Sehr geehrte Herren,
Ich habe Ihre Informationen im Watchtower vom 1. November 1995 [deutsch: dto.] gelesen, wo gelehrt wird, diese "Generation", von der Jesus in Matth. 24:34, 35 sprach, meine nicht mehr die "Generation, die das Jahr 1914" erlebte, sondern beziehe sich auf Personen, "die zwar das Zeichen der Gegenwart Christi sehen, aber nicht von ihren verkehrten Wegen umkehren".
Im selben Watchtower wird auf Seite 20 folgendes gesagt:
Wir haben noch nie 'den Tag und die Stunde' gewußt, Jehova Gott hat dagegen seit eh und je davon Kenntnis, und er ändert sich nicht.
Ich habe auch den Watchtower vom 15. Mai 1984 [deutsch: Erwachet!, 22. Oktober 1984] gelesen, wo die Schlagzeile lautete "1914 - Die Generation, die nicht vergehen wird". Auf den Seiten 6 bis 7 heißt es:
Jehovas prophetisches Wort durch Christus Jesus besagt: "Diese Generation [von 1914] wird auf keinen Fall vergehen, bis alle Dinge geschehen" (Lukas 21:32). Und Jehova, der Quell inspirierter und unfehlbarer Prophezeiungen, wird die Erfüllung der Worte seines Sohnes in verhältnismäßig kurzer Zeit herbeiführen.
Ein weiteres Zitat auf derselben Seite:
So, wie sich Jesu Prophezeiungen über Jerusalem zu Lebzeiten der damaligen Generation erfüllten, so werden sich auch seine Prophezeiungen über die "Zeit des Endes" zu Lebzeiten der Generation von 1914 erfüllen.
Darüber hinaus lautet der Klappentext in Awake! vom 22. Oktober 1995 [deutsch: dto.] und in vorhergehenden Ausgaben auf Seite 4 unter der Frage "Warum Erwachet! herausgegeben wird":
Vor allem aber stärkt diese Zeitschrift das Vertrauen zum Schöpfer, der verheißen hat, noch zu Lebzeiten der Generation, die die Ereignisse des Jahres 1914 erlebt hat, eine neue Ordnung zu schaffen, in der Frieden und Sicherheit herrschen werden.
Nach Awake! vom 22. Oktober 1995 und früheren Ausgaben war also der wichtigste Grund für die Herausgabe dieser Zeitschrift der, daß sie Vertrauen schaffen wollten - nicht zu einer Verheißung von Ihnen, der Watchtower Society, sondern zum Versprechen des Schöpfers, daß das neue System käme, ehe die Generation verstorben sei, die das Jahr 1914 erlebte.
Jetzt, im Watchtower vom 1. November 1995, wird gesagt: "Er [Jehova] ändert sich nicht". Doch wenn ich die Zitate aus dem Watchtower vom 15. Mai 1984 lese, habe ich den Eindruck, daß sich Jehova DOCH ändert. Man beachte, wie es im Watchtower vom 15. Mai 1984 heißt: "Jehovas prophetisches Wort durch Christus Jesus" lautet, daß diese Welt ende, ehe die Generation, die 1914 erlebte, stirbt. Sie fügen diese Jahreszahl sogar noch in Klammern in den Bibeltext ein. Und wenn man die zwei unterschiedlichen Klappentexte liest, warum Awake! herausgegeben wird, sieht das für mich so aus, als habe der Schöpfer Seine Verheißung uns gegenüber geändert.
Deshalb meine Fragen: Wie können Sie sagen, Jehova ändere sich nicht, wenn offensichtlich ist, daß Seine Prophezeiung über die Generation von 1914 sich geändert hat? Oder könnte es sein, daß die Prophezeiung über die Generation von 1914 gar nicht von Jehova stammt? Wenn das zweite stimmt: In was für eine Lage bringt das Sie, die Watchtower Bible and Tract Society, wenn Sie eine Prophezeiung oder Lehre Gott zuweisen, die er gar nicht geäußert oder gelehrt hat?
Eine weitere Frage: Wie ist das mit dem neuen Verständnis des Gleichnisses von den Schafen und Böcken? Sie haben lange Zeit gelehrt, das Gleichnis von den Schafen und Böcken erfülle sich heute seit etwa 1914, und die einzelnen Zeugen Jehovas hätten ihren Teil an der Erfüllung durch ihren Haus-zu-Haus-Dienst. Ich finde es interessant, daß der Watchtower vom 15. Oktober 1995 auf Seite 22 folgendes über die Erfüllung dieses Gleichnisses sagt:
Nichts deutet indes darauf hin, daß Jesus zu jener Zeit oder seither Menschen aller Nationen endgültig gerichtet und als Schafe oder als Böcke eingestuft hätte.
Sie lehren also jetzt, daß sich das Gleichnis von den Schafen und Böcken irgendwann nach der großen Drangsal erfüllt. Vor einiger Zeit las ich im Watchtower vom 1. Dezember 1981 [deutsch: Wachtturm, 15. Mai 1982]; dort gibt es einen Artikel mit der Überschrift "Das Licht nimmt in unserer Zeit zu". In diesem Artikel sprechen Sie darüber, wie Gott Ihnen immer helleres Licht im Verständnis der Bibel gegeben habe. Auf Seite 25, Absatz 15 kommentieren sie das Gleichnis von den Schafen und Böcken. Sie sagen da:
Auch Jesu Gleichnisse wurden besser verstanden. Ein hervorragendes Beispiel dafür ist das in Matthäus 25:31-46 aufgezeichnete Gleichnis von den Schafen und den Böcken. Lange Zeit wurde die Auffassung vertreten, dieses Gleichnis werde sich während der Tausendjahrherrschaft Christi erfüllen. Aber Jehovas Zeugen erkannten schließlich, daß die Erfüllung unmöglich in diese Zeit fallen kann. Einer der verschiedenen Gründe dafür besteht darin, daß Christi Brüder während seiner Tausendjahrherrschaft nicht auf der Erde sein werden, geschweige denn sich aufgrund von Krankheit oder Verfolgung in Not befinden werden. Das Gleichnis muß sich also heute erfüllen, während der im Himmel inthronisierte Jesus die Nationen zum Gericht versammelt, was durch die zu beobachtenden Tatsachen auch bestätigt wird.
Für mich ist dabei interessant, daß Sie schon einmal in der Vergangenheit gelehrt hatten, das Gleichnis von den Schafen und Böcken erfülle sich nicht jetzt, sondern nach der großen Drangsal. Wie kann angesichts dessen die Information im Watchtower vom 15. Oktober 1995 als "neues Licht" angesehen werden? Mir scheint eher, daß sie da "altes Licht" hervorholen. In diesem Watchtower vom 15. Oktober 1995 heißt es auch, NICHTS weise darauf hin, daß Christus ab 1914 die Nationen richte. Doch im Watchtower vom 1. Dezember 1981 steht, das Gleichnis von den Schafen und Böcken erfülle sich heute, "was durch die zu beobachtenden Tatsachen auch bestätigt wird". Meine Frage dazu: Welche beobachtbaren Tatsachen haben Sie 1981 gesehen, die Sie nun 1995 nicht mehr sehen? Und heißt das, daß Sie, Gottes sichtbarer Kanal auf Erden, für den größten Teil des 20. Jahrhundert eine Lehre verbreitet haben, die sich auf NICHTS gründet? Sie sehen also: Ich bin wirklich verwirrt und würde mich freuen, wenn Sie die Dinge klarstellten.
Hochachtungsvoll
Jeffery M. Schwehm