Das Buch Preparing for Child Custody Cases
Die juristischen Kämpfe der Wachtturm-Gesellschaft sind „so häufig geworden, [dass] sie ihren Anhängern ein Pamphlet mit dem Titel Preparing for Child Custody Cases anbietet” (Montgomery, 1992, Seite 14), gedacht für Zeugen, die vor Sorgerechtsauseinandersetzungen stehen. Das Buch, das offen Täuschung befürwortet und Zeugen den Rat gibt, die Gerichte zu täuschen, war
… gedacht für den internen Gebrauch, um den Mitgliedern zu helfen, sich auf Sorgerechtsgespräche bei Scheidungsverhandlungen vorzubereiten, [und] es ermutigt Zeugenkinder, unter Eid eine verdrehte Ansicht über die Möglichkeiten darzustellen, die ein Zeugenkind hat, seinen Platz in der größeren Welt einzunehmen. Ein Beispiel dafür ist die Bemerkung in dieser Publikation, Zeugenkinder könnten Journalisten werden (ein Beruf, der einen Collegabschluss erfordert), wenn vom Collegebesuch bestenfalls abgeraten wird, und er schlimmstenfalls von den Zeugen als Fahrzeug verurteilt wird, durch das Zeugenkinder den Glauben verlieren und unmoralischem Umgang ausgesetzt sein können (Duron, 1991, Seite 18).
In einer Zeugenaussage vor Gericht heißt es:
Wachtturm-Anwältin Wah sagte auch unter Eid aus, sie habe etwa um 1986 der Gesellschaft beim Schreiben des Buches Preparing for Child Custody Cases geholfen, und räumte ein, das Buch sei aufgrund zunehmender Sorge über Artikel entstanden, die in der sozialwissenschaftlichen und psychologischen Literatur von Wachtturm-Kritikern veröffentlicht wurden und den Interessen der Gesellschaft abträglich seien. (Hetrick gegen Hetrick, Blair Court, Plädoyers Nr. 2240 CP 1991 Seite 259, Aussage Wah).
Jetzt müssen die Versammlungsältesten in allen Sorgerechts- und anderen Fällen, bei denen es um einzelne Zeugen und die Religion geht, Verbindung mit der Rechtsabteilung der Wachtturm-Gesellschaft aufnehmen (Vertrauliche Wachtturm-Briefe aus den Jahren 1989, 1991). Nicht selten, selbst wenn der Zeuge einen weltlichen Anwalt nimmt, liefert die Wachtturm-Gesellschaft ausgedehnte kostenfreie juristische Dienste und Hilfestellungen durch juristisches Wachtturm-Personal (siehe Wachtturm-Gesellschaft, Unser Königreichsdienst, Aug. 1992, Band 35, Nr. 8, Seite 7 und Feb 1996, Seite 3). Weil sich mehrere Vollzeitanwälte der Wachtturm-Gesellschaft auf die Verteidigung von Zeugen in Sorgerechtsfällen konzentrieren, haben sie auf diesem Gebiet ein enormes Maß an Erfahrung und Sachkenntnis entwickelt und wissen, wie man mit Gerichten zum eigenen Vorteil umgehen muss.
