Im Grunde bin ich - wie wir sagen - "in der 'Wahrheit' aufgewachsen"! Allerdings war ich, warum auch immer, von Anfang an kein "Streber vor dem Herrn". Nein, ich war stets, mit allen dort üblichen Vor- und Nachteilen, ein Mitläufer. Zu einem "Dienstamt" hat meine eigene Motivation nie gereicht. Das Wissen um "Die Wahrheit" hatte mir gereicht.

Andererseits ergaben sich für mich aus meinem Verhalten auch keine Probleme. Meine Frau - ebenfalls "in der Wahrheit aufgewachsen" - nahm am Versammlungsleben aktiv teil. Mehr oder weniger tolerierte sie von Anfang an meine Einstellung, und unsere Kinder wurden von uns gemeinsam an den "christlichen Glauben" heran geführt.

Im Jahre 1999 drängeln sich mir dann konkrete wie erhebliche Zweifel bezüglich des Geschehens innerhalb der "Organisation der Zeugen Jehovas" auf , Zweifel, die sich mit den "üblichen"- mir zur Verfügung stehenden "Kanälen" nicht aus meiner Welt schaffen lassen. Ich überdenke meine Haltung zu der "Organisation", und unterstreiche mein - wie gesagt - ohnehin schon sehr distanziertes Verhältnis zu der "Versammlung" der ich angehöre, durch eine wachsende Passivität. Meine Frau geht weiterhin den Weg eines "Zeugen Jehovas", allerdings sprechen wir nun zunehmend über meine Zweifel. Im Verlaufe der Gespräche - unserem "näher Hinsehen" - werden dann "meine Zweifel" zu "unseren Zweifeln".

Der erste Teil der Geschichte:

Von Mai 2000 bis Dezember 2001 fasse ich meine Zweifel zusammen - schreibe das Manuskript meines Buches. (Siehe Anhang 1 - Auszug aus dem Vorwort) Im März 2002 biete ich mein Manuskript erstmalig der "WTG" hier vertreten in "Selters" an. (Siehe Anhang 2) Von März 2002 bis Januar 2003 folgt diesbezüglich ein Schriftverkehr mit Selters. (Siehe Anhang 2 und 3 - mein erster sowie mein letzter Brief an Selters. Der komplette Schriftverkehr befindet sich in meinem Besitz.) Meine Bemühungen zur Kontaktaufnahme mit der Organisation bleiben erfolglos! Mein Ziel erreiche ich nicht!

Ab Januar 2003 distanziere ich mich vollends vom "Versammlungsgeschehen", und bleibe - mit nur wenigen Ausnahmen - dem dortigen "Zusammenkünften" fern. Mit Blick auf das Geschehen innerhalb der "Organisation" nehme ich nunmehr eine abwartende Haltung ein. Indes bleibt den meisten meiner Glaubensbrüder meine Kritik an die "Organisation" nicht verborgen. Vereinzelt - je nach Möglichkeit - spreche ich mit meinem engsten Bekanntenkreis "privat" über meine Zweifel. Fast jeder von ihnen stimmt mir, hinsichtlich meiner angeführten Argumente, unumwunden und nachdrücklich zu. Die Probleme lösen sich allerdings in keiner Weise. Alles bleibt wie es war. Eine Aussicht auf eine Reform sehe ich nicht.

Der zweite Teil der Geschichte:

Ab November 2004 beginne ich, aufgrund eines eindeutigen Hinweises einer außenstehenden Person, betreffs einiger "Ungereimtheiten" innerhalb der "Organisation der Jehovas Zeugen", im Internet zu recherchieren. Schnell bestätigen sich nun - aus meiner Sicht der Dinge heraus- die vorgebrachten, kritischen Ansatzpunkte als rechtmäßige Anklagen. Selbige übertreffen zwar die zuvor von mir - mittel meines Buches - vorgebrachten Anklagen deutlich, passen aber überraschenderweise in das sich nun langsam ergebende Gesamtgefüge... Noch im November 2004 übergebe ich einige meiner recherchierten Argumente - hier Auszüge aus dem Internet - dem "VA" meiner Versammlung. Letzterer zeigt sich stark überrascht wie interessiert, verspricht mir die Dokumente - zwecks Klärung - an "Selters" weiterzuleiten. In Anbetracht der Sachlage bitte ich um eine unverzügliche Antwort seitens unserer "Organisation". Nach knapp einer Woche meldet sich der "VA" und berichtet mir, dass "Selters" ein großes Interesse an den besagten Unterlagen gezeigt hat, und er sie ihnen daraufhin als Fax-Kopien übermittelt hat. Selters wollte - so der VA - die Unterlagen u.U. nach Brooklyn weiterleiten! Eine unverzügliche Antwort auf meine Fragestellungen wurde mir zugesichert! Ich erkläre dem VA, dass ich - die vorangegangene Erfahrung mit der Organisation in Erinnerung - in dieser dringlichen Angelegenheit keinesfalls bereit bin länger als 4-Wochen auf eine Antwort zu warten!

Im Dezember 2004 versende ich dann - da ich keinerlei Nachricht seiten der "Organisation" erhalte -, nach vorheriger Ankündigung an den "VA" der Versammlung der ich angehöre, einen erklärenden Brief an einige meiner Glaubensbrüder! (Siehe Anhang 4 und 5)

Mein Buch-Manuskript schrieb ich vom Mai des Jahres 2000 bis Dezember 2001.

Im März 2002 bot ich mein Buch, mit der Bitte es persönlich übereichen zu dürfen, der „WTG" in Selters schriftlich an. In meinen Brief bot ich meiner Bruderschaft einen klärenden Dialog an, erbat eine Aussprache, bezüglich meiner – wie ich meine - konstruktiven Kritik.

(Letztlich entsprach es meiner festen Überzeugung, dass innerhalb unserer Organisation so einiges im Argen liegt, und genau diese meine Kritik habe ich für die dortigen Brüder zusammengefasst.)

Mein Ersuchen wurde bereits im Ansatz in seiner Gesamtheit abgelehnt! Was dann folgte, war ein Briefwechsel zwischen Selters und mir, der sich bis Januar 2003 hinzog. Der Erfolg blieb jedoch aus, mein Ziel, in der von mir beabsichtigten Form, tatsächlich unerreicht.

