Die Wachtturm-Gesellschaft versucht, das Thema Bluttransfusion in der Öffentlichkeit so gut es geht herunterzuspielen und so zu tun, als wäre das heute eigentlich kein Thema mehr.

So brüstet man sich zum Beispiel großspurig damit, entscheidend dazu beigetragen zu haben, dass heute immer öfter ohne Transfusion operiert werden kann. Als ob eine Sekte etwas mit der Entwicklung von Mikrochirurgie und minimalinvasiven Operationstechniken zu tun hätte.

Wie die Wirklichkeit aussieht, zeigt sich immer dann, wenn ein Zeuge Jehovas großen Blutverlust erlitten hat und ohne Transfusion nur geringe Chancen für ein Überleben bestehen. Dann kommen die Aufpasser zum Zuge, die sich offiziell Krankenhausverbindungskomitee nennen. Sie sorgen durch die ständige Präsenz am Krankenbett dafür, dass der oder die Betroffene keine Chance hat, eine eigene Entscheidung zu treffen, sondern unter dem Druck der wachsamen Ältesten genau das tut, was der Doktrin der Sekte entspricht. Mit der Folge, dass immer wieder Menschen sterben, weil sie das Spiel nicht durchschauen und glauben, den Willen des Allerhöchsten zu tun.

Zeugin Jehovas verblutet bei Entbindung

In Bayern ist eine Frau wegen ihrer religiösen Überzeugung unmittelbar nach der Geburt ihres Kindes verblutet. Als Zeugin Jehovas habe die Patientin eine notwendige Bluttransfusion ausdrücklich abgelehnt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Ärzte mussten sich dem Willen der Frau fügen.

Landau an der Isar. Bei einer Obduktion seien keine Hinweise auf ein Fremdverschulden am Tod der zweifachen Mutter gefunden worden, sagte Oberstaatsanwalt Alfons Obermeier. "Die Mediziner haben sich richtig verhalten."

Die behandelnden Ärzte seien verpflichtet gewesen, den Willen der 32-jährigen Patientin zu respektieren, erklärte Obermeier. Andernfalls hätten sich die Mediziner der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Nach Angaben des Chefarztes Bernd Probach war es für die Klinikmitarbeiter ein Drama, der jungen Mutter nicht helfen zu dürfen.

Nach der Geburt eines gesunden Kindes war es nach Angaben des Mediziners bei der Frau zu Nachblutungen gekommen, die sich nicht stillen ließen. Daraufhin habe der jungen Frau die Gebärmutter entnommen werden müssen. Eine notwendige Bluttransfusion habe die Frau mehrfach abgelehnt. Auch in ihrem Mutterpass habe die 32-Jährige erklärt, dass sie keine Bluttransfusion wolle.

Zeugen Jehovas ist es nach ihrer Religion untersagt, Bluttransfusionen anzunehmen. Stattdessen würden auch Kochsalz-Lösungen und Sauerstoff-Beatmung ausreichen, wird auf der Internetseite Watchtower.org behauptet. Außerdem trage der feste Glaube kranker Zeugen Jehovas zu deren Genesung bei.

Quelle: Spiegel.de vom 26. Juli 2005

Nachfolgend zwei Stellungsnahmen der Wachtturm-Gesellschaft zu obigem Fall. Sie waren kurze Zeit auf der Website der Zeugen Jehovas (www.zeugen-jehovas.de) zu finden, wurden aber dann ohne Kommentar wieder entfernt.

STELLUNGNAHME
JEHOVAS ZEUGEN
Nr. 9a/05
27. Juli 2005
In Verbindung mit dem tragischen Tod einer Mutter nach der Geburt ihres Kindes in Landau/Isar wurde verschiedentlich berichtet, dass eine Bluttransfusion ihr Leben hätte retten können. Eine solche hatte die Verstorbene aus Gewissensgründen abgelehnt. Dem Ehemann der Verstorbenen wurde im Krankenhaus als Ursache für die auftretenden Komplikationen eine nicht stillbare Blutung genannt. Trotz verschiedener Eingriffe gelang es den Ärzten bis zuletzt nicht, die Blutung zu stoppen oder deren Ursache zu ermitteln.

Vor diesem Hintergrund gibt es keine Grundlage für die Behauptung, eine Bluttransfusion hätte das Überleben der Frau gesichert. Nach Studienlage ist bei Zeugen Jehovas kein erhöhtes Risiko in Verbindung mit medizinischer Versorgung nachweisbar.

Es gibt auch keine Studie, die belegen würde, dass Mütter, die Zeugen Jehovas sind, bei der Geburt eines Kindes eine höhere Sterblichkeitsrate hätten als andere Patienten. Außerdem kennen wir in Deutschland seit Jahrzehnten keinen Fall, in dem eine Zeugin Jehovas an postpartalen Blutungen (Blutungen, die nach der Entbindung auftreten) gestorben wäre, ausgenommen den tragischen Fall in Baden-Württemberg, 1991, bei dem die Mutter trotz massiver Bluttransfusionen gestorben ist.

