Netzwerk Sektenausstieg e.V.

Die nachfolgenden Berichte und Erfahrungen sollen Aussteigern dabei helfen, ihre eigene Situation besser einzuordnen. Außerdem erlauben sie auch Außenstehenden und „Interessierten“ einen realistischen Einblick in die Denkwelt, die im Inneren der Sekte herrscht. Wer einen Beitrag für diese Rubrik hat, ist herzlich eingeladen, ihn uns zukommen zu lassen.

Ich traue mich eigentlich nicht wirklich, meine Geschichte hier zu posten. Aber anlässlich meines 10-jährigen Jubiläums als Nicht-mehr-Eingeschlossene, habe ich mir genau das vorgenommen. Also wage ich's:

Ich wuchs im Nord-Osten Deutschlands als einzige Tochter eines atheistisch-humanistisch gebildeten Vaters und einer sehr liebevollen, emanzipierten Mutter auf. Ich war gut in der Schule und eher ein einzelgängerisches Wesen und als Teenager schon irgendwie auf der Suche nach dem sprichwörtlichen Sinn des Lebens. Ich schmökerte ab und zu in der Bibel rum, und sympathisierte mit einigen nicht-christlichen Religionen. Allerdings nicht sehr ernsthaft. Ich war einfach neugierig und wohl auch sehr naiv...

Ich bin im geteilten Haus aufgewachsen. Mein Vater, war zwar nie ein Zeuge Jehovas, jedoch auch nicht feindlich gesinnt, sondern feierte auch kein Weihnachten oder Geburtstag und studierte zudem als Interessierter die „Bibel“ und ging sonntags regelmäßig mit in die Versammlung. Zwischen meinen Eltern gab es eine Menge Probleme, welche meine Mutter aber mit dem Einfluss Satans weg erklärte. Außerdem muss ich anmerken, dass ich im Gegensatz zu anderen nicht so streng erzogen wurde. Auch hatte ich mehr Freiheiten als andere „christliche“ Kinder oder Jugendliche.

Nachdem Herr Galeski im Rahmen seines Erfahrungsberichtes eine Menge grundsätzlicher Dinge besprochen hat, möchte ich Sie nun noch auf zwei weitere Aspekte aufmerksam machen, die den Ausstieg so schwierig gestalten.

  1. Aufhören heißt nicht aussteigen
  2. Aussteigen ohne aufzuhören

Vortrag, der anlässlich der Fachtagung Seelennot und Seelenriss der Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus e. V. (EI) und der ADK-Bayerische Arbeitsgemeinschaft Demokratischer Kreise e.V. in Regenstauf gehalten wurde.