Ich bin im geteilten Haus aufgewachsen. Mein Vater, war zwar nie ein Zeuge Jehovas, jedoch auch nicht feindlich gesinnt, sondern feierte auch kein Weihnachten oder Geburtstag und studierte zudem als Interessierter die „Bibel“ und ging sonntags regelmäßig mit in die Versammlung. Zwischen meinen Eltern gab es eine Menge Probleme, welche meine Mutter aber mit dem Einfluss Satans weg erklärte. Außerdem muss ich anmerken, dass ich im Gegensatz zu anderen nicht so streng erzogen wurde. Auch hatte ich mehr Freiheiten als andere „christliche“ Kinder oder Jugendliche.

In meiner Heimatversammlung hatte ich kaum Kontakte, obwohl es schon ein paar in meinem Alter gab. Mit Bruder X hatte ich seit Kindheit durch die Schule regelmäßig Kontakt und sein Vater Y studierte mit meinem Vater die Bibel. X war vorbildlicher Sohn eines Ältesten. So hatte ich natürlich auch einen Spion in meiner Klasse sitzen, der dann auch gerne mal weiter gab, wenn ich nicht dem Bild der Versammlung entsprach. Selber war er jedoch auch ein Heuchler, wie ich später erfuhr. Trotzdem verband uns eine Zeit lang eine gewisse Freundschaft.

Mit 18 Jahren kam ich in die „rebellische“ Phase und brach den Kontakt zur Versammlung ungetauft ab. Das war ein ziemlicher Schock für meine Mutter und Schwester. Jedoch war zu diesem Zeitpunkt meine Einstellung: „Falls ich wieder glauben sollte, werde ich in die beste Glaubensgemeinschaft zurückkehren.“ Durch die Umstände, in die ich unter Anderem durch einige „weltliche“ Freunde geriet, fiel ich in ein Loch. Da ich mich in der Ausbildung befand, wohnte ich noch bei meinen Eltern und wurde permanent von meiner Mutter mit dem Tagestext oder anderer "geistigen Speise" bearbeitet. Zudem lernte ich in meiner Ausbildung einen Bruder kennen mit dem ich ziemlich auf einer Wellenlänge war. Irgendwann besuchte ich auch wieder mal Kongresse und Zusammenkünfte. Ich war ja schließlich nie getauft und so war dann seitens der Zeugen in meiner Versammlung auch noch reges „Interesse“ an mir vorhanden. Auch lernte ich eine nette Schwester auf einem Kongress kennen, in die ich mich über beide Ohren verliebte. Nun glaubte ich, dass Gott mir eine zweite Chance gegeben hätte und die Talfahrt beendet sein würde und ließ mich auf Anraten Aller schließlich taufen. Jedoch fingen die Probleme jetzt erst an. Kurz vor der Taufe, wurde ich seitens meiner Heimatversammlung noch ziemlich motiviert. Bereits kurze Zeit nach der Taufe versiegte dann die Liebesquelle zunehmend. Auch die „nette“ Schwester brach den Kontakt zu mir ab. Vermutlicherweise hatte sie mich nur als Predigtdienstobjekt angesehen, da sie einige Probleme hatte ihre monatlichen Pionierstunden zu erreichen. Ehrlich gesagt wundert es mich bis heute, dass sie sich als Pionierin aus strengem Hause, obwohl ich noch ungetauft war, öfters mit mir alleine getroffen hatte.

Der Kontaktabbruch mit der „netten“ Pionierschwester war für mich der erste Bruch mit Gott und der Organisation. Vor allem sah ich nur noch Leistungsdruck und Kälte. Die gepredigte Liebe war fast verschwunden. Eines Tages kam X in die Versammlung und wollte sein altes Auto an den Mann bringen. Er fragte sich regelrecht durch, bis ich an der Reihe war und versuchte schnellstmöglich eine Entscheidung von mir abzuverlangen mit den Worten: „Entscheide dich bevor es zu spät ist und der Wagen weg ist.“ Das erinnerte mich irgendwie stark an das Gelernte aus derVersammlung… Ich hatte auch grade meinen Führerschein gemacht und zugegebener maßen wollte ich auch ein Auto und Fahrpraxis haben. Meine Eltern besaßen ja kein Fahrzeug. Ich willigte somit aus Vertrauen ein. Ja, ich war absolut naiv und auch meine Mutter riet mir zu dem Kauf. Wahrscheinlich hatte sie auch den Luxus im Kopf nicht mehr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu müssen. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass dies eine Fehlentscheidung war. Ich konnte froh sein, dass ich den Wagen nicht viel später überhaupt noch losgeworden bin, aber weit von dem Preis entfernt den ich X bezahlt hatte.

