Vielehe ist wichtige Voraussetzung

Verheiratung mit vielen Frauen war kein nebensächliches Thema für Smith, sondern ein zentraler Teil bei seiner Suche nach Erhöhung und Gottestum. Todd Compton bemerkte:

Man könnte sich fragen, warum Smith so viele Frauen heiratete, wenn zwei oder drei Frauen dem berichteten göttlichen Gebot, in die Vielehe einzutreten, entsprochen hätten. Der Kirchenpräsident glaubte aber offensichtlich, dass vollständige Erlösung (in der Mormonenterminologie: Erhöhung, die das Konzept der Vergöttlichung beinhaltet) von dem Umfang der Familie eines Mannes abhing, die in diesem Leben an ihn gesiegelt ist… Dies bringt die Anzahl der Frauen, die Joseph heiratete, in einen verstehbaren Zusammenhang. (In Sacred Loneliness, S. 10-11)

Vielleicht für einen Mormonen verstehbar, aber beantwortet dies wirklich die Einwände? Wozu all das Lügen Emma und der Öffentlichkeit gegenüber? Warum heirateten die Frauen? Man könnte so argumentieren, dass es sehr nach einer Ausrede für Ehebruch aussieht.

Allgemein gesprochen scheinen Mormonen heutzutage keine Ahnung davon zu haben, dass Smith Polygamie praktizierte, und glauben, dass sie in Utah eingerichtet wurde, um den Witwen ein zu Hause zu geben. Aber es bestand nie eine solche Notwendigkeit. Der HLT-Apostel John A. Widtsoe gab zu, dass es keinen Frauenüberschuss gab:

Die unterstellte Annahme in dieser Theorie, dass es mehr weibliche als männliche Mitglieder in der Kirche gegeben hätte, wird durch vorhandene Beweise nicht gestützt. Im Gegenteil, es scheint immer mehr Männer als Frauen in der Kirche gegeben zu haben…

Die Volkszählungsberichte der Vereinigten Staaten von 1850 bis 1940 und alle erhältlichen Kirchenberichte zeigen einheitlich ein Übergewicht an Männern in Utah und in der Kirche. (Evidences and Reconciliations, 1960, S. 390-392)

Selbst wenn es ein Übermaß an Witwen gegeben hätte, hätte man mittels irgendeines Kirchenprogramms für sie sorgen können, so dass Heiraten nicht erforderlich gewesen wäre.

Die Vielehe wurde den Leuten als eine wichtige Lehre vorgestellt, notwendig für die höchste Stufe im Himmel. 1878 erzählte Joseph F. Smith, wie Gott einen Engel mit einem gezogenen Schwert zu Joseph Smith gesandt hätte, um ihn davon zu überzeugen, dass er in die Vielehe eintreten sollte „oder er würde gänzlich vernichtet werden“. (Journal of Discourses, Bd. 20, S. 29)

Richard Van Wagoner bemerkte:

Diese Betonung auf Zeugung wurde die Grundlage für das mormonische Konzept vom Fortschritt der Menschheit zur Göttlichkeit. Alle lehremäßigen Neuerungen Smiths in Nauvoo bildeten sich um diese neue Lehre herum. Smith erklärte, dass Gott ein erhöhter Mensch wäre und dass das sterbliche Dasein für den Menschen der Übungsplatz wäre, von dem aus das Fortschreiten zu erhöhtem Gottestum begänne. Erlösung wurde zu einer Familienangelegenheit, die sich um einen Ehemann dreht, dessen Vielehefrauen und Kinder für die Ewigkeit unter dem „neuen und ewigen Bund“ an ihn gesiegelt wurden. (Mormon Polygamy, S. 56)

1866 predigend verkündete Präsident Brigham Young:

Die einzigen Menschen, die Götter werden, ja, die Söhne Gottes, sind diejenigen, die in die Polygamie eintreten. (Journal of Discourses, Bd. 11, S. 269)

1890 gab die HLT-Kirche das Manifest heraus, das hinten in Lehre und Bündnisse abgedruckt ist, und beendete damit offiziell die Ausübung der Vielehe. Viele setzten aber ihre Ausübung fort und riskierten sogar die Exkommunikation, wenn sie entdeckt worden wäre. Dies führte zu vielen Splittergruppen, die immer noch die Polygamie ausüben und glauben, dass sich die HLT-Kirche in einem Zustand des Abfalls befindet. Heute versucht die HLT-Kirche sich von den Splittergruppen zu distanzieren. Präsident Gordon B. Hinckley wurde 1998 von Larry King interviewt und über diese gegenwärtig ausgeübten Vielehen befragt. Eine seiner Fragen an Hinckley war: „Erzählen Sie mir als Erstes über die Kirche und die Polygamie. Wann begann sie, wer erlaubte sie?“ Hinckley erwiderte: „Als unser Volk nach Westen kam, ließen sie sie in einem strengen Rahmen zu.“

Hinckley erklärte weiter:

Ich verdamme sie, ja, als eine Praktik, weil ich denke, dass sie nicht der Lehre entspricht. Sie ist nicht legal. Und diese Kirche nimmt die Position ein, dass wir dem Gesetz gehorchen werden. (Larry King Live, 8. Sept. 1998)

Man sollte auf drei Dinge in Hinckleys Kommentaren achten. Erstens – als er im Besonderen gefragt wurde, wann die Vielehe im Mormonismus begann, log Hinckley eindeutig. Er weiß, dass Joseph Smith die Polygamie schon in den 1830ern praktizierte, Jahre bevor die Mormoen nach Westen kamen.

Zweitens – die Vielehe ist offensichtlich immer noch „Lehre“. Abschnitt 132 der Lehre und Bündnisse, der die Vielehe verteidigt, wird immer noch in ihren Schriften abgedruckt.

Der Beweis, dass die HLT-Kirche immer noch an diese Lehre glaubt, ist ihre Praktik, einem HLT-Witwer zu erlauben, an eine weitere Frau nach dem Tod seiner Frau gesiegelt zu werden. Zum Beispiel war im Salt Lake Tribune für den 7. April 2006 ein Artikel, der die Tempelehe von Apostel Russel M. Nelson, Alter 81, mit einer BYU-Professorin bekannt gab. Seine erste Frau starb im Februar 2005 und dies war für seine neue Frau die erste Ehe. Dies würde gemäß dem HLT-Glauben bedeuten, dass Nelson zwei an sich für die Ewigkeit gesiegelte Frauen hat. Offensichtlich glaubt die HLT-Kirche immer noch, dass die Vielehe im celestialen Reich praktiziert wird.

Drittens – wenn Hinckleys Einwand darin besteht, dass ihre Ausübung „nicht legal“ ist, wie erklärt man sich dann, dass Joseph Smith die Vielehe praktizierte, als sie in Illinois gegen das Gesetz war?

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