Walker (1990) kommt in seiner Untersuchung des Sorgerechtsbuches und der mit diesem Thema in Verbindung stehenden Wachtturm-Briefe zu dem Schluss, dass die Wachtturm-Gesellschaft den Zeugen rät, in einem derartigen Maße vor Gericht ein eindeutig unwahres Bild zu zeichnen, dass sie in bestimmten Situationen „vor Gericht das genaue Gegenteil von dem sagen sollen, was sie normalerweise im Königreichssaal sagen würden (Seite 7). Ein Beispiel sind die Wachtturm-Broschüre Die Schule und Jehovas Zeugen und offizielle Lehren, in denen jahrelang offen die Beteiligung von Zeugenkindern am organisierten Sport und allen außerschulischen Aktivitäten, Hobbys und akademischer Bildung verurteilt wurde, weil diese Zeit prinzipiell der Verfolgung von Wachtturm-Interessen dienen sollte. Die Wachtturm-Gesellschaft weist die Zeugen allerdings an, vor Gericht das genaue Gegenteil von dem anzudeuten, was sie tatsächlich glauben (Walker, 1990, Seite 23). Im Fall Tanya A. Stevens gegen Max P. Stevens (Bezirksgericht des 5. Gerichtshofes des Staates Idaho, in Blaine, Fall Nr. CV-96-2858 Urteil 10-17-96 für Max Stevens, Beklagter) entschied der Richter:
Es ist dem besten Interesse oder dem Wohl der Kinder abträglich, sie zu lehren, dass ihr Vater, ein Nichtzeuge, nicht das Recht auf die ganze Wahrheit hat, oder dass es richtig ist, die Wahrheit vor Gottes Feinden zu verbergen (insbesondere vor Gericht). Weder Tanya noch jemand anders oder eine Partei dürfen das. (Seite 42)
Richter Bouska aus Kansas City kam nach einer Durchsicht der Wachtturm-Broschüre als Teil eines Falles vor seinem Gericht zu dem Schluss, dass die Broschüre „dazu bestimmt war und die Zeugen ermuntert, einige ihrer wirklichen Glaubenssätze zu verbergen und das Gericht darüber irrezuführen, was ihre Überzeugungen und Praktiken in Bezug auf ihre Kinder tatsächlich sind.“ Er schloss auch, dass die Wachtturm-Gesellschaft lehrt, es sei „nichts Verkehrtes an der Religion, wie ich sie verstehe, wenn sie jemanden, der kein Zeuge Jehovas ist, irreführt oder sogar anlügt“ (Witness, Inc., 1994). Kurz gesagt, die Wachtturm-Gesellschaft „ermuntert ihre Anhänger, sich ihre Aussage aus den Fingern zu saugen“ (zitiert in Montgomery, 1992, Seite 14). Die Bedeutung, wie Raines bemerkt, ist, dass:
Richter Sorge- und Besuchsrechte dem Eltern- oder Großelternteil, der kein Zeuge ist, zugestanden haben, wenn die schädliche und einschränkende Natur, d.h. die „sektiererischen“ Verhaltensweisen und Methoden der Gruppe frei vor Gericht besprochen und dokumentiert werden. Das schließt den Gebrauch der theokratischen Kriegsführung von Zeugen Jehovas vor Gericht ein. In ihrer Broschüre Preparing for Child Custody Cases tritt die Gesellschaft eindeutig dafür ein, dass die Zeugen vor Gericht einen Meineid leisten, indem sie dem Gericht falsche und irreführende Informationen über die Überzeugungen und Praktiken der Zeugen geben. Das ist leicht zu belegen ... sehr zum Ärger der Wachtturm-Gesellschaft. Deshalb ist die Wachtturm-Gesellschaft gezwungen, ihre Haltungen zu ändern. Gerichte haben kein vorteilhaftes Bild von Gruppen, die das Wachstumspotential bei Kindern einschränken, indem sie eine akademische Ausbildung, Sport und außerschulische Clubs und Organisationen verbieten oder davon abraten (Raines, 1996, Seite 30).
Die Zeugen rechtfertigen dieses Täuschen vor Gericht mit der oben besprochenen Lehre von der theokratischen Kriegsführung, nach der das Lügen (oder in den Worten der Wachtturm-Gesellschaft: das Zurückhalten der Wahrheit) richtig ist, wenn dadurch die Interessen der Wachtturm-Gesellschaft verteidigt werden. Zu dieser Rechtfertigung gehören auch Bemühungen, frühere Lehren abzustreiten, eine Taktik, die einige Auswirkung auf die gegenwärtige Lehre hat. Zum Beispiel mag die Wachtturm-Gesellschaft gewisse frühere Ansichten hintanstellen, so, dass nur die Zeugen Jehovas Gott gefallen und die Gabe ewigen Lebens verdienen können, und dass alle Regierungen, Religionen und Unternehmen außer ihren eigenen von Satan kontrolliert werden.
