Der folgende Brief stammt aus dem Anhang des Buches James A. Beverley: Crisis of Allegiance. A Study of Dissent Among Jehovah's Witnesses (Welsh Publ., Burlington, Ontario, Canada 1986. Bezugsadresse: Hart Publishers, 525 25th St. South, Lethbridge, Alberta, Canada T1J 3P5. 12,95 US-$ incl. Vers.)


M. James Penton, 10. August 1979
Lethbridge,
Alberta, Kanada

Watch Tower Bible and Tract Society
124 Columbia Heights
Brooklyn, N. Y. 11201

Liebe Brüder, zunächst möchte ich Euch im voraus um Entschuldigung dafür bitten, dass mein Brief so lang ist. Ich kann das, was ich sagen möchte, einfach nicht auf wenige Worte beschränken. Zugleich möchte ich Euch auch für Euern freundlichen Brief vom Frühjahr danken.

Wie ich Euch bereits schrieb, bin ich schon seit längerem zutiefst besorgt über den Mangel an geistiger Gesundheit bei den Brüdern in der ganzen Welt, insbesondere auf Grund des grossen Abfalls in den letzten 10 Jahren und vor allem seit 1975. Als Geschichtswissenschaftler, der sich seit Jahren mit dem Gebiet der Kirchengeschichte befasst und der die neuzeitliche Geschichte der Zeugen Jehovas intensiv erforscht hat, habe ich seit einigen Jahren die Probleme unserer Gemeinschaft genau untersucht. Dazu habe ich selbstverständlich die Wachtturm-Literatur, die seit den Tagen Pastor Russells erschienen ist, studiert und habe die vielen geschichtlichen und soziologischen Werke über Jehovas Zeugen, die in den letzten Jahrzehnten von verschiedenen Forschern verfasst wurden, sorgfältig geprüft. Zudem habe ich gebetsvoll mit der Organisation zusammengearbeitet und mich bemüht, meine privaten, familiären und sonstigen Probleme als treuer Christ, als Diener und Ältester zu lösen. Doch als jemand, der sich als Gesalbter zum Leib Christi gehörend betrachtet und der stets dem edlen Vorbild der Beröer Christen aus Apostelgeschichte 17:11 gefolgt ist, sehe ich mich jetzt in der Situation des Elihu, so wie sie in Hiob 32:6-22 beschrieben wird, und eines Paulus in Antiochien (gemäss Galater 2:11-21). Mit Elihu will ich des- halb sagen: "Ich werde meinen Teil antworten, ja ich; ich werde meine Erkenntnis verkünden, ja ich; denn ich bin voll von Worten geworden; Geist hat mich gedrängt in meinem Leib." Deshalb will ich liebevoll, aber freimütig darüber sprechen, was meiner Ansicht nach das Hauptproblem unserer Organisation ist, was sie krank gemacht hat und wofür die leitende Körperschaft die grösste Last der Verantwortung trägt.

Mit christlichem Freimut der Rede (Galater 5:1) möchte ich feststellen, dass es die unangebrachte, unbiblische Überbetonung des Predigtwerks ist, die zu dem maroden Zustand der Organisation geführt hat, die sie auch jetzt noch krank macht und das auch so lange tun wird, bis es den ihm angemessenen Platz zugewiesen bekommt. Zwar gehört es notwendig zu dem Zeugnis, das die Christenversammlung der Welt gibt, doch es ist nicht wichtiger als andere christliche Werke, die die Bibel nennt (Jakobus 1:27). Wenn das auch manchen wie Ketzerei klingen mag, ich werde mich für diese Feststellung nicht entschuldigen. Ich liebe und achte meine Brüder sehr, aber ich habe grössere Achtung vor Christus, meinem König, und vor meinem Gott Jehova, sowie seinem Wort, der Heiligen Schrift. In den letzten Jahren hatten wir einen Rückgang in der Zahl der Verkündiger, und - was noch mehr wiegt - Tausende haben sich von uns zurückgezogen. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Sicher sind viele ein Opfer des Materialismus und ihres eigenen sinnlichen Verlangens geworden, doch das hat es zu allen Zeiten gegeben. Viel schwerwiegender war, dass im Jahr 1975 nichts geschah und dass die Gesellschaft in dieser Frage bis zum Sommer dieses Jahres keine ehrliche und offene Stellungnahme abgegeben hat. In Sprüche 13:12 heisst es: "Hinausgeschobene Erwartung macht das Herz krank."

