Am 9. März 1998, nur zwei Wochen nachdem diese Webseite über diese Domain online gegangen ist, reichte die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bei der deutschen Domainvergabestelle ihren Anspruch auf die Domain mormonen.de über ihren Frankfurter Anwalt schriftlich ein.

Dies führte zur Registrierung dieses Anspruchs, was gewisse Einschränkungen bei der Verfügung über die Domain durch den Besitzer zur Folge hatte, welche immer ein Jahr aufrechterhalten bleiben, um den Anspruch gerichtlich oder außergerichtlich klären zu können. Damit hatte die HLT-Kirche die Rechtsstreitigkeit um diese Domain eröffnet.

Drei Monate später wurde mir diese Sachlage vom HLT-Anwalt in Verbindung mit der Androhung einer Klage bei Verweigerung einer Übergabe schriftlich mitgeteilt. Nach der Einschaltung eines Spezialanwaltes versuchte es die HLT-Kirche mit einer letzten Drohung, anschließend brach der Kontakt ab. Meiner Forderung nach Rücknahme ihres schriftlich eingereichten Anspruchs auf das exklusive Nutzungsrecht für den Begriff Mormonen kam sie jedoch nicht nach. Die damit verbundenen Restriktionen sind nach einem Jahr verfallen, und die HLT-Kirche hat es nicht gewagt, die angedrohte Klage tatsächlich einzureichen. Damit betrachte ich diesen Rechtsstreit als beendet.

Seit es mormonen.de gibt, hat die HLT-Kirche sämtliche andere Domains mit mormonenbezogenen Namen aufkaufen lassen. Es hat sich auch als richtig herausgestellt, daß die angeblich notwendige Eigennutzung dieser Domain eine dreiste Lüge war, denn innerhalb des oben erwähnten Jahres wurde eine deutschsprachige HLT-Webseite unter lds.org eingerichtet. Da liegt die Vermutung nahe, daß die Kirchenführung nur versuchte, die Informationen dieser Webseite aus dem Internet zu entfernen.

Dieses Beispiel wirft Licht auf die wahre Einstellung der HLT-Kirche zu Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Es spiegelt aber nicht das Streben der einzelnen Mitglieder der Kirche wieder? Das mag oftmals zutreffen, aber es gibt ganz sicher den Charakter der Kirchenführung wieder. Jede Organisation muß sich an ihren Führern messen lassen, da sie die Führer verdient, die sie selbst hervorbringt.

Aus den Augen, aus dem Sinn? Hier sind die Hintergrundinformationen:

 

Der Schriftwechsel


Brief vom 28.05.1998. Der Anfang von allem.

Erst am 2. Juni 1998 wurde ich mit diesem Anschreiben über den von der HLT-Kirche Anfang März 1998 initiierten Rechtsstreit in Kenntnis gesetzt:

Internet Domain "mormonen.de"

Sehr geehrter Herr Werner,

Ich vertrete ständig die rechtlichen Interessen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Körperschaft des öffentlichen Rechts, in der Bundesrepublik Deutschland. Entsprechende Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert.

Nach einer beim Deutschen Network Information Center (DENIC) in Karlsruhe eingeholten Auskunft sind Sie seit einiger Zeit Inhaber der oben genannten Internet-Domain, unter der Sie meine Mandantin betreffende Inhalte per Internet zugänglich machen.

Namens und im Auftrag meiner Mandantin weise ich Sie darauf hin, daß die Nutzung des Domain-Namens "mormonen.de" eine Verletzung des allgemeinen Namensrechts der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gemäß § 12 BGB darstellt. Sie machen unbefugt vom Namen meiner Mandantin Gebrauch und verletzen damit deren Interessen, da der überwiegende Teil der Internet-Benutzer die Domain mit dem weltweit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zugeordneten Namen "Mormonen" in Verbindung bringen wird.

Die von mir vertretene Kirche beabsichtigt, die Domain "mormonen.de" künftig für eigene Zwecke zu nutzen. Unter Hinweis auf die Namensrechtsverletzung habe ich daher unter dem 09.03.1998 für meine Mandantin über die DENIC eG Frankfurt am Main einen Wartelisteneintrag für Ihre Domain bewirkt.

Ich fordere Sie auf, nunmehr die zur Eigennutzung durch meine Mandantin erforderliche Freigabe der Domain zu erklären. Für die bitte formlos schriftlich an meine Adresse abzugebende Freigabeerklärung habe ich mir eine Frist bis zum 01.07.1998 notiert.

Sollte bis dahin keine Äußerung Ihrerseits erfolgt sein, werde ich meiner Mandantin raten, mir Auftrag zur Erhebung einer Unterlassungsklage zu erteilen.


 

Brief vom 26.06.1998. Meine Antwort an den HLT-Anwalt.

Unter der offenbar unzutreffenden Annahme, daß man diese Angelegenheit auch ohne rechtliche Schritte beilegen könne, habe ich dieses Schreiben an den Anwalt der HLT-Kirche aufgesetzt, ohne meinen Anwalt einzuschalten.

Sehr geehrter Herr [Anwalt],

mit Ihrem Schreiben vom 28.05.1998 forderten Sie mich auf, die Freigabe der von mir genutzten Domain „mormonen.de“ beim Deutschen Network Information Center zu erklären, damit Ihre Mandantin ihr Recht auf Eigennutzung ausüben könne.

Aus historischen Zusammenhängen geht hervor, daß der Begriff „Mormonen“ einen Gattungsbegriff darstellt. Ihre Mandantin, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, läßt sich in diese Gattung einordnen. Ein Namensrecht auf den Gattungsbegriff selbst kann nach § 12 BGB für Ihre Mandantin daraus nicht hergeleitet werden.

Die Erhebung eines Anspruchs durch Ihre Mandantin war von mir nicht vorherzusehen. In allen offiziellen Veröffentlichungen wird der Name der Organisation als „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ wiedergegeben. Die Bezeichnung „Mormonen“ wird hingegen abgelehnt. Sollte Ihre Mandantin diesen Sachverhalt in Bezug auf die Domain „mormonen.de“ anders darstellen, so liegt treuwidriges Verhalten vor.

