Wie nur erklärt es sich, wenn der Königreichsdienst – hier der vom September 2007 – eindeutig seine Leser wissen lässt, dass der Sklave es nicht billigt, wenn sich Menschen dieser Bruderschaft in trauter Runde zusammensetzen, um gemeinsam biblische Themen zu besprechen?

Letztere Frage drängt sich jedem der Zeugen Jehovas auf, dem noch die diesbezüglich eindeutigen Aussagen jener Briefe an die Verkündiger aus den vergangenen Jahren in Erinnerung liegen.

War noch bezüglich eines brüderlichen Beisammenseins, das außerhalb des anberaumten Versammlungsgeschehens stattfand, bis vor kurzem die greifbare Quintessenz dieses Faltblattes, dass die sogenannten geistigen Dinge im Rahmen erbauender Gespräche im Vordergrund stehen sollten, so scheint diese Aufforderung nicht nur eine Relativierung erfahren zu haben sondern eine absolute Negierung:

Billigt es „der treue und verständige Sklave“ wenn sich Zeugen Jehovas eigenständig zusammensetzen um biblische Themen zu untersuchen und zu debattieren?

– so der erste Absatz des Fragekasten/Königreichsdienst – „Nein“ – heißt es kurz und trocken gleich zu Beginn des zweiten Absatzes.

Wie gesagt, die Briefe seitens des Sklaven sprachen bislang eine andere Sprache, der Königreichsdienst im Rückblick las sich anders. Das „gesellige Beisammensein“ sollte gepflegt werden, es sollte darauf geachtet werden, dass Gott eine Verherrlichung erfährt, mittels „erbaulicher Gespräche“ über „geistige Dinge“. Jene Beisammensein wurde als „private Initiative“ erkannt und respektiert. Diese zweifellos recht vernünftige Einstellung wird nunmehr durch eine absolute Untersagung ersetzt! „Nein“ - ruft nun die Stimme aus Selters – „nein, all das wollen wir jetzt nicht mehr, Kommando zurück!“

Der Fragekasten/Königreichsdienst September 2007 enthält auch die Erklärung des Sklaven, die Rechtfertigung für die weitere, zusätzliche Entmündigung seiner Schafe, und in gewohnter Manie wird hier einerseits geschleimt und anderseits kein Zweifel an der Unbiegsamkeit dieses Befehls geduldet.

Nachfolgend die diesbezügliche Essenz, der bisherigen Briefe des Sklaven an die verkündigende Bruderschaft, auszugsweise:

Laßt euch durch Glauben zum gehorsamen Handeln bewegen.

Wenn wir in den Sommermonaten einen Kongreß besuchen, Urlaub und Ausflüge machen, geselliges Beisammensein pflegen oder sonst irgend etwas tun, achten wir gern darauf, daß wir Gott stets verherrlichen.

"Unser Königreichdienst", 6/1972

Gastfreundschaft — ein Kennzeichen wahren Christentums

Natürlich ist Gastfreundschaft eine Sache aller Verkündiger. Nicht nur diejenigen, die schon länger mit der Versammlung verbunden sind, sollten Neuen gegenüber gastfreundlich sein, sondern vielleicht könntet auch ihr, die ihr neu in der Wahrheit seid, die Initiative ergreifen und von Zeit zu Zeit einige zu euch einladen. Man braucht keine umfangreichen Vorbereitungen zu treffen. Was erbaut, sind Gespräche über geistige Dinge (Luk. 10:38-42; vergleiche Apostelgeschichte 16:15). Welche Bedeutung der Gastfreundschaft zukommt, erkennen wir daran, daß wir nur dann Gottes Anerkennung erlangen, wenn wir den Geist der Liebe pflegen und bewahren, der uns dazu anregt, echte Gastfreundschaft zu erweisen. Dem ist so, weil die Liebe eigentlich die Grundlage der wahren Anbetung ist. Christus sagte: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt“ (Joh. 13:35).

"Unser Königreichdienst", 9/1975

Auch bei geselligen Anlässen Jehova ehren

Gesellige Anlässe sind grundsätzlich private Angelegenheiten, keine Angelegenheiten der Versammlung. Dies trifft auch dann zu, wenn Älteste sich daran beteiligen („kmX“ 8/66, S. 3). Demzufolge sollten gesellige Anlässe nicht im Namen der Versammlung oder von der Versammlung aus geplant werden, sei es von einem Ältesten oder von einem anderen Verkündiger.