Ich nahm natürlich auch an der theokratischen Predigtdienstschule teil und wurde für kleinere Aufgaben in derVersammlung eingeteilt. Aus Krankheitsgründen musste ich dann einige Male diese „Vorrechte“ absagen. Ich denke, dass meine „Unzuverlässigkeit“ dazu führte, dass man dann „vergaß“ mich für neue Aufgaben einzuteilen. Es gab bei uns in der Versammlung eine Liste, auf der die Brüder standen, welche wann ihre Dienste zu verrichten hätten. Ich stand mittlerweilen nicht mehr auf dieser Liste. Ich hatte anfänglich wirklich geglaubt man hätte mich vergessen. Wie sich auf Nachfragen später herausstellte, wurde ich jedoch einfach von der Liste gestrichen. Dies erfuhr ich jedoch von keinem Ältesten, sondern wurde mir von einem recht netten Dienstamtgehilfen mitgeteilt, der nicht allzu lange danach, die Versammlung gewechselt hat. Niemand hatte vorher oder später ein Wort darüber verloren oder mit mir gesprochen oder auch die Gründe dafür genannt, warum so gehandelt wurde. Vielleicht interessant zu wissen, dass besagter X mittlerweilen Ältester war und die theokratische Predigtdienstschule leitete.

Auch mein Schwager wurde einfach so „entamtet“ bzw. gestrichen, ohne dass mit ihm darübergeredet wurde. Später bekam ich mit, dass er angeblich nicht „vorbildlich“ genug gewesen sei. Dadurch, dass er eine eigene Firma gründete, ihm blieb auch nicht viel anderes übrig um als Handwerker weiter Geld zu verdienen (es sei denn, man hat Lust sein Geld vom Jobcenter zu beziehen), und zudem hatten meine Schwester und mein Schwager ein Kind bekommen, war es ihm gar nicht möglich noch sonderlich viel zu leisten. Ich wollte aber auch nicht abseits stehen und so unternahm ich zwei Versuche doch wieder, wenigstens kleine Aufgaben übernehmen bzw. halten zu können. Ich sprach insgesamt drei Älteste an, wie auch den Ältesten Y (Vater von X), die mich alle auf X verwiesen. So fragte ich auch bei X nach. Die Aussage war, dass er das mit der Ältestenschaft besprechen würde. Ich verstand die Welt nicht mehr. Welche Sünde hatte ich denn begangen, dass mit mir so umgegangen werden musste? Ich wartete dann einfach mal ab. Einige Schwestern und Brüder wunderten sich auch, dass ich auf der Bühne nicht mehr zu sehen war. Nach ein paar Monaten sprach ich die Sache erneut an, da nichts geschehen war. Wieder wurde ich zu X verwiesen. Wieder sagte mir X er würde es mit der Ältestenschaft besprechen. Ich monierte dies natürlich auch bei meiner Mutter und Schwester. Diese entschuldigten das Verhalten von den Ältesten mit der Unvollkommenheit. Kritik durfte natürlich nicht geübt werden. In der Zeit, in der ich wirkliche Hilfe gebraucht hätte, war niemand da. Generell wurde einem eingetrichtert, es würde an einem selber/mir liegen.

