Es gibt Themen, die Menschen ein Leben lang begleiten. Für Rudolf Augstein heißt eines davon: Jesus. Schon 1972 hat der Herausgeber des Spiegel ein Buch mit dem Titel Jesus Menschensohn veröffentlicht. Doch sein Neues ist tatsächlich ein neues Buch geworden. Denn die Antworten auf die Frage, wer Jesus eigentlich war, haben sich seitdem in Kirche und Theologie verändert.

 

Augstein sichtet die Fachliteratur kritisch, stellt Meinungen auch Nicht-Fachleuten verständlich dar. Sein Fach-Verstand kommt dennoch deutlich zum Ausdruck, wenn er fragt, was wir von einer historischen Person Jesus, sei die nun "aus Nazareth" oder nicht, eigentlich wissen können oder was seine Botschaft war. Hat Jesus eigentlich existiert? Und was könnte er gewollt haben? Was in Theologenkreisen längst bekannt ist, nämlich, daß unser Wissen über diesen Menschen sehr schmal ist, führt Augstein deutlich vor Augen. Was in christlichen Bekenntnissen und katholischen Dogmen über den "Gottessohn" ausgesagt ist, ist in vielen Punkten anfechtbar.

Die exegetischen Ergebnisse des letzten Vierteljahrhunderts, auch von jüdischer und muslimischer Seite, einem breiten Publikum zugänglich zu machen, darin liegt die Stärke dieses Buches. Denn die Erkenntnis, daß mit dem Mann Jesus nicht der Gottmensch und Gründer der christlichen Religion geboren wurde, wird noch immer nur von wenigen öffentlich in der Deutlichkeit ausgesprochen wie von Augstein.

Kein Bild von Jesus ist frei von der Persönlichkeit, die es entwirft. Diese Feststellung, die in theologischen Kreisen immer wieder getroffen wird, gilt auch für Augsteins Jesus Menschensohn. Seine Entlarvung des kirchlichen (und vor allem katholischen) Jesusbildes in seiner Verzerrung ist auch geprägt von seinen persönlichen Erfahrungen, ebenso wie die Antworten, die er darauf parat hat. Das Jesusbuch des politischen Menschen Augstein - eine Leseempfehlung für Skeptiker wie Gläubige, Fachkundige wie Laien. - Stefanie Ott-Frühwald

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