Über abenteuerliche Umwege dann, erhielt Selters letztendlich wohl doch mein Pamphlet: zwischenzeitlich hatte ich es in Hamburg - in der Versammlung der ich angehörte - dem sog. Vorsitzenden der Ältestenschaft übergeben. Letzterer übereichte es, nachdem er es gelesen hatte, sowie nach einer Rücksprache mit mir, dem für die besagte Versammlung zuständigen Kreisaufseher. Der wiederum besuchte mich daraufhin, und versprach mir, nach einem längeren Gespräch, mein Buch an unsere Glaubensbrüder in Selters zu übergeben.

(Bis dato allerdings - keine Reaktion aus Selters! Niemand der dortigen Vertreter der WTG zeigte bis heute ein für mich erkennbares Interesse an meiner verfassten Klage!)

Anhang 1 - Auszug aus der Einleitung meines Buches:

Keine Anklageschrift gegen die Christenversammlung, der ich angehöre, will ich verbreiten. Ich kann und möchte, auch außerhalb jener Kreise niemanden belehren. Anhänger, oder gar Bestätiger meiner Überlegungen suche ich keinesfalls. Ich sehe nur allzu deutlich, dass dem falschen Umgang mit der Zeit unausweichlich eine beständige Tragik folgt, ja ein erschütterndes Leid nahezu gezüchtet wird.

Mir sind innerhalb meiner Religionsgemeinschaft solche Menschen begegnet, die es - in Ermangelung an Zeit für ihre ureigenen Bedürfnisse - buchstäblich verlernt haben die Gabe des „Sehens" in Anwendung zu bringen, oder die die Gabe des „Sprechens" nicht mehr ausreichend beherrschen. Viele so geschädigte Menschen traf ich dort an, zu vielen von ihnen bin ich dort begegnet. Menschen, die kaum noch - oder sogar überhaupt nicht mehr - in der Lage sind, mit dem Hintern auf einer Bank sitzend ein längeres Gespräch zu führen, oder mal ein „anderes Buch", eine „nicht religiöse Lektüre" – eine nicht seitens der Organisation der Jehovas Zeugen herausgegebene „theokratische Publikation" zu lesen. Sie hetzen an ihrem Nächsten vorbei, durchlaufen zügig die Natur, und sind nicht selten der Ansicht „dem Gott zu opfern", sollten sie mit den Auswirkungen ihrer aus dem Gleichgewicht geratenen Psyche konfrontiert werden. Schlimmes wurde und wird in dieser Hinsicht angerichtet, in ständig nachwachsenden Generationen, auf der ganzen Welt.

... „Falscher Umgang mit der Zeit" - weder darf ich meinem Nächsten dieses „Hamsterrad" menschlicher Unzulänglichkeit anbieten, noch möchte ich selber das Opfer daraus resultierender Konsequenzen sein.

Anhang 2 - der erste Brief an meine Glaubensbrüder in Selters:

Hamburg, 06. März 2002

Jehovas Zeugen

Niederselters, Am Steinfels

65618 Selters

Mein Buch „xxx xxx xxx"

Liebe Brüder,

mein Name ist xxx xxx, ich bin 53 Jahre alt und seit ca. 35 Jahren ein getaufter Zeuge Jehovas. Der mir nächst gelegene Königreichssaal ist der in der xxx, im Hamburger Stadtteil xxx, und dort gehöre ich der Versammlung Hbg. - xxx an.

Weder fungiere ich als ein „Ältester", noch als ein „Dienstsamtsgehilfe", und zieht ihr es in Erwägung euch in der dortigen Versammlung nach mir zu erkundigen, so wird man mir leider aus dieser Richtung das Zeugnis eines sogenannten „Untätigen" ausstellen müssen.

Also schreibe ich euch lediglich in meiner Eigenschaft als ein „Bruder", als ein „Nächster" – das allerdings aus meiner größtmöglichsten Überzeugung heraus.

Seit längerem beabsichtige ich mich mittels ein paar Zeilen an euch zu wenden - und zwar in einer Angelegenheit die mich bereits über den Zeitraum mehrerer Jahre ununterbrochen bedrückt -, seit langem beabsichtige ich einen Brief zu schreiben, der imstande ist einen klärenden Dialog zu eröffnen.

Nun sind sie geschrieben, meine Zeilen, nun ist er für den Versand bereit, mein Brief. Mein Schreiben, das mich in die Lage versetzen soll mit euch – „unseren Hirten" – ins Gespräch zu kommen. Eine Aussprache erhoffe ich sehnlichst, ein Gedankenaustausch bezüglich meines Problems liegt in meiner Absicht.

Der Brief ist sehr lang, mit seinen rund 300 Seiten bezeichnet er sich besser als ein Buch.

Mein Buch trägt den Titel „xxx xxx xxx", und es handelt von meinem Problem – lässt den etwaigen Leser meine Sorgen und Ängste erahnen -, ermöglicht einen Blick auf die Summe meiner diesbezüglichen Beweggründe.

Kurzum - ich möchte euch besuchen, liebe Brüder, um dann mein Buch persönlich überreichen- und den besagten Dialog eröffnen zu dürfen, ja um möglicherweise dergestalt, gemeinsam mit euch, mein Problem aufarbeiten zu können.

Vielleicht erlaubt es eure Zeit mich zu empfangen?

Über eine Antwort - wie auch immer sie lautet - würde ich mich sehr freuen, und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Anhang 3 - mein letzter Brief an Selters:
Hamburg, 28. Dezember 2002

Jehovas Zeugen

Niederselters, Am Steinfels

65618 Selters

Mein Buch „xxx xxx xxx"


Hallo,

meine guten Brüder in Selters,

Heute erreichte mich euer Brief vom 23. Dezember 2002 und somit - seit dem 04. Oktober des Jahres 2002 - die erste Reaktion seitens Selters! Zwölf Wochen ca. herrschte, bezüglich meines Anliegens, beharrliche Funkstille aus dieser Richtung. Rundweg drei volle Monate zog es ganz Jerusalem vor, sich - betreffs meiner wiederholten Anfragen - mit einem eisernen Schweigen zu umhüllen!

Sicherlich gibt es für euer Tun – oder besser gesagt „für euer nicht Tun" - eine begreifliche Erklärung. Gewiss mag eure, zugegeben für mich sehr gewöhnungsbedürftige Verhaltensweise, mittels einer plausiblen Argumentation zu stützen sein, ich gehe davon aus, dass das der Fall ist, ich bin sogar ziemlich überzeugt davon. Ob allerdings die etwaige, begreiflich plausible Erklärung dann in den Rahmen einer fairen Problemaufarbeitung passt, ob sie letztendlich der Minimierung unserer gemeinsamen Problemkonstellation dient, das wage ich allzeit ernsthaft zu bestreiten. Aber was soll’s, ein Gedankenaustausch, und sei er auch noch so konstruktiv geartet, lässt sich nicht erzwingen, eher nicht, und das ist auch gut so.