Aufgrund der dargelegten Zusammenhänge fordere ich Sie auf, den von Ihnen beim DENIC bewirkten Wartelisteneintrag für die Domain „mormonen.de“ löschen zu lassen. Ihre Mandantin wäre auch gut beraten, von einer Klagerhebung zur Durchsetzung des erhobenen Anspruches abzusehen.

Mit freundlichen Grüßen,


 

Brief vom 7.7.1998. Das zweite anwaltliche Schreiben.

Am 15. Juli 1998 ging dieses Schreiben (Seite 2) bei mir ein. Scheinbar ist bereits eine endgültige Entscheidung über die Gangart der HLT-Kirche gefallen.

Internet Domain "mormonen.de"

Sehr geehrter Herr Werner,

Ihr Schreiben vom 26.06.1998, in dem Sie zur Frage der Namensrechtsverletzung durch die von Ihnen genutzte Internet-Domain Stellung nehmen, liegt mir vor. Die darin geäußerte Auffassung, wonach die von mir vertretene Kirche ein Namensrecht an der Bezeichnung "Mormonen" nicht geltend machen könne, andernfalls jedoch treuwidriges Verhalten vorläge, teile ich nicht.

Entgegen Ihrer Ansicht stellt der unbefugte Gebrauch der Bezeichnung "Mormonen" eine Verletzung des Namensrechts meiner Mandantin dar. Als juristische Person des öffentlichen Rechts genießt die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nach geltender höchstrichterlicher Rechtsprechung Namensschutz aus § 12 BGB. Zwar ist "Mormonen" zutreffenderweise nicht die offizielle Eigenbezeichnung meiner Mandantin. Jedenfalls handelt es sich bei der Bezeichnung "Mormonen" aber um ein gleichfalls dem Schutzbereich des § 12 BGB unterfallendes namensartiges Kennzeichen, welches nach allgemeiner Verkehrsanschauung alleine die von mir vertretene Kirche bezeichnet (vgl. Tröger (Hrsg.), Kirchenlexikon, Verlag C.H. Beck, München 1990; Waldenfels (Hrsg.), Lexikon der Religionen, 3. Auflage, Verlag Herder, Freiburg 1996; Bertholet, Wörterbuch der Religionen, 4. Auflage, Verlag Kröner, Stuttgart 1985; Brockhaus u.a. zum Stichwort "Mormonen").

Die von Ihnen vertretene Auffassung, bei der Bezeichnung "Mormonen" handele es sich lediglich um einen Gattungsbegriff ist unzutreffend. An der oben geschilderten Schutzfähigkeit zugunsten meiner Mandantin würde jedoch auch dieses nach geltender Rechtslage nichts ändern. Denn selbst wenn es der Bezeichnung "Mormonen" als Gattungsbezeichnung an der für den Namen wesentlichen Unterscheidungkraft fehlte, so ergäbe doch die zugunsten meiner Mandantin erlangte Verkehrsgeltung abermals eine Schutzfähigkeit gegen unbefugten Gebrauch.

Die behauptete "Treuewidrigkeit" im Verhalten meiner Mandantin vermag ich nicht zu erkennen. Zum einen hat die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Ihnen gegenüber mitnichten einen Vertrauenstatbestand in Hinblick auf das Recht zur Nutzung des Namens "Mormonen" geschaffen. Zum anderen lehnt sie diese Bezeichnung keineswegs kategorisch ab sondern beabsichtigt vielmehr, sich unter dem von Ihnen genutzten Domain-Namen selbst im Internet zu präsentieren.

Namens meiner Mandantin wiederhole ich daher meine Aufforderung, die zur Eigennutzung der Domain "mormonen.de" erforderliche Freigabe zu erklären.

Hierfür setze ich Ihnen eine Frist bis zum 01.08.1998.

Nach erfolglosem Fristablauf werde ich - unter Außerachtlassung Ihrer wohlwollenden Ratschläge - von meinem Klageauftrag Gebrauch machen.

Mit freundlichen Grüßen


 

Brief vom 12.08.1998. Mein Anwalt schreibt zurück.

Nachdem mir der HLT-Anwalt deutlich zu verstehen gegeben hat, daß ihm bereits ein Auftrag zur Klageerhebung erteilt wurde, sah ich mich doch gezwungen, meinen Anwalt einzuschalten. Nach Rücksprache mit dem HLT-Anwalt und mit mir setzte er dieses Antwortschreiben auf:

Domain „mormonen.de“

Sehr geehrter Herr Kollege [Name],

nach Rücksprache mit unserem Auftraggeber teilen wir Ihnen mit, daß sich dieser nicht zu einer Freigabe der im Betreff genannten Internet-Adresse bereit findet. Der Entscheidung unseres Auftraggebers lagen folgende Erwägungen zugrunde:

I. Namensfunktion

Über § 12 BGB ist nach h.M. auch die Internet-Domain geschützt. Dieser Schutz erstreckt sich über den Namen der natürlichen Person hinaus auch auf den von juristischen Personen wie den offiziellen Namen Ihrer Mandantin als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Der Name Ihrer Mandantin lautet jedoch auf „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, nicht auf die Sammelbezeichnung „Mormonen“. Zwar ist anerkannt, daß auch alle anderen namensartigen Kennzeichen, die unabhängig vom gesetzlichen Namen geführt werden, wie etwa Pseudonyme und Phantasiebezeichnungen, unter den Schutz des § 12 BGB fallen können. Schutzfähig ist eine solche Bezeichnung aber nur dann, wenn sie entweder von Natur aus unterscheidungskräftig ist und Namensfunktion besitzt, oder sie diese Eigenschaft durch Anerkennung im Verkehr erworben hat.