Um uns zu helfen, solche geselligen Anlässe auferbauend und förderlich zu gestalten, wurden verschiedene Empfehlungen in bezug auf die Programmgestaltung veröffentlicht (gX 22. 4. 79, S. 3; wX 15. 8. 71, S. 503; wX 1. 8. 70, S. 456; „kmX“ 7/74, S. 3). Obwohl es nicht unbedingt notwendig ist, daß ein Gebet am Anfang oder am Ende eines geselligen Zusammenseins gesprochen wird, sollte nichts vorgekommen sein, was am Abschluß ein solches Gebet behindern könnte.

"Unser Königreichdienst", 3/1980

Organisierte Veranstaltungen:

Christen werden ermuntert, Gastfreundschaft zu üben. Der Nachdruck sollte dabei jedoch auf dem Austausch geistiger Dinge liegen (Röm. 1:11, 12). Ein gemütliches Beisammensein im kleinen Kreis ist gewöhnlich am besten. Im Dienst-Buch wird auf Seite 135 gesagt: „Manchmal mögen mehrere Familien in eine Wohnung eingeladen werden, um christliche Gemeinschaft zu pflegen.

Der Austausch geistiger Dinge - wie kann er in die Tat umgesetzt werden?

"Unser Königreichdienst", 9/1995

Welche Möglichkeiten bieten sich denn nun, um im Rahmen eines privaten, geselligen Beisammenseins, erbauliche Gespräche über geistige Dinge genießen zu können, aus denen wir alle gemeinsam einen Nutzen ziehen können? Hierzu schrieb der Königreichsdienst:

Es ist nützlich, darüber zu sprechen

Unsere Gespräche werden besonders dann der Erbauung dienen, wenn wir uns mit geistigen Dingen befassen (Phil. 4:8). Ein zusätzlicher Nutzen, der uns daraus ersprießt, besteht darin, daß sich unserem Sinn und unserem Herzen geistige Dinge tiefer einprägen. Und gibt es nicht vieles, worüber wir uns unterhalten können? Es könnten hervorragende Gedanken sein, die wir in den

Veröffentlichungen der Gesellschaft gelesen haben, Bibelstellen, die uns bei unserem persönlichen Studium besonders beeindruckt haben, oder Gedanken, auf die wir in Versammlungszusammenkünften aufmerksam gemacht wurden. Auch eine ermunternde Erfahrung kann „den Hörern förderlich“ sein (Eph. 4:29).

"Unser Königreichdienst", 10/1974

Teilt mit anderen gemäß ihren Bedürfnissen

Jehova sorgt durch den treuen „Sklaven“ für unsere geistigen Bedürfnisse (Mat. 24:45-47). Das geschieht durch Bücher, Bibeln, gebundene Jahrgänge, Videos, Tonbandkassetten und Disketten zum Erforschen der Bibel. Was Jehova zur Verfügung stellt, ist stets ausreichend, ohne etwas zu verschwenden. Er erwartet von uns, miteinander zu teilen, so daß alle daraus gleichmäßig Nutzen ziehen.

"Unser Königreichdienst", 11/1996

Die hier abgedruckte Meinung des Sklaven wurde bis dato ebenfalls und durchgehend, so oder ähnlich so, in den anderweitigen Druckerzeugnissen präsentiert, in der sogenannten Literatur der WTG. Lediglich das Abgrenzen der Bruderschaft von der übrigen Welt wurde angestrebt, jeder der zwischen den Zeilen lesen kann und es auch will hat es so verstanden. Nun allerdings bastelt der Sklave eine weitere Demarkation für die weltweite Bruderschaft – die Möglichkeit der Erkundigung soll eliminiert werden, jawohl, und diesmal mit einer ganz offensichtlichen Nötigung!

All das wundert bestenfalls noch den Zeugen „Normalo“ - vermutlich noch nicht einmal den -, den außenstehenden Beobachter der Szene wundert es jedenfalls nicht. Hier wird die Gesetzmäßigkeit deutlich, die eine jegliche Ursache mit einer Wirkung verbindet: Das Internet reduziert den Spielraum der WTG, drosselt ihr langsam aber sicher die Luftzufuhr. Letzteres ist nicht mehr aufzuhalten, das zumindest hat auch der Sklave in seiner Verständigkeit kapiert, und an dieser Stelle hilft ihm auch nicht seine Treue, seine Ausdauer bezüglich der vielen in sich hoffnungslos verknoteten Verzettelungen...

Der Sklave möchte es nicht, dass sich die Brüder neutral und konstruktiv Informieren! Der Sklave verbietet den unvoreingenommenen Meinungsaustausch seiner Anhängerschaft!

In dem Zusammenhang nun abschließend ein Zitat, das wir dem "Wachtturm" entnehmen können:

Kann man der Bibel glauben?

