlinge’ und ‘Ansiedler’ in der heutigen Zufluchtsstadt das Vorrecht, dieses lebensrettende Werk zusammen mit den Gesalbten durchzuführen, die noch auf der Erde sind. Und welch ein lohnendes Werk das doch ist! Diejenigen, die treu in der gegenbildlichen Zufluchtsstadt tätig sind, werden dem ewigen Tod durch den Bluträcher entgehen. Sie werden statt dessen ewigen Nutzen aus seinem Dienst als Gottes Hoherpriester ziehen. Wirst du in der Zufluchtsstadt bleiben und für immer leben?

Der Wachtturm 15.11.1995, Seite 20