Misha Anouk verließ die Zeugen Jehovas vor 10 Jahren.

In seinem Buch "Goodbye, Jehova!“ beschreibt er seine Kindheit und Jugend bei den Zeugen Jehovas und seinen Ausstieg aus der bekanntesten Sekte der Welt.

Dabei ist er sehr sachlich und fair geblieben und belegt seine Aussagen mit vielen Zitaten der Wachturmgesellschaft ( WTG).

Seine Kindheit beschreibt er als sehr glücklich, aber er beschreibt auch seine Ängste, die er durch die Publikationen der WTG und die Zeugen Jehovas typische Erziehung entwickelt hat.

Kinder von Zeugen Jehovas dürfen zwar keine Filme sehen oder Bücher lesen die, laut der WTG, Gewalt verherrlichende und dämonische Inhalte verbreiten, aber die WTG Publikationen, in denen viele grausame Bilder und grausame Geschichten aus der Bibel nicht kindgerecht beschrieben werden, sind in Ordnung.

Mein Mann erzählte mir zum Beispiel mal, daß er mit einem Jungen aus der Versammlung "Robin Hood“ gespielt hat. Sein Vater fand das unpassend und forderte die beiden auf damit aufzuhören. Mein Mann war ausgefuchst und gab dem Kind einfach einen anderen Namen. "Aber Papa wir spielen doch nur eine biblische Schlacht nach“. Und schon war die Welt wieder in Ordnung.

Ein weiteres Beispiel, das Gewalt bei den Zeugen Jehovas nicht gleich Gewalt ist:

Der Mann, der damals mit mir die Bibel studierte, erzählte mir von Harmagedon: "Knietief werden wir im Blut unserer Feinde stehen“ sagte er mir. Knietief? Hilfe nein... wer will denn so was? Dabei schaute er mich an und die pure Begeisterung sprach aus seinem Gesicht. Ich glaube bis heute nicht, daß er über seine Worte wirklich nachgedacht hat. Ich könnte mir gut vorstellen,dass ein großer Teil der Zeugen Jehovas in solch einer Situation eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln würden.

Solche Geschichten hat bestimmt jeder ehemalige Zeuge Jehovas und deren Angehörige auf Lager. Also zurück zum Buch.

Schön finde ich, daß Misha Anouk den Leser persönlich anspricht. Das Buch beginnt im Prolog mit folgenden Satz:

Ich erzähl dir mal, wie das läuft.

Da erzählt Misha dem Leser, wie es ist, wenn die Zeugen Jehovas an seiner Tür klingeln. Es ist fast so, als ob man mit dem Autor in der netten Kneipe von nebenan sitzt und seiner Lebensgeschichte zuhört.

Er beschreibt seinen Ausstieg sehr genau, was er dabei gefühlt hat, welche Ängste ihn quälten und wie es ihm nach seinen Ausschluss ging.

Zitat auf Seite 463:

Es gibt einen Grund, weshalb man sich nicht an die eigene Geburt erinnert. Ich wurde ein zweites mal geboren und bekam diesmal das ganze Grauen in jedem kleinsten Detail mit, ich wurde hineingeworfen, unvorbereitet, in die echte Welt. Und hatte keine Ahnung vom echten Leben, dort draußen in der Wildnis...

Misha Anouk ist auf vieles vorbereitet worden, doch nicht auf die Welt, das reale Leben, was jeder Mensch kennt, der nicht in eine Sekte aufgewachsen ist.

Das Buch bietet aber noch viel mehr.

Der Autor Misha Anouk beschreibt auch die Lücken in der Lehre der Zeugen Jehovas. Unter anderem berichtet er über einen Lehrfilm für Älteste, in welchem ihnen gezeigt werden soll, wie man mit depressiven Glaubensgeschwistern umgeht.

Ich persönlich bin der Meinung, daß da die Wachturmgesellschaft sehr unverantwortlich mit seinen Schützlingen umgeht. Depressionen, die immer in die Hand eines Profis gehören, können auch organische Ursachen haben und müssen schon aus diesem Grund immer ärztlich abgeklärt werden.

Misha Anouk beleuchtet das Thema "Ausstieg“ auch aus Psychologischer Sicht. So wird auch Dipl.-Psych Dieter Rohmann (http://kulte.de/ ) in seinem Buch zitiert.

"Goodbye, Jehova!“ ist nicht nur ein Erfahrungsbericht eines ausgeschlossenen, sondern durch die vielen Informationen auch ein Sachbuch, welches einen Aha-Effekt bei seinem Leser auslöst.

Kurz gesagt es ist ein lesenswertes humorvolles Buch,welches sich flüssig liest und sich rund anfühlt.

Vielen Dank, Misha Anouk!


Hier gehts zum Thema in unserm Diskussionsforum: Goodbye Jehovah - ein neues Buch über die "Zotties".