Und für diese Krankheit der Herzen sind genau diejenigen Brüder verantwortlich, die zu sorglos mit ihren prophetischen Spekulationen waren, niemand sonst. Ausserdem sind viele dem geistigen Tod nahe, weil sie die Superfrömmigkeit und die Werkgerechtigkeit nicht mehr ertragen können, die die ganze Organisation durchdringen. Das Thema "Kleidung und äussere Erscheinung" ist mittlerweile so häufig durchgekaut worden, dass einem davon übel werden kann und viele schon gar nicht mehr hinhören, weil es ihnen völlig gleichgültig geworden ist. Von der Länge der Haare haben wir so oft geredet, dass wir schon ganz dösig im Kopf sind. Und jetzt geht es genauso gegen die Discos los, nicht in der vernünftigen Weise, wie sie im Erwachet! beschrieben wurde, sondern nach der Art des Heiligen Georg, der den Drachen erschlagen will. Hätten wir nur die Hälfte der Zeit, die wir für das Kritisieren bestimmter Sitten und Gebräuche mit Texten aus unserem unsichtbaren Talmud zugebracht haben, für positive Dinge verwendet, gäbe es viel mehr Freude unter den Brüdern.

In Brooklyn erkennt man leider anscheinend nicht, dass viele Schwierigkeiten in der Organisation von den Anweisungen der Gesellschaft herrühren und nicht von den Brüdern in den Versammlungen. Die Brüder werden immer stärker angetrieben, in den Predigtdienst zu gehen, so als sei dies ein Allheilmittel. Solange wir eine Mehrung verzeichnen, scheinen uns die, die sich von der Wahrheit zurückziehen, überhaupt nicht zu kümmern. Um die verlorenen Schafe sorgen wir uns fast gar nicht (Matthäus 18:12-14). Stattdessen beginnen wir eine wilde Jagd nach neuen, obwohl Johannes uns sagt, wir seien vom Tod zum Leben übergegangen, weil wir die Brüder lieben - nicht weil wir predigen gehen! (1. Johannes 3:14) Und ich glaube, dass wir mit dieser unerträglichen Betonung des Verkündigungswerks den heiligen Geist betrüben.

Zu den anderen Dingen, die Gottes Namen nicht ehren, gehört, dass im letzten Jahr zahlreiche Redner auf Kongressen, viele Bethelredner und viele Artikel in unseren Veröffentlichungen etliche Bibeltexte aus dem Zusammenhang gerissen haben, um die Brüder zum Predigen zu drängen. So wurde auf den internationalen Kongressen 1978 der Text aus 1. Petrus 2:21 als Grundlage genommen, um zum Pionierdienst aufzurufen, obwohl dieser Text mit dem Pionierdienst so wenig zu tun hat wie mit anderen christlichen Werken. Der Zusammenhang zeigt, dass hier von unserem Verhalten bei Leiden die Rede ist und von nichts sonst.

In der Juni-Nummer des Königreichsdienstes (Ausgabe für Kanada) wird die Ansicht vertreten, dass wahrscheinlich 500 Männer, Frauen und Kinder dabei waren, als Christus den Aposteln das Gebot aus Matthäus 28:19, 20 gab. 1. Korinther 15:6 bezieht sich nicht auf die Zusammenkunft Christi mit den Jüngern in Galiläa. In Matthäus 28:16 heisst es ausdrücklich: "Die elf Jünger dagegen gingen nach Galiläa zu dem Berg, wohin Jesus sie bestellt hatte." Elf waren es also, nicht 500. In diesem Frühjahr sandte das kanadische Zweigbüro einen Redner in unseren Landesteil. Viele von uns reisten Hunderte von Kilometern, um ihn ein weiteres Mal die Wichtigkeit des Predigtwerks hervorheben zu hören. Schokiert hat mich aber, dass er sagte, wir müssten predigen, ob wir nun Liebe haben oder nicht. Als Beweis zitierte er 1. Korinther 9:16 - wieder aus dem Zusammenhang gerissen. Was Paulus dann kurz darauf in 1. Korinther 13:1-3 sagte, schien er ganz vergessen zu haben. Und doch gingen viele Älteste nach Hause und glaubten ihm, weil er ein offizieller Vertreter der Wachtturm-Gesellschaft war.

Ja, viele sind wirklich so wie meine liebe alte Grosstante, auf deren Grund und Boden in Compton (Kalifornien) die Gesellschaft nach ihrem Tod ein regionales Literaturlager einrichtete. Sie sagte mir einmal: "Wenn im Wachtturm stünde, der Mond sei aus grünem Käse, dann würde ich das glauben." Wenn auch im Wachtturm niemals derartig schwachsinnige Behauptungen aufgestellt wurden, so standen in ihm doch in der letzten Zeit einige der schlimmsten Beispiele von Schriftverdrehung. Um ein einfaches Beispiel zu bringen: Der Text in Matthäus 24:14 wurde als ein Gebot bezeichnet, was er einfach nicht ist. Analysiert man das griechische Wort kerychthesetai (wird gepredigt werden), so steht es in der dritten Person Indikativ Futur Passiv. Es ist kein Imperativ und hat keiner- lei Gebotscharakter. Viel schwerwiegender ist aber, was in dem Artikel "Der Eifer für das Haus Jehovas" im englischen Wachtturm vom 15. Juli 1979 steht. Dagegen möchte ich ernste Einwände erheben. An manchem gibt es zwar nichts auszusetzen, doch vieles stimmt mit den biblischen Grundlehren, mit anderen Lehren der Wachtturm-Gesellschaft und mit den Tatsachen nicht überein.