Da ich mittlerweile immer unregelmäßiger in die Versammlung ging, gab es dann auch ein Treffen mit zwei Ältesten, die mir unterstellen wollten, dass ich eine Sünde verheimlichen würde, da mein Predigtdienstbericht und Versammlungsbesuch seit einiger Zeit nicht so gut aussahen. Natürlich war Y (Vater von X) auch wieder mit von der Partie. Ich erwiderte ihnen, dass ich Probleme mit der Versammlungsatmosphäre hätte, und immer darum kämpfen müsste Predigtdienstpartner zu finden, da sich selten jemand von sich aus mit mir verabredet hätte. Die Antwort fiel in etwa so aus, dass die Versammlung überaltert sei. Das war im Grunde absoluter Blödsinn, da es genügend Predigtdienstpartner gegeben hätte, diese aber lieber mit ihren Lieblingspartnern in den Dienst gingen. Als Beispiel ging X meistens eher mit jungen Schwestern in den Dienst oder aber mit Brüdern, die einem auf der Karriereleiter behilflich sein konnten. Dazu gehörte ich ja nun nicht. Mir wurde auch gesagt, dass die Versammlung junge Männer bräuchte die zuverlässig und verantwortungsbewusst seien. Man müsse Gott ja auch was zurückgeben. Einmal sagte ein Ältester sogar zu mir, ich solle es doch meiner Mutter zu Liebe tun, ohne dass ich überhaupt Zweifel an der Wachtturmgesellschaft geäußert hatte. Seit diesem Zeitpunkt galt ich sicherlich nicht (mehr) als bester Umgang, da ich ja auch ab und an mit „weltlichen“ Freunden verkehrte. Deshalb wurde ich wohl auch kaum zum Predigtdienst angesprochen und nun schon mehr oder weniger ignoriert. Ein Bruder, der auch immer nur mit jungen Schwestern in den Dienst ging, lehnte es sogar mit mir in den Dienst zu gehen ab, da er angeblich ausgebucht sei. Meine Antwort war: „Ach, für das ganze Jahr?“ Meine trotzige Antwort fand keine Erwiderung. Während meines Austrittes sagte er wohl zu meiner Mutter, dass er ja nun auch Zeit hätte mit mir in den Dienst zu gehen.

Später kamen zwei neue Älteste in meine Versammlung und so wurde ich zumindest für die theokratische Predigtdienstschule reaktiviert. Das kam daher, da mich nun der eine Älteste, welcher die Leitung über die theokratische Predigtdienstschule übernommen hatte fragte (X war nun Dienstaufseher), warum ich denn keine Aufgaben halten würde. Ich schilderte das von mir erlebte. Mit einer Entschuldigung für den ganzen Ablauf und die Art und Weise, brauchte ich natürlich nicht zurechnen. Es wurde totgeschwiegen. Meine Familie hatte durch das geteilte Haus vermutlich sowieso nicht das beste Image. Zwischen meinen Eltern gab es erhebliche Spannungen, die wahrscheinlich auch zu einer Trennung hätten führen können, wäre meine Mutter nicht durch die Ältestenschaft wieder in die Spur gebracht worden. Da gab es nämlich auch mal Gespräche hinter verschlossenen Türen. Ich hielt trotzdem die Stange, hegte aber immer mehr den Wunsch zumindest die Versammlung zu wechseln, da ich glaubte es sei ein örtliches Problem. Zudem war auch zu beobachten, dass neue Brüder und Schwestern dazukamen, aber nach einer gewissen Zeit auch wieder die Versammlung verließen.

Ich wechselte zwar nicht die Versammlung, lernte jedoch aus anderen Versammlungen auch andere Schwestern und Brüder kennen. Es trat jedoch keine Verbesserung ein. Was ich vielen diesen Menschen und in all diesen Jahren erlebte, war unglaublich und wurde immer schlimmer. Im Grunde führten viele ein Doppelleben und waren bei weitem schlimmer als viele „Weltmenschen“, die ich kennengelernt habe. Die Gründe für einen Austritt häuften sich. Es gab wohl bei den Zeugen nichts, was es nicht gab. Unter "Weltmenschen" fühlte ich mich bereits wohler, da ich keine Maske aufsetzen musste und auch über alles sprechen konnte. Gegenüber Glaubensbrüdern traute ich mich sowieso schon lange nicht mehr Probleme oder Ansichten zu äußern, da dies nur wieder zu neuem Ärger führen konnte. Im Frühjahr 2009 machte ich den letzten Anlauf mich zu integrieren und so übernahm ich für einen Monat den Hilfspionierdienst, da ich glaubte ich müsste daran arbeiten mein Verhältnis zu Gott und der Versammlung zu verbessern. Mit ziemlicher Ernüchterung absolvierte ich den Hilfspionierdienst. Das Ergebnis war: Nichts hatte sich geändert oder verbessert. Es war einfach nur noch ätzend. Zum Glück hatte ich auch noch ein paar gute Freunde in der „Welt“, die diesen ganzen Prozess miterlebten und immer zu mir standen, was ich seitens der Versammlung niemals erfahren habe. Diese kritisierten auch nie, dass ich Zeuge Jehovas war. Sie mochten mich einfach als Menschen. Ich distanzierte mich logischerweise immer mehr von der Versammlung. Auch Selbstmordgedanken quälten mich bereits des Öfteren. Jedoch wollte ich mich auch nicht so einfach aufgeben.

