Es ist ein erschütterndes Zeugnis, das die Autorin Barbara Kohout am Freitag, 12. November, im Frankfurter Haus der Volksarbeit vorstellte: „Mara im Kokon – Ein Leben unter Wachtturm-Regeln“ heißt ihr autobiographisches Buch, in dem sie vom schweren Ausstieg aus der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas berichtet. Lutz Lemhöfer, Weltanschauungsbeauftragter des Bistums Limburg, bezeichnete das Werk als „leidenschaftliches Plädoyer für Gewissensfreiheit gerade auch in religiösen Gemeinschaften“.

Für den katholischen Theologen beginnt die sektiererische Qualität von Weltanschauungen da, wo die Frohe Botschaft zur Drohbotschaft wird: „Wenn Menschen ein enges Korsett in Lehre und Lebenspraxis vorgegeben wird, wenn plurale Auslegung und Deutung absolut nicht akzeptiert werden, wenn Pluralismus und Diskussionsfähigkeit fehlen, wenn jegliche christliche Ökumene programmatisch abgelehnt wird“, dann sei den Mitgliedern ihr freier Wille genommen.

Wie gnadenlos ein solches System arbeitet, zeigt Kohouts Buch. 60 Jahre gehörte die heute 72-Jährige mit ihrer Familie den Zeugen Jehovas an, nicht als einfaches Mitglied, sondern engagiert und in der Hierarchie aufgestiegen lebt sie nach den strengen Regeln, versucht als „Predigerin“ auf der Straße und an Haustüren neue Gläubige zu gewinnen, trägt das Geflecht aus Kontrolle und immer wieder verlangtem Denunziantentum kritiklos mit. Erst als ihr Sohn den Ausstieg wagt und sie mit Dokumenten konfrontiert, die zeigen, dass der Wahrheitsanspruch der Gemeinschaft nicht trägt, beginnt die Augsburgerin, ihre Lebensumstände neu zu bewerten. Mobbing, soziale Isolierung und letztlich der Ausschluss sind die Konsequenzen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann Karl, einem ehemaligen Berufsschullehrer und „Ältesten“ in der Wachtturm-Gesellschaft und ihren drei Kindern trägt.

Das eindrucksvolle Buch zeigt die religiösen Vorschriften der Organisation und macht auf die Lage der „Abtrünnigen“ aufmerksam. Barbara Kohout stellt den Anspruch der Leitenden Körperschaften auf den Prüfstand, analysiert Bibelauslegungen und deren Auswirkungen auf das Leben der Gläubigen und warnt vor der falschen Freundlichkeit einer Gruppe, die glaubt, als einzige die „Wahrheit“ gepachtet zu haben und vor allem Menschen am Rand der Gesellschaft für ihre Lehren und ein Leben im „Kokon“ gewinnen will.


Doris Wiese-Gutheil vom Bistum Limburg war so freundlich, uns folgende gelungene Buchbesprechung über Barbara Kohouts eindringliches Buch zur Veröffentlichung freizugeben. Herzlichen Dank dafür!