    1. Namensfunktion erfüllt die Bezeichnung „Mormonen“ schon deshalb nicht, weil sich Ihre Mandantin auf deren offiziellen Web-Server unter der Internetadresse „www.lds.org“ ausdrücklich von den Bezeichnungen „Mormonen/mormons“ und „mormon church“ distanziert, dies unter Hinweis darauf, daß solche Bezeichnungen sowohl unrichtig als auch verwirrend seien. Damit aber kann die Bezeichnung „Mormonen“ noch keine Namensfunktion erfüllen. Ein solcher Sammelbegriff stünde erst dann unter dem Schutz des § 12 BGB, wenn ihn sich der Namensträger selbst beigelegt hätte, um sich hierdurch von anderen Institutionen zu unterscheiden.
    2. Bei der Bezeichnung „Mormonen“ handelt es sich fernerhin aber auch um einen Gattungsbegriff, welcher im Bereich der Online-Adressen - anders etwa als nach § 8 MarkenG - laut einem Beschluß des OLG Frankfurt/Main WRP 1997, S. 341 f. nicht zu beanstanden ist. Dieser Gattungsbegriff steht für die Glaubensrichtung, die nur unter anderem, keineswegs jedoch ausschließlich durch Ihre Mandantin vertreten wird. Sie steht jedoch nicht für die Identifizierung Ihrer Mandantin und deren Unterscheidung von anderen Institutionen. Vielmehr existieren zur Kenntnis des Unterfertigten allein in Deutschland noch zwei weitere Glaubensgemeinschaften, die dem Oberbegriff „Mormonen“ zuzuordnen wären. Es handelt sich dabei um die „Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ und die „Kirche Christi mit der Elias-Botschaft“.


II.

Unser Auftraggeber hat in Erfahrung gebracht, daß Ihre Mandantin inzwischen einen Wartelisteneintrag bei DENIC erwirkt hat. Da jedoch Ihre Mandantin keinerlei Ansprüche an der streitgegenständlichen Domain für sich geltend machen kann, haben wir Sie aufzufordern, bis längstens 28. August 1998

diesen Wartelisteneintrag durch entsprechende Erklärung gegenüber der Vergabestelle DENIC zurückzuziehen.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen


 

Brief vom 10.09.1998. Das letzte Schreiben aus Frankfurt.

Nach gewährter Fristverlängerung um zwei Wochen schrieb der HLT-Anwalt am 10. September 1998 diesen Brief (Seite 2 und Seite 3). Die Begründungen sind so fadenscheinig, durchsichtig, wahrheitsverzerrend und wenig stichhaltig, daß ich hierauf nicht reagieren konnte, weil offensichtlich keine Annäherung mehr möglich war. So wartete ich lieber auf die Mitteilung über die Klageerhebung, die dann allerdings ausblieb.

Domain "mormonen.de"

Sehr geehrter Herr Kollege [Name],

bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 12.08.1998 danke ich Ihnen für die kollegialerweise gewährte Verlängerung der gesetzten Frist bis zum 11.09.1998. Ich möchte aber auch meinem Bedauern Ausdruck verleihen, daß Ihr Mandant sich in keiner Weise an einer gütlichen Beilegung des Rechtsstreits interessiert zeigt.

Zu den in Ihrem Schreiben geäußerten Auffassungen möchte ich im einzelnen wie folgt Stellung nehmen:

Wie Sie zutreffend ausführen, kommt meiner Mandantin als Körperschaft des öffentlichen Rechts grundsätzlich Namensschutz nach § 12 BGB zu. Jedoch erstreckt sich dieser Namensschutz keineswegs nur auf den offiziellen Eigennamen "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" sondern darüberhinaus auch auf die Bezeichnung "Mormonen". Bei dieser Bezeichnung handelt es sich nämlich um ein gleichfalls durch § 12 BGB geschütztes namensartiges Kennzeichen. Die Bezeichnung "Mormonen" hat zugunsten meiner Mandantin sehr wohl Unterscheidungskraft und Namensfunktion. Namensfunktion erfüllt eine Bezeichnung nach allgemeiner Auffassung immer dann, wenn sie geeignet ist, eine natürliche oder juristische Person bzw. ein Unternehmen mit sprachlichen Mitteln unterscheidungskräftig zu bezeichnen. Wesentliches Merkmal hierbei ist, daß die Bezeichnung auf beteiligte Verkehrskreise "wie ein Name" wirkt. Ebendieses gilt für die Bezeichnung "Mormonen" hinsichtlich meiner Mandantin. Wie Sie den in meinem Schreiben vom 07.07.1998 zur Lektüre empfohlenen Fundstellen in theologischen und allgemeinen Lexika und Wörterbüchern entnehmen können, wird die Bezeichnung "Mormonen" durchgängig einzig und allein mit der offiziellen Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Verbindung gebracht.

Ein Ausschluß der Namensfunktion zugunsten meiner Mandantin kommt auch keineswegs unter dem Aspekt mangelnder Eigenakzeptanz in Betracht. Zum einen ist es schlichtweg unzutreffend, wenn Ihr Mandant davon ausgeht, die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage lehne den Namen "Mormonen" zur Eigenbenutzung kategorisch ab. Gegenteiliges ergibt sich beispielsweise aus zahlreichen Eigenpublikationen der Kirche (z.B. Dr. Peter Wöllbauer, Pioniere ohne Planwagen - Mormonen in Bayern, Neustadt/Donau 1997). Zum anderen ist es mitnichten unabdingbare Voraussetzung für die Bejahung der Namensfunktion, daß meine Mandantin sich die Bezeichnung "Mormonen" selbst beigelegt hat. Vielmehr kommt nach einhelliger Meinung einer Bezeichnung Namensfunktion auch dann zu, wenn wenn sie als Hinweis auf eine Person oder ein Unternehmen Verkehrsgeltung erlangt hat (so RG 163, 238; BGH 15, 109; BGH GRUR 76, 254, 77, 503). Diesbezüglich verweise ich abermals auf die von mir genannten Fundstellen in theologischen und allgemeinen Lexika und die sich daraus ergebende alleinige Zuordnung der Bezeichnung "Mormonen" zu meiner Mandantin.