Auf Seite 12, Absatz 17 und 18 des englischen Wachtturms vom 15. Juli 1979 werden die Wörter kat' oikous aus Apostelgeschichte 20:20 erklärt. Der Schreiber behauptet, dieser Ausdruck habe die Bedeutung "von Haus zu Haus". Als Stütze werden Dr. A. T. Robertson sowie eine Anzahl Bibelübersetzungen zitiert. Gegen diese Übersetzung wird natürlich niemand etwas einzuwenden haben, vorausgesetzt, man meint sie in dem Sinne "in den verschiedenen Häusern". Gleichrangig damit ist aber die Übersetzung von kat' oikous mit "in euren Häusern" oder "privat" im Gegensatz zu "öffentlich" (demosia), wie sie in vielen Übersetzungen zu finden ist. Dafür aber, dass der Ausdruck "von Haus zu Haus" auch "von Tür zu Tür" bedeuten kann, so wie ihn unser Durchschnittsverkündiger heute versteht, gibt es keinerlei Basis, und es ist falsch, diesen Eindruck zu erwecken.

In Lukas 10:1-7 gab Jesus den 70 die Anweisung, in jede Stadt und jeden Ort zu gehen, in die er selbst kommen würde. Wenn sie dorthin kämen, sollten sie nicht von Tür zu Tür gehen. Sie sollten vielmehr ein Haus suchen und dort bleiben: "Esst und trinkt, was sie bereitstellen, denn der Arbeiter ist seines Lohnes würdig." Darauf erhielten sie ausdrücklich die Anordnung, nicht von einem Haus in ein anderes umzuziehen, oder gemäss der Mehrzahl der vom Wachtturm am Fuss der Seite 12 angegebenen Übersetzungen: "Gehet nicht von Haus zu Haus" (z. B. Jerusalemer Bibel). An dieser Stelle kommt das Wort kata natürlich nicht vor, doch die Bedeutung ist ganz klar die in der New International Version wiedergegebene: "Wechselt nicht von einem Haus zum andern über" (siehe Wilckens). Was Jesus in diesem Fall wollte, war wohl: Geht, belehrt eine kleine Gruppe von Leuten in jeder Gemeinde über die Wahrheit. Diese wiederum könnten dann ihrerseits ihre Nachbarn über den Messias belehren - was wir heute als informelles Zeugnisgeben bezeichnen würden. Mit anderen Worten, die Betonung lag auf dem Lehren, nicht dem einfachen Predigen. Damals haben sie ihre Gebiete nicht ruckzuck am Zeitschriftentag einmal ganz bearbeitet; gedruckte Literatur, die man bei den Nachbarn zurücklassen konnte, gab es nicht.

In Apg. 20:20 bedeutet kat' oikous zweifellos, dass Paulus interessierte Menschen besuchte und in ihren Häusern blieb, um sie die Wahrheit zu "lehren", nicht ihnen zu predigen. Es gibt keinerlei historische Anhaltspunkte dafür, dass er oder irgend jemand sonst im Rahmen eines Verkündigungswerkes Werbefeldzüge von Tür zu Tür unternahm. Auch aus dem griechischen Text von Apg. 20:20 lässt sich das nicht herleiten. Folgende drei Parallelbeispiele aus Apostelgeschichte veranschaulichen den "distributiven" Gebrauch von kata in Verbindung mit oikos: In Apg. 5:42 heisst es von den Aposteln, sie lehrten und, verkündigten die gute Botschaft im Tempel und kat' oikon. Das Wort oikos steht hier im Akkusativ Singular statt im Akkusativ Plural, ansonsten stimmen die Worte genau mit denen in Apg. 20:20 überein. In einzelnen Übersetzungen wird kat' oikon zwar mit "von Haus zu Haus" wiedergegeben, so z.B. in der Neuen-Welt-Übersetzung, der Douay und der New International Version, doch in den meisten Bibelübersetzungen steht "in den Häusern" oder "zu Hause" (Einheitsübersetzung, Luther, Gute Nachricht, Vulgata, King James Version, American Standard, Smith/Good- speed, Moffatt, Revised Standard, Rotherham, English Revised Version 1881, Emphatic Diaglott, New English Bible, Montgome- ry, Bible in Living English, Weymouth, Jerusalemer Bibel, Luis Segond, la Version Moderna, Nacar-Colunga sowie el Nuevo Testamento de P. Agustin Magana). Es wäre also unangebracht zu sagen, die Apostel seien gemäss Apg. 5:42 von Tür zu Tür gegangen.

