Ich war allgemeiner Pionier und traf auf einem Kongreß einige Missionare, die mich einluden, mit ihnen zusammen eine Zeit in Mittelamerika zu verbringen. Ich ging als Sonderpionier "auf Zeit".

Ich lernte, die Leute dort sehr gern zu haben (und mit "Leute" meine ich ALLE Leute, nicht nur Zeugen Jehovas). Sie waren so bescheiden und liebevoll, auch wenn sie nur so wenig hatten. Ich erkannte, daß es andere Dinge gab, die sie viel mehr gebrauchen konnten, als gerade zum Zeugen Jehovas bekehrt zu werden. Ich begann, mit diesen wundervollen Menschen mehr sozialen Kontakt zu haben, aber natürlich wurde das von den im Missionarheim Lebenden mißbilligt.

Vielleicht erinnert ihr euch daran, daß mehrere Länder Mittelamerikas in den späten 1970er Jahren in Bürgerkriege verwickelt waren und es dort einige Randgruppen gab, die sehr unangenehm werden konnten. Nun, eines abends ging ich von einem Besuch einiger dieser Leute nach Hause und wurde vom Vater der Familie begleitet. Wir wurden von einer Gruppe von fünf jungen Männern angegriffen. Der Vater wurde von zweien von ihnen in den Wald genommen, und ich wurde von den anderen dreien vergewaltigt. Ich kann ehrlich sagen, daß ich nicht weiß, ob ich geschrien habe oder nicht... so nehme ich das Argument nicht ab, wenn eine Frau nicht schreit, ist sie einverstanden. Angst beeinflußt Menschen auf unterschiedliche Weise. Ich weiß, daß ich sehr verschreckt war und physische Schmerzen hatte. Was danach geschah, ist für mich unklar, aber ich verließ das Land und ging zurück nach Hause, ehe die Ältesten sich meiner Sache annahmen.

Ich hatte aufgrund von Angst, Scham, Schuld usw. nicht die Absicht, den Vorfall in meiner Heimatversammlung zu erwähnen. Doch nach einigen Monaten erkannte ich, daß ich als Ergebnis der Vergewaltigung schwanger geworden war. Ich sprach mit meiner Mutter, die mich inständig bat, den Ältesten die Sache zu sagen, so daß sie nicht denken würden, ich hätte Hurerei begangen (offensichtlich war ihr eine Vergewaltigung lieber als willentlicher Sex unter Unverheirateten). Ich sprach mit einem Ältesten, den ich schon seit meiner Kindheit kannte. Er hörte mir ausdruckslos zu und sagte mir, er würde mit den anderen Ältesten reden, um sie die Sache wissen zu lassen. Kurz darauf wurde ich zu einer Rechtskomiteesitzung eingeladen, um die Dinge zu besprechen. Sie stellten mir äußerst demütigende Fragen (ich war nicht verheiratet und die Vergewaltigung war meine erste "Begegnung"; so fühlte ich mich sehr unangenehm). Man forderte mich sogar auf, die Art des Aktes zu beschreiben (damals wußte ich nicht einmal, daß es mehrere Arten gab!). Als es vorbei war, wurde ich zurechtgewiesen und von der Pionierliste gestrichen. Der Grund? Ich hatte vorsätzlich den Rat der "älteren Männer" mißachtet und war alleine ausgegangen und hatte Umgang mit dieser Familie, die keine Fortschritte in der "Wahrheit" machte. Praktisch sagten sie mir, ICH HÄTTE DIE VERGEWALTIGUNG WEGEN MEINER EINSTELLUNG VERURSACHT, und so verdiente ich eine Bestrafung.

Die Ältesten gingen dann zu meinem Vater und sagten ihm, er habe als "Haupt der Familie" nicht richtig gehandelt, da er mir keinen Respekt vor Autoritäten anerzogen habe (ich hatte schon seit mehreren Jahren nicht zu Hause gewohnt). Nun, Vater hatte eh schlechte Laune, und dies widerte ihn richtig an. So beschloß er, seiner 22-jährigen Tochter zu disziplinieren. Erinnert ihr euch?: "Wenn du ihn mit der Rute schlägst, so wird er nicht sterben." Ich wurde grün und blau geprügelt und hatte kurz darauf eine Fehlgeburt. Obwohl die Fehlgeburt eigentlich ein Segen war ... änderte diese Kette von Ereignissen mein Leben unwiderruflich.

Ich kam nach 6 Monaten wie ein braves Mädchen wieder auf die Pionierliste und zog dann dorthin, wo größerer Bedarf war. Aber es ging mit mir bergab. Innerhalb von 3 Jahren war ich kein Zeuge mehr. Das war vor 14 Jahren. Im Rückblick bedeutet die Vergewaltigung nun nichts mehr. Es war ein zufälliger Gewaltakt. Was mich kaputtmachte, war die Art, wie mich meine geistige Familie behandelte. Ich traue seitdem niemandem und keiner Religion mehr. Was soll ich noch dazu sagen?