Aus dem gleichen Grunde bedarf es wohl auch keines weiteren Eingehens auf die fernerhin von Ihrem Mandanten vertretene Auffassung, die Bezeichnung "Mormonen" sei lediglich ein Gattungsbegriff und habe als solcher nicht die für einen Namen erforderliche Unterscheidungskraft. Selbst wenn dies im wesentlichen zutreffend wäre, so ergäbe doch abermals die zugunsten meiner Mandantin bestehende Verkehrsgeltung eine Schutzfähigkeit im Sinne des § 12 BGB. In diesem Zusammenhang sei auch angemerkt, daß es bei der Beurteilung, ob "Mormonen" ein Gattungsbegriff sei, nicht auf die theologischen Fachkenntnisse Ihres Mandanten ankommen kann. Maßgeblich hierfür ist nach ständiger Rechtsprechung alleine die Verkehrsanschauung (vgl. Palandt-Heinrichs § 12 Rdnr. 12). Beurteilungsmaßstab kann damit nur die Erkenntnismöglichkeit des Durchschnittsbürgers sein. Diesem dürfte jedoch die Zugehörigkeit der von Ihnen genannten "Reorganisierten Kirche Jesu Christi der Heiligen Tage" sowie der "Kirche Christi mit der Elias-Botschaft" zu der Bezeichnung "Mormonen" kaum geläufig sein.

In diesem Zusammenhang sei auch folgendes erwähnt: Stände das Recht an der Bezeichnung "Mormonen" tatsächlich auch den genannten Glaubensgemeinschaften zu, so folgt daraus keineswegs automatisch die Berechtigung Ihres Mandanten zur Nutzung des Namens. Ihr Mandant möge darlegen, inwiefern sich das von ihm in Anspruch genommene Namensrecht überhaupt auf ihn erstreckt. Daß Ihr Mandant seine Homepage etwa im Namen einer dieser Gemeinschaften unterhält entzieht sich bislang unserer Kenntnis. Sollte dieses nicht der Fall sein, so kommt ein Recht Ihres Mandanten an der Bezeichnung "Mormonen" jedenfalls aus keinem Rechtsgrund in Betracht.

Bleibt damit festzuhalten, daß die Bezeichnung "Mormonen" das namensartige Kennzeichen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ist, so stellt die Art der Nutzung dieser Bezeichnung durch Ihren Mandanten eine Verletzung des § 12 BGB dar. Ihr Mandant sorgt durch die Verwendung des Domain-Namens "Mormonen" ohne weitern Zusatz für eine sogenannte Zuordnungsverwirrung, welche dem Anwendungsbereich des § 12 BGB unterfällt (vgl. MünchKomm-Schwerdner § 12 Rdnr. 105, 108). Gegenüber dem durchschnittlichen Internet-Benutzer, auf dessen Horizont entsprechend Ihrer Ausführungen in NJW 1997, 1886 ff. ja alleine abzustellen ist, erweckt Ihr Mandant den Anschein, daß meine Mandantin als Namensträgerin selbst die Domain "www.mormonen.de" unterhält.

Diese Einschätzung entspricht auch der ganz überwiegenden Rechtsprechung zu den Fällen der Namensverletzung durch Internet-Adressen. In entsprechender Anwendung der vom LG Mannheim (NJW 1996, 2736) entwickelten Grundsätze ist hinsichtlich der Domain "mormonen.de" davon auszugehen, daß ein nicht unerheblicher Teil der Internet-Benutzer diesen Domain-Namen mit der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in Verbindung bringt und keineswegs mit Ihrem Mandanten. In erster Linie erwartet ein diese Adresse aufsuchender Benutzer hier Informationen von der Glaubensgemeinschaft der Mormonen. Die vom LG Mannheim damit gewählte weite Ausdehnung des Namensschutzes in Bezug auf Internet-Domains hat sich in weiteren Entscheidungen fortgesetzt (vgl. LG Braunschweig NJW 1997, 2687; LG Ansbach NJW 1997, 2688). Demgegenüber hat der vom LG Köln eingeschlagene Lösungsweg und die damit verbundene Außerachtlassung des Domain-Namens als Assoziationsmerkmal nach hiesiger Kenntnis keine Fortführung erfahren.

In Anbetracht dieser Rechtslage kann ich meiner Mandantin schwerlich raten, den erwirkten Wartelisteneintrag für die Domain "mormonen.de" zurückzuziehen. Vielmehr wird die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an dem gegenüber Ihrem Mandanten geltend gemachten Anspruch auf Erklärung der Freigabe der Domain festhalten.

Ihrer Stellungnahme nach erneuter Rücksprache mit Ihrem Mandanten sehe ich entgegen und habe mir hierfür eine Frist bis zum 28.09.1998 notiert. Sollte Ihr Mandant hiernach weiterhin nicht zu einer Freigabe der Domain "mormonen.de" bereit sein werde ich meiner Mandantin zur Erhebung einer Unterlassungsklage raten. Ich weise darauf hin, daß sich meine Mandantin die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für diesen Fall ausdrücklich vorbehält.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen


 

Rechtliche Schritte

Schutzschrift in einem etwaigen einstweiligen Verfügungsverfahren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Deutschland, Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Vorstand - mutmaßliche Antragstellerin - Bevollmächtigte: RAe [Name und Anschrift]

gegen

Herrn Gunar Werner, Heiterblickallee 65, 04329 Leipzig - mutmaßlicher Antragsgegner - wegen: angeblicher Verletzung des Namensrechts durch Verwendung einer Internetadresse

Unter Versicherung ordnungsgemäßer Bevollmächtigung bestellen wir uns zu Verfahrensbevollmächtigten für Herrn Gunar Werner (im folgenden: Antragsgegner) für den Fall, daß die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Abk.: HLT; im folgenden: Antragstellerin) wegen des nachstehend wiedergegebenen Sachverhalts einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung stellen sollte. Für diesen Fall beantragen wir,

    1. Einen etwaigen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung abzuweisen;
    2. hilfsweise: über einen etwaigen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung nicht ohne vorherige mündliche Verhandlung zu entscheiden;
    3. für den Fall der Abweisung des Verfügungsantrages oder seiner Zurücknahme: der Antragstellerin die Kosten des Verfügungsverfahrens einschließlich derjenigen aufzuerlegen, die durch die Hinterlegung dieser Schutzschrift entstanden sind.

Wir sind damit einverstanden, daß
    • der Termin zur mündlichen Verhandlung unter Abkürzung der Ladungsfrist bestimmt wird;
    • der Antragstellerin die vorliegende Schutzschrift zugänglich gemacht wird, sofern diese einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung stellen sollte.

Begründung:

I. Sachverhalt

Zwischen den Parteien besteht Streit über die Befugnis des Antragsgegners, die Bezeichnung „http://www.mormonen.de“ als private Internetadresse für eine kritische, indes durchaus sachliche und um Objektivität bemühte Website zu den Inhalten und Themen der Antragstellerin zu verwenden.