Dann im Herbst 2009 lernte ich meine jetzige Freundin kennen. Zum einen lebte sie in Scheidung, war also noch offiziell verheiratet, zum anderen kam sie aus einer ganz anderen Kultur, welche nun mal nicht christlich geprägt ist. Erkläre mal einem Menschen aus einer anderen Kultur das Zeugenkonzept…. Sie konnte damit natürlich gar nichts anfangen, und bei jedem weiteren Versuch merkte ich umso mehr, dass sie es auch niemals glauben oder nachvollziehen könnte. Dennoch akzeptierte sie meinen Glauben, der im Übrigen sowieso nur noch eine Farce war. Sie zeigte mir sehr viel Liebe und Verständnis, was ich bei den Zeugen nur selten bis gar nicht erlebt hatte. Wieso sollte Gott einen so liebenswerten Menschen bestrafen, nur weil er aus einer anderen Kultur, aus einem anderen Land stammte, und eine andere Erziehung genoss als ich, und dementsprechend kaum in der Lage war die Bibel als Buch Gottes zu sehen, geschweige denn den Zeugenquatsch verstehen zu können?

Ich fing nun wieder an kritische Literatur zu lesen, vor allem auch alte Literatur der Wachtturmgesellschaft selbst. Es gab Momente da war ich einfach nur noch schockiert, als ich noch mehr Wahrheiten über „die Wahrheit“ erfuhr. Alles schien nur noch eine große Lüge zu sein, der ich aufgesessen war. Jedenfalls entschied ich mich bald für ein freies Leben mit meiner Freundin. Ich schrieb einen Brief an meine Mutter, in dem ich klipp und klar schrieb, dass ich so nicht mehr leben könnte, und mich anders entschieden habe. Diesen Brief zeigte meine Mutter auch mindestens einem Ältesten in der Versammlung. Am Anfang schenkte man mir seitens der Versammlung kaum Beachtung, dass ich nicht mehr kam und einen Brief geschrieben hatte. Das fand ich ehrlich gesagt noch skurriler als die Dinge, die ich bisher erlebt hatte. Brüder und Schwestern grüßten mich auf der Straße auch nicht mehr. Ich glaubte die Sache wäre durch.