Nun hat er mich erreicht, der Bescheid aus Jerusalem – ich halte euren Brief in meinen Händen. Allerdings eine Antwort, eine Antwort etwa auf meine gestellten Fragen, die habe ich noch immer nicht bekommen! (Jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne, aber dazu komme ich später.)

„Wie wir dir bereits wiederholt zu erklären versucht haben, sind wir nicht in der Lage, einen längeren Dialog mit dir zu führen", schreibt ihr mir, und „...haben wir die Ältesten deiner Versammlung als unsere zuständigen Beauftragten am 15. Oktober 2002 gebeten, dir zu sagen, dass wir deinen Brief erhalten hatten und uns dafür bedanken. Sie sollten dir sagen, dass es uns nicht möglich ist, dein Buch zu lesen. Wir haben sehr viele Vorgänge zu bearbeiten..."

Nein Brüder, das stimmt nicht was ihr da niedergeschrieben habt, das streift nicht einmal im aller Entferntesten den tatsächlichen Sachverhalt, nein, wirklich nicht!

Ihr habt mir nichts erklärt, Brüder, und schon gar nicht wiederholt – ein deutliches „Nein" setze ich an dieser Stelle! Ihr habt die von mir erbetene Aussprache rigoros abgelehnt, habt den von mir ersehnten Meinungsaustausch zwischen mir und euch drakonisch verweigert – das hingegen habt ihr wiederholt getan! Soweit meine Stellungnahme bezüglich eurer Aussage: „Wie wir dir bereits wiederholt zu erklären versucht haben..."

Des weiteren möchte ich hier und jetzt festhalten, dass die Ältesten meiner Versammlung – eure zuständigen Beauftragten wie ihr sie nennt - sich nicht in eurem Auftrag an mich gewandt haben, nein, auch diese von euch gemachte Aussage entspricht nicht den Tatsachen! Tatsächlich suchten mich am 13. Dezember 2002 zwei Brüder der Versammlung Hamburg- xxx auf. Es war mir leider nicht möglich, auch nach mehrmaligem Nachfragen nicht, in Erfahrung zu bringen, ob es sich bei dem Besuch um eine seitens Selters beauftragte Aussprache handelte. (Das relativ detaillierte Gesprächsprotokoll habe ich zu eurer Kenntnisnahme mit in den Umschlag gesteckt.)

Soweit meine Erklärung bezüglich eurer Angabe: „...haben wir die Ältesten deiner Versammlung als unsere zuständigen Beauftragten am 15. Oktober 2002 gebeten, dir zu sagen..."

Dessen ungeachtet, ob nun gewollt oder ungewollt, letzten Endes habt ihr mir meine Fragen doch beantwortet, jawohl, und zwar alle die, die mir wichtig erscheinen. Nicht etwa, dass ich mit den jüngst gewonnenen Aufklärungen zufrieden bin, nein, die sich mir nun regelrecht aufdrängelnden Rückschlüsse sind viel eher dazu geeignet mich äußerst traurig – ja außerordentlich bekümmert zu stimmen. Das erreichen meiner Zielsetzung – redliche Antworten auf all meine Fragen – werde ich nicht als einen Triumph empfinden, dazu ist das Ergebnis meiner Bemühungen absolut nicht geeignet. Die von mir und für mich erlangte Beschaffung einer wirklichkeitsnahen Auflösung, hinsichtlich der Rätsel und Widersprüche die sich mir innerhalb unseres religiösen Gemeinschaft deutlichst zeigten, ist bestenfalls dazu bestimmt den dürftigen Rest des einst besessenen Vertrauens mit dem Zweifel zu vermengen. Das wiederum werde ich gewiss niemandem vorwerfen wollen, auch nicht „Selters" oder „Jerusalem", nein, das braucht keiner vor mir verantworten – nicht vor mir...

Brüder, ihr seid meinen Fragen mit „Totschweigen" begegnet, habt sie mittels der „Ignoranz" beantwortet. Eine morbide Saat - eine krankhafte Ernte, die wir da einbringen. Wo nur ist unser Idealismus hin? Was haben wir mit unserem Enthusiasmus gemacht? In welcher dunklen Ecke haben wir es geparkt - unser Kontingent an Begeisterung? Was genau ist geschehen? Wo kann man zur Zeit unser bekanntes „Vorwärtsdrängen" bei der Arbeit beobachten? All diese Fragen richte ich nicht etwa gezielt an „euch" und dann in der Absicht einen gehässigen Rundumschlag zu formen, nein, ich richte diese Fragen gezielt an „uns", und zwar in der Absicht einen Appell in seiner Wirksamkeit zu unterstützen...

„Lasst uns endlich das Übermaß an bürokratischem ‚Grau’, gegen ein heilsam dosiertes, naturelles ‚Bunt’ tauschen! Lasst uns baldmöglichst den aufgeblähten Überhang an schematischen ‚Ecken’ gegen die zuträglichen, naturgegebenen ‚Rundungen’ wechseln! Lasst uns somit die Vielfalt an pur pedantischen Litaneien in eine erholsame Reichhaltigkeit an Gedankengut wandeln! Lasst uns mit dieser längst überfälligen Arbeit – und erkennen wir auch darin unsere Pflicht - schnellstmöglich beginnen! Distanzieren wir uns künftig erkennbar, bedingt durch unser Denken und Handeln, von der althergebrachten Form des Sektierertums!" Das Brüder, das ist es was ich „uns" sagen wollte. So in etwa formuliert sich mein Appell an uns, an uns als Religionsgemeinschaft, die wir uns erdenweit als die Zeugen Jehovas verstehen. Aber wem sage ich denn das, und warum?