Hierbei vertritt die Antragstellerin die Auffassung, durch den Gebrauch des Sammelbegriffs „Mormonen“ in ihrem Namensrecht aus § 12 BGB verletzt zu sein, während der Antragsgegner der – u.E. zutreffenden (hierzu sogleich unten II) – Ansicht ist, es handele sich bei dem Sammelbegriff „Mormonen“ um eine Gattungsbezeichnung für sämtliche Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft, von denen die Antragstellerin, die sich in ihren offiziellen Mitteilungen an die Öffentlichkeit und ihre privaten Mitglieder selbst ausdrücklich von der Bezeichnung „Mormonen“ distanziert, nur ein Teil dieses Sammelbegriffs sein könne. Der Antragsgegner vermutet, mit seiner kritischen Auseinandersetzung im World Wide Web „mundtot“ gemacht werden zu sollen.

Die Antragstellerin ließ den Antragsgegner mit Anwaltsbrief vom 28. Mai 1998 – anbei in

Anlage B 1

– zur Freigabe der streitgegenständlichen Internetadresse auffordern. Der Antragsgegner ließ die darin gesetzte und auch eine weitere zum 01. August 1998 gesetzte Frist aus den nachfolgend unter II. dargestellten Erwägungen heraus verstreichen.

II. Namensfunktion

Über § 12 BGB ist nach h.M. auch die Internet-Domain geschützt. Dieser Schutz erstreckt sich über den Namen der natürlichen Person hinaus auch auf den von juristischen Personen wie den offiziellen Namen der Antragstellerin als Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Der Name der Antragstellerin lautet jedoch auf „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“, nicht auf die Sammelbezeichnung „Mormonen“. Zwar ist anerkannt, daß auch alle anderen namensartigen Kennzeichen, die unabhängig vom gesetzlichen Namen geführt werden, wie etwa Pseudonyme und Phantasiebezeichnungen, unter den Schutz des § 12 BGB fallen können. Schutzfähig ist eine solche Bezeichnung aber nur dann, wenn sie entweder von Natur aus unterscheidungskräftig ist und Namensfunktion besitzt, oder sie diese Eigenschaft durch Anerkennung im Verkehr erworben hat.
    1. Namensfunktion erfüllt die Bezeichnung „Mormonen“ schon deshalb nicht, weil sich die Antragstellerin auf deren bislang einzigem offiziellen (englischsprachigen) Web-Server unter der Internetadresse „http://www.lds.org“ – Internetausdruck zum Zwecke der Glaubhaftmachung anbei in Anlage B 2
      – ausdrücklich von den Bezeichnungen „Mormonen/mormons“ und „mormon church“ distanziert, dies unter Hinweis darauf, daß solche Bezeichnungen sowohl unrichtig als auch verwirrend seien. Wir legen zur Glaubhaftmachung in Anlage B 3
      die offizielle Distanzierungserklärung und die entsprechende Aufforderung der HLT-Kirche an ihre Mitglieder vor, wie sie unter der URL „http://www.lds.org/Global_Media_Guide/Media_Style_Guide.html“ im Internet abrufbar ist.
    2. Damit aber kann die Bezeichnung „Mormonen“ noch keine Namensfunktion erfüllen. Ein solcher Sammelbegriff stünde erst dann unter dem Schutz des § 12 BGB, wenn ihn sich der Namensträger selbst beigelegt hätte, um sich hierdurch von anderen Institutionen zu unterscheiden.
    3. Bei der Bezeichnung „Mormonen“ handelt es sich fernerhin aber auch um einen Gattungsbegriff, welcher im Bereich der Online-Adressen – anders etwa als nach § 8 MarkenG – laut einem Beschluß des OLG Frankfurt/Main WRP 1997, S. 341 f. nicht zu beanstanden ist. Dieser Gattungsbegriff steht für die Glaubensrichtung, die nur unter anderem, keineswegs jedoch ausschließlich durch die Antragstellerin vertreten wird. Sie steht jedoch nicht für die Identifizierung der Antragstellerin und deren Unterscheidung von anderen Institutionen oder gar Splittergruppen ihrer Glaubensrichtung. Vielmehr existieren – was zwischen den Parteien unstreitig und im übrigen auch gerichtsbekannt sein dürfte – allein in Deutschland noch zwei weitere Glaubensgemeinschaften, die dem Oberbegriff „Mormonen“ zuzuordnen wären. Es handelt sich dabei um die „Reorganisierte Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ und die „Kirche Christi mit der Elias-Botschaft“.
III. Rechtslage

Die Antragstellerin hat kein eigenes Interesse an der von ihr beanspruchten Domain. Ihr Ziel ist die bloße Freihaltung dieser Adresse. Der Antragsgegner seinerseits bietet einen rein privaten Informationsserver an. Er beabsichtigt weder die Blockade der Antragstellerin aus unbilligen Erwägungen heraus, noch gedenkt er, im Stile eines „Domain-Grabbing“ die Freigabe der Domain von der Zahlung eines bestimmten Geldbetrages oder sonstigen Zugeständnissen abhängig zu machen. Damit scheiden Ansprüche auf Freigabe aus § 12 bzw. §§ 823 Abs. 1, 826, 226 i.V.m. 1004 BGB aus.

[gez.]

Rechtsanwalt

Anlagen B 1 – B 3

Einblicke in die Sach- und Rechtslage

§ 12 BGB

§ 12. [Namensrecht] Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, daß ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

Was ist eine Domain?

Eine Domain ist ein weltweit einzigartiger Name eines Computers, manchmal auch nur eines Servers auf einem Rechner.

Um die Einzigartigkeit zu garantieren, gibt es verschiedene Ebenen, auf denen diese Namen vergeben werden. Sogenannte Top-Level-Domains sind z.B. com, org oder de. Nur eine Organisation ist für die Verteilung innerhalb einer Top-Level-Domain zuständig, z.B. Internic, Denic usw. Verteilt werden durch sie die sogenannten Second-Level-Domains.