Anfang 2011 erfuhr ich von meiner Freundin, dass wir ein Kind bekommen würden. Der Kontakt zu meinen Eltern war zwar weniger geworden, aber ab und an hatte man sich noch was zu sagen. Als meine Mutter von der Schwangerschaft erfuhr, war das der nächste Schock in ihrem Leben. Bald standen zwei Älteste vormittags vor meiner Tür als ich arbeiten war und trafen meine Freundin an. Eigentlich hätte bekannt sein müssen, dass man mich zu dieser Zeit nicht Zuhause erreichen würde. Es war schließlich auch in der Woche. Es kam mir vor wie Spionage, als ob man nun die letzten Beweise sammeln wollte, um mich in die Pfanne hauen zu wollen, obwohl ich ja ganz klar nichts mehr mit diesem Glauben zu tun haben wollte. Sie sagten meiner Freundin, sie hätten wohl mit mir sprechen wollen und bestellten dann noch schöne Grüße an mich. Kurze Zeit später kam eine Vorladung zu einer Rechtskomiteeverhandlung. Die Anklage war, dass ich „laut Zeugenaussagen, mit meiner Freundin zusammenwohnte, die zudem auch noch von mir schwanger war“. Dass ich mit meiner Freundin zusammenwohnte, dürfte eigentlich auch kein Geheimnis gewesen sein. So schrieb ich genau das in meinem ersten Brief, welcher etwa ein Jahr keine Beachtung fand. Das Rechtskomitee sollte nach Eingang etwa eineWoche später tagen. Von den drei Mitgliedern waren mir ja X und sein Vater Y schon bestens bekannt. Die geladenen Zeugen, wie ich später erfuhr waren meine Mutter, wie auch mein Schwager. Ich fragte mich auch, warum beide mir davon nichts im Vorfeld gesagt hatten. Eine Woche bis zum Termin empfand ich ganz schön knapp. Glücklicherweise hatte ich mich bereits genügend vorbereitet und meine Entscheidung dort nicht hinzugehen stand eh schon fest. Ich schrieb sofort einen Brief zum Austritt, den ich an die drei Mitglieder des Komitees, wie auch an meine Eltern und meine Schwester übersandte.

Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte war, dass sich meine Mutter wirklich sehr strikt an die Wachtturmregeln hält. Somit meldete sie sich in der ganzen Zeit der Schwangerschaft nicht mehr bei uns und drohte per Brief auch damit, dass unser Kind dann wohl ohne Oma und Opa aufwachsen müsste, es sein denn ich würde mir meine Fehler eingestehen. Wir hatten dementsprechend kaum Unterstützung, nur seitens der Schwester meiner Freundin, da die Eltern meiner Freundin im Ausland leben. Schließlich kam es so, dass das Kind im 6. Monat verstarb. Einen Tag nach dem Tod des Kindes hatten wir den offiziellen Einzug meiner Freundin zu mir geplant. Inoffiziell wohnte sie bereits schon bei mir. Es waren aber noch eine Menge Sachen in ihrer Wohnung. Von meiner Familie half keine einzige Person, obwohl sie davon wussten. Ich hatte gehofft, dass sich aufgrund dieses Vorfalles etwas ändern könnte, dass man versöhnlicher werden würde.

An einem Tag betrat meine Mutter tatsächlich unsere Wohnung, hatte selbst kurz Tränen in den Augen, als sie den kleinen Fußabdruck des Kindes auf dieser Erinnerungskarte von dem Krankenhaus sah, aber danach war wiederum Funkstille. Später hatten wir seltene Male Kontakt. Seit Juni 2012 habe ich jedoch keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter gehabt. Die Kaltherzigkeit, die ich seitens der Zeugen Jehovas und der Familie nach meinem Austritt und auch während der Schwangerschaft und in der Phase danach erlebt hatte, hat mir gezeigt, wie es dort wirklich zugeht. So sind meine Freundin und ich das Kind alleine beerdigen gegangen, ohne die seelische Unterstützung, die sie oder ich gebraucht hätten.

Was war mit dem Gleichnis des Samariters, oder dem Ausspruch Jesu, man solle seine Feinde lieben? Es ging nur um strikte Regeln, welche keinerlei Menschlichkeit besitzen. Wie ich noch hörte, muss meine Schwester mindestens einen Nervenzusammenbruch erlitten haben und ist nun in psychologischer Behandlung. Der Psychologe wurde wohl von einem Bruder empfohlen. Ein Schelm wer dabei Böses denkt. Ich sollte mich jedoch nicht bei meiner Schwester melden, außer wenn ich meine Einstellung ändern würde. Es ist schwer eine gewisse Balance zu finden und auch wenn mein offizieller Austritt bereits im Jahr 2011 stattfand, so kann ich dies noch nicht gänzlich loslassen. Die Geschehnisse haben mir aber mehr als klar gezeigt, dass es sich nicht um eine von Gott geführte Organisation handeln kann, sondern um eine ausschließlich von Menschen geführte. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt getan habe und  einen lieben Menschen an meiner Seite habe, mit dem ich ein freies, selbst bestimmtes Leben führen kann.

Liebe Grüße
Morpheus