In einem langen Brief – mein Buch - habe ich meine Sorgen und Ängste, ja meine Befürchtungen betreffs der von uns erwählten Form der Religionsausübung, begründet. Vor gut einem halben Jahr übergab ich dieses Manuskript – an dem ich knapp zwei Jahre recht intensiv arbeitete - an Selters. Allein die Übergabe meiner Arbeit an euch war mehr als traurig – ihr machtet keinen Hehl daraus, dass ich keinerlei Chancen auf Gehör habe. Ab März des Jahres 2002 habe ich um die Möglichkeit einer persönlichen Übergabe gebeten, vergeblich; dass ihr mein Buch dennoch vier Monate später erhalten habt - dass ich es zumindest per Boten überbringen lassen konnte - ist sicherlich nicht zuletzt meiner Hartnäckigkeit wie dem Zufall zu verdanken. Ziemlich genau fünfzehn Seiten schrieb ich euch seit dem besagten März. Sechs Briefe, tatsächlich immer in derselben Angelegenheit, bekamt ihr von mir - dieser, den ihr gerade in den Händen haltet, ist der siebte... Und eure Antwort, eure Reaktion auf meine Bestrebungen? Diese Frage solltet ihr, nur gesetzt den Fall dass sich ein Klärungsbedarf anmeldet, besser selbst beantworten...

„Wir werden dies auch künftig so handhaben", schreibt ihr, „und bitten dich um Verständnis für diese Vorgehensweise." Nein, ebenfalls ein klares Nein! Für ein weiteres Bekenntnis eurerseits, nämlich dass ihr schon heute wisst dass Selters auch künftig, komme was da wolle, prinzipiell für eine konstruktive Kritik unnahbar ist – und real so deutet sich der Satz nach einigem Bedenken -, für ein weitere Untermauerung dieser eurer Grundhaltung, habe ich kein Verstehen, nicht im Geringsten! Trotz allem, also gut - belassen wir es dabei! Ihr habt euch entschieden, zumindest das habe ich verstanden.

Dies dürften wohl mit Sicherheit meine letzten Zeilen an Selters sein, ich sehe momentan keinen einzigen Grund Gegensätzliches zu glauben. Wie gesagt, letzten Endes habt ihr meine Fragen - ob gewollt oder ungewollt das sei dahingestellt - doch noch beantwortet...

Meine Klage bleibt weiterhin bestehen, und ebenso meine Traurigkeit, bezüglich der Tatsache, dass sie in Jerusalem offenbar kein Gehör findet. Auch kann ich mich meiner Enttäuschung nicht entledigen, meiner tiefen Unzufriedenheit darüber, dass auffallend in unserer Mitte, dem freien wie christlichen Gedankengut keine Gelegenheit der Entfaltung gegeben wird, jedenfalls nicht wenn es von den Menschen „zwischen oder unter den Reihen" geliefert wird. Schade, dass dem so ist, denn genau dort ist er eigentlich im wahrsten Sinne des Wortes zu Hause – der menschliche, glaubenstreue, richtungsweisende Gedanke der Zukunft. So jedenfalls verstand und verstehe ich unsere gemeinsame Religion.

Das war’s, meine Arbeit betrachte ich als erledigt! Den Schriftverkehr, zwischen mir und Selters, werde ich dem für die Versammlung xxx verantwortlichen vorsitzenden Ältesten – dem „VA" wie er in unseren Kreisen genannt wird – aushändigen, er kann ihn dann ja, falls Bedarf, im Rahmen der nächsten „Ältesten- Besprechung" herumreichen und dann entgültig zu den Akten legen. Die Gefahr, dass allein daraus noch eine unangenehme Debatte entbrennt - ja eine die etwa in der Lage ist den Frieden der Versammlung zu stören oder gar zu beeinträchtigen, diese Gefahr sehe ich nicht gegeben...

Verzeiht mir bitte meine Beharrlichkeit, entschuldigt meine Ausdauer! Sicherlich liegt es nicht in eurer Absicht mir auf diese meine Worte zu antworten, falls ihr aber doch mit dem Gedanken spielen solltet – seht bitte davon ab...

Im festen Vorsatz, euch gleichwohl als meine Brüder - als die mit mir im aufrichtigen Glauben verwandten Menschen - zu verstehen, möchte auch ich euch herzliche Grüße übermitteln.

xxx xxx

Anhang 4 - Brief-Ankündigung an den VA meiner Versammlung:

xxx xxx 14. Dezember 2004

Vorsitzender der Ältestenschaft der Versammlung Hamburg-xxx

Brief an einige Brüder

Lieber xxx,

bezugnehmend auf deine Funktion als Vorsitzender der Ältestenschaft der Versammlung Hamburg-xxx, sende ich dir vorab den Brief, den ich dann am 21. Dezember des Jahres an einige meiner Brüder senden werde.

Die Fairness gebietet es sicherlich, dass ich dir diese meine Zeilen, in denen ich mich bezüglich meiner künftigen Verhaltensweise gegenüber unserer „Organisation" erkläre, bereits zum jetzigen Zeitpunkt zur Kenntnis gebe.

Meine an die Brüder gerichtete Begründung habe ich - soweit es mir in Anbetracht der Bedeutsamkeit der Angelegenheit möglich war - kurzgehalten.

Anbei:

Im Rahmen meiner Recherchen, meiner nunmehr wochenlang andauernden Überprüfung der Kritik an unserer „Organisation", haben sich meiner Meinung nach, zumindest in essentiellen Dingen, die Klagen als gerechtfertigt erwiesen; und mehr noch, es hat sich, nach näherem Hinsehen, all das bestätigt, auf das ich „Selters" bereits vor Jahren, mittels meines Buches und meiner Briefe, hinwies!

Eingedenk dieser Tatsache, und in dem Bewusstsein, dass es hier um deutlich mehr als nur um meine Einstellung zu der besagten „Organisation" geht, ist es mir wirklich nicht mehr länger möglich, die seitens jener „Führung" geforderte Passivität unbegrenzt und geduldig zu üben.

Mit freundlichen Grüßen

xxx xxx

Anhang 5 - Brief an einige meiner Glaubensbrüder:

xxx , 21. Dezember 2004

Liebe Brüder,

ich beginne meinen Brief mit dieser Redewendung, weil ich meine Zeilen an einige von euch senden werde! An meine Freunde und gute alte Bekannte innerhalb der Christenversammlung der Zeugen Jehovas will ich mich wenden, an jene Menschen, die ich im Verlaufe der vergangenen Jahre greifbar kennen und schätzen gelernt habe.Viele von euch haben mich ein gutes Stück meines Lebens begleitet, nicht selten als Vertraute, als glaubwürdige Gefährten. So jedenfalls sagen es mir meine Erinnerungen.

Das Schreiben dieses Briefes fällt mir nicht leicht. Jedes Wort, jede Formulierung, ringe ich mir tatsächlich ab. Was ich euch mitteilen möchte – nein mitteilen muss - weiß ich genau, hingegen wie ich es zum Ausdruck bringen kann, das mag sich mir nicht so recht zeigen.