Jeder ist nun berechtigt, eine solche Second-Level-Domain unter einer bestimmten Top-Level-Domain zu kaufen. Das ist dann ein möglichst kurzer, aber bezeichnender Name. Unter dieser Domain kann sich der Besitzer je nach Notwendigkeit weitere Ebenen einrichten, wobei auch dort jeder volle Name einmalig sein muß.

Für den primären Webserver hat sich die Bezeichnung www eingebürgert, deshalb finden wir das Webangebot des Eigentümers der Domain meist unter diesem Namen, obwohl dies nur ein Scheinname, ein sogenannter Alias sein kann. Es können aber auch mehrere HTTP-Server unter verschiedenen Namen innerhalb einer Second-Level-Domain vorhanden sein.

Wer hat das Recht auf einen Domainnamen?

Streit um Domainnamen ist nichts Neues. Das resultiert aus der begrenzten Anzahl kurzer und einprägsamer Namen. Da es jeden Namen nur einmal geben kann, hat sich ein first-come-first-serve-System entwickelt; oder zu gut deutsch: wer zuerst kommt, malt zuerst.

Große und wichtige Organisationen haben die Wichtigkeit des Internets schnell erkannt und mit ihrer finanziellen Basis konnten sie sich die wichtigsten Namen bei ihrer Vergabestelle sichern. Kleinere Organisationen und solche, die zu spät kommen und die gleichen Namen oder Abkürzungen verwenden wollen, müssen auf einen anderen, meist längeren Titel zurückgreifen. Eine verbreitete Variante ist name-online. Eine andere Möglichkeit besteht im Ausweichen auf eine andere Top-Level-Domain. So wäre z.B. eine Domain name.com statt name.de denkbar. Zwar sind die meisten Abkürzungen unter com, org und net bereits von amerikanischen Firmen belegt, aber deutsche Namen haben durchaus noch gute Chancen. Deshalb greifen viele Unternehmen auf diese Möglichkeit zurück.

Hat eine größere Organisation den Start ins Internet verschlafen und der Name ist bereits vergeben, hat auch sie kein Recht, den Namen für sich zu beanspruchen. Falls sie andere Möglichkeiten als unakzeptabel ansieht, so bleibt noch die finanzielle Einigung mit dem Inhaber der Domain. Je nach Nachfrage kann dies aber recht kostspielig werden. Natürlich steht der Organisation noch das Einklagen auf dem Rechtsweg offen. Das hat aber neben der Dauer des Verfahrens noch den Nachteil einer ausgesprochen schlechten Aussicht auf Erfolg.

Richterliche Entscheidungen aus der Internet-Gründerzeit

Um die hier erläuterten Fälle etwas zu unterlegen, seien einige Beispiele angeführt. Die meisten derartigen Fälle stammen aus dem Ursprungsland des Internet.

Ein extremes Beispiel für die Unantastbarkeit der Domainnamen ging durch die amerikanische Presse, weil sich der Präsident der USA persönlich dafür einsetzte, ihm war aber kein Erfolg beschert. Die Rede ist über whitehouse.com. In den USA haben Regierungsstellen nämlich die Top-Level-Domain gov, das Weiße Haus hat daher whitehouse.gov. Natürlich hätte das Weiße Haus auch die Domain whitehouse.com kaufen können, hat es aber nicht. Statt dessen ist dies heute eine Porno-Adresse. Die Richter entschieden, daß dies nicht rechtswidrig ist. Nur wenn sie vorgespiegelt hätten, das Weiße Haus zu sein, hätte ein rechtswidriges Verhalten vorgelegen. Auch weniger prominente Kläger mußten sich solchen Urteilen beugen.

Zu dieser Entscheidungsfindung gibt es aber auch eine Ausnahme. So verbot ein amerikanisches Gericht die Nutzung der Domain planned-parenthood.com für eine Webseite gegen Abtreibung. Eine Organisation, die sich für die geplante Elternschaft einsetzt, brachte Informationen zur richtigen Verhütung und zur Abtreibung unter der Domain planned-parenthood.org heraus. Daraufhin erfolgte die Einrichtung von planned-parenthood.com. Das Gericht sah es als erwiesen an, daß die letztere Seite einfach nur eingerichtet wurde, um durch Verwirrung der anderen Webseite zu schaden.

Ein anderes Beispiel unterstreicht die finanzielle Abgeltung einer bereits besetzten Domain. Ein kluger BYU-Student kaufte die Domain windows95.com. Microsoft hatte keine rechtliche Handhabe gegen ihn. Wie man hört, ist er heute mehrfacher Millionär.

Die Rechtsfindung in Deutschland

Erwartungsgemäß gibt es erst sehr wenige Urteile deutscher Gerichte bezüglich Domainnamen, die dann auch etwas konservativer ausfallen als in den Vereinigten Staaten. Generell kann man aber sagen, daß auch hier die Freiheit des Internet hochgehalten wird.

Das wohl bekannteste und interessanteste Beispiel ist der Fall Heidelberg. Als die Stadt Heidelberg sich darauf besann, Informationen im Internet anzubieten, mußte sie feststellen, daß die Domain heidelberg.de schon vergeben war. Sie klagte und bekam recht. Es war aber kein leichtes Urteil. Denn die Domain trägt den Familiennamen des Inhabers, wodurch dieser unbezweifelt einen Rechtsanspruch nachweisen kann. Allein die außerordentliche Bekanntheit der Gebietskörperschaft Stadt Heidelberg brachte die Richter dazu, der Klage stattzugeben. Dieses Urteil blieb nicht unumstritten, durchbricht es doch die gewöhnliche Entscheidungsfindung. Dennoch hat sie sich bei Namen großer Städte durchgesetzt.

Bei Beteiligung von Firmen spielt meist das Markenrecht eine entscheidende Rolle. So hat Epson ein Recht auf epson.de, aber Burda hat als Verleger der Zeitschrift Freundin keinen Anspruch auf freundin.de. Ausschließlich um Namensrecht ging es im Fall krupp.de. Auch hier hatte der Inhaber einen unbestrittenen Rechtsanspruch. Aufgrund der überragenden internationalen Bekanntheit der Krupp AG und ihrer älteren Rechte gab das Gericht dem Antrag jedoch statt und verurteilte den Domaininhaber zur Aufgabe der Nutzung.