Denkende Menschen dürfen sich daher von den Ansichten der Gelehrten, daß die Bibel unglaubwürdig sei, nicht übermäßig beeindrucken lassen. Allerdings läßt sich daraus natürlich noch nicht ableiten, daß man ihr glauben kann. Um das festzustellen, muß man etwas tun, was viele Bibelkritiker versäumt haben — selbst die Bibel aufschlagen und sie unvoreingenommen lesen (Apostelgeschichte 17:11).

"Der Wachtturm", 1. Februar 1990

Der Wachtturm zitiert den Text nicht, daher hier der Wortlaut:

Diese nun waren edler gesinnt als die in Thessalọnich, denn sie nahmen das Wort mit der größten Bereitwilligkeit auf, indem sie täglich in den Schriften sorgfältig forschten, ob sich diese Dinge so verhielten.

Apostelgeschichte 17:11

Dieser Rat aus der Bibel sollte nun – geht es nach dem Sklaven der WTG! – nicht mehr in einer Beschäftigung „mit dem biblischen Hebräisch und Griechisch, um die Genauigkeit der Neuen Welt Übersetzung zu untersuchen“ münden...

einige weitere Zitate aus WTG-Schriften

Man mag die Moral der Wachtturm-Gesellschaft noch etwas besser einordnen können, wenn man dieses Zitat ihres Gründers liest:

Redefreiheit, Pressefreiheit und andere Freiheiten, die heute das Eigentum der Massen geworden sind, werden unter dem Vorwande, daß es notwendig sei wegen der Ehre Gottes und der Anordnungen der Kirche, unbarmherzig abgeschafft. Dieses Sicherheitsventil wird aufgesetzt werden, so daß die Beunruhigung der Könige auf diese Weise aufhören wird, und alles wird ruhig scheinen, bis die große soziale Revolution, die in der Offenbarung als Erdbeben beschrieben wird, stattfinden wird...

Schriftstudien, Bd. 4, Der Krieg von Harmagedon, 1897, dt. Ausg. 1926, S. 23

Es kann in dem Zusammenhang nicht so verkehrt sein, wenn sich der aufmerksame Leser des besagten Königreichsdienstes, das in Erinnerung ruft, was ihr viel geehrter Altmeister Rutherford bezüglich so einer dreisten Zensur äußerte. Allerdings blickte er hier, wie gewohnt, hasserfüllt in Richtung römisch-katholische Kirche:

„Eine Räuberbande“

Nachdem Rutherford die Fakten geschildert hatte, fuhr er fort: „Wenn den Menschen Tatsachen über eine Gruppe gesagt werden, die ihnen unter dem Deckmantel der Religion ihre Rechte stiehlt, jammert die Hierarchie und sagt: ‚Lügen! Stopft ihnen den Mund, und laßt sie nicht mehr reden!‘ “ Darauf fragte er: „Ist es verkehrt, über eine Räuberbande, die die Menschen bestiehlt, die Wahrheit zu veröffentlichen? Nein! ... Soll ehrlichen Leuten der Mund gestopft, sollen sie zum Schweigen gezwungen werden, während diese Räuberbande dem Volk seine Freiheit nimmt?

Jehovas Zeugen - Verkündiger des Königreiches Gottes, 1993, Seite 85 Absatz II

Ob sich die Wachtturm-Gesellschaft nicht manchmal selber komisch vorkommt, wenn sie ihre Anordnungen mit ihren Veröffentlichungen vergleicht?

1184 Auf der Synode von Verona (Italien) ordnete Papst Lucius III., unterstützt von Friedrich I. Barbarossa, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, an, daß alle bibelgläubigen „Ketzer“, die nicht aufhörten, gegen die katholische Lehre zu predigen oder auch nur abweichend zu denken, mit dem Bannfluch belegt und der weltlichen Gerechtigkeit zur Bestrafung (gewöhnlich durch Tod auf dem Scheiterhaufen) übergeben werden sollten...