Wenn gefragt, ob andere Religionen Harmagedon überdauern werden, schlägt die Wachtturm-Gesellschaft folgende Antwort vor: „Diese Entscheidung trifft Jehova, nicht wir.“ Sie versucht zwar, mögliche Bekehrte und andere nicht verärgern, tatsächlich aber lehrt die Wachtturm-Gesellschaft, dass nur getaufte Wachtturm-Anhänger in gutem Ruf Harmagedon überleben werden. (Bergman, 1999). Das offizielle Wachtturm-Buch Du kannst für immer im Paradies auf Erden leben lehrt ganz klar, dass nur eine Religion die wahre ist, alle anderen Religionen sind falsch, und alle Personen in falschen Religionen werden bald vernichtet:
Gebrauchte Jehova zu irgendeiner Zeit mehr als eine Organisation? In Noahs Tagen hatten nur Noah und diejenigen, die bei ihm in der Arche waren, Gottes Schutz und überlebten die Sintflut (1. Petrus 3:20). Auch im 1. Jahrhundert gab es nicht zwei oder mehrere Christenorganisationen. Gott handelte nur mit einer. Da waren nur „ein Herr, ein Glaube, eine Taufe“ (Epheser 4:5). Und so sagte Jesus Christus voraus, dass es auch in unseren Tagen nur einen Quell geistiger Belehrung für Gottes Volk gebe ... Denke nicht, es gebe verschiedene Wege, die du gehen könntest, um in Gottes neuem System Leben zu erlangen. Es gibt nur einen. Es gab nur eine Arche, die die Sintflut überstand, nicht mehrere. Und es wird nur eine Organisation — die sichtbare Organisation Gottes — geben, die die schnell herannahende „große Drangsal“ überleben wird. Es ist einfach nicht wahr, dass alle Religionen an das gleiche Ziel führen … Wenn du mit ewigem Leben gesegnet werden möchtest, musst du zu Jehovas Organisation gehören und seinen Willen tun (Wachtturm-Gesellschaft, 1982, Seiten 193, 255-256).
In einer ausgezeichneten Zusammenfassung der Broschüre Preparing for Child Custody bemerkt das ehemalige Mitglied der leitenden Körperschaft Raymond Franz, die 60-Seitige Broschüre sei ein Leitfaden für Zeugen, die vor Gericht aussagen. Die Broschüre…
... greift schwierige Fragen auf, die die gegnerische Seite möglicherweise stellt, und bietet Musterantworten an … Wachtturm zum Thema Ehrlichkeit ... Sind wir wirklich wahrheitsliebend, oder sind wir bereit, die Wahrheit ein klein wenig zu verdrehen, um einer unbequemen Lage zu entgehen oder etwas zu erlangen, was wir haben möchten … Zum Vergleich dazu einige der Antworten, die in der Anleitung der Gesellschaft vorgeschlagen werden. Unter „WIE SICH ELTERN, DIE ZEUGEN SIND, IN EINEM KREUZVERHÖR VERHALTEN SOLLTEN“ finden wir diese Frage und den Antwortvorschlag ... Werden alle Katholiken (oder andere) vernichtet?… [Und die vorgeschlagene Antwort auf Seite 12 ist]: Diese Entscheidung trifft Jehova, nicht wir. Das hört sich gut an, so als wäre es frei von jeder dogmatischen oder richtenden Einstellung. Doch der Zeuge, der so antwortet, weiß, dass die Schriften seiner Organisation eindeutig lehren, dass nur diejenigen die „große Drangsal“ überleben, die zu „Jehovas Organisation“ gehören, und dass alle, die nicht zu dieser Organisation kommen, die Vernichtung zu erwarten haben. (Franz, 1991, Seite 256)
Dann bewertet Franz den Abschnitt „VERNEHMUNG VON ÄLTESTEN DER ORTSVERSAMMLUNG UND ANTWORTEN“, in dem die Broschüre in Klammern die „richtigen“ Antworten auf übliche Fragen gibt:
Welche Haltung nimmt die Kirche [damit ist die Religion der Zeugen Jehovas gemeint] gegenüber Menschen aus anderen Religionen ein? (Jesus lehrte, den Nächsten wie sich selbst zu lieben, das schließt alle ein; wir achten das Recht anderer auf Anbetung nach ihrer Wahl.) … Lehrt die Kirche, dass junge Menschen nur etwas über die Religion der Zeugen Jehovas erfahren sollten? (Nein. Beachte die folgende objektive Betrachtung anderer Religionen in unseren Publikationen.). (Franz, 1991, Seite 256)
Franz merkt zu diesem Abschnitt des Büchleins an, die Wachtturm-Gesellschaft lasse eine erhebliche Toleranz in Bezug auf Religionen erkennen, aber...