Verletzen, oder gar beleidigen, darf und will ich niemanden, und ebenso liegt es fernab meiner Absicht, irgend jemanden zu verunsichern. Dennoch, so vermute ich bereits an dieser Stelle, dennoch werde ich bezüglich dieser Zielsetzung scheitern.

Vermutlich begründet sich mein Versagen darin, dass ich hier nun – in gewisser Weise jedenfalls - einen Abschiedsbrief schreibe, ja dass ich einen Abschied formuliere, den ich im Grunde nicht möchte, der sich mir aber gewissermaßen aufdrängelt.

Mein Schreiben benennt einen solchen Abschied! Verabschieden will und werde ich mich von einigen meiner Gewohnheiten, deren Ursprung sich auf grundlegende Argumente seitens unserer „Organisation" begründen, von einigen Angewohnheiten, die seitens jener Führung moduliert und ins Leben gerufen wurden! Eine Trennung strebe ich an, eine real klare wie entschiedene Separation von genau den angepriesenen Dogmen, die sich mir als nicht echt, als nicht wahr, ja als wenig aufrichtig erwiesen!.

Weder von Jehova noch von seinem Gesetz will ich mich verabschieden! Natürlich nicht! Keine Trennung von den Glaubenssätzen der Bibel, von Gottes Ratschluss, liegt in meiner Absicht! Auch das nicht! Letzteres ist für mich unvorstellbar!

Nein, ich spreche hier von einigen – und ich betone wieder einigen – Theorien unserer gemeinsamen Organisation; von gewissen Hypothesen, die sich mir als erkennbar falsch offenbarten. Von bestimmten, und aus gezielt dieser Richtung kommenden, sogenannten Wirklichkeiten, die sich mir bestenfalls als Vermutungen zu erkennen gaben, spreche ich; von gewissen Annahmen, die mir die besagte Führung als alleinige „Wahrheit" unterbreitete, ist hier die Rede. Auf unangemessen richtungsweisende Unterstellungen unserer gemeinschaftlichen Leitung zeige ich deutlich, auf bezeichnende Auslegungen die mich prägten, die mich bislang entscheidend und annähernd ohne Relativierung auf meinem christlich-religiösen Lebensweg begleiteten. Unter diese Überschrift setze ich meinen Abschied. So umrahme ich den Inhalt meiner Beanstandung in ihrer Gesamtheit.

Von euch, liebe Brüder, von euch ersehne ich keinen Abschied. Das ist hier nicht mein Ansatz – ist ganz und gar nicht der Zweck meines Briefes.

Da ich allerdings davon ausgehen muss - so jedenfalls diktieren es mir die Erfahrungen der vergangenen Jahre -, dass ihr mich nach Kenntnisnahme meiner Kritik, und sei selbige auch noch so konstruktiv, als einen Abtrünnigen erkennen wollt, sehe ich schon hier eine leidige Verkettung zwischen meiner Aussage und eurer Verhaltensweise. Das Gesetz zwischen Ursache und Wirkung kommt hier aller Wahrscheinlichkeit zum tragen. Eine Reaktion dann allerdings, die gemäß eurer Einschätzung nach allein euren Gesetzen erfolgt – so wurde es uns doch seitens der Organisation serviert, so wurde es von uns doch entgegengenommen und verzehrt - eine sachlichere Verbindung sehe ich ansonsten nicht.

Anbei, den Begriff Organisation setze ich bewusst ein! Weder auf die Umschreibung „Leitende Körperschaft" noch „Treuer und verständige Sklave" greife ich zurück, nein, die Definition „Organisation" passt zu alledem auf das ich im folgenden hinweisen werde. Wie auch immer, ich will es auf den Punkt bringen, folgendes wird ab sofort von mir verabschiedet:

Ich verabschiede mich von der Gewohnheit, einen regelmäßigen Besuch der Versammlung in Erwägung zu ziehen! Es ist mir nun endgültig klar geworden, dass mich die ständigen Wiederholungen dort von wesentlichen Gedankengängen ablenken! Beängstigend verändert sich dort - bedingt durch eine persönlichkeitsformende Manipulation – meine Eigen-Ständigkeit als Christ. Ich verabschiede mich von der Angewohnheit, alles das vehement wie ausnahmslos zu verteidigen, was seitens der Weltmenschen – wie unsere weltweiten Mitmenschen gerne von unserer Bruderschaft genannt werden – an der Organisation kritisiert wird!

Zu viele von all den Fingerzeigen dieser Kritiker haben sich als realistisch erwiesen, zu viele haben sich als krankhafte aber berechtigte Fakten zu erkennen gegeben. Wir als Jehovas Zeugen – als Organisation –, wir sind in essentiellen Dingen nicht nur nicht besser als die uns umgebende Menschheit, nein, obendrein geben wir uns hier und da auch noch ein gute Stück verlogener!

Es gibt – so meine Recherchen – innerhalb unserer Organisation tatsächlich erhebliche, hausgemachte, ja kritikwürdige Probleme! Probleme, die ein Christ nicht hinnehmen darf, Probleme, auf die ein aufrichtiger Anbeter unseres Gottes Jehova sofort wie deutlich hinweisen muss! Auf die dominantesten Probleme innerhalb unserer Reihen muss ich hier nun hinweisen:

Wieso, so frage ich uns hier, wieso nur gibt es innerhalb der Gruppierung unserer Bruderschaft eine auffallend hohe Anzahl von Suizid-Fällen? Von Selbstmorden unter vornehmlich jungen Menschen spreche ich hier, von unvorstellbar traurigen Schicksalen zwischen unseren Reihen! Tragödien inmitten unserer „Nächsten", unter denen, denen stets und ständig gesagt wird, dass sie sich schon jetzt in einem „geistigen Paradies" befinden! Wieso passiert das „in der Wahrheit" ? Ist unsere Wahrheit eine spezielle – eine nicht zu ertragene Wahrheit? Jedenfalls wurde die gebräuchlich gesunde Wahrheit bezüglich der angeführten Suizid-Fälle seitens der Organisation bis dato konsequent totgeschwiegen - was ans Licht kam dann heruntergespielt und vertuscht!

All das sind morbide Tatsachen, auf die wir von Außenstehenden hingewiesen werden; gestern und heute, und sicherlich auch morgen. Es wäre der Gipfel des Sarkasmus, eben solche Kritiker durchweg als „Hetzer", als von Satan gesandte Abtrünnige zu titulieren! Letztere Haltung wäre allerdings der einfachste Weg, um weiterhin - mit einem guten Gewissen versteht sich – dem regelmäßigen Versammlungsbesuch frönen zu können...

