Ich möchte gerne kurz meine Erfahrung als Opfer zusammenfassen. Ich wurde als Kind sexuell belästigt. Der Unterschied zu anderen Opfern von Sexualverbrechen liegt darin, dass mir das als Zeugin Jehovas (ZJ) passiert ist.

Die meisten Vergewaltigungen und Belästigungen kamen von einem Zeugen-Jehovas-Ältesten, der zufällig auch ein guter und vertrauter Freund meines Vaters war. Die sexuellen Übergriffe begannen, als ich vier war, und gingen fort, bis ich elf war. Der Täter ist heute ein ZJ in „gutem Ansehen“, und das bedeutet, er wird von den ZJ akzeptiert, und er kann, ohne daran gehindert zu werden, von Tür zu Tür predigen.

Vor nicht allzu langer Zeit versuchte ich, die Situation in Übereinstimmung mit den Wachtturm-Richtlinien zu bereinigen. Das heißt: ZJ-Älteste ansprechen, die Recht und Fairness üben würden, so wie das in der Bibel beschrieben wird. Statt dessen tat diese Gruppe von Männern alles ihnen Mögliche, die schweren Verbrechen gegen mich zu vertuschen und abzutun. Für mich wurde offensichtlich, dass diese Wachtturm-Vertreter nur daran interessiert waren, die Organisation zu schützen; meine individuellen Umstände waren ihnen ziemlich egal. Das wurde sichtbar, als ein Ältester zu mir sagte: „Das, was mit dir geschehen ist (die zahlreichen sexuellen Übergriffe), darfst du nie wiederholen, sonst entziehen wir dir die Gemeinschaft (schließen dich aus).“

Jetzt bin ich erleichtert, dass ich keine Ruhe bewahrte und zu den Justizbehörden ging, so dass diese Sexualverbrechen bekannt würden und aufhörten. Als ich 19 Jahre alt war, erzählte ich schließlich einem Beamten der Ordnungsbehörde von diesen Verbrechen. Diese Beamte war zufällig ein ZJ. Ich war mit meiner Weisheit am Ende, da noch ein weiterer Zeugenältester mich ab meinem achten Lebensjahr, bis ich zwölf war, belästigt hatte. Dies alles brachte mich dazu, den zuständigen Behörden zu offenbaren, was gegenwärtig mit mir geschah und was mir in der Kindheit passiert war. Mir war kaum bewusst, wie berechnend die Organisation darin war, die Sache abzukapseln und die Verantwortung dafür umzuleiten. Ich war entsetzt, wie meine Eltern bei einer Rechtskomiteesitzung verbal angegriffen und später geächtet wurden, weil sie sich nicht an den unter ZJ geltenden „Kodex des Schweigens“ gehalten hatten.

In der Zwischenzeit missionierte der Kinderschänder monatelang weiter, predigte von der Bühne im Königreichssaal und genoss als ernannter ZJ-Diener „besondere Vorrechte“. Schließlich, im Jahre 1998, wurde er gezwungen, sich vor einem Schwurgericht für seine Verbrechen zu verantworten. Diese Jury verurteilte ihn einstimmig wegen zweifacher Kindesvergewaltigung und zweifacher sexueller Belästigung. Diesem Prozess hätte er entgehen können, wenn er wahrheitsgemäß seine Verbrechen mir gegenüber eingestanden hätte und auf eine Einigung eingegangen wäre, die der Staat ihm angeboten hatte; eine Einigung, die ihm bei einem Teilgeständnis ein vermindertes Strafmaß zugesichert hätte. Doch der Pädophile engagierte einen privaten Strafverteidiger und verlor den Prozess; er wurde für schuldig gesprochen; er wurde für schuldig gesprochen und später zu elfeinhalb Jahren in einem Bundesgefängnis verurteilt. Interessanterweise wurde er zu der Zeit, als er verurteilt wurde, wieder als ZJ in gutem Ansehen eingesetzt, so dass er seine Tochter zu deren Heirat im Königreichssaal der ZJ begleiten konnte (ein Vorrecht, das nur anerkannte ZJ wahrnehmen können). Beim Prozess war die Seite des Pädophilen voller ZJ, die ihn unterstützten. Auf meiner Seite saßen nur drei Personen. Währenddessen traten die anderen beiden ZJ-Opfer vor, aber das hatte keine Auswirkungen auf den Prozess, weil sie Einschränkungen unterlagen. Bei der Urteilsverkündung standen drei Älteste auf und baten zusammen mit neun weiteren ZJ um Milde für ihn. Der Richter schüttelte angewidert seinen Kopf. Als der Richter ihn zu elfeinhalb Jahren verurteilte, schrie mich eine Pionierschwester über den Saal hinweg als Hure und Flittchen an. Ich muss mich wirklich fragen, an welcher Stelle des „geistigen Paradieses“ ich mich da befand.

Leider ist die Sache damit noch nicht zu Ende. Kürzlich wurde der Pädophile vorzeitig aus dem Bundesgefängnis entlassen, und zwar aufgrund einer technischen Sache, die zu einem neuen Prozess führen wird. Es waren nicht etwa die Beweise ungenügend, sondern es gab bei der Auswahl der Jury Bestechung. (Mein Fall ist nicht der einzige, der wieder aufgenommen wird, sondern es gibt da viele weitere.) Das bedeutet, ich muss meine Zeugenaussage noch einmal machen. Dieses Martyrium durchzumachen, ist äußerst traumatisch für mich. Aber es hindert ihn daran, weiter Sexualverbrechen zu begehen, und das ist die Sache wert. Wenn etwas von dem, was ich berichtet habe, geschönt erscheint, dann besorgt euch bitte die Prozessprotokolle, die meinen Bericht im Obergericht in xxxx bestätigen werden. Ich hoffe, dass andere ZJ, die in ähnliche Fälle verwickelt sind, meine Erfahrung hilfreich und als Sprungbrett finden, alles in ihrer Mach Stehende zu tun, um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.