Allgemein läßt sich feststellen, daß deutsche Gerichte der anarchisch ungeregelten Welt des Internet Rechnung tragen und nur in Ausnahmefällen wegen namensrechtlichen Konflikten verurteilen, öfter schon wegen markenrechtlichen Streitigkeiten, da dort die herkömmliche Rechtslage einfacher zu übertragen ist.

Hatte die HLT-Kirche ein Anrecht auf mormonen.de?

Der Hintergrund der angedrohten Klage ist die angeblich mißbräuchliche Nutzung des Wortes Mormonen, was das Namensrecht der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verletze.

Bereits an dieser Stelle wird jedes langjährige Mitglied verdutzt sein, denn zu tief verwurzelt ist die ablehnende Haltung gegenüber dieser Bezeichnung. Es ist gar nicht nachvollziehbar, wann die Kirche diese ablehnende Haltung aufgegeben haben will, wann sie sie als offizielle Bezeichnung hat zulässig werden lassen. Da die HLT-Kirche in ihren offiziellen Veröffentlichungen den Gebrauch dieser Bezeichnung ablehnt, nun aber einen Anspruch darauf erhebt, muß sie sich den Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens gefallen lassen.

Auch die historische Betrachtung läßt starke Zweifel an der angeführten Behauptung aufkommen. Ist es doch bekannt, daß die Kirche, deren Mitglieder unter den Namen Mormonen bekannt waren, mit dem Tod von Joseph Smith in viele Gruppen zerfiel. Die utahansässige Kirche ist nur eine der Splittergruppen, von denen sich viele noch mit dem Gattungsbegriff Mormonen identifizieren. Unter diesen mag die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zwar die größte sein, sie ist aber auch eine mit schwächeren Bindungen an die Nutzung des Begriffes. Theoretisch könnten alle sogenannten Restaurationskirchen, die das Buch Mormon nutzen, einen solchen Anspruch erheben. Das zeigt jedoch, daß sich die HLT-Kirche hier das alleinige Recht zur Nutzung nur aufgrund ihrer Größe anmaßen will.

Glücklicherweise schlägt sich aber diese Tatsache auch darin nieder, daß der Begriff Mormonen nicht geschützt ist und aufgrund der genannten Umstände wohl kaum geschützt werden kann.

Welche der Splittergruppen hat dann aber ein Anrecht auf mormonen.de? Diese Frage läßt sich unter paritätischen Gesichtspunkten nicht beantworten. Wer also bringt die meisten Informationen über die Mormonen, ihre Geschichte und Lehre? Ist es vielleicht die HLT-Kirche, die Reorganisierte Kirche oder eine andere Splittergruppe? Der Umfang der bislang vorhandenen Webangebote korrespondiert meist in etwa mit der Mitgliederanzahl der jeweiligen Gruppe. Wenn man bloß vom Inhalt und Informationsgehalt des Webangebotes der HLT-Kirche unter lds.org ausgeht, so kann eine Änderung der jetzigen Eigentumsverhältnisse von mormonen.de wohl kaum eine Verbesserung nach sich ziehen, so daß dies auch aus dieser Sicht völliger Unsinn wäre.

Die Praxis der Rechtssprechung verweist die HLT-Kirche aber von vornherein in die Schranken. Um für einen Spitznamen (oder Künstlernamen) unter den Schutz des § 12 BGB zu fallen, muß dieser von der Organisation oder dem Künstler selbst zugelegt worden sein, um sich von anderen zu unterscheiden, und ein abgelehnter Name ist keinesfalls schutzwürdig. In diesem Fall wurde der Begriff von Kritikern und Feinden der Kirche Christi in den frühen 1830ern geprägt. Nach der Zersplitterung dieser mit dem Tod Joseph Smiths verlor diese Bezeichnung ihre Unterscheidungskraft, da sie von nun an einen Gattungsbegriff darstellte, d.h. sie bezeichnete eine ganze Reihe von Organisationen, die allein anhand dieses Begriffes nicht mehr auseinanderzuhalten waren. Ein Gattungsbegriff unterliegt allerdings einem Freihaltebedürfnis, damit er nicht als Synonym für eine bestimmte Art dieser Gattung mißbraucht wird. Da dieses Freihalten bei Domainnamen aber den Effekt haben würde, daß man dazu nichts erfahren kann (weil die Domain dann nicht erreichbar ist), gilt dieser Grundsatz hier nicht. Um so mehr aber muß eine solche Domain vor der ausschließlichen Nutzung durch nur eine Gruppe geschützt werden.

Brauchte die HLT-Kirche mormonen.de?

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage behauptet, sie bräuchte die Domain mormonen.de für ihre eigenen Zwecke. Auf dieser Seite wird aber aufgezeigt werden, daß dies eine glatte Lüge ist, trotz des gut eingeführten Namens von mormonen.de.

Für einen Internetauftritt mit Informationen über irgendeine mormonische Gruppe eignen sich in deutscher Sprache nur drei Namen, die relativ kurz sind. Das sind lds, hlt und mormonen. Natürlich wären auch Namen wie mormonen-kirche, kirche-jesu-christi oder der volle Kirchenname der jeweiligen Gruppe möglich, aber diese kommen aufgrund ihrer ungeheuren Länge zumeist nicht in Frage. Wir beschränken uns bei unserer Betrachtung daher – und wegen der Initiative für den Rechtsstreit durch die HLT-Kirche – auf die drei erstgenannten.

Im deutschsprachigen Domainbereich sind außer in Österreich alle diese Namen belegt. Die österreichischen Domainnamen waren aufgrund der geforderten Unterdomains nicht so attraktiv, weil sie dann hlt.or.at bzw. hlt.co.at geheißen haben müßten. Nach Wegfall dieser Regelung und mit Hinblick auf diesen Hinweis hat die HLT-Kirche nunmehr auch mormonen.at für sich reservieren lassen. In Deutschland sind die beiden anderen Domains durch Firmen belegt. In der Schweiz hat die Familie Riesen, teils im Namen der HLT-Kirche, alle drei Domains gekauft.