In Apg. 2:46 wird genau derselbe Ausdruck kat' oikon gebraucht. Die Zürcher Bibel sagt dort: "Und täglich verharrten sie einmütig im Tempel, und abwechselnd von Haus zu Haus brachen sie das Brot und nahmen die Speise zu sich mit Frohlocken und in Lauterkeit des Herzens" (ähnlich in der King James Bible). Die Mehrzahl der neuzeitlichen Übersetzungen, einschliesslich der Neuen-Welt-Übersetzung, gibt kat' oikon hier aber natürlich nicht mit "von Haus zu Haus" wieder. Der Grund liegt auf der Hand. Dieser Ausdruck, der für die Übersetzer der King James und der Douay Version im 17. Jahrhundert offenbar "in den jeweiligen Häusern der Jerusalemer Christen" bedeutete, hat im heutigen Sprachgebrauch einen etwas veränderten Sinn. Bestimmt nahmen die Christen in Jerusalem nicht ihr Mittagessen an den Türschwellen ihrer Nachbarn ein, während sie von Tür zu Tür gingen, und das meinten die Übersetzer der King James Version auch gar nicht. Geht man also von diesem Text aus, so wird die Übersetzung "von Haus zu Haus" in ihrer heutigen Bedeutung für die Stellen in Apg. 5:42 und Apg. 20:20 unmöglich, und das ganz besonders dann, wenn jemand - wie der Verfasser des Artikels "Der Eifer für das Haus Jehovas" - versucht, in diesen Ausdruck etwas hineinzulesen, was ursprünglich nicht beabsichtigt war.

Und schliesslich stehen in Apg. 8:3 die Worte kata tous oikous, fast dieselben Worte wie in Apg. 20:20, nur dass hier zwischen der Präposition kata und dem Nomen oikous der bestimmte Artikel tous eingeschoben ist. Luther sagt hier interessanterweise: "Saulus aber suchte die Gemeinde zu zerstören, ging von Haus zu Haus, schleppte Männer und Frauen fort und warf sie ins Gefängnis" (ähnlich die New International Version). Heisst das etwa, dass er die Strassen entlang ging und an jeder Tür klopfte, um herauszufinden, wo überall ein Christ wohnte? Oder heisst es, dass er in "jedes Haus [der Christen]" eindrang, wie die King James Version es sagt? Oder bedeutet es, dass er "in ein [christliches] Haus nach dem anderen eindrang", wie die Stelle in der Neuen-Welt-Übersetzung lautet? Die Antwort darauf ist eindeutig, und wieder einmal stützt sie die Behauptung im Wachtturm über Apg. 20:20 nicht. Doch was ist gegen diese besondere Auslegung von Apg. 20:20 einzuwenden? Ist es denn verkehrt, von Tür zu Tür zu gehen, um die gute Botschaft zu predigen? Nein, das meine ich nicht. Nach der Bibel kommt es auf die Botschaft an und nicht auf die Art und Weise, wie sie überbracht wird. Wenn das Zeugnisgeben von Tür zu Tür Erfolg hat, dann ist es eine durchaus legitime Methode des Verkündigens. Darum geht es hier aber gar nicht. Beim Bibelstudium kann nachlässiger Umgang mit dem Text und fehlerhaftes Auslegen einfach nicht akzeptiert werden. Wir müssen Gott in Geist und Wahrheit anbeten. Was aber noch wichtiger ist, ich muss mich ganz kategorisch dagegen ausspre- chen, dass angedeutet wird, jeder Christ müsse ein bestimmtes Werk auf eine ganz bestimmte Weise ausführen, als wäre dies ein Gebot der Bibel. Was ich damit meine, ist, dass die Gesellschaft das Predigtwerk - in diesem Fall das Predigen von Tür zu Tür - buchstäblich zu einem Sakrament gemacht hat, wie man es in der römisch-katholischen Kirche kennt. Wenn es in dem Watchtower vom 15. Juli 1979 auf Seite 14 in Absatz 4 heisst: "Durch unser Ausharren im Verkünden dieser guten Botschaft vom Königreich können wir die Rettung erlangen", dann wird damit etwas Falsches gelehrt. Gegen diese Art der Werkgerechtigkeit ist Luther im 16. Jahrhundert aufgestanden. Und was noch wichtiger ist: dies ist die Art Gesetzlichkeit, gegen die Paulus in Römer, Epheser und Galater schrieb. Ganz gewiss ist es unser in Liebe tätiger Glaube - der "vorzüglichere Weg" (1. Korinther 13:1) -, der Gerechtsprechung und Rettung bringt, nicht irgendein spezielles Werk. Durch unser Predigen erwerben wir mit Sicherheit kein Verdienst. Kann die Gesellschaft die bewegenden Worte von Paulus in Epheser 2:8, 9 so schnell vergessen: "Durch diese unverdiente Güte seid ihr tatsächlich durch Glauben gerettet worden; und dies habt ihr nicht euch zu verdanken, es ist Gottes Gabe. Nein, es ist nicht Werken zu verdanken, damit kein Mensch Grund zum Rühmen habe." Gibt es denn im Bethel in Brooklyn keinen, der begreift, was die Lehre der Rettung aus Glauben bedeutet? Wie ist es möglich, dass die Gesellschaft im englischen Erwachet! vom 8. Juni 1979 einen so wunderschönen Artikel wie "Warum die Betonung der christlichen Freiheit?" veröffentlicht und dann im Wachtturm den Artikel "Der Eifer für das Haus Jehovas"? Sieht denn niemand den Widerspruch in der Lehre? Mögen wir niemals in der fürchterlichen Schlinge der Werkgerechtigkeit Roms oder des jüdischen Gesetzesdenkens gefangenbleiben! Aber stützt sich das heutige Predigtwerk der Zeugen Jehovas nicht auf das Vorbild des 1. Jahrhunderts, wie dies auf Seite 15 des Watchtower vom 15. Juli 1979 gesagt wird? Und handelt es sich nicht beim Haus-zu-Haus-Dienst um die wirkungsvollste Predigtmethode? In Erwiderung der ersten Frage will ich ganz offen sagen, dass die dafür vorgetragenen Argumente schwach sind. In Apg. 20:20 ist davon die Rede, dass Paulus kat' oikous ging und nicht "tätige Männer und Frauen" oder die gesamte christliche Gemeinde. In Apg. 5:28 wird ausdrücklich von den Aposteln gesprochen (siehe Apg. 5:27) und nicht von der gesamten Christenversammlung. Was der Historiker E. Arnold darüber sagt, ist nicht von Belang. Er sagt nämlich nicht, auf welche Weise "auch die einfachsten Mitglieder ihrer [der Christen] Gemeinden Sendboten waren". Könnte es sich dabei nicht auch um ihre Lebensweise gehandelt haben, durch die sie das taten, oder durch "informelles Zeugnisgeben", statt durch organisiertes Predigen von Tür zu Tür? So scheint es aus 1. Petrus 2:9-12 hervorzugehen. Und was die Aussage von H. G. Wells angeht, so beweist sie nur, wie sehr sich fehlbare Menschen bisweilen irren können. Die Urkirche war erheblich stärker organisiert, als er meint. Das geht aus der Bibel ganz klar hervor. Man lese z.B. Römer 12, 1. Kor. 12, Eph. 4:11, 1. Tim. 3, Titus 1, Offb. 1:19, 20. Und darf ich dazu abschlies- send die Frage stellen, wie die Wachtturm-Gesellschaft die Worte aus Römer 10:9, 10 versteht? Je nach Bedarf scheint die Deutung eine andere. Ist damit das Predigtwerk gemeint, wie es der Watchtower vom 15. Juli 1979 sagt, oder gilt das, was im Watchtower vom 1. November 1978 in Absatz 16 auf Seite 15 steht? Und weshalb wird homologeo an dieser Stelle mit "öf- fentlich verkündigen" wiedergegeben, an anderer Stelle aber - wie in Matthäus 7:23 - mit "bekennen"?