Wieso, so frage ich uns weiter, wieso nur gibt es innerhalb der Gruppierung unserer Bruderschaft eine so auffallend hohe Anzahl von Kinderschändern? Wieso nur ist ein derartiges Problem bei uns überhaupt existent? Vom sexuellen Missbrauch von Kindern spreche ich hier! Wieder spreche ich von ganz unbeschreiblich traurigen Übeln zwischen unseren Reihen - von Dramen inmitten unserer „Nächsten" –, wieder unter denen, denen ohne Unterbrechung gesagt wird, dass sie sich in einem „geistigen Paradies" befinden!

Seitens der Organisation wurden auch die Wahrheiten bezüglich der angeführten Fälle von „sexuellen Missbrauch von Kindern" konsequent totgeschwiegen, bzw. bagatellisiert und verborgen! Auch das sind Realitäten, auf die wir von Außenstehenden hingewiesen wurden und werden! Auch hier entbehrte es nicht einer gewissen Ironie, solche Kritiker durchgängig als „Unruhestifter", als von Satan gesandte Untreue zu titulieren! Allerdings würde eine solch geradlinige Einstellung, gegenüber all unseren Kritikern, unserer zur Zeit amtierenden „Wahrheit" dienlich sein – auch hier wäre unser Gewissen vorerst einmal entlastet...

Wieso, so frage ich uns weiter, wieso nur gibt es innerhalb der Gruppierung unserer Bruderschaft eine so auffallend hohe Anzahl von Menschen, die sich dringlich nach mehr Herzlichkeit unter den Brüdern sehnen, die eine ausgleichende Gewogenheit vermissen, ja die eine zunehmende Lieblosigkeit beklagen – eine anschwellende Kühle, die sich wirklich nicht allein mittels der gern zitierten biblischen Prophetie bezüglich der (einer) Endzeit „die Liebe der meisten wird erkalten" begründen lässt?

Rückblickend, und das alles abwägend, verabschiede ich mich ebenso von dem Glauben, dass wir innerhalb unserer Bruderschaft eine besonders große Liebe walten lassen, eine Liebe, die sogar beispiellos ist unter den Menschen! Einer derartigen Liebe geben wir kaum eine Chance, nein, wirklich nicht! Bedingt durch den Wettlauf - den wir uns auf die Fahne haben schreiben lassen - versumpfen wir zunehmend in der Routine, ersticken wir uns selbst in der Litanei! Auch das ist eine traurige Wahrheit! Auch das ist unsere Wahrheit! Auch das ist eine von vielen reformbedürftigen Wahrheiten, die ganz allein uns gehört, die wir verwalten!

Das jene vielgepriesene Herzens-wärme gerade bei uns vermisst wird, das habe ich nur zu oft zwischen unseren Reihen erfahren, habe ich nur zu oft unter unseren Reihen zu hören bekommen - innerhalb unserer Bruderschaft, aus denen es doch ununterbrochen erklingt, dass wir zur Zeit so quasi die alleinigen Besitzer dieser erforderlichen, christlichen Neigung sind!

„Finanzskandale inmitten der Wachtturmgesellschaft!" „Wer und was steckt dahinter?"

Wieso, eine weitere Frage an uns, wieso nur werden wir als Zeugen Jehovas ansteigend mit derartigen Anschuldigungen bedacht? Wieso spricht man von uns, und zwar nicht wie man uns glauben machen will alleinig seitens der erklärten Gegnerschaft, in Verbindung mit „Millionengewinnen" und „Immobiliengeschäften", mit „Steuerschulden" und „Milliarden-Betrug"?

Wieso bringt man uns mit derartigen, anrüchigen Verstrickungen in Verbindung? Letztgenannte Anschuldigungen kommen ebenfalls nicht ausschließlich, wie es seitens der scheinbar tiefgekränkten Organisation wiederholt angeführt wird, aus dem Lager der Andersgläubigen oder illoyalen ehemaligen Brüdern! Nein, deren Hilfe ist hier nicht erforderlich! Jene Anklagen inszenieren wir tatsächlich selber, die Gründe dafür liefern wir frei Haus! Die Hintergründe sind bislang nur nicht unübersehbar aufgefallen!

Ja, es gibt sie, die gegenwärtig von allen Seiten gestellte und tatsächlich mehr als berechtigte Frage: „was denn nun genau diese Aktiengesellschaft" und das ist sie fürwahr, jene Organisation , die sich prädestiniert fühlt wahrhaft christlich motivierte Menschen leiten zu können „mit all dem überschüssigen Geld macht, das sie innerhalb ihrer umfangreichen Firmendynastie verwaltet?"

Von den vielen nicht eingetroffenen Prophezeiungen, die jene Organisation - mit dem Hinweis sie sei unmittelbar von Christus und somit von Gott geleitet – vehement in die Welt geschleudert hat, will ich hier nicht sprechen. Auch nicht von den Glaubens-Säulen, die durch das Ausbleiben der Vorherverkündigungs-Resultate ganz zwangsweise in den Sand kippten, muss hier die Rede sein. Warum auch? Einiges auf Erden erklärt sich doch von ganz allein, und zwar gänzlich ohne die Erleuchtung besonders berufener Mitmenschen. Da sich beispielshalber Thesen wie „Harmagedon findet 1975 statt" und „das Ende wird die jetzt lebende Generation erleben" selbst überholt haben, frage ich mich lediglich noch, was denn überhaupt – nämlich von den vielen Offenbarungen und Bescheiden die aus besagter Richtung kamen und kommen - als von unserem Gott gewollt anzusehen ist?

Ich denke diese Fragestellung ist nicht nur legitim, nein, sie sollte – da schon lange überfällig - von jedem denkenden Christen gestellt werden, und zwar jetzt, sofort, hier und heute, unüberhörbar deutlich, und für alle vernehmlich!

Suizid-Probleme inmitten unserer Organisation...! Kinderschändungs-Fälle zwischen unseren Reihen...! Zunehmende Lieblosigkeit innerhalb unserer Gesellschaft...! Anschwellende Finanzskandale im Rahmen unserer Führung...! Herausragende Irrlehren seitens unserer Körperschaft... und...und...und...!