… Auch diese Antworten zeigen eine beträchtliche Toleranz und sogar ein sehr weltoffenes Denken. Und doch weiß der Älteste, der so antwortet, wiederum, dass seine Religion lehrt, die „Menschen aus anderen Religionen“ befänden sich allesamt in „Babylon der Großen“, dem Weltreich der falschen Religion, das in der Bibel als „große Hure“ bezeichnet wird; dass die Anbetung, für die sie sich entschieden haben, als unchristlich angesehen wird und dass sie Vernichtung zu erwarten haben, wenn sie in ihr bleiben. Er weiß auch, dass man den Zeugen den dringenden Rat gibt, keine gesellschaftlichen Beziehungen mit diesen „Menschen aus anderen Religionen“ zu haben, da dies einen „verderblichen“ Einfluss habe, und dass der einzige Umgang, der gutgeheißen wird, der ist, wenn man ihnen „Zeugnis gibt“ und hofft, dass sie ihre Religion wechseln. Er weiß, dass alle Artikel, die in der Broschüre genannt werden, die negativen Seiten der besprochenen „anderen Religionen“ betonen, und dass die Organisation davon abrät, Literatur zu lesen, die direkt von anderen Religionen stammt. Nur das, was sie selbst über diese Religionen veröffentlicht, wird als ungefährlicher Lesestoff angesehen. (Franz, 1991, Seiten 256-257).
Zusammenfassend kommt Franz zu dem Schluss, Leute, denen man diesen Rat gibt…
... wissen sicher, dass man sie auffordert, eine Haltung an den Tag zu legen, die sich sehr von der unterscheidet, die man ihnen in Wachtturm-Schriften aufzwingt. Wenn sie die Wahrheit reden, ohne sie ‚ein klein wenig zu verdrehen‘, braucht man ihnen nicht zu sagen, sie sollten etwas anderes als bei einem Kreiskongress – oder sonstwo – sagen. (Franz, 1991, Seite 257).
Dieser Autor beweist, dass die Zeugen und ihre Anwälte regel- und routinemäßig dem Rat der Broschüre folgen und das Gericht im Zeugenstand täuschen. MacGregor, der bei vielen Sorgerechtsfällen von Zeugen Jehovas Sachverständiger war, schließt:
Ihr Lebensgefährte (oder Exgefährte), der ein Zeuge Jehovas ist, versucht verzweifelt, das Sorgerecht für die Kinder zu bekommen. Seien Sie auf das Schlimmste vorbereitet. Viele standen vor falschen Anschuldigungen, gegen die man sich schwer verteidigen kann. Sie wollen beweisen, dass Sie als Elternteil „ungeeignet“ sind. Sie werden starke Leumundszeugen brauchen, die Sie mit Ihren eigenen Kindern beobachtet haben ... Sie haben ihre eigenen juristischen Fachleute zur Verfügung, und Ihr Lebensgefährte und die Kinder werden Nachhilfeunterricht erhalten, was sie vor Gericht sagen sollen. Wenn Sie oder Ihr Anwalt nicht vorbereitet sind, werden Sie Ihre Kinder verlieren!
... Sie werden ohne Zögern lügen, auch unter Eid. Sie haben eine Lehre, die sich „Gerechtfertigtes Lügen“ nennt, dass man nämlich nur denen die Wahrheit sagen muss, „die ein Recht darauf haben“. Gerichte, Justizsystem, Familienfürsorge, die Ex-Lebensgefährten usw. verdienen nicht, die Wahrheit zu erfahren, weil sie der Organisation „Jehovas“ Widerstand leisten oder ihr nicht angehören. Nach dem Denken der Zeugen Jehovas gehören sie alle Satan an, und es ist in Ordnung, ihn oder sein Volk zu belügen, um „Jehova“ und seine irdische Organisation [die Wachtturm-Gesellschaft] zu schützen ... Den Kindern wird alles mögliche gesagt, um ihnen Angst zu machen, sich mit Ihnen, der sie „böse“ sind, einzulassen. Man wird mit ihnen einstudieren, was sie über Sie vor Gericht sagen sollen. Selbst wenn die Gerichte verbieten, dass die Kinder während der Besuchszeiten religiöse Dinge lernen, werden die Kinder angewiesen, Sie zu „hassen“, weil Sie ein Gegner ... der Organisation Gottes sind (MacGregor, 1994, Seite 4).