Was die Wirksamkeit des Predigens von Tür zu Tür angeht, so wird im Watchtower vom 15. Juli 1979 auf Seite 16, Absatz 9, gesagt: "Bis zum heutigen Tage erweist sich das Predigen von Haus zu Haus mit den Zeitschriften Erwachet! und Wachtturm als eine der wirkungsvollsten Methoden, um die Menschen mit der guten Botschaft zu erreichen." Bedauerlicherweise gibt es für diese Behauptung kaum objektive Beweise. Das Material, das vorliegt - und das ist immerhin schon einiges -, beweist offensichtlich genau das Gegenteil. Die Gesellschaft hat mehrfach aus der Studie von Bryan Wilson über die Zeugen Jehovas in Japan zitiert, um zu zeigen, wie effektiv die Haus- zu-Haus-Tätigkeit ist. Doch in einer Tabelle, die Wilson auf Seite 109 in der Fachzeitschrift Social Compass (Jg. 24, Nr. 1, 1977) veröffentlicht hat, zeigt er recht drastisch, dass von 377 japanischen Zeugen, mit denen er sich befasst hatte, nur 2,3 Prozent durch die Literatur der Wachtturm-Gesellschaft erstmals an der Wahrheit interessiert wurden. Das ist nun wirklich nicht gerade berauschend. Zwar zeigt Wilson, wie wichtig die "Hausbesuche" in Japan sind, denn 58,3 Prozent der von ihm untersuchten Gruppe kamen aufgrund dieser Tätigkeit zu den Zeugen. Daraus aber zu schliessen, dass der Zeitschriftendienst oder allgemein der Haus-zu-Haus-Dienst in anderen Ländern auch nur entfernt dieselbe Effektivität hat, wäre verkehrt. In Grossbritannien und den Niederlanden fühlen sich weit weniger Menschen von jeglicher Form des Haus-zu-Haus- Dienstes angesprochen. (Siehe J. A. Beckford: The Trumpet of Prophecy, [1975] S. 160, 161; Q. J. Munters: "Le recrutement des candidats" in: Social Compass 24 [1977] Nr. 1.) Das gleiche trifft offenbar auf Sambia zu. (Siehe Norman Long: Social Change and the Individual: a Study of the Social and Religious Responses to Innovation in a Zambian Rural Community, S. 218-233.)