Es gab sie immer, die aufmerksamen Beobachter unter den Brüdern, deren Fragen sich auftürmten. Es gibt sie auch jetzt, die fragenden Menschen, die bemühten Christen, die wie ein lebendiges Fragezeichen zwischen den Reihen hin- und her wanken. Doch, so verhält es sich, davon sollten wir sicherlich ausgehen! Aber sie verhalten sich lautlos, jene Nächsten unserer weltweiten Versammlungsstätten; sie sind beängstigend stumm, diese unsere Mithoffnungsträger, die angeblich schon jetzt in einem geistigen Paradies wandeln. Stimmlos, unhörbar, verhalten sie sich - sie harren aus, wie es so schön heißt!

Von den Kritikern rede ich hier, denen seitens der „Organisation nicht die Gemeinschaft entzogen wurde, von denen, die nicht mit einem Gemeinschaftsentzug bedacht wurden!

Nur Letztgenannte können hier gemeint sein, natürlich, die anderen – die ihren Mund öffneten, die ihre Kritik hörbar unterstrichen haben – sind ja nicht mehr unter uns! Sie sitzen ja nicht mehr dreimal die Woche in den Königreichssälen der Nation! Nein, tun sie nicht, weder in- noch unter den Reihen unserer so zahlreichen Versammlungsorte tauchen sie auf! Insofern gibt es aus unserem Volke auch keine Klagen! Nicht den Anflug einer Kritik - auch nicht einer konstruktiven! Warum, liebe Brüder, warum ist das so?

Ja warum? Leider wieder eine Frage! Eine zusätzliche, eine unbequeme Frage, ja eine von der Sorte, die einem – wie immer sie beantwortet wird, beziehungsweise wie man sie sich selbst beantwortet - Unbehagen verursacht. Bei solchen Fragen ist die Beklommenheit vorprogrammiert.

Gerechterweise sollte ich - letztgenanntes einschränkend - darauf hinweisen, dass ich meinen Mund aufgemacht habe und nicht ausgeschlossen wurde! Jawohl, Brüder, so war es, Ausnahmen bestätigen die Regel! Ich habe meine Stimme erhoben, habe meine Klage dick und doppelt unterstrichen, und kann immer noch mit jedem von euch sprechen!

Allerdings – und das relativiert die Sache sicherlich etwas – fand ich kein Gehör! Nein, nicht im Geringsten!

Die etwas zurückliegende Angelegenheit liegt folgendermaßen in meiner Erfahrung:

Vor einigen Jahren formulierte ich meine ganzen Sorgen und Ängste schriftlich, und bot sie dann unserer Organisation in Form eines gebundenes Buches an. All meine Fragen, ja all das, was sich so in den letzten Jahren angestaut hatte – Angelegenheiten für die mein mir zur Verfügung stehendes Verständnis offensichtlich nicht ausreichte -, legte ich in meinen Zeilen offen dar. Gegebenheiten, mit denen ich beim besten Willen nicht umzugehen verstand, stellte ich zur Diskussion.

Zugegeben, mein Lektüre, meine Botschaft an unsere Brüder „über den Reihen", beinhaltete alles andere als leicht verdauliche Kost - für beide Seiten nicht! Hingegen war mein Anliegen, auch jetzt und im Nachhinein betrachtet, recht gerade heraus. Eine geöffnete wie faire Kritik an all das, was ich eben als kritikwürdig und von daher als reformbedürftig erachtete. Soweit es mir möglich war, und soweit es mir realistisch erschien, gestattete ich mir auch entsprechende Vorschläge anzuführen. So gesehen wählte ich einen zu gleichen Teilen ungewöhnlichen wie nutzbringenden Weg. Jedenfalls richtete ich diesbezüglich meine ganze Hoffnung auf die Organisation, die ich durch die Brüder in Selters vertreten sah.

Und dann? Was passierte daraufhin? Wie reagierte die Organisation auf meinen dicken Brief? Lassen wir es getrost bei dieser Frage! Vermutlich ist es besser so! Weder mit Erklärungen noch mit Beweisen will ich hier antreten! Keine Argumente ziehe ich aus der Tasche. Sei es wie es nun mal ist. Jedenfalls hier und heute.

Einen Trost habe ich: zu den Stummen gehöre ich trotzdem nicht und auch nicht zu den Ausgeschlossenen! Zu denen, die innerhalb unserer Reihen das „geistige Paradies" wiedererkennen können, indes leider aber auch nicht. Ebenfalls sehe ich wirklich nicht, dass wir, so wie wir uns gegenwärtig als Christen in der Gesamtheit, als Organisation, offenbaren, „in der Wahrheit" anzutreffen sind.

Das war’s auch schon. Soweit ein paar Anmerkungen zu meinem Abschied von einigen meiner Gewohnheiten. Von Gewohnheiten – ich erwähnte es anfangs bereits - deren Quelle sich auf grundlegende Argumente seitens unserer „Führung" begründen. Von bestimmten einhelligen Angewohnheiten, die seitens jener „Leitung" moduliert und ins Leben gerufen wurden! Eine Trennung leite ich ein, eine real klare wie entschiedene Separation von genau den angepriesenen Dogmen, die sich mir als nicht echt, als nicht wahr, ja als wenig aufrichtig erwiesen haben! Mir, ich betone mir ! Euch mag es letztlich anders ergehen, ihr seht die von mir angedeuteten Vorgänge vielleicht mit anderen Augen – oder sie sind für euch nicht existent...Möglich wäre es.

(Anbei - ich hätte noch weitere Fragen an unsere Führung! Fragen, deren Inhalt auf den ersten Blick nicht ganz so brisant scheint, die aber dennoch eine ziemliche Armseligkeit umrahmen, und somit ebenfalls dringlichst auf Antwort warten.)

Wie gesagt - auch darauf wies ich anfangs hin -, weder von Jehova noch von seinem Gesetz will ich mich verabschieden! Weder von den christlichen Glaubenssätzen, noch von Gottes Wort der Bibel beabsichtige ich eine Distanz!

Ebenso rücke ich nicht von meinem Treueid ab, den ich vor über drei Jahrzehnten gegenüber unserem gemeinsamen Gott Jehova ablegte. Im Übrigen ich sehe dort eine beruhigende Unterscheidung – Gott habe ich mich hingegeben, Gott allein, und keiner „Organisation". Das muss ich hier gewiss nicht unterstreichen, letzteres ist in letzter Konsequenz auch gar nicht anders möglich!

Im Namen Jehovas bin ich getauft! Auf dieser Ebene haben weder Menschen noch irgend welche allzu menschlichen Ideologien einen dauerhaften Marktstand, ganz sicher nicht, obwohl eine solche Etablierung seit Menschengedenken immer wieder versucht wird. Hier nun wieder ist der oft zitierte Ausspruch mehr als passend „Gott sei Dank!"