Hier ein Beispiel für die Anwendung dieser Lehre vor Gericht; eine Nichtzeugin unterstützt ihre Freundin:
Ich wusste, dass die Wachtturm-Gesellschaft sehr sorgfältig kontrollierte, was in Gerichtssälen gesagt wurde … Ich hatte die von ihnen zusammengestellte Broschüre über Sorgerechtsfälle gesehen. Aber erst, als ich im vergangenen Juli zwei Wochen lang, jeden Tag, in einem Sorgerechtsfall im Gericht verbrachte, erkannte ich das Ausmaß, in dem die Zeugen Jehovas ihre Taktik der theokratischen Kriegsführung anwenden … Ich kam herein, um der Familie eine moralische Stütze zu sein und um im Prozess mitzuschreiben, so dass die Familie sich später darauf beziehen könnte … Ich konnte nicht glauben, was meine Finger tippen mussten, so verblüffend dreist waren ihre Lügen. Da die Zeugen Jehovas glauben, dass jeder, der ein Feind „Jehovas“ ist, „kein Recht hat, die Wahrheit zu erfahren“, und das sind im Grunde genommen alle, die keine Zeugen Jehovas sind, alle Regierungen und Regierungsvertreter wie Richter, fuhren sie fort, vor diesem Richter unter Eid zu lügen, Lügen und Halbwahrheiten zu erzählen! … Zwei geschlagene Wochen lang … Personen, die gegen die Zeugen Jehovas vor Gericht gehen, sollten NICHTS annehmen – insbesondere nicht, dass sie fair oder offen sind. Sie glauben, dass sie sich in einem Krieg befinden, und dass „Gottes Feinde“ anzulügen das ist, was er [Gott] von ihnen will, und Gottes Feinde – in diesem wie allen anderen Fällen – sind alle, die keine Zeugen Jehovas sind. (Anonym, Brief veröffentlicht in Comments from the Friends, 1999, Seite 9)
Zeugen dürfen zum Beispiel unter Eid aussagen, dass sie kein Problem damit haben, den Kindern zu erlauben, Feiertage zu begehen, mit „weltlichen Kindern“ zu spielen, am Schulsport teilzunehmen, aufs College zu gehen oder eine Bluttransfusion zu erhalten, falls es das Leben des Kindes bedeutet; sie dürfen dann auch fälschlich behaupten, die sei kein Vergehen, das zu einem Gemeinschaftsentzug führt (Bergman, 1994). Einige erklären, sie würden wenigstens ihrem Exgefährten erlauben, die Entscheidung zu treffen (das würde dann praktisch bedeuten, dass das Kind die Bluttransfusion erhalten darf), selbst wenn das den Wachtturm-Vorschriften widerspricht, an die man sich auf die Gefahr eines Rauswurfs hin halten muss:
Wird ein Christ aufgefordert, sich mit etwas einverstanden zu erklären, was eine Verletzung des Gesetzes Gottes — eines höheren Gesetzes — darstellen würde, so wäre das göttliche Gesetz vorrangig; es hätte Priorität ... [Und würde ein Gericht] ... einem Christen ein Bluttransfusion aufzwingen ... sollten Christen denselben Standpunkt einnehmen wie der Apostel Petrus: „Wir müssen Gott, dem Herrscher, mehr gehorchen als den Menschen“ (Apostelgeschichte 5:29) ... [und wären] absolut entschlossen, Gott zu gehorchen, auch wenn ihnen die Regierung eine gegenteilige Anweisung erteilte (Wachtturm, 15. Juni 1991, Seite 31).
Die Gesellschaft betont das Maß, in dem diese Wachtturm-Vorschrift erzwungen wird, indem das Beispiel eines 12-Jährigen Mädchens vorgeführt wird. Dieses Mädchen...
ließ keinen Zweifel darüber aufkommen, dass sie sich mit aller ihr zu Gebote stehenden Kraft gegen eine gerichtlich angeordnete Bluttransfusion zur Wehr setzen würde, dass sie schreien und kämpfen und die Kanüle aus dem Arm herausreißen und versuchen würde, die Blutkonserve über ihrem Bett unbrauchbar zu machen. Sie war fest entschlossen, [der Wachtturm-Auslegung des] göttlichen Gesetzes zu gehorchen. (Wachtturm, 15. Juni 1991, Seite 31)
Ein Problem für die Wachtturm-Gesellschaft ist, dass es keine Bibelstelle gibt, die eindeutig und direkt die medizinische Verwendung von Blut oder irgendwelche anderen Organtransplantationen verurteilt, viele Schriftstellen aber seine Verwendung gutheißen, um Leben zu retten (Bergman, 1999). Selbst die Gesellschaft hat früher Bluttransfusionen erlaubt – erst 1961, fast ein Jahrhundert nach Gründung der Gesellschaft, wurde sie zu einem Vergehen, das einen Gemeinschaftsentzug nach sich zieht (Watchtower, 15. Januar 1961, Seiten 63-64). Der Durchschnittszeuge akzeptiert diese Lehränderung wegen der Lehre über das „neue Licht“, das heißt, er glaubt, Gottes Wille werde fortschreitend durch die Wachtturm-Gesellschaft offenbart. Zur Notwendigkeit, Transfusionen zu vermeiden, gehört auch, dass man sich nicht in eine Position begibt, wo eine Transfusion stattfinden könnte. Und wenn eine von einem Gericht angeordnete Transfusion wahrscheinlich ist, muss ein Zeuge...