Einzeluntersuchungen von Brüdern in den USA und in Skandinavien sowie meine eigenen Untersuchungen in Kanada deuten darauf hin, dass in vielen Gegenden lediglich zwischen 5 und 30 Prozent durch das Predigen von Tür zu Tür Zeugen wurden. Ganz egal, wie sehr die Gesellschaft den Haus-zu-Haus-Dienst anpreist und fördert, es gibt kaum Hinweise darauf, dass er wirklich ein wirksames Mittel zur Verkündigung der guten Botschaft ist. Man sollte ihn zwar nicht abschaffen, denn er hat seinen Platz, doch wir müssen weitere Möglichkeiten fin- den, wie wir predigen und lehren können.

Wenn die Gesellschaft and die leitende Körperschaft wirklich daran interessiert wären, die Botschaft vom Königreich zu verkündigen, dann täten sie gut daran, einmal die Wirksamkeit verschiedener Formen der Evangelisierung unvoreingenommen untersuchen zu lassen. Mit der Berufung auf die hergebrachte Methode der Organisation und dem Bezug auf das prophetische Wort von einem "Heuschreckenheer" ist es nicht getan. Seit es das Fernsehen und die anderen elektronischen Medien gibt, lesen die Menschen weit weniger als früher. Es ist darum, wie Wilson zeigt, wenig erfolgreich, tonnenweise Literatur abzusetzen. Auch hat keiner in der Organisation richtig zur Kenntnis genommen, dass viele durch den Haus-zu-Haus-Dienst abgestossen werden. Mir ist aufgefallen, dass man vielerorts mit dem Haus-zu-Haus-Dienst genau das Gegenteil von dem erreicht, was man möchte. Viele Menschen, die den Verkündigern die Tür vor der Nase zuschlagen, sind bei anderer Gelegenheit für unsere Botschaft sehr empfänglich.

Wenn die Organisation wirklich so fortschrittlich wäre, wie sie ständig vorgibt, dann würde sie sich um neue und bessere Wege bemühen, das Evangelium zu predigen. Vor ein paar Jahren berichteten mir Brüder aus der Versammlung Highland Park in South Pasadena, dass Brüder in Los Angeles seien bereit, für die Gesellschaft unter deren Aufsicht ein paar kurze Filme zu drehen. Aber weiter habe ich davon nichts mehr gehört. Weshalb fördert die leitende Körperschaft diese Bemühungen nicht? Das Zweigbüro hier in Kanada hat sehr guten Erfolg mit Videoaufzeichnungen von Fernsehsendungen, wenn auch die Qualität noch sehr zu wünschen übrig lässt.

Und warum ermuntert die Organisation eigentlich wissenschaftlich tätige Brüder nicht, unabhängige Studien zu verfassen? Das Buch Kreuzzug gegen das Christentum von Brd. Franz Zürcher war ein gewaltiges Zeugnis, doch es wurde nie ins Englische übersetzt. Die Artikel von Hayden Covingten und Glen How für das Canadian Bar Journal und das Journal of the Canadian Medical Association haben in unserem Land sehr viel bewirkt. Die Bücher von Marley Cole und A. H. Macmillan waren von grossem Wert. Das Gleiche lässt sich von den Arbeiten Victor Blackwells und von meinen sagen. Ich konnte viele Vorträge vor Fachleuten halten und bin Dutzende von Malen im Radio und Fernsehen gewesen. Und trotzdem wird jemand, der etwas veröffentlicht, selbst wenn es völlig auf der Linie der Organisation ist, nicht ermutigt; manchmal geht man sogar recht ruppig mit ihm um.Warum lässt die Gesellschaft nicht jemand wie Bruder How, der nun wirklich ein erstklassiger und treu ergebener Mann ist, eine Studie über die Wirkung der Zeugen Jehovas auf die Gesetzgebung verfassen? Warum arbeiten wir nicht etwas Ordentliches zum Thema Medizin und Recht aus, unter der Federführung von Brüdern, die beschlagen sind auf diesen Gebieten? Warum lassen wir nicht von Historikern eine umfassende, ungeschminkte Geschichte der Organisation erstellen, durch die viele Anwürfe von Gegnern auf ehrliche Weise entkräftet würden? Warum erzählen wir nicht die zahlreichen Beispiele des Glaubens und Märtyrertums unserer lieben Brüder in Nazideutschland, den kommunistischen Ländern, in Malawi, Lateinamerika, den USA und Kanada? Wir könnten Brüder darüber schreiben lassen und historische Darstellungen für Film und Fernsehen daraus machen. Und wenn jemand mit seinem Namen dafür verantwortlich zeichnet, würde das keinen biblischen Grundsätzen widersprechen. Immer wieder berichtet die Bibel ganz ausführlich über die Glaubenstaten einzelner Menschen, ganz im Gegensatz zu unserem Kult der gesichtslosen Anonymität.