1199 Papst Innozenz III. verurteilte die Übersetzung der Psalmen, der Evangelien und der Paulinischen Briefe in die französische Sprache und verbot die Zusammenkünfte, die in der Diözese von Metz (Frankreich) zu dem „anstößigen Zweck“ abgehalten wurden, die Schriften zu erforschen. Abschriften dieser Übersetzungen in der Landessprache, die aufgefunden werden könnten, sollten von Mönchen des Zisterzienserordens verbrannt werden. ("Erwachet!", 8. Juni 1982, S. 7, Einige Daten des Kampfes gegen das Bibellesen)

Zu Beginn des Rundgangs forderte unser Führer uns auf: „Stellen Sie sich vor, Sie sitzen gemütlich in der Stille Ihres Wohnzimmers und lesen Ihr Lieblingsbuch. Plötzlich stürzt die Polizei ins Haus, nimmt Ihnen das Buch aus der Hand und reißt es in Stücke. Weshalb? Einfach deshalb, weil diejenigen, die an der Macht sind, die Ansicht vertreten, das Buch sei dem öffentlichen Wohl nicht zuträglich. Das ist ein typisches Beispiel für den Schrecken der Zensur.“...

Ganz gleich, wie hartnäckig der Mensch versucht hat, die Vorstellungen anderer zu unterdrücken, bleibt doch die Tatsache bestehen, daß die Wahrheit, insbesondere die Wahrheit der Bibel, niemals erfolgreich zensiert werden konnte. Als religiöse Führer versuchten, Jesu Jüngern den Mund zu stopfen, sagte Jesus: „Wenn diese stumm blieben, würden die Steine schreien“ (Lukas 19:40). ("Erwachet!", 22. März 1985, S. 10, Zensur: 500 Jahre Auseinandersetzung)

Oft waren die Anstifter religiöse Führer, die die mögliche Wirkung der Gedankenfreiheit auf das gewöhnliche Volk fürchteten. Kein Wunder, daß heute viele meinen, die Bibel sei strikt dagegen, daß man seinen Wissensdurst stillt. Trifft das aber zu? Tritt die Bibel für die Beschneidung der Gedankenfreiheit ein?

Die Bibel rät nicht davon ab, seinen Verstand zu gebrauchen. Tatsächlich forderte Jesus sogar jeden einzelnen auf, ‘Jehova mit seinem ganzen Sinn zu lieben’ ... Paulus bat Christen inständig, Gott ‚gemäß ihrer Vernunft‘ zu dienen (Römer 12:1). Er ermunterte die Thessalonicher, sich nicht durch irreführende ‚inspirierte Äußerungen von ihrem vernünftigen Denken abbringen zu lassen‘ (2. Thessalonicher 2:2) ... Obwohl Jesus und Paulus so große Gedankenfreiheit genossen, hielten sie sich nicht für befugt, allein zu entscheiden, was richtig und was falsch ist. Jesus zitierte wiederholt aus der Bibel, statt sie zugunsten eigener Überlegungen zu verwerfen. ... Die Bibel ermuntert dazu, den Verstand voll einzusetzen, allerdings nicht ungezügelt. Die Verantwortung dafür, daß das Denken im Einklang mit dem Denken Jehovas bleibt, liegt jedoch bei jedem einzelnen Christen... ("Erwachet!", 8. Juni 1994, S. 20)

LEBST du in einem Land, in dem es verfassungsmäßig garantierte Grundrechte gibt? Wenn ja, dann magst du glauben, daß deine Freiheiten gesichert seien. Aber wie sicher sind sie tatsächlich? Kannst du die Gewißheit haben, daß du sie immer genießen wirst? Angenommen, du fühltest dich verpflichtet, öffentlich über die Korruption gewisser Leute zu sprechen, die in deiner Stadt politische Gewalt innehaben. Könntest du dein Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben, oder würdest du dann ständig von der Polizei belästigt werden? Angenommen, du wohntest in einer Stadt, in der die meisten Bewohner einer Gewerkschaft angehörten, aber du hättest erhebliche Einwände gegen Gewerkschaften. Könntest du deine Ansichten sehr lange in der Öffentlichkeit äußern? Wie wäre es, wenn du in eine Stadt kämest, in der es Spannungen zwischen den Rassen gäbe, und du würdest anfangen, dich zugunsten der Aufhebung der Rassenschranken auszusprechen? Wie lange könntest du frei deine Meinung äußern?

Wirklich auf die Probe gestellt wird die Sicherheit der Freiheitsgarantien dadurch, daß du versuchst, sie anzuwenden, wenn deine Ansicht mit der der Mehrheit oder mit der Ansicht derer, die an der Macht sind, im Widerspruch ist. Die Menschen neigen dazu, auf ihren eigenen Vorteil bedacht zu sein, zu Vorurteilen und anderen menschlichen Schwächen, die ihre Einstellung gegenüber offenen Personen und unbeliebten Minderheiten beeinflussen. Es ist nichts Ungewöhnliches, daß Kommunalpolitiker und Polizisten verfassungsmäßige Rechte außer acht lassen, wenn sie solchen Personen begegnen.

"Erwachet!", 22. Oktober 1972, S. 9