Ich bereue es nicht, die Domainnamen, z.B. in der Schweiz, nicht auch gekauft zu haben. Diese Webseite sollte von Anfang an durch Inhalt überzeugen, nicht durch möglichst weitgestreute Präsenz bei Domainnamen. Nicht zuletzt ist es auch eine Kostenfrage, bei der die HLT-Kirche oder die Familie Riesen als Angestellte der United Bank of Switzerland und mit ihrem Familienunternehmen sicherlich besser ausgestattet sind. Wichtiger aber war die Annahme, daß ein kluger Schweizer in seinem Informationsbedürfnis nicht vor einer de-Domain zurückschrecken wird. Das gleiche gilt natürlich auch für die Österreicher oder Deutschsprechende in aller Welt. So reicht dieser Webseite ein einziger Domainname, mehr wird nicht beansprucht, aber soviel wird auch verteidigt.

Den Wahrheitsgehalt dieser Aussage möchte ich untermauern, indem ich die Daten der Ersteinträge gegenüberstelle:

    • lds.de -  Firma
    • hlt.de - Firma
    • mormonen.de - 18.6.97, (diese Webseite – Gunar Werner)
    • lds.ch - 3.9.97, (Stephan Riesen)
    • hlt.ch - 4.8.97, (HLT-Kirche, Pfahl Zürich)
    • mormonen.ch - 2.3.98, (RIESERVICE für HLT-Kirche, Pfahl Zürich)
    • lds.at - nicht belegt
    • hlt.at - nicht belegt
    • mormonen.at - September '98, (HLT-Kirche, Pfahl Wien)

Aus dieser Darstellung läßt sich leicht ersehen, daß die HLT-Kirche sehr wohl in der Lage wäre, deutschsprachige Informationen unter einer deutschsprachigen Domain anzubieten. 


Doch das sind nicht alle verdammenden Fakten, die belegen, daß die HLT-Kirche ihr unliebsame Informationen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus dem Internet hinwegfegen möchte. Die folgende Tabelle zeigt, daß die Kirche diese Absicht seit längerer Zeit geplant hat. 

    • lds.org - 4.5.93, LDS?, (HLT-Kirche, Salt Lake City)
    • hlt.org - 9.7.97, (HLT-Kirche, Frankfurt)
    • mormonen.org - 23.2.98, (HLT-Kirche, Frankfurt)

Wie man erkennen kann, besitzt das europäische Kirchenhauptquartier in Frankfurt bereits zwei Domainnamen direkt, es wäre für den Webauftritt also nicht einmal auf Schweizerische oder Österreichische Domainnamen angewiesen. Kann es einen deutlicheren Beweis für die Doppelzüngigkeit der Kirchenführung in Frankfurt geben? Es läßt sich daraus nur ein Schluß ziehen: die Androhung der Klage dient nur der Einschüchterung, die Begründung stützt sich auf Lügen – kein wahrhaft christlicher Zug.

Die Versuche kommen aber nicht überraschend, denn schon immer logen die Kirchenführer, daß sich die Balken bogen, schließlich war es ja für den Herrn, die Politik ist also bekannt. Die Lage ist für die Kirche aber auch so etwas von aussichtslos. Keine der oben angeführten deutschsprachigen Domains ist bislang erreichbar, außer mormonen.de, keine dieser Domains wurde vor mormonen.de angemeldet, sowohl mormonen.ch als auch mormonen.org wurden mehr als ein halbes Jahr nach hlt.ch und hlt.org angemeldet, und das zu einer Zeit, als diese Webseite bereits auf ihre eigene Domain umzog. Daraus wird deutlich, daß die HLT-Kirche nie vorhatte, unter einer Domain namens mormonen zu firmieren, von Anfang an wurde hlt als Möglichkeit ins Auge gefasst. Die neuere Entwicklung mit einem u.a. deutschsprachigen Angebot unter lds.org unterstützt ebenfalls die Annahme, daß der Bedarfsanspruch nur vorgeschoben war.

Angesichts dieser unnützen Repressalien kommen auch Fragen bezüglich der vernünftigen Nutzung der Zehntengelder der Mitglieder auf. Eine Offenlegung der finanziellen Gegebenheiten gibt es nicht, aber angesichts dieses Beispiels sollten die Mitglieder doch beträchtliche Zweifel an einem sinnvollen Einsatz hegen. Aber das ist ja ein ganz anderes Thema...

Die Verfügbarkeit von deutschen Domains.

Aufgrund der angedrohten Klage sollte man annehmen, die HLT-Kirche wolle ihre Internetpräsenz unbedingt unter einer de-Domain anbieten. Daß dies nicht notwendig ist, wurde ja bereits aufgezeigt. Nunmehr habe ich auch noch den Beweis erbracht, daß sich die HLT-Kirche gar nicht um eine solche Domain bemüht hat. In diesem Fall wäre ihr nämlich aufgefallen, daß sie ohne weiteres die Domain lds.de hätte kaufen können.

Die Bedeutung dieser Tatsache ist insofern hoch, als daß die offizielle englischsprachige Webseite der HLT-Kirche unter lds.org zu finden ist, was die Nutzung von lds.de eigentlich nahelegt. Doch diesen Schritt ist sie nicht gegangen. Statt dessen fährt sie schweres Geschütz gegen eine schon bestehende Domain auf, deren Namen sie sogar offiziell ablehnt. Den Beweis habe ich durch den Kauf der Domain lds.de Anfang Juli 1998 geliefert, also immerhin vier Monate nach Auslösung des Rechtsstreites durch die HLT-Kirche und nach Ablauf des von ihr gestellten Ultimatums.

Welch andere Schlußfolgerung läßt sich aus diesem Umstand ableiten, als daß es der HLT-Kirche eigentlich nur darum geht, ihre Superiorität durch die Verbannung unliebsamer Inhalte aus dem Internet unter Beweis zu stellen? Wie kann man annehmen, daß Frankfurt in seinen Entscheidungen vom Geist geleitet wird, wenn sie nicht einmal die Verfügbarkeit von lds.de erkennen können?

Zur Ergänzung wäre noch zu erwähnen, daß sich lds.de heute im Besitz eines Softwarehauses befindet. Außerdem hat die HLT-Kirche ihre Webseite lds.org um Homepages in vielen Sprachen erweitert, darunter in deutscher Sprache, womit sich auch die Annahme bestätigt hat, daß eine Webseite unter mormonen.de niemals geplant war.

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