Überhaupt tun wir sehr wenig, um ganze Bevölkerungsschichten zu erreichen, die regelrecht nach der Wahrheit dürsten. Tausende von jungen Menschen an den Universitäten und auf dem College würden die Botschaft anhören, wenn man sich die Zeit nehmen würde, sie auf die ihnen gemässe Art anzusprechen. Fundamentalisten, Moonies, Charismatiker tun dies bereits. Doch wir haben kaum jemand, der dem Beispiel des Apostels folgen und allen Menschen alles werden könnte, und ignorieren diese wichtige Gruppe fast völlig. Stattdessen rümpfen die Organisation und die Mehrheit der Brüder die Nase über die Universitätsausbildung, und dabei wissen die wenigsten überhaupt etwas darüber. Vieles von dem, was die Brüder öffentlich zu diesem Thema sagen und was in unserer Literatur geschrieben steht, lässt sich, offen gesagt, bestenfalls als irregeleitet bezeichnen, ja wirkt geradezu verletzend.

Weiter: Was tun wir auf dem Gebiet der Werke der Barmherzigkeit und wie legen wir hier Zeugnis von unserem Glauben ab? Immer wieder bemängeln wir an anderen Religionen, sie seien nicht geistig gesinnt und konzentrierten sich ganz auf ihre wohltätigen Werke, die den fleischlichen Menschen versorgen. Wir rühmen uns unseres Predigens. Doch Jesus hat während seines Dienstes ohne Zweifel die Kranken geheilt, viele Menschen gespeist, Tote auferweckt, Wasser zu Wein gemacht und vieles andere getan, weil er die Menschen liebte. Bitte sagt nicht, er habe diese Wunder nur vollbracht, um zu veranschaulichen, was er während der Tausendjahrherrschaft tun werde. Die Bibel sagt, er habe zartes Mitgefühl mit den Menschen gehabt. Wo bleibt unser "zartes Mitgefühl" für die Lahmen, die Krüppel und die Blinden? Wenn andere in einer Hinsicht unausgewogen sind, so sind wir es in einer anderen. Ich danke Gott, dass wir uns allmählich diesen Aufgaben zuwenden, doch wir tun noch viel zu wenig auf diesem Gebiet.

Die Betonung oder Überbetonung des Predigens hat bewirkt, dass wir uns weit davon entfernt haben, auf diesem Gebiet die christliche Liebe zu erweisen, von der wir immer behaupten, wir hätten sie. Pioniere, Kreisaufseher und Älteste vernachlässigen die Besuche bei Kranken und Alten sehr häufig; sie müssen ja "ihre Stunden zusammen kriegen". Ich kenne zwei Pionierschwestern, die ihren alten Grossvater, der in einem Altersheim ist, buchstäblich nie besuchen. Sie "haben keine Zeit". Wenn Kreisaufseher in unsere Versammlung kommen, erkun- digen sie sich nie darüber, ob die Brüder die Früchte des Geistes hervorbringen; sie sehen sich mit Kennerblick die Karteikarten der Verkündiger an und prügeln dann auf die Ältesten und Dienstamtgehilfen ein, sie sollten "mehr Stunden im Dienst verbringen". Den Umständen des einzelnen wird selten Beachtung geschenkt. Wir sagen zwar, dass wir das Scherflein der Witwe annehmen, doch was die Zeit für das Predigen angeht, fordern wir in Wahrheit die Silberschekel ein.

So haben wir eine Organisation von Evangelisten aufgebaut, und niemand in ihr erhält eine leitende Funktion, wenn er nicht "im Felddienst eifrig tätig ist". Für diese Haltung gibt es aber ganz einfach keine biblische Grundlage. Weshalb die Gesellschaft bis heute noch nicht begriffen hat, dass die Menschen unterschiedliche Gaben haben und dass die Verantwortung gemäss der Bibel in vernünftiger Weise auf mehrere Schultern verteilt werden sollte - wie es wiederum in Römer 12, 1. Korinther 12 und Epheser 4:11 betont wird -, geht über mein Fassungsvermögen. Schliesslich wurden doch einige als Evangelisten gegeben, nicht alle. Und in der frühen Christenversammlungen gab man den Hirten und Lehrern den Vorrang, nicht den Evangelisten (1. Korinther 12:28; 1. Timotheus 5:17).