Sicher, Jehova hat ein Volk, davon gehe ich weiterhin aus, aber rückblickend kann doch gesagt werden, dass sich zu fast jeder Zeit selbiges stark problembehaftet verhalten hat, um es mal vorsichtig auszudrücken. Immer endeten diese hausgemachten Probleme in einer Verselbstständigung, mündeten – damals wie heute - in einem Sektierertum!

„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!" – gilt dieser Ausspruch heute nicht mehr? Beziehen sich Jesu damaligen Worte bezüglich der Pharisäer alleinig auf eben diese damaligen wie heutigen heuchlerischen Kirchen-Fürsten, auf die unsere Organisation ununterbrochen hinweist, oder sind vielleicht sogar wir - mit unserer Führung - als Organisation gemeint?

Ob es sich so verhält oder nicht, das wird die Zeit zeigen. Reformbedürftig sind wir! Das sehe ich deutlichst, da erblicke ich keine weitere Möglichkeit, da finde ich keine andere Tatsache oder Gegebenheit, die diese meine Aussage befriedigend relativieren könnte!

Ich werde abwarten, wie die „Organisation" sich verhält, wie „unsere Führung" auf die zunehmende Kritik – auf die Anklagen aus allen Himmelsrichtungen – reagiert. Abwarten und beobachten werde ich unsere „Brüder über den Reihen" - trennen will ich mich nicht von ihnen! Sicher nicht! Nicht hier und heute! Das darf nicht falsch verstanden werden!

Einen sogenannten „Selbstausschluss" sollen meine Anmerkungen nicht in die Wege leiten! Einen derart gestalteten „Weggang" sollen meine Worte, wenn ich denn die Wahl habe, eben nicht bewirken!

Sollte sich unsere Organisation dahingehend verhalten - und das ist meine Hoffnung -, dass sie sich ihre beklagenswerten Verhaltensweisen, sowie die daraus zwangsweise resultierenden Ergebnisse, offen eingestehen - und somit dann auch Gründe vorweisen die frappierende Änderungen ankündigen und einleiten -, so werde ich jene Reform-Bemühungen mit all der mir zur Verfügung stehenden Kraft unterstützen! Darin würde ich dann eine unterstützungswürdige - eine wirkliche, eine zeitgemäße Aufgabe sehen; eine Aufgabe, die dann endlich fernab jeglicher nutzlosen Litanei – jeder überflüssigen, keimabtötenden Routine angesiedelt wäre! Eine Aufgabe die nicht in genau den Intrigen und Doppelspielen mündet, wie sie uns nur allzu oft von den sogenannten Weltmenschen präsentiert werden...

Hier nun eine letzte Anmerkung: Beweise für meine Klagen beinhaltet mein Brief an euch nicht! Nein, an dieser Stelle und mittels meiner Zeilen, will und werde ich einem ermüdenden Austausch von Darstellungen und Gegendarstellungen, von Thesen und Antithese, keinen Schauplatz bereiten. Das liegt ganz weit jenseits meiner Absichten.

Aus gleich zwei gewichtigen Gründen erklärt sich meine Haltung:

Erstens, habe ich deutlich erkannt, ja erkennen müssen, dass die Organisation einem nutzbringenden Austausch von Gedankengut generell wie rigoros aus dem Wege geht! (Hier denke ich unter anderem an mein Buch, an dem ich gut zwei Jahre schrieb, das ich dann endlich, auf wahrhaft abenteuerlichen Umwegen sowie nach einem zäh-zögerlichen, einjährigen Schriftwechsel mit Selters, unverkennbar gegen den Willen der dortigen Führung, den Brüdern auf den Schreibtisch legen konnte. Ergo kennt die Organisation meine Kritik, die an der Stelle von einer fassbar fundamentierten – und wie ich meine mehr als ausreichenden – Rechtfertigung begleitet wird.)

Zweitens, würde sich – nämlich im Falle dass die etwaig von mir angeführten Beweise für die abwägenden Zweifler gewichtig genug sind um meine Klagen zu untermauern und jene Menschen zu formieren - nie herausstellen, inwieweit die Organisation bereit ist sich eigenst, freiwillig, unverfälscht und somit vertrauenswürdig, umzugestalten.

(Hier denke ich an die vielen Beispiele der Vergangenheit, wo nicht etwa unsere Führung, die Organisation, die längst überfälligen Schritte hin zu einer Glaubenssatzänderung einleitete, sondern wo tatsächlich die Zeit ein sesshaftes Dogma als eine unhaltbare Lehre enthüllte. An so einige Exempel unserer Geschichte denke ich hier, wo nicht etwa dem Sklaven das Licht heller wurde, nein, wo auch der schlicht verträumte – in der allerletzten Reihe hockende – Christenmensch, unausweichlich selbstständig, eben jene Rückschlüsse gezogen hätte, die uns dann, und erst dann, als ein „neues Licht" in die Verkündigertasche gesteckt wurden.)

Des weiteren merke ich an, dass Selters die - seitens meiner - angeführten Argumente bereits in schriftlicher Form in den Händen hält. Ergo kennt die Organisation meine Kritik, die an der Stelle von einer fassbar fundamentierten – und wie ich meine mehr als ausreichenden – Rechtfertigung begleitet wird. Darlegungen, die der dortigen Bruderschaft allerdings schon etwas länger bekannt sein dürften, weil sie eben bereits auf verschiedenen anderen Ebenen verlautbar wurden. Insofern setze ich doch wirklich nur eine weitere „dicke rote Linie" unter das bereits mehrfach, doppelt und dreifach unterstrichene.

In der Hoffnung nun, dass ich mich weder von euch, als meine Nächsten, noch von einer meiner mir bislang wichtigsten Hoffnungen verabschieden muss, sowie in der Hoffnung, dass das in Folge aus dem Jakobusbrief Zitierte auch für unsere gemeinsame, weltweite „Organisation der Jehovas Zeugen" als gültig erkannt wird, verbleibe ich nun mit

freundlichen Grüßen

xxx xxx

Meine Brüder und Schwestern, wenn jemand unter euch vom rechten Weg abirrt und ein anderer bringt ihn zur Umkehr, dann soll der wissen: Wer einen Menschen, der sündigt, von seinem Irrweg abbringt, rettet ihn vor dem Tod und macht viele eigene Sünden gut. (Die gute Nachricht, Ausgabe des Jahres 2000, hier Jakobus 5:19)

Am Freitag den 07. Januar 2005 wurde ich exkommuniziert...