Jehovas Zeugen betrachten ihr Leben als ein Geschenk Gottes und haben große Achtung davor. Deshalb suchen sie auch gewissenhaft medizinische Hilfe. Das hatte auch die Verstorbene getan, indem sie während ihrer Schwangerschaft in ärztlicher Betreuung war. Sie begab sich zur Entbindung in die Hände kompetenter Ärzte, die ihr das Vertrauen gaben, der Situation auch in ihrem Fall gewachsen zu sein.

Um die fremdblutfreie Behandlung für Patienten, die Zeugen Jehovas sind, zu erleichtern, hat die Religionsgemeinschaft seit den 80er Jahren den Krankenhausinformationsdienst und landesweit Krankenhaus-Verbindungskomitees gebildet. Inzwischen ist der Hilfsdienst in 150 Ländern tätig und arbeitet mit über 120.000 erfahrenen Ärzten zusammen, davon in Deutschland ber 5600. Beide Seiten profitieren vom Infomationsaustausch. Bei planbaren Eingriffen können Zeugen Jehovas in der Regel zwischen mehreren Ärzteteams wählen. Eine kompetente Versorgung ist auch in Notfällen gesichert. Der Hilfsdienst wird nur auf Wunsch des Patienten oder des Arztes tätig, nimmt keinerlei Einfluss auf die Gewissensentscheidung des Patienten und achtet somit in vollem Maß das Arzt-Patienten-Verhältnis.

Wir trauern mit dem Ehemann und den Kindern, den Verwandten und den Freunden. Unsere Zuversicht ist, dass die enge Gemeinschaft in der örtlichen Gemeinde der Zeugen Jehovas dazu beitragen kann, die Trauer zu lindern und der Familie die notwendige praktische Hilfe zu leisten.

Informationsbüro der Zeugen Jehovas
Am Steinfels
65618 Selters
Telefon 06483 41-3110/5
E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.


>Ergänzende Stellungnahme, Landau/Isar vom 28.07.2005

STELLUNGNAHME
JEHOVAS ZEUGEN
Nr. 10a/05
28. Juli 2005

In Verbindung mit dem tragischen Tod einer Mutter nach der Geburt ihres Kindes in Landau/Isar hat die Staatsanwaltschaft Landshut inzwischen die Darstellung in unserer Stellungnahme 9/9a vom 27.07.2005 bestätigt.

Dem Ehemann der Verstorbenen wurde im Krankenhaus als Ursache für die auftretenden Komplikationen eine nicht stillbare Blutung genannt. Es gelang den Ärzten bis zuletzt nicht, die Blutung zu stoppen oder deren Ursache zu ermitteln. Davon geht auch die Staatsanwaltschaft aus. Vor diesem Hintergrund gibt es keine Grundlage für die Behauptung, eine Bluttransfusion hätte das Überleben der Frau gesichert.

Mit dieser Aussage konfrontiert, äußerte Pressesprecher Alfons Obermeier von der Staatsanwaltschaft Landshut gemäß der Passauer Neuen Presse, „die behandelnden Ärzte hätten keine Möglichkeit [gehabt], einen Heileingriff vorzunehmen. … Im Fall der jungen Landauerin hätte die Basis für eine lebensrettende Operation nur nach einer Bluttransfusion erfolgen können.“

Diese Aussage von Obermeier ist nicht nachvollziehbar, widerspricht sie doch der Aussage der behandelnden Ärzte. Diese hatten der Presse gegenüber bereits geäußert, dass eine Gebärmutterentfernung vorgenommen worden war. Zuvor war eine Ausschabung vorgenommen worden, um die Blutung zu stillen. Dennoch konnte die Ursache der Blutung nicht ermittelt werden. Es stellt sich die Frage, welcher operative Eingriff darüber hinaus überhaupt noch zur Verfügung gestanden hätte, um die Verstorbene zu retten. Dies wird nur durch eine Analyse der Krankenakte sowie des Obduktionsberichts beantwortet werden

können, der jedoch zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt ist.

Soweit Obermeier äußerte, „ein operativer Eingriff dürfe nur dann geschehen, wenn genügend Blut im Kreislauf des Patienten ist“, verrät er medizinische Unkenntnis. Die medizinische Literatur zeigt demgegenüber, dass selbst bei niedrigen Blutwerten „lebensrettende Operationen“ erfolgreich durchgeführt wurden.

Vor diesem Hintergrund verliert die Behauptung, eine Bluttransfusion hätte das Leben der Frau retten können, immer mehr an Glaubwürdigkeit. In Deutschland lag die Müttersterberate im Jahr 2003 bei mehr als 40 Müttern (sechs Frauen je 100.000 Lebendgeburten). Die häufigsten Ursachen für die Müttersterblichkeit waren schwere Blutungen und Infektionen.

Vielleicht muss man letztlich einfach akzeptieren, dass mit einer Geburt medizinische Komplikationen einhergehen können, manche leider mit tragischem Ausgang. In der Zwischenzeit empfängt der Witwer und seine Familie Zuspruch, Trost und praktische Unterstützung durch die Gemeinde der Zeugen Jehovas sowie von Freunden und Nachbarn in Landau.

Informationsbüro der Zeugen Jehovas
Am Steinfels
65618 Selters
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