Traurigerweise haben wir eine Hierarchie von Evangelisten geschaffen und sind eine Gemeinschaft geistiger Hochleistungssportler geworden. Und was noch trauriger ist, viele in verantwortungsvoller Stellung in der Organisation treten und schlagen die Schafe. Zwei der Kreisaufseher, die in den letzten sechs bis sieben Jahren unserem Kreis zugeteilt wurden, waren nichts weiter als geistige Polizisten. Sie haben grosse Feldzüge wegen Kleidung und äusserer Erscheinung geführt, haben die Brüder wegen ihrer zu geringen Anzahl von Predigtdienststunden eingeschüchtert und bei vielen einen grossen geistigen Schaden angerichtet. Es gab Rücktritte von Ältesten und Dienstamtgehilfen, und andere haben sich geweigert, zu den Zusammenkünften zu gehen, wenn diese Männer da waren. Und unsere Beschwerden bei der Gesellschaft fruchten nichts. Wie bei der Armee, im Geschäftsleben oder anderen weltlichen Institutionen üblich, halten die Leitenden zu ihren Untergebenen. Wir bitten um Brot und bekommen einen Stein; wir ersuchen um einen Fisch und erhalten oft genug eine Schlange. Dann sagt man uns: "Diese Männer vertreten den treuen und verständigen Sklaven." Doch mich, der ich dieser Sklavenklasse angehöre, vertreten sie nicht; und genauso wenig vertreten sie meiner Ansicht nach unseren sanften Herrn Jesus. Es war nicht der treue Sklave aus Matthäus 24:45, der anfing, die Brüder zu schlagen; das war vielmehr der böse Sklave aus Matthäus 24:48-51.

Wir könnten aus der Geschichte der Kirche viel lernen, wenn wir nur wollten. Ist eine Gruppe jung und voll des Geistes, so betont sie die Spontaneität der christlichen Freiheit, wie es Paulus gegenüber den Galatern tat. Doch wenn sie alt wird, hebt sie oft die Superfrömmigkeit und die Werkgerechtigkeit hervor. Die ersten Christen waren bestimmt nicht vom Thema "Kleidung und äussere Erscheinung" besessen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie jemand wie Emily Post zum Thema Hosen für Frauen zitiert hätten. Es war der fanatische Tertullian des zweiten und dritten Jahrhunderts, der sich einer extremen Gruppe wie den Montanisten anschloss, dem man das zutrauen würde. Lest in einer ruhigen Minute einmal nach, was er "Über die Kleidung der Frauen" und "Bescheidenheit" schrieb und stellt dann fest, wie sehr manche unserer Redner ihm und nicht Jesus oder Paulus gleichen. Man beachte auch, wie viele der frühen Protestanten, die allesamt die katholische Werkge- rechtigkeit ablehnten, nach und nach selbst der Werkgerechtigkeit verfielen. Die frühen Wiedertäufer entwickelten sich zu den Mennoniten und Hutterern. Interessant ist, wie der deutsche Soziologe Max Weber in seiner berühmten Arbeit Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus genau beschreibt, dass dies der Entwicklungsgang vieler Gruppen war. Als Historiker sehe ich, wie vieles davon jetzt bei uns genau so abläuft. Wir rühmen uns unseres geistigen Reichtums, sind aber gleich den Laodizäern arm (Offb. 3:17).

Warum betonen wir also nicht die Freude, die aus der christlichen Freiheit erwächst, sowie das zarte Mitgefühl der ersten Christen und das ganze Spektrum des Dienstes Christi, nicht nur das Predigtwerk? Täte man dies, könnten viele geistig Kranke wiederbelebt werden, die Besuche der Kreisaufseher würden nicht mehr als bischöfliche Visitationen oder militärische Inspektionen empfunden werden, sondern als freudige Ereignisse, die allen zur Erbauung dienen. Die leitende Körperschaft und die Gesellschaft sollten sich deshalb im Licht der Bibel erforschen und Rat annehmen. Hätten sie dies angesichts all der Autorität, die sie haben, stets richtig getan, wären wir viel reicher gesegnet worden, als es der Fall war. Ihr mögt meine Äusserungen als die eines unzufriedenen Meckerers abtun. Doch das wäre verkehrt. Ich habe grosse Liebe zu Euch, meinen Brüdern, und zur ganzen Organisation. Genau aus diesem Grunde schreibe ich überhaupt mit soviel Freimut. Wenn ich diese Liebe und diese tiefe Sorge nicht hätte, dann wäre ich wie so viele schon einfach gegangen und hätte die Schafe im Stich gelassen. Doch stattdessen habe ich diesen Brief geschrieben, um nachdrücklich die drastischen Änderungen zu fordern, die wir für unsere Gemeinschaft so dringend brauchen. Nur mit der unverdienten Güte Jehovas, mit Gebet und einem in Liebe tätigen Glauben werden wir die Rettung als Gabe Gottes erringen und auch anderen dabei eine Hilfe sein. Ich bitte Euch daher inständig, meine Brüder, dass Ihr dies alles als von einem Mitbruder in Christo kommend anseht.

Mit freundlichen Grüssen M. James Penton

Kopie an: Schreibkomitee der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas


Anmerkung des Übersetzers:
Anderthalb Jahre nach Absenden dieses Briefes, am 17.2.81, wurde der Verfasser ausgeschlossen, nachdem man ihm zuvor bereits sein Ältestenamt aberkannt hatte. Im Jahr 1985 veröffentlichte er das wissenschaftliche Standardwerk Apocalypse Delayed. The Story of Jehovah's Witnesses.

Deutsch von Rainer Ref und Helmut Lasarcyk (1.89)