äußerst energisch bemüht [sein], Gottes Gesetz über das Blut nicht zu übertreten. [Und wenn] er von der Obrigkeit als Gesetzesbrecher betrachtet oder strafrechtlich verfolgt wird ... könnte der Christ die Sache so ansehen, als leide er um der Gerechtigkeit willen. (Wachtturm, 15. Juni 1991, Seite 31).
Wie Duron anmerkt, werden die Zeugen angewiesen, eher zu sterben, als sich einer Transfusion zu unterziehen:
Die Zeugen erklären selten in knappen Worten, dass sie nicht zögern würden, ihre minderjährigen Kinder eher sterben zu lassen, als dem Kind zu erlauben, eine Bluttransfusion zu erhalten (1991, Seite 18).
Die Wachtturm-Anwältin Wah sagte unter Eid aus, sie habe Erwachsene in zwei Situationen vertreten:
… einmal waren sie bei Bewusstsein und urteilsfähig, und es wurde ein Gerichtsbeschluss erreicht, der die Ärzte ermächtigte, ihnen eine Transfusion zu geben. Meine Meinung dazu ist, dass ein solcher Beschluss auf ungesetzliche Weise erreicht wurde und der Christ, als Erwachsener, dagegen kämpfen würde – auch körperlich … Ich denke, die beste Analogie dazu wäre eine Vergewaltigung. Als Erwachsener durch einen Gerichtsbeschluss vergewaltigt zu werden – ein solcher Gerichtsbeschluss würde das nicht rechtfertigen. Aber die Situation wäre ganz anders, wenn ich ein minderjähriges Kind unter einem solchen Gerichtsbeschluss hätte, das wäre dann eine andere Situation im Sinne von Selbstverteidigung … (Hetrick gegen Hetrick, Court of Common pleas of Blair County, PA, Nr. 2240 CP, 1991, Seite 234, Aussage Wah).
Wenn eine Bluttransfusion ebenso schwerwiegend ist wie eine Vergewaltigung, wie Wah behauptet, dann würde man kaum jemanden sein Kind „vergewaltigen“ lassen!
Eine weitere betrügerische Argumentationslinie, zu der die Wachtturm-Gesellschaft nicht selten greift, ist, zu sagen, ihre Ablehnung einer Bluttransfusion sei vernünftig. Es gebe ja das AIDS-Risiko, und auf lange Sicht gesehen sei die Entscheidung medizinisch weise. Sie führt oft Fälle von Personen an, die sich durch eine Bluttransfusion AIDS zuzogen, aber normalerweise verdreht sie die Beweise grob und versucht vorsätzlich, ihren Anhängern Angst zu machen. Amerikanische Blutbänke begannen im März 1985, das Blut auf AIDS hin zu screenen, und seither wurden bei „über 120 Millionen Bluttransfusionen ... anscheinend nur 21 Leute mit HIV infiziert“, und die Beziehung zwischen HIV und AIDS wird noch nicht verstanden (Nixon, 1993, Seite 3). Die Wahrscheinlichkeit, sich in den USA bei einer einzigen Bluttransfusion HIV zuzuziehen, wird heute grob als eins zu einer Viertelmillion angesehen, und neue Testverfahren haben „das Risiko, sich bei einer Transfusion mit dem Hepatitis B-Virus anzustecken, dramatisch gesenkt“ (Carlson, 1996; Rutherford und Kaplan, 1995). Das Sicherheitsniveau liegt in den USA heute so hoch, dass autologe Transfusionen anstatt allogener (mit Spenderblut) kaum noch empfohlen werden (Rutherford und Kaplan, 1995).